Interaktives Reiten: Geocaching mit Pferden
Orientierung: Geländereiten mit GPS

Schnitzeljagd war gestern, heute stöbern Reiter GPS-gestützt. Geocaching heißt die moderne Schatzsuche zu Pferd. Suchen Sie mit!

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Foto: Lisa Rädlein

Verstohlen blickt sich die junge Frau um. Niemand zu sehen. Sie geht in die Hocke, wühlt unter einer alten Baumwurzel, schiebt Äste und Laub beiseite. Noch ein Blick über die Schulter, dann zieht sie zieht eine durchsichtige Plastikdose hervor. „Juchuu! Ich habe den Cache!“

Diese Frau hat ein besonderes Hobby: Sie sucht Schätze. Damit ist sie in bester Gesellschaft, denn die moderne Schnitzeljagd, genannt Geocaching, hat weltweit Fans. Weil das GPS-gestützte Stöbern nach Schätzen (Caches) oft in der Natur stattfindet, jagen auch immer mehr Reiter den versteckten Boxen nach. CAVALLO-Redakteurin Cathrin Flößer wollte es genau wissen und probierte Geocaching für Reiter. Ebenfalls im Team ist Mitreiterin Birgit Schwarzendorfer. Unterm Sattel: Welsh-Partbred-Stute Pandora und Pinto-Wallach Lucky.

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Reiter als Geocacher

Zuerst brauchen Neu-Cacher ein Profil. Mit einem Usernamen angetan, suchen wir geeignete Touren. Kein Problem, rund um die CAVALLO-Redaktion in Stuttgart gibt es massenhaft Auswahl. Caches scheinen überall zu liegen, ob in Baumhöhlen oder in Innenstädten. Doch es soll ja auch für die Pferde schön sein, also bitte eine Tour durchs Grüne.

Zuschlag für den Praxistest erhält die „Aizemer Runde“. Aizemer, so nennen sich die Einwohner der Gemeinde Ötisheim im Enzkreis, nahe der württembergisch-badischen Grenze. Unsere Tour führt über mehrere Stationen, am Ende soll der Schatz versteckt sein. In der Cacher-Sprache Englisch heißen solche Touren Multi-Cache.

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Lisa Rädlein
Vor- und Nachbereitung finden zu Hause vor dem Rechner statt.

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Einloggen, GPS-Gerät besorgen und los

Der Schwierigkeitsgrad scheint mit zwei von fünf Sternen niedrig zu sein, auch das Terrain hat zwei Sterne. Die Runde wird Bikern und Familien empfohlen, müsste also auch für Reiter geeignet sein. Versteckt wurde der Schatz am 14. August 2008. Das macht neugierig. am liebsten würden wir sofort losreiten.

Zum Glück ist Geocaching fix vorbereitet: Schnell die Seite mit der Cache-Beschreibung ausdrucken und die Ausgangskoordinaten in den GPS-Empfänger eingeben. Kuli, Ausdruck und GPS wandern in die Satteltasche. Theoretisch könnte man die Schätze auch mit einer Karte und dem guten, alten Kompass finden, sofern man die Koordinaten kennt. Doch seit das GPS-System nicht mehr dem Militär vorbehalten ist, befindet sich die satellitengestützte Navigation auf dem Vormarsch.

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Lisa Rädlein
Im Logbuch wird alles festgehalten: Name, Datum, Uhrzeit – und vielleicht noch ein Kommentar.

Praktisch, auch für Reiter: Per GPS findet sich der Startpunkt für die „Aizemer Runde“ leicht. Ab hier wird es kniffelig, denn für die nächste Koordinate müssen Rätsel geknackt werden. Ein Schild soll die Lösung bergen. Nur welches? Das Hin- und Zurückreiten verwirrt die Pferde. Da plötzlich entdecken wir das Schild, direkt am Wegesrand.

Jetzt schnell die Abbildungen zählen und die erste Koordinate ist klar. Zahl zwei ergibt sich aus einer Kopfrechenaufgabe. Geschafft – auf zur nächsten Station!

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Globales Jagdfieber

Sicher ist er in einer wasserdichten Box. Das gilt nämlich für nahezu alle Caches, die von Alaska bis Zimbabwe auf der Welt versteckt sind. Mehrere hunderttausend sollen es sein. Manche sind zu Fuß, per Fahrrad oder Pferd zu erreichen, für andere braucht man eine Kletter- oder Taucherausrüstung. Auch über den Inhalt wissen wir schon etwas, denn jeder Cache enthält ein Logbuch, in das die Entdecker Namen, Datum und Kommentare eintragen. Außerdem gibt es Gegenstände, die jeder Finder austauschen darf, zum Beispiel Figuren aus Überraschungseiern, Bleistifte, Trillerpfeifen oder Buttons.

Manchmal birgt die Schatzkiste auch Travel Bugs. Diese „Reise-Wanzen“ wandern von einem Fundort zum nächsten. Bevor wir aber unseren Schatz heben können, hält uns ein neues Rätsel in Atem. Wieder hilft ein Schild. Die Aufgabe: „Zähle die Vokale!“ Das Ergebnis komplettiert die nächste Koordinate. Der Weg dorthin führt unter einer Eisenbahnbrücke hindurch.

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Lisa Rädlein
Der Schatz ist entdeckt! Jetzt dürfen sich die Finder im Logbuch eintragen.

Just in diesem Moment brettert ein Güterzug darüber. Die Pferde erschrecken, beruhigen sich aber schnell wieder. Im Galopp geht es in Richtung Eckhausee. Dort wartet das nächste Rätsel. Die ersten Geocacher hatten es leichter, denn die Koordinaten für den allerersten Schatz wurden einfach im Netz veröffentlicht.

Das besagt die Legende, die sich um den Ursprung des Suchspiels rankt: Am 3. Mai 2000 traf den US-Amerikaner Dave Ulmer ein Geistesblitz. Er erfand ein neues, weltumspannendes Spiel und nannte es „The Great American GPS Stash Hunt“. Die Regeln: Get some stuff, leave some stuff (nimm etwas, hinterlasse etwas).

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Knifflige Rätsel und ein Schatz

Bis heute sind Besitzer und Verstecker der Caches (Owner) meist Einheimische. Viele möchten so auf Sehenswürdigkeiten aufmerksam machen. Prima Tipp für Städtereisen. Damit kein Schatz verloren geht, pflegen Owner ihre Verstecke. Hoffentlich gilt das auch für den Cache der
„Aizemer Runde“.

Gut, dass er nicht schon an der nächsten Station, dem Eckhaussee liegt. Hier sitzen Angler, die nicht begeistert sind vom Anblick der Pferde: „Ihr vertreibt die Fische!“ Zwar ist Reiten hier nicht verboten, dennoch machen wir uns lieber aus dem Staub. Der Stopp an der Grillhütte muss aber sein: Die Infotafel verbirgt eine Koordinate – für uns fast schon Routine. In bester Stimmung traben wir über malerische Obstwiesen zu Station drei.

Teil eins der letzten Aufgabe: Treppenstufen zählen. Das ist leicht. Zweiter Teil:
Geheimsprache entschlüsseln.

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Lisa Rädlein
Bloß keine Fische vertreiben! Im Schritt geht es weiter um den Eckhausee.

Was bedeutet: „Fhpur hagre qre nygra Jhemry?“ Zum Glück gibt es auf der Geocaching-Homepage eine Decrypt-Funktion, mit der wir den Satz vorab übersetzen konnten. Im Klartext heißt er: „Suche unter der alten Wurzel.“

Die Pferde am Zügel geht es zu Fuß weiter, in den Wald hinein. Das Laub ist knochentrocken und raschelt. Die Pferde Pandora und Lucky bedienen sich am frischen Grün – wir suchen. Leider sind die Koordinaten oft ungenau, können bis zehn Meter abweichen.

Wo ist nur diese Wurzel? Hier waren vor kurzem Waldarbeiter. Was, wenn sie den Cache entdeckt haben? „Schau!“ Birgit zeigt auf eine dicke Baumwurzel. Hinter Ästen und Blättern zieht sie die Plastikdose hervor. Der Cache!

In der Box: Post-its, ein Schlüsselband, eine Börse, Figuren. Wir tauschen nichts aus, verewigen uns im Logbuch und verstauen die Kiste wieder sorgfältig. Auf dem Rückweg genießen wir still die Natur. Und freuen uns, Teil eines großen Geheimnisses zu sein. Zu Hause tippen wir den Tour-Kommentar: „Schöne Runde, auch für Reiter!“

Das Test-Resümee: Geocaching ist eine spannende Abwechslung für geländesichere Reiter und Pferde. Wichtig: ein gutes GPS-Gerät. Den Spaß gibt´s obendrein.

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Fachvokabular des Trendsports Geocaching

GPS: Abkürzung für Global Positioning System. Ursprünglich für das Militär erfunden, darf das satellitengestützte Navigationssystem seit 2000 auch für private Zwecke genutzt werden.

Cache: Das englische Wort für „Versteck“.

Hint: englischer Begriff für „Hinweis“.

Logbuch: Kleines Notizbüchlein.

Loggen: Das Eintragen ins Logbuch.

Muggels: Scherzbezeichnung für alle Nicht-Cacher, entlehnt aus den Harry-Potter-Büchern von J. K. Rowling.

Multi-Cache: Eine Schatzsuche über mehrere Stationen hinweg.

Owner: Englisches Wort für „Besitzer“. Der Owner hat den Cache bestückt und versteckt und sorgt für dessen Pflege.

Traditional Cache: Ein Traditional Cache besteht aus einer Box und einem zugehörigen Logbuch. Seine Koordinaten sind von allen zu lesen, also nicht verschlüsselt oder verrätselt.

Travel Bug: Wörtlich „Reise-Wanze“. Travel Bugs reisen von Cache zu Cache, Details können online verfolgt werden.

Weltweit gibt es zurzeit 786 748 aktive Caches (Stand Ende April 2009). Innerhalb einer Woche wurden 681 217 neue Logbucheinträge verzeichnet, sie stammen von 86 012 registrierten Geocachern.

Infos im Netz:

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