Wurmkur: Wie oft brauchen Pferde sie wirklich?

Unterschiedliche Entwurmungswege im Vergleich
Wie oft brauchen Pferde eine Wurmkur?

Zuletzt aktualisiert am 04.04.2025
Ein Mann hält eine Wurmkur in der Hand, vor ihm das gescheckte Pferd auf der umzäunten Weide.
Foto: Arterra/ gettyimages

1. Die pauschale Wurmkur vier Mal im Jahr

Was verbirgt sich hiner dieser Methode der Entwurmung? Bis vor zehn Jahren (und in einigen Ställen noch heute) sah die gängige Entwurmungspraxis so aus: Viermal im Jahr – meist im Februar/März, nach Weidebeginn im Mai/Juni, im August/September und nochmals nach Weideende im November – wurden alle Pferde entwurmt. Je nach Jahreszeit kamen dabei Wurmkuren mit unterschiedlichen Wirkstoffen zum Einsatz.

Welche Vorteile hat die pauschale Wurmkur?

Wo liegen die Vorteile dieser Entwurmungspraxis? Die Vorgehensweise hatte sich vor allem etabliert, um große Strongyliden zu bekämpfen. Und das mit Erfolg – große Strongyliden kommen in den heutigen Pferdebeständen kaum noch vor. Für Reiter ist dieser Entwurmungsweg zudem sehr einfach zu beschreiten. Es ist keine Diagnostik im Vorfeld nötig, sondern es muss nur zu einigermaßen festen Zeiten die Wurmkur verabreicht werden – fertig.

Welche Nachteile hat die regelmäßige Wurmkur?

Und wie sieht es mit den Nachteilen aus? Genau diese fehlende Diagnostik ist eine Krux. Denn Wurmkuren sind verschreibungspflichtige Medikamente – und damit dürfen sie nur dann verschrieben und verabreicht werden, wenn ein entsprechender Bedarf da ist. Heißt konkret: Wurmbefall. Der kann aber ohne vorherige Diagnostik gar nicht festgestellt werden. Die Regeln des Arzneimittelgesetzes werden mit diesem Weg also missachtet.

Entwurmen
Lisa Rädlein

Diese Einfach-mal-rein-ins-Pferd-Methode hat aber noch mehr Nachteile. "Der Einsatz von Arzneimitteln ist sehr hoch, mit negativen Folgen für die Umwelt, wenn diese Chemie über den Mist auf Feldern oder in Gewässern landet", sagt Tierärztin Dr. Anne Becher aus Riedering/Bayern. Sie beschäftigt sich seit Jahren mit Entwurmungspraktiken und ergänzt: "Mit einer pauschalen Entwurmung wird weder die Immunitätsentwicklung des einzelnen Pferds noch die tatsächliche Wurm-Belastung im gesamten Bestand herangezogen." Sprich: Möglicherweise sind weder Pferd noch Herde mit Wurmmenge oder -art so belastet, dass sie entwurmt werden müssten.

Sind alle Würmer nach der Wumkur tot?

Das stichhaltigste Argument gegen ein Pauschalvorgehen ist der Blick in die Zukunft: Durch häufiges Entwurmen können sich Resistenzen bilden, bei vielen Wirkstoffen gibt es die schon. Heißt: Die Parasiten überleben die Wurmkur. Wer sein Pferd wirksam schützen will, entwurmt daher nicht pauschal.

Pauschal viermal jährlich entwurmen? Das hat sich als Sackgasse erwiesen. Bleiben somit noch zwei Wege übrig.

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2. Die strategische Wurmkur

Was verbirgt sich hinter dieser Methode der Entwurmung? Dieser Weg ist eine Art Mittelweg zwischen pauschaler und selektiver Entwurmung. Heißt: Wie bei der selektiven Entwurmung werden Kotproben viermal im Jahr im Labor auf Parasiten untersucht. Zusätzlich werden die Tiere – abhängig vom Alter – mehrmals im Jahr entwurmt: Fohlen erhalten viermal jährlich eine Wurmkur, Jungtiere (bis vier Jahre) dreimal fix sowie ein viertes Mal, wenn ein Befall mit kleinen Strongyliden oder Spulwürmern vorliegt. Nachgewiesen wird der über die Kotprobe.

Erwachsene Pferde werden zweimal im Jahr definitiv entwurmt (ein bis zwei Monate nach Weideaustrieb und beim Aufstallen), dazu bis zu zwei weitere Male, wenn im Kot kleine Strongyliden oder Bandwürmer nachgewiesen wurden.

Wo liegen die Vorteile der strategischen Wurmkur?

Mit diesem Weg soll die Pferdegesundheit optimal geschützt werden. "Eine Entwurmung reduziert ganz grundsätzlich den Wurmbefall", sagt Prof. Dr. Georg von Samson-Himmelstjerna, Leiter des Instituts für Parasitologie und Tropenmedizin an der Freien Universität Berlin. Der Vorsitzende von ESCCAP (European Scientific Counsel Companion Animal Parasites) e.V. Deutschland ergänzt, dass Pferde so besser gegen große Strongyliden geschützt seien; diese würden über Kotproben nicht unmittelbar nachgewiesen, aber durch die regelmäßigen Wurmkuren in Schach gehalten.

Das sieht auch Prof. Dr. Christina Strube, Direktorin des Instituts für Parasitologie an der Tierärztlichen Hochschule Hannover, so: "Die mindestens zwei Entwurmungen pro Jahr auch bei erwachsenen Pferden sorgen dafür, dass die sehr gefährlichen großen Strongyliden im Bestand keine Chance haben." Durch die regelmäßige Untersuchung von Kotproben bekomme man auch einen Überblick, welche Parasiten im Bestand vorkommen.

CAV Entwurmen Kothaufen Koppel
Rädlein

Das Risiko, dass Wurmmittel-Resistenzen entstehen, soll durch diese Praxis laut Prof. von Samson-Himmelstjerna weitgehend auszuschließen sein. Voraussetzung: Es werde mit abwechselnden Wirkstoffen entwurmt, bei den fixen Terminen im Juni und November mit makrozyklischen Laktonen, bei den flexiblen mit Benzimidazolen oder Pyrantel (ESCCAP-Entwurmungsschema).

Wie liegen die Nachteile beim strategischen Entwurmen?

Und wie sieht es mit den Nachteilen aus? Wichtig sei es, so Prof. Strube, die Wirkstoffe der Wurmkuren regelmäßig zu wechseln, etwa entsprechend des empfohlenen ESCCAP-Schemas. "Unterbleibt ein Wirkstoffwechsel, können schnell Resistenzen entstehen", erklärt die Professorin.

Die Kombination aus regelmäßiger Entwurmung und Kotuntersuchung sei zwar insgesamt etwas aufwändiger und kostenintensiver, so Prof. Strube. "Diese Dinge sollten jedoch für die Tierhalter eigentlich keine Rolle spielen."

Die Kosten, die auf diesem Weg im Vergleich zu den anderen beiden entstehen (nämlich für viermalige Laboruntersuchungen des Pferdekots plus mindestens zwei Wurmkuren), sind das Eine. Das Andere: Die Wurmkuren wären unter Umständen nicht nötig, etwa weil das Pferd von bestimmten Parasiten gar nicht befallen ist oder weil es (bei kleinen Strongyliden) nur wenige Eier ausscheidet, sein Immunsystem also damit klar kommt. In diesem Fall würden das Pferd und (über den Mist) die Umwelt zudem unnötig belastet.

Der zweite Weg hat also auch Nachteile. Wie sieht es mit dem dritten Weg aus?

3. Die zeitgemäße selektive Entwurmung

Was verbirgt sich hinter dieser Methode der Entwurmung? Hier steht die Diagnostik im Vordergrund. Im Einstiegsjahr in diese Praxis werden Kotproben viermal auf mögliche Parasiten im Labor untersucht.

Liegt ein Befall mit Bandwürmern, Magendasseln, Spulwürmern (beim erwachsenen Pferd sehr selten) oder eine hohe Ei-Ausscheidung von kleinen Strongyliden (mehr als 200 Eier pro Gramm Kot) vor, wird das Pferd entwurmt. Dabei wird zudem getestet, welche Präparate wirken und welche nicht.

In den Folgejahren werden die Pferdeäpfel bis zu dreimal jährlich unter die Lupe genommen. Entwurmt wird ein Pferd nur, wenn Bedarf vorliegt, also: wenn es eine hohe Anzahl an Eiern ausscheidet, bestimmte Wurmarten wie Pfriemenschwänze gefunden wurden oder im Bestand Parasiten wie Bandwürmer vorkommen.

"Neben dieser umfangreichen Labordiagnostik sind die Pferdebesitzer gefordert, die Augen offen zu halten", sagt Tierärztin Dr. Anne Becher. Denn Pfriemenschwänze, die ihre Eier gerne am After ablegen, oder Eier von Dasselfliegen, die oft an den Vorderbeinen kleben, können Labore nicht entdecken – dafür aber aufmerksame Pferdebesitzer.

Die Vorteile der selektiven Wurmkur

Wo liegen die Vorteile dieser Entwurmungspraxis? Die zahlreichen Laboruntersuchungen vermehren vor allem eines: das Wissen der Pferde- und Stallbesitzer. Welche Würmer kommen überhaupt vor, und in welcher Anzahl? Dieses Wissen führt wiederum in der Praxis dazu, dass deutlich weniger Pferde entwurmt werden müssen.

Einer Untersuchung der Universität Gießen zufolge schieden von 3.000 untersuchten Pferden aus 185 Ställen der Großteil – nämlich 84 Prozent – keine bis wenige Strongylideneier aus. Sprich: Diese Pferde brauchten keine Wurmkur.

Weniger Wurmkuren heißt auch: Es bilden sich weniger Resistenzen, die Präparate sind somit – auf die Zukunft gedacht – länger wirksam, und Umwelt sowie Darmflora des Pferds werden ebenfalls weniger belastet. "Es gibt einige Untersuchungen, wonach Wurmkuren nicht unbedingt förderlich für die Darmflora sind", so Dr. Becher; die Forschung stehe hier aber noch am Anfang.

Die Untersuchungen bei der selektiven Entwurmung haben für Pferdebesitzer einen weiteren Vorteil: "Geht die Ei-Anzahl auf einmal nach oben, ist das ein Zeichen dafür, dass es im Immunsystem Probleme gibt", so Dr. Becher. Krankheiten wie Cushing und damit verbunden ein Rehe-Schub könnten sich auf diese Weise vorzeitig ankündigen; ein Signal für Reiter, genauer hinzusehen.

Wie viel kostet das Labor und was die Wurmkur?

Und wie sieht es mit den Kosten aus? Pro Kotuntersuchung werden etwa im Labor der Uni Gießen zwischen 11 und 22 Euro fällig. Das ist ungefähr so viel, wie auch einzelne Wurmkuren kosten. Teurer ist die Praxis also nicht.

Und wie sieht es mit den Nachteilen aus? Kotproben einsammeln, verpacken, verschicken – der organisatorische Aufwand für Pferde- oder Stallbesitzer ist bei der selektiven Entwurmung größer.

Strittig ist der Punkt, wie sicher die Methode im Hinblick auf große Strongyliden ist: Forscher untersuchten Brandenburger Pferde auf Antikörper dagegen und fanden sie bei circa 32 Prozent der Tiere. Ein Alarmsignal? "Antikörper zeigen, dass das Pferd die Würmer bekämpft hat", so Dr. Becher und betont: Nicht mehr Wurmkuren seien die Antwort auf dieses Vorkommen, sondern mehr und gezieltere Diagnostik. Dann erwische man auch diese Parasiten.

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Rädlein

Fazit: Die zeitgemäße, selektive Entwurmung ist für Pferde am besten

Würdest du pauschal viermal im Jahr ein Medikament einnehmen, rein auf Verdacht? Einfach so? Wohl kaum. Damit würden wir einerseits unsere Körper belasten und andererseits das Risiko billigend in Kauf nehmen, dass die Präparate dann nicht mehr wirken, wenn sie es tun sollten.

Was bei uns Reitern so logisch erscheint, sollte sich auch in den Ställen noch mehr durchsetzen als bisher. Pauschale Entwurmungen, ob nun vier- oder zweimal jährlich, sollten der Vergangenheit angehören. Wer Würmer zielgerichtet bekämpft, fährt am Ende besser damit: Das reduziert die Gefahr weiterer Resistenzen und bietet sicheren, effektiven Schutz fürs Pferd und die Umwelt.

Vorreiter auf dem Gebiet der selektiven Entwurmung in Deutschland waren Prof. Dr. Kurt Pfister und Tierärztin Dr. Anne Becher. Beide haben den Jahresplan zur selektiven Entwurmung entworfen.

Wie dosiert man eine Wurmkur, wenn sie nötig ist?

Um das Pferd mit der korrekten Dosierung zu entwurmen, solltest du das Körpergewicht deines Pferds kennen. Eine ganze Wurmkur reicht je nach Hersteller für 600 bis 700 Kilogramm schwere Pferde. Über einen Drehregler kannst du die Menge auf das Gewicht deines Pferds genau einstellen und übers Maul eingeben.

Bekommen Pferde eine Wurmkur vor oder nach dem Fressen?

Gib die Wurmkur am besten morgens, nachdem dein Pferd schon ausreichend Heu gefressen hat. Dann hast du es den Tag über im Blick, falls es mit einer Allergie oder Kolik auf die Wurmkur reagiert. Solche Nebenwirkungen kommen sehr selten vor.

Diese Wirkstoffe bekämpfen Würmer:

Makrozyklische Laktone: Zu dieser Wirkstoffgruppe zählen Ivermectin und Moxidectin. Sie werden gegen kleine und große Strongyliden, Dasselfliegenlarven und Spulwürmer eingesetzt. Problem: Bei Spulwürmern gibt es bereits Resistenzen.

Pyrimidine: Dazu gehört Pyrantelpamoat. Eingesetzt wird der Wirkstoff gegen kleine/große Strongyliden, Pfriemenschwänze und Spulwürmer (in doppelter Dosis auch gegen Bandwürmer). Strongyliden sind teilweise bereits resistent dagegen.

Benzimidazole: Hierzu gehören Fenbendazol und Febantel, die gegen kleine/große Strongyliden, Pfriemenschwänze und Spulwürmer genutzt werden. Auch hier sind bei Strongyliden bereits Resistenzen aufgetreten.

Praziquantel: Dieser Wirkstoff wird gegen Bandwürmer eingesetzt. Resistenzen sind bislang nicht bekannt.

Die wichtigsten Parasiten:

Strongyliden: Kleine Strongyliden (Cyathostominen) leben vorwiegend im Dickdarm, große (Strongylus vulgaris) wandern von dort durch den Körper. Infektionen mit kleinen Strongyliden bleiben meist symptomlos, können aber auch (wie große Strongyliden) zu Abmagerung oder Diarrhoe führen; große Strongyliden zudem zu Koliken.

Spulwürmer (Parascaris): leben vorwiegend im Dünndarm, werden bis zu 50 Zentimeter lang und treten bei Fohlen und Jungpferden auf. Meist subklinisch, können aber zu Husten, Appetitlosigkeit oder Kolik führen.

Pfriemenschwänze (Oxyuris equi): leben im Dickdarm. Eier werden im Analbereich abgelegt, was zu Juckreiz führen kann.

Dasselfliegen (Gasterophilus): legen Eier meist an Vorderbeinen ab. Durch Ablecken gelangen sie ins Pferd. In Magen und Darm können die Larven Gewebeverletzungen hervorrufen.

Bandwürmer (Anoplocephala): kommen über Moosmilben ins Pferd und dort in Dünn- und Dickdarm vor. Bei hochgradigem Befall gastrointestinale Störungen möglich.

Wir haben die 10 größten Mythen über die selektive Entwurmung zusammengefasst:

1

"Die Methode ist zu kompliziert."​

2

"Mein Pferd ist mit der herkömmlichen Entwurmungsart mit drei bis vier Wurmkuren im Jahr am besten geschützt."​

3

"Wenn es nicht alle im Stall machen, ist die Methode sinnlos."​

4

"Die Methode eignet sich nicht für alle Pferde."​

5

"Die Methode ist zu teuer."​

6

"Das Sammeln der Kotproben ist viel zu umständlich."

7

"Die Kotprobe eines Pferds reicht aus, um auf den Wurmbefall aller Pferde im Stall zu schließen."

8

"Eine Kotprobe von einem einzigen Tag ist unzuverlässig."​

9

"Obwohl ein Pferd wenige Eier ausscheidet, kann es viele Würmer im Bauch haben."​

10

"Das Labor findet nicht alle Parasiten."​