Corona: Pferdeverhaltenstrainerin Marie Heger im CAVALLO-Interview

    Pferdeverhaltenstrainerin Marie Heger im CAVALLO-Interview
    „Zu Hause gibt es im Moment keine Arbeit“

    Pferdeverhaltenstrainerin und CAVALLO-Expertin Marie Heger hat sich Ende Februar auf den Weg mit dem Auto nach Spanien gemacht, um dort einen Kurs zu geben. Jetzt sitzt sie wegen des Coronavirus dort fest. Im Interview erzählt sie, wie es für sie weiter geht und mit welchen Sorgen Pferdetrainer zurzeit kämpfen.

    „Zu Hause gibt es im Moment keine Arbeit“
    Foto: privat

    CAVALLO: Marie, wie ist die Lage bei dir in Spanien?

    Marie Heger: Ende Februar war noch nicht absehbar, was passiert und so bin ich zusammen mit meinem Hund Morla in mehreren Etappen mit dem Auto nach Andalusien gereist. In Fuente Obejuna war im März ein Kurs geplant. Hier auf dem Gestüt Yeguada cerro de los castillejos haben wir die Möglichkeit, mehrere Tage mit recht natürlich aufgewachsenen Jungpferden zu arbeiten und sie zu beobachten. Dazwischen machen wir zum Beispiel Yoga. Solche Kurse fanden schon häufiger hier statt.

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    CAVALLO: Doch jetzt kam alles anders.

    Marie Heger: Ja, meine Teilnehmer konnten nicht anreisen und hier in Spanien sind inzwischen überall Ausgangssperren, die auch stark kontrolliert werden. Wir haben schon versucht, einzukaufen. Doch sie lassen immer nur wenige Personen in die Supermärkte, wir hätten stundenlang anstehen müssen.

    privat
    Auf dem Gestüt Yeguada cerro de los castillejos werden jetzt die ersten Fohlen geboren und an den Menschen gewöhnt.

    CAVALLO: Hattest du überlegt, heimzufahren?

    Marie Heger: Als klar war, dass die Grenzen geschlossen wurden, wollte ich schnell zusammenpacken und losfahren. Aber ich hätte allein 13 Stunden bis Frankreich gebraucht – hier sind überall Straßensperren und man wird gefragt, wo man hinfährt. Die spanischen Polizisten sprechen kaum Englisch und ich kaum Spanisch – ich hatte eine zu große Angst, irgendwo zu stranden und ich hatte Angst um meinen Hund. Ich war mir auch nicht sicher, ob mich Frankreich durchreisen lässt. Hinzu kommt, dass ich zu Hause dann zwei Wochen in Isolation hätte gehen müssen.

    CAVALLO: Wie geht es für dich weiter?

    Marie Heger: Ich werde erstmal hierbleiben, bis sich die Lage entspannt – auch wenn ich meine drei Pferde zu Hause sehr vermisse. Sie sind aber in guten Händen und werden bestens versorgt. Ich kann hier auf dem Hof bleiben, die Pferde trainieren und bekomme dafür eine Unterkunft. Da ich von Kursen und Seminaren lebe, die voraussichtlich alle abgesagt werden, habe ich zu Hause quasi keine Arbeit.

    CAVALLO: Was bedeuten die vielen Absagen für Trainer wie dich?

    Marie Heger: Es ist eine Katastrophe. Ich war bis 2021 ausgebucht und habe natürlich auch damit kalkuliert. Jetzt sind alle Kurse abgesagt, zum Teil werden von den Veranstaltern Kurse bis in den Herbst rein abgesagt. Auch Events wie die HansePferd oder die Equilumina wären für mich sehr wichtig gewesen. Sie sind aber ersatzlos abgesagt. Ich hänge im Moment den ganzen Tag am Telefon und organisiere oder kläre rechtliche Fragen. Ich informiere, mich, wo und wie man staatliche Hilfe bekommen kann, denn ich kann bald meine Ausgaben als Selbstständiger nicht mehr decken. Und Bürokratie ist für mich ein Buch mit sieben Siegeln, sie macht mir Angst, weil so vieles schwer zu verstehen ist und man oft konträre Dinge liest und hört.

    Sunny Makeup Photography
    Marie Heger bleibt jetzt erstmal in Spanien.

    CAVALLO: Wie wirst du als Trainer weiterarbeiten?

    Marie Heger: Ich arbeite ja schon länger an Lehrvideos, die man dann online streamen kann. Bisher fehlte mir oft die Zeit, sie fertigzustellen. Da bin ich jetzt dran und kümmere mich neben dem Pferdetraining hier auf dem Hof um meine Lehrfilme, die man auf www.marie-heger.com finden kann. Zudem biete ich Onlineberatungen für Pferdebesitzer an, die Probleme mit ihren Pferden haben oder sich neue Trainingstipps abholen wollen. Vielleicht kann ich damit den Ausfall der Kurse ein klein wenig kompensieren. Für uns alle bricht eine schwierige Zeit an, aber es ist kein Grund in Panik zu verfallen. Es ist jetzt wichtig, die Menschen, die die Krankheit nicht überleben würden zu schützen. Wir haben hier alle genug zu Essen und zu Trinken und ein Dach über dem Kopf – was viele Menschen nicht von sich behaupten können. Ein Blick in die Flüchtlingslager setzt zu jeder Zeit alles in Relation. Ich lasse den Satz von Max Frisch immer wieder in meinem Kopf kreisen: Krise ist ein produktiver Zustand, man muss ihm nur den Beigeschmack von Katastrophe nehmen.

    CAVALLO-Podcast: Corona-Krise – was Pferdebesitzer jetzt bewegt

    Die Corona-Krise hat auch die Reiter und die gesamte Pferdewelt fest im Griff – von abgesagten Messen, Turnieren, Reitunterricht, Reisen bis hin zu vielen Fragen von Pferdebesitzern zur Versorgung ihrer Pferde. Die CAVALLO-Redakteure sind als Pferdebesitzer und Reiter natürlich ebenfalls betroffen und auch die Arbeit in der Redaktion wird von der Pandemie beherrscht. Wie gehen wir persönlich und als Journalisten damit um? Dies erfahren Sie in einem sehr persönlichen Gespräch zwischen CAVALLO-Redakteurin Ute Stabingies und Chefredakteurin Linda Krüger in diesem Podcast. In den Shownotes finden Sie den Link zu unserer Corona-Sonderseite mit vielen wichtigen Infos rund um Reiten und Corona.

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    4 / 2023

    Erscheinungsdatum 15.03.2023