Langgurt vs. Kurzgurt
Langer oder kurzer Sattelgurt?

Reine Geschmacksache oder klare Kiste? Kurzer Dressurgurt und Langgurt im Vergleich. Was für und gegen welche Version spricht.

Sattelgurte
Foto: Lisa Rädlein

Was für den Kurzgurt spricht:

Mehr Komfort für den Reiter: Die meisten Dressursättel haben lange Gurtstrupfen und können deshalb nur mit einem Kurzgurt genutzt werden. Der Grund dafür liegt im Komfort für den Reiter: Die Gurtschnallen liegen nicht direkt am Sattel unter dem Reiterbein, sondern tiefer auf dem Pferdebauch. Damit liegt das Bein näher am Pferd und es gibt keine unangenehmen Druckstellen an der Oberschenkelinnenseite. Zum Nachgurten müssen Reiter nicht das Bein vor den Sattel legen, sondern nur den Arm lang machen.

Variablere Gurtung: Durch die langen Strupfen ist es möglich, den Kurzgurt variabel zu gurten. Der Sattler kann die Gurtung individuell nach den Bedürfnissen und der Anatomie des Pferds ausrichten.

Die gängigsten Varianten:

Parallelgurtung: Die Strippen fallen parallel senkrecht herunter. So wird der Sattel genau im Schwerpunkt gegurtet. Der meiste Druck liegt also in der Mitte des Sattels – sofern dieser korrekt im Schwerpunkt liegt.

V-Gurtung: Die Strupfen verlaufen in einer V-Form nach unten. Der Druck wird über eine größere Fläche verteilt als bei der Parallelgurtung.

Y-Gurtung mit Vorgurtstrupfe: Die vordere Strupfe wird weit vorne angebracht, in der Regel am Kopfeisen. Die hintere Strupfe ist nicht direkt am Sattelbaum befestigt, sondern an einem Gurtband, das an zwei Stellen aufgehängt ist. So soll der Sattel im vorderen Bereich fixiert werden, damit er nicht nach vorne rutscht. Doch Vorsicht: Wird die Vorgurtstrupfe angezogen, entsteht viel Druck im Schulterbereich und der Sattel kann sich regelrecht hinter den Schultern festklemmen.

Y-Gurtung mit Schwerpunktgurtung: Die hintere Strippe ist an einem Gurtband befestigt, das an zwei Stellen am Sattel aufgehängt ist. Die vordere Strippe liegt etwas weiter vorne. Diese Gurtung gewährleistet eine gleichmäßige Druckverteilung auf der gesamten Auflagefläche.

Was für den Langgurt spricht:

Mehr Komfort fürs Pferd: Vielseitigkeits- und Springsättel haben in der Regel kurze Strupfen und werden mit einem Langgurt genutzt. Doch auch Dressursättel können damit ausgerüstet werden.

Viele Reiter schwören auf den Langgurt, weil er fürs Pferd bequemer ist. Denn die Schnallen liegen nicht auf dem Pferdebauch, sondern auf dem Schweißblatt des Sattels. CAVALLO-Druckmessungen haben ergeben, dass gerade im Schnallenbereich der stärkste Druck entsteht. Langgurte verteilen den Druck gleichmäßiger und ohne Druckspitzen. Deshalb fühlen sich vor allem Pferde, die empfindlich am Bauch sind, sichtlich wohler, wenn dort keine Schnallen drücken, auch wenn diese abgepolstert sind.

Außerdem können die Schnallen des Kurzgurts in der Bewegung mit den Vorderbeinen in Kontakt kommen. Das passiert, wenn der Kurzgurt zu kurz ist oder das Pferd eine schlechte Gurtlage hat, sodass der Gurt nach vorne rutscht und in die Nähe der Ellenbogen gerät.

Schwerpunktgurtung: Um den Langgurt zu befestigen, sind in der Regel drei Strupfen am Sattel angebracht, die gerade nach unten fallen. Der meiste Druck liegt im Bereich des Sattelschwerpunkts. Die drei Strupfen ermöglichen es dennoch, den Gurt etwas variabel zu verschnallen.

Unser Fazit

Der Kurzgurt ist für uns Reiter bequemer und bietet durch die Gurtungsvarianten die Möglichkeit, den Sattel so festzuzurren, dass er weniger rutscht oder wippt. Klarer Sieger Kurzgurt? Nein!

Wenn der Sattel nicht im Schwerpunkt liegt oder der Schwung des Sattelbaums nicht passt, hilft auch die ausgefuchsteste Gurtungsvariante nicht. Der Sattelgurt ist nicht dazu da, eine schlechte Passform zu korrigieren. Für das Pferd ist der Langgurt die bessere Variante, weil er den Druck gut verteilt und die Schnallen nicht auf seinen empfindlichen Bauch drücken. Hersteller sollten deshalb Dressursättel wieder ganz "old school" standardmäßig mit kurzen Strippen produzieren.

Sattelgurte
Lisa Rädlein
Nadine Szymanski, CAVALLO-Redakteurin

Nadine Szymanski, CAVALLO-Redakteurin

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4 / 2023

Erscheinungsdatum 15.03.2023

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