Eine CAVALLO-Leserin wandte sich mit einem kuriosen Vorfall an uns. Sie wollte ihre vier Pferde auf die etwa einen Kilometer vom Stall entfernte Koppel stellen. Das Grundstück ist mit stabilen Pfosten an den Ecken sowie einer Vierfach-Litze eingezäunt und verfügt über ein Weidetor. Eigentlich ist also nicht zu übersehen, dass es sich hier um eine private Pferdekoppel handelt.
Allerdings standen dort zwei komplett gesattelte und getrenste fremde Pferde. Eine Anwohnerin, die sich bereits über die fremden Pferde gewundert hatte, half, die Besitzer der Pferde ausfindig zu machen. Es stellte sich heraus, dass die Besitzer Freunde im Dorf besucht und die Pferde zur Zwischenrast auf der Koppel abgestellt hatten. Die Leserin fragte nun, wie das tierschutzrechtlich zu betrachten ist.

Was sagt der Tierschutz zum Freilaufenlassen mit Ausrüstung?
Gemäß § 1 Tierschutzgesetz darf niemand einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.
Stellt man ein Pferd mit voller Montur auf eine große Weide ist es naheliegend, dass das Pferd losrennen kann und im Übermut wegrutscht oder hinfällt. Insbesondere in einer fremden Umgebung ist das Verletzungsrisiko hoch, da die Pferde auf Umwelteinflüsse unsicher und unberechenbar reagieren können.
Außerdem kann die Ausrüstung beim Losrennen oder Bocken verrutschen, sodass das Pferd hineintreten und sich schwer verletzen kann. Zudem schreibt § 2 Tierschutzgesetz eine artgerechte Betreuung des Tieres vor. Kommt der Halter, wie in diesem Fall, dieser Verpflichtung nicht nach, liegt eine Sorgfaltspflichtverletzung vor.
Freilaufen mit Ausrüstung ist als Ausnahme in der Ausbildung erlaubt.
Während der Ausbildung etwa junger Hengste ist es gängige Praxis, die Pferde ausgebunden, mit Longiergurt oder Sattel ohne Steigbügel im Freilauf zu präsentieren. Vor allem auf Hengstkörungen und Präsentationen ist dies üblich.
Dabei gilt allerdings, dass die Pferde nur in einem abgetrennten Bereich mit hoher Bande und ohne Spiegel, Fenster und Co. laufengelassen und von dem Longenführer beobachtet werden, um Verletzungen zu vermeiden. Unter Tierschutzgesichtspunkten ist daher das Freilaufenlassen mit Ausrüstung unter Aufsicht von sachkundigen Personen und in entsprechender Umgebung grundsätzlich eine gängige und zulässige Methode.
Im Falle der CAVALLO-Leserin ist allerdings weder eine entsprechende Umgebung geschaffen noch die Betreuung durch den Besitzer gewährleistet. Dadurch ist solch ein Handeln nicht mit dem Tierschutz vereinbar.
Darf ein umzäumtes Grundstück einfach von Fremden genutzt werden?
Nein, es handelt sich um eine unberechtigte Nutzung eines fremden Grundstücks. Es liegt eine sogenannte Besitzstörung nach § 862 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) vor. Danach kann der Besitzer der Koppel vom Störer (den fremden Pferdehaltern) die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen, sprich das Entfernen der fremden Pferde von der Koppel.
Gegen diese Nutzung des Grundstücks hat die Leserin einen Unterlassungsanspruch gemäß §§ 862, 858, 1004 BGB. Durch die Einzäunung ist für jeden erkennbar, dass es sich um Privatgrund handelt. Verwüsten die fremden Pferde die Koppel, kann sie auch einen Schadensersatzanspruch geltend machen.
Der Straftatbestand des Hausfriedensbruchs gemäß § 123 Strafgesetzbuch (StGB) ist jedoch nicht verwirklicht, da sich nicht der Reiter selbst auf dem Grundstück aufhält, sondern lediglich seine Pferde.
Der Experte
Andreas Ackenheil, 51, ist spezialisiert auf Tierrecht/Pferderecht. Seine Kanzlei in Klein-Winternheim/Mainz ist bundesweit tätig. www.tierrechtanwalt.de
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