1. Die pauschale Wurmkur vier Mal im Jahr
Was verbirgt sich hiner dieser Methode der Entwurmung? Bis vor zehn Jahren (und in einigen Ställen noch heute) sah die gängige Entwurmungspraxis so aus: Viermal im Jahr – meist im Februar/März, nach Weidebeginn im Mai/Juni, im August/September und nochmals nach Weideende im November – wurden alle Pferde entwurmt. Je nach Jahreszeit kamen dabei Wurmkuren mit unterschiedlichen Wirkstoffen zum Einsatz.
Welche Vorteile hat die pauschale Wurmkur?
Wo liegen die Vorteile dieser Entwurmungspraxis? Die Vorgehensweise hatte sich vor allem etabliert, um große Strongyliden zu bekämpfen. Und das mit Erfolg – große Strongyliden kommen in den heutigen Pferdebeständen kaum noch vor. Für Reiter ist dieser Entwurmungsweg zudem sehr einfach zu beschreiten. Es ist keine Diagnostik im Vorfeld nötig, sondern es muss nur zu einigermaßen festen Zeiten die Wurmkur verabreicht werden – fertig.
Welche Nachteile hat die regelmäßige Wurmkur?
Und wie sieht es mit den Nachteilen aus? Genau diese fehlende Diagnostik ist eine Krux. Denn Wurmkuren sind verschreibungspflichtige Medikamente – und damit dürfen sie nur dann verschrieben und verabreicht werden, wenn ein entsprechender Bedarf da ist. Heißt konkret: Wurmbefall. Der kann aber ohne vorherige Diagnostik gar nicht festgestellt werden. Die Regeln des Arzneimittelgesetzes werden mit diesem Weg also missachtet.

Bereits im Fohlenalter sollte man auf die Entwurmung achten.
Diese Einfach-mal-rein-ins-Pferd-Methode hat aber noch mehr Nachteile. "Der Einsatz von Arzneimitteln ist sehr hoch, mit negativen Folgen für die Umwelt, wenn diese Chemie über den Mist auf Feldern oder in Gewässern landet", sagt Tierärztin Dr. Anne Becher aus Riedering/Bayern. Sie beschäftigt sich seit Jahren mit Entwurmungspraktiken und ergänzt: "Mit einer pauschalen Entwurmung wird weder die Immunitätsentwicklung des einzelnen Pferds noch die tatsächliche Wurm-Belastung im gesamten Bestand herangezogen." Sprich: Möglicherweise sind weder Pferd noch Herde mit Wurmmenge oder -art so belastet, dass sie entwurmt werden müssten.
Sind alle Würmer nach der Wumkur tot?
Das stichhaltigste Argument gegen ein Pauschalvorgehen ist der Blick in die Zukunft: Durch häufiges Entwurmen können sich Resistenzen bilden, bei vielen Wirkstoffen gibt es die schon. Heißt: Die Parasiten überleben die Wurmkur. Wer sein Pferd wirksam schützen will, entwurmt daher nicht pauschal.
Pauschal viermal jährlich entwurmen? Das hat sich als Sackgasse erwiesen. Bleiben somit noch zwei Wege übrig.
Was nützen natürliche Wurmkuren mit Kräutern?
2. Die strategische Wurmkur
Was verbirgt sich hinter dieser Methode der Entwurmung? Dieser Weg ist eine Art Mittelweg zwischen pauschaler und selektiver Entwurmung. Heißt: Wie bei der selektiven Entwurmung werden Kotproben viermal im Jahr im Labor auf Parasiten untersucht. Zusätzlich werden die Tiere – abhängig vom Alter – mehrmals im Jahr entwurmt: Fohlen erhalten viermal jährlich eine Wurmkur, Jungtiere (bis vier Jahre) dreimal fix sowie ein viertes Mal, wenn ein Befall mit kleinen Strongyliden oder Spulwürmern vorliegt. Nachgewiesen wird der über die Kotprobe.
Erwachsene Pferde werden zweimal im Jahr definitiv entwurmt (ein bis zwei Monate nach Weideaustrieb und beim Aufstallen), dazu bis zu zwei weitere Male, wenn im Kot kleine Strongyliden oder Bandwürmer nachgewiesen wurden.
Wo liegen die Vorteile der strategischen Wurmkur?
Mit diesem Weg soll die Pferdegesundheit optimal geschützt werden. "Eine Entwurmung reduziert ganz grundsätzlich den Wurmbefall", sagt Prof. Dr. Georg von Samson-Himmelstjerna, Leiter des Instituts für Parasitologie und Tropenmedizin an der Freien Universität Berlin. Der Vorsitzende von ESCCAP (European Scientific Counsel Companion Animal Parasites) e.V. Deutschland ergänzt, dass Pferde so besser gegen große Strongyliden geschützt seien; diese würden über Kotproben nicht unmittelbar nachgewiesen, aber durch die regelmäßigen Wurmkuren in Schach gehalten.
Das sieht auch Prof. Dr. Christina Strube, Direktorin des Instituts für Parasitologie an der Tierärztlichen Hochschule Hannover, so: "Die mindestens zwei Entwurmungen pro Jahr auch bei erwachsenen Pferden sorgen dafür, dass die sehr gefährlichen großen Strongyliden im Bestand keine Chance haben." Durch die regelmäßige Untersuchung von Kotproben bekomme man auch einen Überblick, welche Parasiten im Bestand vorkommen.

Nach der Entwurmung Abäppeln der Weiden und Ausläufe nicht vergessen.
Das Risiko, dass Wurmmittel-Resistenzen entstehen, soll durch diese Praxis laut Prof. von Samson-Himmelstjerna weitgehend auszuschließen sein. Voraussetzung: Es werde mit abwechselnden Wirkstoffen entwurmt, bei den fixen Terminen im Juni und November mit makrozyklischen Laktonen, bei den flexiblen mit Benzimidazolen oder Pyrantel (ESCCAP-Entwurmungsschema).
Wie liegen die Nachteile beim strategischen Entwurmen?
Und wie sieht es mit den Nachteilen aus? Wichtig sei es, so Prof. Strube, die Wirkstoffe der Wurmkuren regelmäßig zu wechseln, etwa entsprechend des empfohlenen ESCCAP-Schemas. "Unterbleibt ein Wirkstoffwechsel, können schnell Resistenzen entstehen", erklärt die Professorin.
Die Kombination aus regelmäßiger Entwurmung und Kotuntersuchung sei zwar insgesamt etwas aufwändiger und kostenintensiver, so Prof. Strube. "Diese Dinge sollten jedoch für die Tierhalter eigentlich keine Rolle spielen."
Die Kosten, die auf diesem Weg im Vergleich zu den anderen beiden entstehen (nämlich für viermalige Laboruntersuchungen des Pferdekots plus mindestens zwei Wurmkuren), sind das Eine. Das Andere: Die Wurmkuren wären unter Umständen nicht nötig, etwa weil das Pferd von bestimmten Parasiten gar nicht befallen ist oder weil es (bei kleinen Strongyliden) nur wenige Eier ausscheidet, sein Immunsystem also damit klar kommt. In diesem Fall würden das Pferd und (über den Mist) die Umwelt zudem unnötig belastet.
Der zweite Weg hat also auch Nachteile. Wie sieht es mit dem dritten Weg aus?
3. Die zeitgemäße selektive Entwurmung
Was verbirgt sich hinter dieser Methode der Entwurmung? Hier steht die Diagnostik im Vordergrund. Im Einstiegsjahr in diese Praxis werden Kotproben viermal auf mögliche Parasiten im Labor untersucht.
Liegt ein Befall mit Bandwürmern, Magendasseln, Spulwürmern (beim erwachsenen Pferd sehr selten) oder eine hohe Ei-Ausscheidung von kleinen Strongyliden (mehr als 200 Eier pro Gramm Kot) vor, wird das Pferd entwurmt. Dabei wird zudem getestet, welche Präparate wirken und welche nicht.
In den Folgejahren werden die Pferdeäpfel bis zu dreimal jährlich unter die Lupe genommen. Entwurmt wird ein Pferd nur, wenn Bedarf vorliegt, also: wenn es eine hohe Anzahl an Eiern ausscheidet, bestimmte Wurmarten wie Pfriemenschwänze gefunden wurden oder im Bestand Parasiten wie Bandwürmer vorkommen.
"Neben dieser umfangreichen Labordiagnostik sind die Pferdebesitzer gefordert, die Augen offen zu halten", sagt Tierärztin Dr. Anne Becher. Denn Pfriemenschwänze, die ihre Eier gerne am After ablegen, oder Eier von Dasselfliegen, die oft an den Vorderbeinen kleben, können Labore nicht entdecken – dafür aber aufmerksame Pferdebesitzer.
Die Vorteile der selektiven Wurmkur
Wo liegen die Vorteile dieser Entwurmungspraxis? Die zahlreichen Laboruntersuchungen vermehren vor allem eines: das Wissen der Pferde- und Stallbesitzer. Welche Würmer kommen überhaupt vor, und in welcher Anzahl? Dieses Wissen führt wiederum in der Praxis dazu, dass deutlich weniger Pferde entwurmt werden müssen.
Einer Untersuchung der Universität Gießen zufolge schieden von 3.000 untersuchten Pferden aus 185 Ställen der Großteil – nämlich 84 Prozent – keine bis wenige Strongylideneier aus. Sprich: Diese Pferde brauchten keine Wurmkur.
Weniger Wurmkuren heißt auch: Es bilden sich weniger Resistenzen, die Präparate sind somit – auf die Zukunft gedacht – länger wirksam, und Umwelt sowie Darmflora des Pferds werden ebenfalls weniger belastet. "Es gibt einige Untersuchungen, wonach Wurmkuren nicht unbedingt förderlich für die Darmflora sind", so Dr. Becher; die Forschung stehe hier aber noch am Anfang.
Die Untersuchungen bei der selektiven Entwurmung haben für Pferdebesitzer einen weiteren Vorteil: "Geht die Ei-Anzahl auf einmal nach oben, ist das ein Zeichen dafür, dass es im Immunsystem Probleme gibt", so Dr. Becher. Krankheiten wie Cushing und damit verbunden ein Rehe-Schub könnten sich auf diese Weise vorzeitig ankündigen; ein Signal für Reiter, genauer hinzusehen.
Wie viel kostet das Labor und was die Wurmkur?
Und wie sieht es mit den Kosten aus? Pro Kotuntersuchung werden etwa im Labor der Uni Gießen zwischen 11 und 22 Euro fällig. Das ist ungefähr so viel, wie auch einzelne Wurmkuren kosten. Teurer ist die Praxis also nicht.
Und wie sieht es mit den Nachteilen aus? Kotproben einsammeln, verpacken, verschicken – der organisatorische Aufwand für Pferde- oder Stallbesitzer ist bei der selektiven Entwurmung größer.
Strittig ist der Punkt, wie sicher die Methode im Hinblick auf große Strongyliden ist: Forscher untersuchten Brandenburger Pferde auf Antikörper dagegen und fanden sie bei circa 32 Prozent der Tiere. Ein Alarmsignal? "Antikörper zeigen, dass das Pferd die Würmer bekämpft hat", so Dr. Becher und betont: Nicht mehr Wurmkuren seien die Antwort auf dieses Vorkommen, sondern mehr und gezieltere Diagnostik. Dann erwische man auch diese Parasiten.

Der Kot des Pferdes verrät viel über seinen Gesundheitszustand, auch über einen etwaigen Wurmbefall.
Fazit: Die zeitgemäße, selektive Entwurmung ist für Pferde am besten
Würdest du pauschal viermal im Jahr ein Medikament einnehmen, rein auf Verdacht? Einfach so? Wohl kaum. Damit würden wir einerseits unsere Körper belasten und andererseits das Risiko billigend in Kauf nehmen, dass die Präparate dann nicht mehr wirken, wenn sie es tun sollten.
Was bei uns Reitern so logisch erscheint, sollte sich auch in den Ställen noch mehr durchsetzen als bisher. Pauschale Entwurmungen, ob nun vier- oder zweimal jährlich, sollten der Vergangenheit angehören. Wer Würmer zielgerichtet bekämpft, fährt am Ende besser damit: Das reduziert die Gefahr weiterer Resistenzen und bietet sicheren, effektiven Schutz fürs Pferd und die Umwelt.
Vorreiter auf dem Gebiet der selektiven Entwurmung in Deutschland waren Prof. Dr. Kurt Pfister und Tierärztin Dr. Anne Becher. Beide haben den Jahresplan zur selektiven Entwurmung entworfen.
Wie dosiert man eine Wurmkur, wenn sie nötig ist?
Um das Pferd mit der korrekten Dosierung zu entwurmen, solltest du das Körpergewicht deines Pferds kennen. Eine ganze Wurmkur reicht je nach Hersteller für 600 bis 700 Kilogramm schwere Pferde. Über einen Drehregler kannst du die Menge auf das Gewicht deines Pferds genau einstellen und übers Maul eingeben.
Bekommen Pferde eine Wurmkur vor oder nach dem Fressen?
Gib die Wurmkur am besten morgens, nachdem dein Pferd schon ausreichend Heu gefressen hat. Dann hast du es den Tag über im Blick, falls es mit einer Allergie oder Kolik auf die Wurmkur reagiert. Solche Nebenwirkungen kommen sehr selten vor.
Diese Wirkstoffe bekämpfen Würmer:
Makrozyklische Laktone: Zu dieser Wirkstoffgruppe zählen Ivermectin und Moxidectin. Sie werden gegen kleine und große Strongyliden, Dasselfliegenlarven und Spulwürmer eingesetzt. Problem: Bei Spulwürmern gibt es bereits Resistenzen.
Pyrimidine: Dazu gehört Pyrantelpamoat. Eingesetzt wird der Wirkstoff gegen kleine/große Strongyliden, Pfriemenschwänze und Spulwürmer (in doppelter Dosis auch gegen Bandwürmer). Strongyliden sind teilweise bereits resistent dagegen.
Benzimidazole: Hierzu gehören Fenbendazol und Febantel, die gegen kleine/große Strongyliden, Pfriemenschwänze und Spulwürmer genutzt werden. Auch hier sind bei Strongyliden bereits Resistenzen aufgetreten.
Praziquantel: Dieser Wirkstoff wird gegen Bandwürmer eingesetzt. Resistenzen sind bislang nicht bekannt.
Die wichtigsten Parasiten:
Strongyliden: Kleine Strongyliden (Cyathostominen) leben vorwiegend im Dickdarm, große (Strongylus vulgaris) wandern von dort durch den Körper. Infektionen mit kleinen Strongyliden bleiben meist symptomlos, können aber auch (wie große Strongyliden) zu Abmagerung oder Diarrhoe führen; große Strongyliden zudem zu Koliken.
Spulwürmer (Parascaris): leben vorwiegend im Dünndarm, werden bis zu 50 Zentimeter lang und treten bei Fohlen und Jungpferden auf. Meist subklinisch, können aber zu Husten, Appetitlosigkeit oder Kolik führen.
Pfriemenschwänze (Oxyuris equi): leben im Dickdarm. Eier werden im Analbereich abgelegt, was zu Juckreiz führen kann.
Dasselfliegen (Gasterophilus): legen Eier meist an Vorderbeinen ab. Durch Ablecken gelangen sie ins Pferd. In Magen und Darm können die Larven Gewebeverletzungen hervorrufen.
Bandwürmer (Anoplocephala): kommen über Moosmilben ins Pferd und dort in Dünn- und Dickdarm vor. Bei hochgradigem Befall gastrointestinale Störungen möglich.
Wir haben die 10 größten Mythen über die selektive Entwurmung zusammengefasst:
"Die Methode ist zu kompliziert."
Nein, der Kern der zeitgemäßen und selektiven Entwurmung lässt sich auf einen Bierdeckel schreiben: Von jedem Pferd wird in regelmäßigen Abständen jeweils eine Kotprobe von einem Tag untersucht. Nur wenn ein Pferd über den für Endoparasiten definierten Schwellenwerten liegt (beispielsweise 200 Eier pro Gramm Kot (EpG) für kleine Strongyliden), muss der Reiter zur chemischen Wurmkur greifen.
Dann erst werden die Parasiten zur gesundheitlichen Gefahr. Alle anderen Pferde brauchen zum Testzeitpunkt keine Wurmkur. Ob die Wurmkur gewirkt hat, wird danach mittels Kotproben getestet. Alle Details rund um die Anwendung der Methode braucht nur der betreuende Haustierarzt zu wissen.
Bei Fragen können sich Tierärzte, aber auch Stallbetreiber und Pferdebesitzer an Dr. Marcus Menzel wenden.
"Mein Pferd ist mit der herkömmlichen Entwurmungsart mit drei bis vier Wurmkuren im Jahr am besten geschützt."
Das Gegenteil ist der Fall. Bei dieser Entwurmungsstrategie geht man zu 100 Prozent davon aus, dass ein Pferd zum Zeitpunkt X eine bestimmte Menge an Endoparasiten in sich hat, und dass dieses Problem nach Gabe einer Wurmkur im Rotationsprinzip auf jeden Fall gelöst ist.
Für Dr. Menzel und viele andere Wissenschaftler sind das zu viele Annahmen – und zu wenig Kenntnis über den realen Gesundheitszustand des Pferds. Er selbst hat in den vergangenen sieben Jahren rund 7.500 Pferde aus etwa 1.300 Ställen untersucht. Das Ergebnis: 70 bis 80 Prozent der Pferde sind langfristig nicht gesundheitsbeeinträchtigend verwurmt. Warum sollte man also sein Pferd drei bis vier Mal im Jahr entwurmen, wenn es gar kein Wurmproblem hat? Das ergibt einfach keinen Sinn.
Außerdem ist die Methode riskant fürs Tier, denn sie fördert Resistenzen, sprich immer mehr Endoparasiten überleben trotz Wurmkur. Obendrein ist diese Strategie streng genommen arzneimittelrechtlich gar nicht erlaubt, weil ein Tierarzt kein Medikament verschreiben darf, wenn er nicht vorher eine entsprechende Diagnose gestellt hat.
"Wenn es nicht alle im Stall machen, ist die Methode sinnlos."
Das ist ein Irrglaube. Die Methode funktioniert nicht nur im kompletten Bestand, sondern auch zu 100 Prozent bei Einzeltieren.
"Die Methode eignet sich nicht für alle Pferde."
Die zeitgemäße und selektive Entwurmung lässt sich bei jeder Altersgruppe und auch bei jeder Haltungsform zuverlässig und sicher durchführen. Es kann jedoch sein, dass die Methode individuell angepasst werden muss, beispielsweise bei Fohlen und Jungtieren: Hier müssen unter Umständen anfangs mehr Proben als bei erwachsenen Pferden analysiert werden.
Um den Arbeitsaufwand mit den Kotproben so gering wie möglich zu halten, gibt es eine spezielle Handlungsempfehlung, die Dr. Menzel interessierten Stallbetreibern gerne zur Verfügung stellt. Darüber hinaus schützt die zeitgemäße und selektive Entwurmung junge Pferde dank ausgefeilter Kontroll- und Behandlungsrhythmen besser vor Spulwürmern als die herkömmliche blinde Entwurmungsstrategie.
Spulwürmer sind für diese Altersgruppe eine große Gefahr und können beispielsweise zu Koliken führen, insbesondere wenn sie nicht beobachtet und richtig behandelt werden.
"Die Methode ist zu teuer."
Auf Dauer gesehen definitiv nicht. Im ersten Jahr der zeitgemäßen und selektiven Entwurmung werden bei erwachsenen Pferden mindestens vier Kotproben untersucht. Eine Analyse in einem zertifizierten Labor kostet je nach Analysewunsch bis zu 30 Euro.
Hinzu kommen je nach Bedarf die Kosten für die Wurmkuren. Danach wird es günstiger, weil pro Jahr nicht mehr so viele Proben untersucht werden müssen. Nach zirka drei Jahren zahlt ein Reiter mit einem Pferd, das nur untersucht, aber nicht entwurmt werden muss, für die Labor-Analysen ungefähr so viel, wie wenn er das Pferd vier Mal im Jahr blind entwurmen würde.
"Das Sammeln der Kotproben ist viel zu umständlich."
Das Sammeln kann in manchen Fällen mehr Zeit in Anspruch nehmen, als dem Pferd einfach eine Wurmkur zu geben. Wer aber Verantwortung für sein Tier übernehmen will, für den sollten diese paar zusätzlichen Minuten im Jahr kein Hindernis sein.
Bei der Boxenhaltung ist das Sammeln der Kotprobe ganz einfach: Man nimmt etwa am Morgen eine Handvoll frischen Kot aus der Box. Fertig. Etwas aufwändiger wird’s bei der Gruppenhaltung. Hier kann man sich nicht einfach an einem herumliegenden Pferdehaufen bedienen. Jede Probe muss eindeutig dem jeweiligen Tier zugeordnet werden können.
Wenn sich Stallbetreiber und Einsteller absprechen, lässt sich der Aufwand für alle Beteiligten aber letztlich oft auch gering halten.
"Die Kotprobe eines Pferds reicht aus, um auf den Wurmbefall aller Pferde im Stall zu schließen."
Das ist falsch. Jedes Pferd muss separat untersucht werden. Das ist wie bei anderen Krankheiten auch: Nur weil ein Tier krank ist und Antibiotika benötigt, sind ja nicht gleich alle Pferde im Stall krank und müssen deswegen auch behandelt werden.
"Eine Kotprobe von einem einzigen Tag ist unzuverlässig."
Das ist falsch. Die Kotprobe von einem Tag ist zuverlässiger als eine Durchschnittsprobe von drei Tagen. Zum einen schlüpfen die Larven im Kot gerne bereits nach zirka 48 Stunden. So sind bei einer Drei-Tage-Probe in den Proben von Tag eins und zwei möglicherweise deutlich weniger oder gar keine Eier mehr enthalten, wenn sie im Labor ankommen, sondern nur noch Larven. Für die Analyse benötigt das Labor aber die Wurmeier. Zum anderen ist es zwar tatsächlich so, dass ein Pferd nicht zu jedem Zeitpunkt gleich viele Wurmeier ausscheidet; diese Schwankungen sind jedoch nur sehr gering und werden darüber hinaus bei der Bewertung der Ergebnisse nach den Standards der zeitgemäßen und selektiven Entwurmung berücksichtigt.
Entscheidend sind diese Schwankungen vor allem bei Pferden, die sich beispielsweise rund um den Schwellenwert von 200 Strongyliden-EpG befinden. Das betrifft aber zirka nur zwei Prozent aller Pferde. Alle anderen Tiere sind entweder deutlich unter oder deutlich über dem Schwellenwert, so dass die geringen Verschiebungen nichts an der Entwurmungsempfehlung ändern würden: nur ab 200 Strongyliden-EpG wird auch gegen Strongyliden entwurmt.
Beim Bandwurm zeigt jedoch nicht jede Kotprobe einen Befall mit den Parasiten an, weil die Eier nicht dauerhaft ausgeschieden werden. Da die zeitgemäße und selektive Entwurmung aber auf die regelmäßige Analyse von Kotproben ausgelegt ist, macht das nichts aus. Egal zu welchem Zeitpunkt auch nur ein einziges Bandwurmei bei einem einzigen Pferd im Stall gefunden wird, muss der gesamte Pferdebestand ab diesem Zeitpunkt einmal im Jahr gegen Bandwürmer behandelt werden.
"Obwohl ein Pferd wenige Eier ausscheidet, kann es viele Würmer im Bauch haben."
Eine Studie zeigt, dass das nur bedingt stimmt. Die Zahl der ausgeschiedenen Eier in den niedrigen EpGBereichen (also Ergebnisse unter den Schwellenwerten der zeitgemäßen und selektiven Entwurmung) korreliert demnach mit der Wurmzahl im Pferd. Nur bei höheren EpG-Werten findet man oft noch viel mehr Würmer im Pferd, als von der Eizahl zu erwarten wäre.
Aber keine Sorge, bei der zeitgemäßen und selektiven Entwurmung sind die Schwellenwerte, ab denen entwurmt wird, zur Sicherheit ohnehin niedrig angesetzt, und es greift zusätzlich diese Regel: Wenn ein Pferd einen oder mehrere niedrige Schwellenwerte je Endoparasit überschreitet, muss dieses Pferd auf jeden Fall mit einer chemischen Wurmkur behandelt werden.
Wenn Reiter berichten, dass ihr Pferd trotz negativem Laborbefund hochgradig verwurmt war und manche sogar wegen einer wurmbedingten Kolik eingeschläfert werden mussten, sollte man sehr vorsichtig sein. Nicht überall, wo zeitgemäße und selektive Entwurmung draufsteht, ist diese auch drin. Es gibt vermehrt Fälle, bei denen der Tierarzt einfach eine Wurmkur pro Jahr weg lässt und das dann als zeitgemäße und selektive Entwurmung deklariert, oder bei denen ein Labor nicht nach den definierten Standards arbeitet, das aber trotzdem als die neue Entwurmungsstrategie anpreist.
"Das Labor findet nicht alle Parasiten."
Wenn das Pferd Parasiten in sich hat, dann findet das Labor diese auch, vorausgesetzt, es arbeitet nach den Standards der Arbeitsgemeinschaft für Zeitgemäße (+ Selektive) Entwurmung. Eine Liste aller zertifizierten Labore findest du unter: www.selektive-entwurmung.com oder www.zeitgemaess-entwurmen.de
Es gibt jedoch Sonderfälle: Beispielsweise Bandwürmer (siehe Mythos Nr. 8) und eingekapselte Larven von kleinen Strongyliden (passiert gerne im Herbst). Solche Larven sind im Labor unsichtbar, weil sie keine Eier ausscheiden. Erst wenn sie wieder frei sind, fallen sie bei der Analyse auf. Das Problem kann aber auch bei der herkömmlichen Entwurmung mit vier Ampullen im Jahr auftreten.