- Trainings-Check
- Medizin-Check
- Huf-Check
- Sattel-Check
- Fütterungs-Check
- Fazit
- Die Experten
Trainings-Check
Clavi brauchte vor vier Monaten beim Reiten bis zu einer halben Stunde, bis sie sich gelöst bewegen konnte. Anfangs machte sie sich oft fest, geriet aus dem Takt und hob sich heraus.
Diesmal geben Pferd und Reiterin ein anderes Bild ab. Was haben sie geändert? Dressurausbilderin Claudia Butry hatte beide zwischenzeitlich noch einmal besucht. Sie rät: Die rechts hohle Stute anfangs so wenig wie möglich stören und im Entlastungssitz am losen Zügel warmreiten. Zwischendurch ein paar Tritte Seitengänge zur Gymnastik. Das setzt Carolin Reeb um. Clavi spiegelt die Entspannung: Nach zwei Runden lässt sie bereits zufrieden den Hals fallen und trabt schwungvoll im Takt.

Stefan Schneider möchte jedoch mehr herauskitzeln: "Sie muss mehr auf den Schenkel nach vorne ziehen. Wenn sie das verstanden hat, den Hals fallen lässt und mit schwingendem Rücken geht, kann sie gearbeitet werden. Die Schiefenproblematik verbessert sich dadurch automatisch."
Hufexperte und Trainer Burkhard Rau ist skeptisch, ob diese Lösung für jedes Pferd-Reiter-Team passt: "Wenn ich das als Reiter nicht richtig hinbekomme, trainiere ich lieber erst einmal nur am Boden, zum Beispiel mit Langzügelarbeit. Wichtig ist, dass sich Arbeitsphasen und Pausen abwechseln, damit das Pferd nicht permanent unter Anspannung steht."
Sein Tipp: Vier Wochen nur Bodenarbeit, dann wieder Reiten. Physiotherapeut und Sattelberater Stefan Wolfrum würde einen Mix aus Bodenarbeit und Reiten vorziehen. Er rät, auch das Gelände fürs Training zu nutzen ("Hoch und runter und in Schlangenlinien um die Bäume"). Doch alle sind sich einig: Clavi und Carolin sind auf einem guten Weg.
Tipps fürs weitere Training:
- Ausreiten in unebenem Gelände für Koordination und Kraft
- geraderichtende Übungen am Boden und unter dem Sattel
- Training in Intervallen: Arbeitsphasen und Pausen im Wechsel
Medizin-Check
Vor vier Monaten stellten die Experten fest: Clavi ist körperlich gesund, aber total schief. Sowohl beim Führen geradeaus und in Wendungen als auch an der Longe lief die Stute klamm und steif, jedoch lahmfrei.
"Der Takt gefällt mir besser", bemerkt Burkhard Rau. "Das sehe ich genauso", stimmt Stefan Schneider zu, während Carolin Reeb Clavi an der Hand vorführt. Burkard Rau runzelt die Stirn: "Die anderen Probleme sind immer noch da, vor allem im Becken finde ich sie sehr unbeweglich." Claudia Butry findet, dass Clavi ihre Beine gezielter führt, zentrierter und stabiler wirkt.
Dieser Eindruck deckt sich mit Clavis Bemuskelung. Die Unterschiede zwischen der schwächer bemuskelten linken Seite (wie etwa der Schulter)

und der rechten Seite sind nicht mehr ganz so stark. Dagegen muss die restliche Muskulatur auf der rechten Seite die schwächere linke Seite kompensieren. Nach wie vor ist das rechte Hinterbein auf der hohlen Seite schwächer, weil es zu wenig trägt.

"Die Stute fängt viel mit den Schultern ab und ist deshalb in diesem Bereich bis hoch ins Genick sehr verspannt", meint Pferdephysiotherapeut und Sattelberater Stefan Wolfrum. Er freut sich dennoch über die Entwicklung: "Das geht nun mal nicht von heute auf morgen."
Die Experten empfehlen, Clavi regelmäßig manuell therapieren zu lassen. Außerdem kann auch die Besitzerin selbst etwas tun: Etwa einen Kurs zur Emmet-Technik besuchen oder Balance-Pads besorgen.
"Mit beidem kann man nichts falsch machen", sagt Burkhard Rau. Wer die Emmet-Griffe anwendet, kann dem Pferd helfen, Anspannungen zu lösen. "Die Balance-Pads lege ich meinen Pferden einfach vor die Füße", erzählt Rau schmunzelnd. "Sie experimentieren selbst damit herum und probieren aus, was ihnen guttut."
Tipps für einen gesunden Köper:
- manuelle Therapie in regelmäßigen Abstände
- Training mit Balance-Pads
- Muskelentspannung durch Massage
Huf-Check
Clavis Hufe waren genauso schief wie sie selbst: Hinten links und vorne rechts zu steil, hinten rechts und vorne links zu flach.
Ob die Schiefe von den Hufen kommt oder umgekehrt, bleibt unklar. Sicher ist aber: Das eine bedingt das andere. Clavi täte sich leichter, wenn sie mit ihrem Körper nicht ihre schiefen Füße ausgleichen müsste. "Je symmetrischer die Hufe, desto ausbalancierter das Pferd", erklärt Burkhard Rau. "Die Vorderhufe korrespondieren eins zu eins mit den Schulterspitzen", sagt der Hufexperte: links höher, rechts flacher.

Mit der Entwicklung der Hufe ist er nicht zufrieden: "Schlechter als damals." Dem Schmied gefällt nicht, dass die inneren Hufwände nun zu lang sind.

Vor allem am linken Vorderhuf ist zu sehen, dass die innere Wand sich bereits wölbt. Die Folge der ungleichen Wände: Clavi belastet die Innenseiten der Hufe mehr und rotiert mit den Beinen nach außen. "Mit einer Bearbeitung alle fünf bis sechs Wochen wird das nichts", betont Rau, der für Korrekturhufe ein Intervall von mindestens drei Wochen für erforderlich hält.
"Geht das nicht, muss der Hufbearbeiter dem Pferdebesitzer zeigen, wie er selbst kleine Korrekturen vornehmen kann", ergänzt er.
Tipps für bessere Hufe:
- Hufbearbeitungsintervalle verkürzen auf alle drei Wochen
- Alternative: zwischendurch selbst nachraspeln
Sattel-Check
Clavis Sattel drückte in ihre linke Schulter, weil dort Muskulatur fehlte. Sattelberater Stefan Wolfrum riet, dort mit einem Korrekturpad und einer dünnen Einlage auszugleichen.
"Das ist aber kein Freischein für Pferdebesitzer, auf eigene Faust schlecht sitzende Sättel auszugleichen", mahnte er. Dies sei nur eine Übergangslösung. "Denn die Lage des Sattels kann sich fast täglich verändern", so Wolfrum. Wie schnell das geht, hatten wir vor vier Monaten gesehen: Nach einer physiotherapeutischen Behandlung lag Clavis Sattel plötzlich im Lot.
Immer noch liegt der Schwerpunkt des Sattels zu weit hinten.

Beim Reiten rutscht er nach wie vor nach links.

Clavis Besitzerin hat am Sattel nichts ändern lassen. Das sei auch aktuell in Ordnung, erklärt Stefan Wolfrum: "Ich halte nichts davon, den Sattel schief zu polstern, damit er auf ein schiefes Pferd passt." Solange Clavi noch Muskulatur aufbauen müsse, sollte es erst einmal nur darum gehen, Druckspitzen zu vermeiden.
Idealerweise müsste der Sattel alle vier Wochen von einem Fachmann kontrolliert werden. Da der Sattel vor jedem Ritt etwas anders liegen könne, sei es sogar ratsam, dass ein kompetenter Trainer vor jedem Ritt prüft, ob die Korrektureinlagen im Pad nötig sind oder wie dick diese sein sollten.
Fütterungs-Check
Clavi hatte häufig Koliken und Magenprobleme. "Bei sensiblen Pferden wie Clavi können Stress, schlechte Futterqualität oder Futterumstellungen schnell auf den Magen schlagen", weiß Tierärztin und Fütterungsexpertin Leda Führ. Sie berechnete Clavis Bedarf an Energie, Mineralien, Spurenelementen und Aminosäuren und die Fütterung wurde behutsam umgestellt.

Beim Abtasten fühlt sich Clavis Bauch fest an. "So eine Situation wie unser Experten-Check heute kann das schon auslösen", erklärt Leda Führ. Sie empfiehlt, die Stute vor besonderen Ereignissen und nach unvorhersehbaren Stress-Situationen mit einem Magenschutz (etwa eingeweichte Leinsaat oder schleimbildende Ergänzungsfutter) zu unterstützen. Carolin Reeb hat sich an diesen Tipp in den letzten vier Monaten gehalten. Mit Erfolg: Clavi ist seitdem stabil.
Tipps für die Fütterung:
- magenschützende Futterzugabe bei Stress
- auf gute Futterqualität achten
- Futterumstellungen langsam einleiten
Fazit
Viele Pferdebesitzer kennen das: Sie wissen, dass mit ihrem Pferd etwas nicht stimmt, aber kein Tierarzt, Physiotherapeut oder Hufbearbeiter kam auf die Ursache. Vielleicht, weil es die eine Ursache gar nicht gibt. Clavi hat uns gezeigt, dass Probleme zusammenhängen und sich gegenseitig beeinflussen. Ein Teufelskreis – wenn nur ein Fachmann auf sein Fachgebiet schaut.
Die Lösung: Jedes Pferd braucht Experten, die zusammenarbeiten und sich austauschen. Auf diesem Weg dürfen Pferdebesitzer aber nicht zu schnell aufgeben. Nur wer geduldig durchhält, kann Erfolge feiern.

Nadine Szymanski, CAVALLO-Redakteurin
Die Experten

Claudia Butry ist klassische Dressurausbilderin und Bewegungstrainerin nach Eckart Meyners. Die Sitzschulung ist ein wichtiger Bestandteil ihres Reitunterrichts. www.neuesreiten.de

Leda Führ ist Tierärztin und hat sich auf das Thema Fütterung spezialisiert. Beim Tierernährungs-Hersteller Iwest ist sie als Futterberaterin tätig und nimmt die Speisepläne der Pferde unter die Lupe. www.iwest.de

Burkhard Rau ist Hufbeschlaglehrschmied und Sachverständiger für Hufpflege und Hufbeschlag. Als Pferdephysiotherapeut und Trainer hat er jedoch nicht nur die Hufe im Blick. www.equicura.de

Stefan Schneider ist Tierarzt und Dressurausbilder. Mit seiner Frau, Dressurreiterin Uta Gräf, betreibt er einen Ausbildungsstall in Rheinland-Pfalz. www.gutrothenkircherhof.de

Stefan Wolfrum ist Sattelberater bei der Firma Iberosattel. Als Physiotherapeut für Pferde weiß er, wie wichtig ein gut passender Sattel ist. Er prüft, wo es bei Pferden drückt. www.pferdephysiotherapiewolfrum.de