Hufschmiedin Corinna Horst greift nach dem rechten Vorderhuf von Araberstute Shimounah. Die Stute legt ihre hübschen Ohren an und versucht, den Fuß mit aller Kraft wieder abzusetzen. Corinna Horst lässt los. „Alles in Ordnung, Kleine“, flüstert die Schmiedin aus Herbstein bei Fulda und streichelt Shimounah den Hals. Zusammen mit Jungpferdetrainerin Tamara Ebert gelingt es ihr, die Vierjährige zu beruhigen. Dann startet sie einen neuen Versuch. Überraschung: Shimounah bleibt brav stehen, senkt den Kopf, leckt und kaut. Beim Raspeln des Hufs schließt sie sogar die Augen – sie fühlt sich offensichtlich wohl.
Das hat Pferdebesitzerin Gabriele Barth aus Geisenheim im Rheingau in all den Jahren noch nicht erlebt. „Alle sechs bis acht Wochen kam der Hufschmied zu Shimounah“, erinnert sich die Züchterin. „Doch sie wollte oft ihre Hufe nicht geben, zappelte und stieg. Manchmal versuchte sie auch, nach dem Schmied zu treten.“
Nicht nur dem Schmied zeigte sich die Stute als Flegel, auch ihren Besitzern machte sie es nicht leicht: „Sie ließ sich schwer halftern und stieg beim Führen“, so Barth. Wie sollte sie bloß angeritten werden? Gabriele Barth bat CAVALLO um Erziehungshilfe für den Wildfang.





Artikel zur Ausbildungs-Serie mit Shimounah:
Die Stute entpuptt sich als Flegel

Wie sollte sie bloß angeritten werden? Gabriele Barth bat CAVALLO um Erziehungshilfe für den Wildfang.
Gefragt – getan. Seit vier Wochen befindet sich die junge Araberstute bei Ausbilderin Tamara Ebert in Freiensteinau südwestlich von Fulda. Für die CAVALLO-Leser öffnet die Trainerin jeden Monat ihre Stalltüren, damit Sie hautnah an Shimounahs Fortschritten teilhaben können. Nicht zuletzt bietet das Experiment viele Tipps und Ideen für die Ausbildung junger Pferde. Zum Beispiel für braves Hufegeben: „Anfangs habe ich jeden Huf aufgenommen, nur für eine Sekunde festgehalten und wieder abgestellt“, erklärt die 39-jährige Trainerin. „Danach habe ich die Stute gelobt und in Ruhe gelassen. Sie soll das Hufegeben in guter Erinnerung behalten.“
Von Tag zu Tag hielt Ebert den Huf länger fest, bis die Stute für den Schmied bereit war. Und nicht nur das: Shimounah trat seit ihrer Ankunft nicht mehr nach der Ausbilderin. Der widerspenstige Araber hat noch mehr gelernt, nämlich sich halftern und führen zu lassen. Das Erfolgsrezept der Trainerin: Zuckerbrot und Peitsche. „Wenn Shimounah etwas richtig macht, lobe ich sie. Versucht sie mich zu beißen, bekommt sie einen Klaps auf die Schnute.“ Wie das funktioniert, zeigt sich auf dem Weg zur Weide. Shimounah läuft am langen Strick neben Ebert. „Kommt sie mir zu nahe, scheuche ich sie rückwärts.“ Auf der Koppel lässt sich Shimounah seelenruhig das Halfter über die Ohren streifen. Ihr Kopf ist gesenkt.
Das sah vor vier Wochen noch ganz anders aus: Shimounah riss den Kopf hoch. Nur mit Mühe gelang es der Trainerin, ihr das Halfter abzunehmen.





Artikel zur Ausbildungs-Serie mit Shimounah:
Anreiten: Das erste Mal unter dem Sattel

„Vielleicht sind Gelenke blockiert, etwa durch Stürze auf der Weide. Dies könnte das Anreiten erschweren“, erklärt Tierärztin Lewandowski, die eine Zusatzausbildung Veterinär-Chiropraktik absolvierte.
Sofort fällt ihr die schiefe Schweifhaltung auf. „Das ist ein Hinweis, muss aber kein Problem sein. Viele Araber tragen den Schweif zur Seite“, sagt die 31-Jährige und stellt einen schwarzen Kunststoffwürfel neben die Stute. Lewandowski klettert hinauf, damit sie die Wirbelsäule mit ihren Händen gut erreichen kann. Doch ohne Shimounah: Sie flüchtet. Beim zweiten Versuch bleibt die Jungstute stehen, wenn auch sehr angespannt. Trainerin Ebert beruhigt, das scheint zu klappen. Die Ärztin tastet das Kreuz-Darmbein-Gelenk ab. Shimounah versucht zu treten. Die Chiropraktikerin springt auf den Boden.
Erst nach mehreren Versuchen duldet Shimounah Lewandowskis Finger auf ihrem Rücken. „Das rechte Gelenk ist fester als das linke“, sagt sie. Die Chiropraktikerin gibt mit beiden Händen einen kurzen, schnellen Impuls auf die Knochen: „Jetzt ist das Gelenk wieder voll beweglich.“ Gleiches Spiel beim schiefen Kreuzbein. Lewandowski tastet sich von hinten nach vorn an der Wirbelsäule vor, justiert immer wieder. Ihr Fazit: „Alles im normalen Bereich. Ich habe nichts Gravierendes gefunden.“
Danach sind Kopf und Hals dran. Die Tierärztin prüft die Beweglichkeit der Halswirbel. „Das habe ich mir gedacht“, sagt sie. „Der erste Halswirbel ist auch blockiert. Wenn das Kreuzbein schief ist, finde ich oftmals auch ein blockiertes Gelenk am Hals.“ Ein kurzer Impuls, und auch dieses Gelenk ist wieder voll beweglich.
Lewandowski bestätigt, dass Shimounah gesund und munter ist. Nun kann Ausbilderin Tamara Ebert mit dem Anreiten beginnen. Was erwartet die CAVALLO-Leser in vier Wochen? „Shimounah wird longiert und gesattelt sein“, glaubt die Trainerin.





Artikel zur Ausbildungs-Serie mit Shimounah:
Steckbrief zu Shimounah

Name: Shimounah
Rasse: Vollblutaraberstute
Alter: 4 Jahre
Stockmaß: 149 Zentimeter
Das sagen die Besitzer: intelligent, neugierig, menschenbezogen, nervenstark, frech
Ging anfangs nicht: Ohren berühren, anbinden, Hufe artig geben, abhalftern, spazieren führen
Geht jetzt: Ohren kraulen, Hufe geben, abhalftern, spazieren führen
Geht noch nicht: anbinden, beim Tierarzt stillstehen, longieren





Die Ausbilderin

Tamara Ebert, studierte Bauingenieurin, bildet nicht nur Pferde aus. Sie ist auch Reken-Reitlehrerin und gibt Kurse. Lukasstraße 8, 36041 Fulda, Tel. (0661) 9426714, www.reitermacher.de
Artikel zur Ausbildungs-Serie mit Shimounah: