Eine Tinktur für die zerrupfte Schweifrübe, ein Spray für die zerzauste Mähne oder ein Shampoo gegen hässliche Mistflecken können wir Reiter immer gebrauchen. Die Regale in den Reitsportgeschäften sind entsprechend gut gefüllt. Doch haben Sie schon mal nachgeschaut, was in den vielen Produkten überhaupt drinsteckt?
Sie werden feststellen: Auf manchen Etiketten finden Sie gar keine Angaben zu Inhaltsstoffen. Auf anderen dagegen eine lange Liste und vielleicht sogar Warnhinweise. Einheitliche Angaben gibt es nicht. Wir sind diesen Ungereimtheiten auf den Grund gegangen.
Warum stehen auf dem Etikett keine Inhaltsstoffe?
Die Kosmetikverordnung soll Menschen vor gesundheitsgefährdenden Produkten schützen. Tierpflegeprodukte gehören jedoch nicht zu den Kosmetika. Sofern sie keine medizinisch wirksamen Stoffe enthalten und ausschließlich zur Pflege bestimmt sind, gelten sie auch nicht als Tierarzneimittel. Insofern ist für den Hersteller von Tierpflegeprodukten das Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) maßgeblich, das alle Produkte für Verbraucher regelt. Das bedeutet: keine Pflicht zur Angabe der Inhaltsstoffe.
Anders sieht es bei Produkten aus, die für die Reinigung von Tieren bestimmt sind, zum Beispiel Pferde-Shampoos oder -Reinigungssprays. Sie werden als Wasch- und Reinigungsmittel eingestuft und unterliegen somit den Bestimmungen des Waschund Reinigungsmittelgesetzes (WMRG). Ein Pferdeshampoo ist also rein rechtlich eine Chemikalie. Und hier müssen tatsächlich die Inhaltsstoffe angegeben werden. Sind gefährliche Stoffe enthalten, muss der Hersteller auf dem Produkt zusätzlich vor Gefahren für die Gesundheit oder die Umwelt warnen und darauf hinweisen, wie das Produkt korrekt angewendet wird (siehe Absatz "Gefahrenhinweise für Chemikalien").
Keine Auskunft vom Hersteller zu reinen Pflegeprodukten?
Wer wissen möchte, welche Wirkstoffe beispielsweise in einer frei erhältlichen Schweif-Tinktur fürs Ekzemer-Pferd stecken, bekommt höchstwahrscheinlich keine Antwort. Ziemlich blöd, wenn allergieauslösende Substanzen enthalten sind – nicht nur für das ohnehin schon sensible Pferd, sondern möglicherweise auch für den Menschen. Denn wenn wir waschen, bürsten und schrubben, kommen wir unweigerlich auch mit dem Pflegemittel in Kontakt.
Zum Beispiel mit Citronella, auch Zitronengrasöl oder Lemongrasöl genannt. Das ätherische Öl wird unter anderem in Duftkerzen gegen Mücken oder Insektensprays verwendet. Dennoch ist es umstritten und war als Insektenschutzmittel in Kanada vorübergehend (2012 bis Anfang 2015) verboten.
In der EU-Verordnung Nr. 1272/2008 sind Stoffe, von denen eine Gefahr ausgeht, aufgelistet (siehe Absatz "Gefahrenhinweise für Chemikalien"). Für reines Citronella-Öl gibt es folgende mögliche Gefahren: kann bei Verschlucken und Eindringen in die Atemwege tödlich sein (H304), verursacht Hautreizungen (H315), kann allergische Hautreaktionen verursachen (H317), verursacht schwere Augenschäden (H318), giftig für Wasserorganismen (H411).
Wir hatten bereits 2018 einen Hersteller, dessen Pflegeöl für Pferde verräterisch zitronig duftet, nach den Inhaltsstoffen gefragt. Auf dem Etikett des Produkts steht nicht, was drin ist. Wohl aber der Hinweis: "Nicht einmassieren, sondern mit leichter Hand auftragen". Bei einem Pflegeöl, das für Pferde mit Sommerekzem und trockener, schuppiger Haut empfohlen wird? Die Antwort der Firma: "Wir bitten um Verständnis, dass wir aus Produktschutzgründen keine genaueren Angaben zu den verwendeten Ölen machen und unsere Rezeptur nicht veröffentlichen. Wir empfehlen, die Produkte nicht einzumassieren, da auch das oftmals Juckreiz auslöst." Die Firma wollte damals die Produktbezeichnung überdenken. Doch bis heute ist das Pflegeöl mit dem gleichen Namen auf dem Markt. Auf die freiwillige Angabe der Inhaltsstoffe wird nach wie vor verzichtet.
Wie korrekt sind die Angaben zu Pferde-Shampoos?
Während die Hersteller bei Tierpflegeprodukten die Inhaltsstoffe nicht herausrücken müssen, sind sie bei Pferdeshampoos dazu verpflichtet. Trotzdem sehen die Etiketten von manchen Produkten ziemlich leer aus. Einige Hersteller von Pferdeshampoos geben grundsätzlich keine Inhaltsstoffe an oder lassen sie nur bei einzelnen Produkten weg.
Wir haben bei einer Firma, auf deren Pferdeshampoo-Produkt wir keine Informationen finden konnten, nachgefragt. Die Antwort: Es handele sich um ein allgemeines Pflegeprodukt, das keinen gesetzlichen Vorgaben, die zur Angabe von Inhaltsstoffen verpflichten würden, unterläge. Daher würden die Inhaltsstoffe unter Verschluss gehalten.Vorbildlich: die Firma Effol. Auf deren Internetseite steht zu jedem Produkt ein Datenblatt bereit, auf dem alle Inhaltsstoffe inklusive ihrer Gefahreneinstufung aufgelistet sind. Effol druckt sogar Gefahrensymbole auf die Verpackung, die bei den meisten von uns gecheckten Produkten fehlen. Hinweise für die korrekte Anwendung finden wir dagegen auf fast allen Verpackungen.
Sind die Inhaltsstoffe überhaupt bedenklich?
Unter den aufgelisteten Stoffen auf den Etiketten der Pferdeshampoos entdecken wir Stoffe, die als gesundheits- und/oder umweltgefährdend eingestuft sind. Doch wer im eigenen Bad die Shampooflaschen kontrolliert, wird dort teilweise die gleichen Substanzen finden.
Die Kosmetikverordnung erlaubt zum Beispiel Methylisothiazolinone (MI) als Konservierungsmittel nur bei Produkten, die nicht auf der Haut verbleiben. Deshalb sind diese Stoffe bis zu bestimmten Konzentrationen bei Shampoos erlaubt, aber in Cremes verboten.
Benzisothiazolinone (BIT) dagegen werden zur Konservierung in Farben und Klebstoffen eingesetzt, sind aber in Kosmetika verboten. In zwei Pferdeshampoos, die wir im Rahmen der Stichproben unter die Lupe nahmen, ist laut Angaben der Hersteller BIT enthalten.
Während Verbraucher bei Kosmetika kontrollieren können, welche Inhaltsstoffe enthalten sind, fehlt bei Tierpflegemitteln die Transparenz. So haben Pferdebesitzer nur eine Möglichkeit: Produkte kaufen, auf denen draufsteht, was drinsteckt. Und sparsam damit umgehen. Denn heißt es nicht ohnehin: Ein dreckiges Pferd ist ein glückliches Pferd?
CAVALLO-Kommentar
Leider sind Hersteller nicht verpflichtet, bei Tierpflegeprodukten, die nicht zur Reinigung vorgesehen sind, Inhaltsstoffe anzugeben. Und bei Pferdeshampoos gehen manche lasch mit ihrer Verantwortung für den Verbraucher um. Hier müssen dringend gesetzliche Vorgaben und Kontrollen her. Solange es die nicht gibt, sollten wir auf Produkte von Firmen zurückgreifen, die uns nicht im Dunkeln tappen lassen. Nadine Szymanski, CAVALLO-Redakteurin
Pferdeshampoo: Was muss auf der Packung stehen?
- Anschrift und Telefonnummer des Herstellers sowie Kontakt, unter dem das Sicherheits-Datenblatt nach der EG-Verordnung Nr. 1907/2006 (REACH-Verordnung) erhältlich ist,
- Inhaltsstoffe, unabhängig von der Konzentration: Enzyme, Desinfektionsmittel, optische Aufheller, Duftstoffe, Konservierungsstoffe,
- Inhaltsstoffe in Konzentrationen über 0,2 Gewichtsprozent: Phosphate, Phosphonate, Tenside, Bleichmittel auf Sauerstoffbasis, Bleichmittel auf Chlorbasis, EDTA und dessen Salze, NTA (Nitrilotriessigsäure) und deren Salze, Phenole und Halogenphenole, Paradichlorbenzol, Kohlenwasserstoffe, Seife, Zeolithe, Polycarboxylate,
- falls erforderlich, Anweisungen für die Verwendung und besondere Vorsichtsmaßnahmen
Quelle: Detergenzienverordnung Nr. 648/2004
Gefahrenhinweise für Chemikalien
Wie gefährliche Stoffe eingestuft, gekennzeichnet und verpackt werden müssen, hat die Europäische Union in der CLP-Verordnung Nr. 1272/2008 geregelt.
Auf dem Produkt-Sicherheitsdatenblatt müssen Hersteller die Gefahrenhinweise abbilden. Die H-Sätze (H200 bis H420) beschreiben die Gefahr, die von einem Stoff ausgeht. Es wird unterschieden zwischen physikalischen (z. B. Explosionsgefahr) und gesundheitlichen Gefahren sowie Gefahren für die Umwelt.