Reitschul-Test: Reiten in Ostfriesland
Reitschulen in Ostfriesland

Tipps für Reitschüler: CAVALLO-Redakteurin Miriam Kreutzer hat drei Reitschulen in Ostfriesland getestet. Reiten in Ostfriesland: Hier finden Sie Ergebnisse und Fotos!

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Foto: Miriam Kreutzer

Islandpferde vom Berenter Moor
Beim Berenter Moor wartet Isländer-Wallach Byr auf Miriam Kreutzer. Der Hof wirbt mit reellem Reiten nach biomechanischen Grundsätzen. Wie gut wird das in der Praxis umgesetzt?

Friesenhof Moorblick
Der Friesenhof Moorblick wirbt mit solider Grundausbildung. Wie klappt das mit einem 13-jährigen Schulpferd, das seit zwei Jahren geritten wird?

PSG Norddeich
Die Pferdesportgemeinschaft hat Gewichtsbeschränkungen für Reiter, beim Schulpferd scheinen Rippen durchs Fell. Wie fällt die Stunde aus?

Unsere Highlights

Reiten in Ostfriesland: Islandpferde vom Berenter Moor

Wir achten weniger auf spektakuläre Gänge als vielmehr auf den Charakter“, sagt Petra Lange, die mich am Testtag über den Hof führt. Gemeinsam mit ihrem Mann Jörg züchtet und bildet sie Isländer aus. Hier dreht sich alles um die kleinen Gangpferde. Die Isländer sind ganzjährig draußen und leben im O†ffenstall. Der Unterstand ist eingestreut, sobald es sehr kalt ist. „Unsere Pferde
lassen sich gerne auf der Wiese einschneien“, sagt die Trainerin.

Dann spricht sie übers Reiten. Petra Lange ist gegen Gestrampel und hochgezogene Hälse. Sie bildet ihre Isländer nach klassischem Vorbild auf Grundlage der Biomechanik aus. Ihr ist es sehr wichtig, den Tölt über den Rücken mit Schub aus der Hinterhand zu reiten. Das umzusetzen, soll Ziel meiner heutigen Reitstunde sein. Schulpferd ist Byr, ein etwa 1,45 Meter großer, brauner Isländer-Wallach, den ich vor der Reitstunde putze und sattele. Byr teilt sich das Putzzeug mit den anderen Pferden im Stall.

Eigene Sättel gibt es nicht für jedes der zehn gerittenen Pferde des Hofs. Die Trainerin erklärt, dass sie schon Probleme mit besonders kurzen Sätteln hatte. „Mir sind die originalen Islandsättel am liebsten, sie passen auf jedes Pferd“, sagt Petra Lange. Ihr Mann Jörg erzählt, dass alle Pferde von ihm und seiner Frau geritten würden: „Wir haben eigentlich keine Schulpferde.“ Byr hat einen breiten Rücken mit sehr wenig Widerrist. „Das ist bei Isländern so erwünscht. Ein hoher Widerrist steht einem guten Tölt im Wege“, sagt Petra Lange.

Zum Reiten geht es erst auf den etwa 20 x 40 Meter großen Außenreitplatz. Hier kann ich mich an Byr gewöhnen und Lange sieht, wie ich reite. Sie möchte, dass ich entspannter sitze. Dafür soll ich ausatmen und die Schultern fallenlassen. Außerdem meine Füße weniger in die Steigbügel stemmen und nur ganz locker der Bewegung des Pferds folgen, damit sich Byr quasi selbst bei jedem Schritt an meinen lockeren Unterschenkeln stößt. Über Kreuzhilfen soll ich Byr bremsen und aufrichten.

Reitschul-Test: Reiten in Ostfriesland

Petra Lange legt viel Wert auf Vorwärts-abwärts und Entspannungsphasen fürs Pferd. Wendungen, Schenkelweichen und Seitengänge seien eine gute Möglichkeit, Byr zu lösen. Da die Trainerin das Schenkelweichen zu den Seitengängen zu zählen scheint, frage ich nach und weise auf den Unterschied hin: Schenkelweichen gehört zu den lösenden Lektionen, bei denen das Pferd gestellt ist; in Seitengängen wie Schulterherein und Travers ist das Pferd dagegen gebogen und versammelt sich. Die Trainerin beharrt darauf, dass Schenkelweichen zu den Seitengängen zählt. „Da gibt es geteilte Meinungen. Es gibt ja auch die Möglichkeit, Schenkelweichen auf drei oder vier Hufschlägen zu reiten“, sagt sie.

Fürs Tölten geht es auf die Ovalbahn. Petra Lange hat ein Funkgerät für ihre Schüler, damit diese ihre Anweisungen gut hören. Zum Antölten soll der Reiter die Hände etwas höher nehmen und mit den Ring‘fingern spielen. Den Tölt soll ich ganz langsam reiten und in den Kurven an Schulterherein denken. Das ist mit Byr schwierig, weil er mich testet. Schon anfangs auf dem Reitplatz weigerte er sich, auf Zügel- und Schenkelhilfen zu reagieren und versucht nun erneut, eigene Wege zu gehen. Am liebsten verdrückt er sich in die Mitte zu seiner Besitzerin. Auf der Ovalbahn gewöhnen wir uns besser aneinander. Wirkt der Reiter präzise ein und folgt den Anweisungen der Trainerin, töltet der Wallach einwandfrei.

Unter Kindern läuft er laut Reitlehrerin brav und zuverlässig. Von fortgeschrittenen Reitern, die mehr von ihm verlangen, möchte er die Hilfen genau wissen. Der Isländer hat eine gute Ausbildung und geht entspannt vorwärts-abwärts. Sein Trab ist taktklar. Byr bekommt zweieinhalb Hufeisen. Ein halbes Hufeisen ziehe ich ab, weil der Wallach Hilfen ignorierte und eigene Wege ging. Die Reitlehrerin ohne Trainerschein bekommt für ihren guten Unterricht zwei Hufeisen. Abzüge gibt‘s wegen der falschen Einordnung von Schenkelweichen zu den Seitengängen.

Für den Betrieb mit der pferdegerechten Haltung notiere ich zwei Hufeisen. Eins ziehe ich ab, weil nicht jedes Pferd einen eigenen Sattel und Putzzeug hat. Zudem fehlt eine Reithalle.

Reitschul-Test: Reiten in Ostfriesland

Die 45-minütige Einzelstunde kostete 12 Euro. Am Testtag fiel die Reitstunde sogar länger aus. Für den guten Unterricht auf einem rittigen Pferd könnten die Langes sicher mehr verlangen und dafür in eigene Sättel und eigenes Putzzeug investieren. Zwei Hufeisen für das Preis-Leistungs-Verhältnis.

Bewertung

Schulpferd: zweieinhalb von drei Hufeisen
Reitlehrer: zwei von drei Hufeisen
Reitbetrieb: zwei von drei Hufeisen
Preis-Leistung: zwei von drei Hufeisen

Kontakt

Islandpferde vom Berenter Moor
26427 Moorweg-Altgaude
Tel. 04977-91940
www.berenter-moor.de

Reiten in Ostfriesland: Friesenhof Moorblick

Ich kenne Sie nicht, daher bekommen Sie nicht das beste Pferd, sondern das sicherste“, sagt Dr. Susanne Fessel. Seit September 1999 betreibt die Wissenschaftliche Mitarbeiterin einer Universität den Friesenhof Moorblick.

Das sicherste Pferd ist die Friesen-Stute Wijkje. Sie ist 13 Jahre alt und erst seit zwei Jahren unter dem Sattel. Susanne Fessel hat die schwarze Stute einem Züchter abgekauft. Wijkje hatte schon sechs Fohlen und dadurch einen leichten Senkrücken. Ihre Ausbildung hat sie hier genossen. Dr. Susanne Fessel wirbt für ihren Friesenhof damit, dass eine lockere Atmosphäre und konzentriertes Reiten nicht im Gegensatz zueinander stehen müssen.

Im Stall gibt es Putzplätze mit Anbinderingen, wo ich Wijkje putzen soll. Die Betriebschefin stellt mir ihren Putzkasten bereit und zeigt das Sattelzeug der Friesen-Stute. Ich sattele mit einem Vielseitigkeitssattel mit Schwerpunkt Dressur. Wijkje ist gepflegt. Während ich putze und sattele kommt die Reitlehrerin zwischendurch vorbei und sieht nach, ob alles klappt.

Ich soll in die 20 x 40 Meter große Reithalle vorgehen und Wijkje im Schritt führen. Pünktlich zur vereinbarten Uhrzeit beginnt der Unterricht. Die Reitlehrerin hilft beim Aufsitzen und beim Einstellen der Steigbügel. Ich soll das Schulpferd erst einmal selbstständig im Schritt lösen.
Die Trainerin beobachtet ihren Reitschüler dabei. Sie lobt, dass ich viele Wendungen reite und fragt, wie man ein Pferd am besten löst. „Gebogene Linien, Schenkelweichen, Übergänge
reiten“, schlage ich vor. Man merkt Susanne Fessel an, dass sie von Pädagogik Ahnung hat. Ihr Unterricht besteht aus Fragen und Antworten. Sie möchte, dass ihr Reitschüler versteht, was er tut und warum er es tut.

In der Lösungsphase biegt Wijkje nicht auf den Zirkel ab. Sofort korrigiert die Trainerin: „Drehen Sie sich mit dem ganzen Oberkörper, nicht nur mit Kopf und Schultern.“ Sie lässt biomechanische Kenntnisse zu Schiefe und Gleichgewicht in ihren Unterricht einfließen, ebenso wie allgemeine Pferdekunde. Sie erklärt das Sichtfeld des Pferds: „Pferde als Fluchttiere nehmen Dinge größer und schneller wahr und haben zwei unterschiedliche Bilder im Kopf, da sich ihre Blickfelder nicht wie beim Menschen überschneiden.“

Reitschul-Test: Reiten in Ostfriesland

Das Trainingskonzept der Dualaktivierung, entwickelt von Ausbilder Michael Geitner, eigne sich deswegen hervorragend fürs Pferdetraining, sagt Susanne Fessel, die sich mehrfach bei Geitner fortgebildet hat und ihre Pferde regelmäßig mittels Dualaktivierung trainiert. Hütchen und Gassen in den Farben Blau und Gelb helfen Pferden, ihre Gehirnhälften besser zu vernetzen.

Am Testtag baut die Reitlehrerin einen Parcours aus gelben und blauen Hütchen auf. Das ist gar nicht so einfach, weil Wijkje ziemlich große, schnelle Schritte macht. Bei einer weiteren Übung soll ich leichttraben und an der langen Seite im Wechsel zweimal stehenbleiben und einmal aussitzen. Das schult die Koordination und zeigt dem Reiter, dass er so auch die Geschwindigkeit des Pferds bestimmen kann.

Zudem entlarvt die Übung eingefahrene Reitgewohnheiten. „Reitanfänger können das ganz schnell umsetzen. Fortgeschrittene Reiter haben damit immer Probleme“, sagt Susanne Fessel. Die Trainerin bekommt für ihren engagierten Unterricht mit vielen Aha-Erlebnissen und guten Erklärungen die Bestnote: drei Hufeisen.

Schulpferd Wijkje ist sehr flott, ich muss sie am Testtag häu‘fig bremsen. Die Stute neigt wie viele Friesen dazu, sich hinter der Senkrechten zu verkriechen. Solange der Reiter nicht richtig zum Treiben komme, ist das nur schwer zu korrigieren. Über Sitz und Schenkel wird es im Laufe der Stunde aber immer besser. Die 13-jährige Stute reagiert gut auf präzise Hilfen.

Ich bewerte das Schulpferd mit zwei Hufeisen. Der Betrieb punktet mit 24 Stunden Koppelgang im Sommer und täglichem Weidegang im Winter. Wijkjes Innenbox ohne Fenster misst etwa 3,70 x 4,35 Meter. Für ein Pferd mit etwa 1,70 Metern Stockmaß ist sie groß genug. Am Testtag ist sie ordentlich gemistet. Der Stall ist gepflegt und sauber. Neben der Halle steht noch ein etwa 20 x 40 Meter großer Außenplatz zur Verfügung. Wijkjes Hufe sind gepflegt, am Testtag ist der Hufschmied da. Sattel und Trense passen zum Pferd. Der Betrieb bekommt zweieinhalb Hufeisen. Ein halbes Hufeisen ziehe ich ab, weil Wijkjes Innenbox keinen Ausguck hat.

Reitschul-Test: Reiten in Ostfriesland

Die 60-minütige Einzelstunde kostete 15 Euro. Für den hervorragenden Unterricht auf einem guten Schulpferd könnte Dr. Susanne Fessel sicher mehr nehmen. Das würde an der Bestnote fürs Preis-Leistungs-Verhältnis nichts ändern.

Bewertung

Schulpferd: zwei von drei Hufeisen
Reitlehrer: drei von drei Hufeisen
Reitbetrieb: zweieinhalb von drei Hufeisen
Preis-Leistung: drei von drei Hufeisen

Kontakt

Friesenhof Moorblick
26487 Neuschoo
Tel. 0173-9360715
www.friesenhof-moorblick.de

Reiten in Ostfriesland: PSG Norddeich

Meine Reitschüler dürfen nicht über 85 Kilogramm wiegen“, sagt Friederike Janssen-Itzen, als ich mich telefonisch für eine Reitstunde anmelde. Nach meinem reiterlichen Können fragt sie nicht.
Ihre 16 Pferde stehen am Testtag auf dem etwa 16 x 30 Meter großen Außenreitplatz. Janssen-Itzen mistet die Boxen. Beeindruckend ist die vielfältige sportliche Bildung der über 70-Jährigen mit einer Trainer-B-Lizenz im Reiten und engagierter Jugendarbeit. Außerdem ist sie Leichtathletik-Trainerin, Sportlehrkraft und Schulbeauftragte für den Bereich Reiten. Erst vor einigen Tagen ist sie von einem anderen Stall weggezogen.

„Sind Sie denn schon geritten?“, fragt mich die Trainerin – was ich bestätigen kann. Ich solle mir schon mal die Pferde ansehen, meint sie. Direkt kommt ein brauner Wallach ans Tor und lässt sich streicheln. Er heißt Tachier, ist etwa 1,55 Meter groß und wird heute mein Schulpferd. Tachier ist von allen Pferden hier am besten bemuskelt. Aber man kann seine Rippen durchs Fell schimmern sehen. Der Braune ist zehn Jahre alt und, wie die Trainerin erzählt, von einer Kollegin ausgebildet worden, die mit ihm kürzlich den Trainer-C-Schein abgelegt hat.

Bevor es ans Reiten geht, verteilen wir einen Sack Späne auf drei Boxen. Das ergibt kein weiches Bett für die Nacht. Tachier darf dann in die Box, wo Kraftfutter wartet. Ein Pferd sollte Kraftfutter besser zwei Stunden vor der Arbeit fressen. Heu fehlt in der Box. Außer während des Mistens kommen die Pferde im Winter nicht raus. Kaum hat Tachier sein Futter verputzt, soll ich ihn zum Putzen aus der 3,70 x 4,35 Meter großen Innenbox holen. Es gibt kein eigenes Putzzeug für den Wallach. Er teilt es sich mit den anderen Pferden. Danach geht es ans Satteln. Tachiers Sattel hat Mängel: Zwei Gurtstrippen sind gerissen. Ich spreche die Trainerin auf Tachiers Futterzustand an: „Sie werden sehen, der wird Ihnen noch heiß genug sein.“ Auf seine Figur geht sie nicht ein.

Beim Aufsteigen gibt Janssen-Itzen eine Regel vor: „Ein gut gerittenes Pferd muss ganz gerade stehen.“ Was fehlt, ist eine Aufstieghilfe, um den Pferderücken zu schonen. Ich reite viele Handwechsel und Wendungen in Schritt und Trab. „Für welchen Punkt in der Ausbildungsskala sind Wendungen?“, fragt die Trainerin und antwortet selbst: „Gebogene Linien sind für die Tragkraft bedeutsam. Was ist die Tragkraft?“ Ich antworte, dass das Pferd mit dem Hinterbein unter den Schwerpunkt tritt und den Rücken aufwölbt. Die Trainerin ist mit dieser Antwort zufrieden.

Reitschul-Test: Reiten in Ostfriesland

Der Wallach ist anfangs etwas steif im Genick, wird aber schnell locker. Tachier ist extrem rittig. Er beherrscht sicher alle Lektionen der Klasse A und teilweise L-Lektionen. Dabei trägt er sich schön selbst, das Genick ist der höchste Punkt. Bestnote für das Schulpferd.

Friederike Janssen-Itzen hat klare Regeln, ihr Unterricht reduziert sich aber auf die Aufforderung zu Übergängen und Tempowechseln. Reiterlich hat mich die Unterrichtsstunde nicht weitergebracht. Es fehlten Verbesserungsvorschläge oder Tipps der Trainerin. Da sie mich die gesamte Zeit betreut hat, gebe ich ein halbes Hufeisen.

Der Betrieb bekommt Abzüge. Der Sattel muss zum Sattler, die Boxen sind zu dünn eingestreut. Der Futterzustand von Tachier und manchen Großpferden ist nicht optimal: Die Rippen sollten nicht zu sehen sein. Es gibt keine Reithalle. Ich gebe dem Betrieb ein halbes Hufeisen, weil am Testtag sauber gemistet war und die Tiere stundenweise an die frische Luft dürfen.

Reitschul-Test: Reiten in Ostfriesland

Ich zahle 15 Euro für 45 Minuten Reitunterricht auf einem hervorragenden Pferd, aber ohne Input der Reitlehrerin: ein Hufeisen fürs Preis-Leistungs-Verhältnis. Würde ich dem Verein beitreten, würde der Reitunterricht nur noch acht Euro kosten. Der sehr geringe Preis kann die Defizite beim Unterricht nicht ausgleichen. Bei gutem Unterricht könnte die Pferdesportgemeinschaft Norddeich mehr verlangen und in Einstreu, Heu und Ausrüstung der Pferde investieren.

Bewertung

Schulpferd: drei von drei Hufeisen
Reitlehrer: ein halbes von drei Hufeisen
Reitbetrieb: ein halbes von drei Hufeisen
Preis-Leistung: eins von drei Hufeisen

Kontakt

PSG Norddeich
26506 Norddeich
Tel. 04931-984971
www.psg-norddeich.de

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4 / 2023

Erscheinungsdatum 15.03.2023

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