Dr. Stodulka: So helfen alte Meister, Pferde gesund zu reiten
„Unser Konzept ist einzigartig in Europa“

Wie helfen alte Meister, Pferde gesünder zu reiten? Das erforscht ein Team moderner Wissenschaftler am Europäischen Dokumentationszentrum für Reitkultur und Reitkunst (EDRR) in Bückeburg – allen voran der reitende Wiener Tierarzt Dr. Robert Stodulka.

CAV Dr. Robert Stodulka
Foto: Slawik

CAVALLO: Unter dem Dach der Hofreitschule Bückeburg entsteht das Europäische Dokumentationszentrum für Reitkultur und Reitkunst (EDRR).Was genau ist das?

STODULKA: Wir wollen Grundlagen der Reitmethodik, die in den vergangenen 500 Jahren in Europa entstanden sind, wissenschaftlich aufarbeiten. Wir rücken drängenden Fragen zu Leibe: Was gibt es noch von der alten Reitkultur, wie helfen uns die Quellen, was ist biomechanisch relevant? Anlässe gibt es genug: Missstände, wo man hinsieht. Wir sehen den Verfall der Reitkultur.

Wer ist wir?
Das EDRR ist Kooperationspartner des Graf-Lehndorff-Instituts für Pferdewissenschaften in Neustadt/Dosse – unter der Leitung von Professor Christine Aurich – sowie der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Das gibt uns erstmals die Möglichkeit, reiterliche Belange auf universitärem Weg wissenschaftlich zu untersuchen. Wolfgang Krischke, Hofreitmeister in Bückeburg, übernimmt die reitkünstlerische Umsetzung. Hochkarätige Namen finden sich auch im wissenschaftlichen Beirat, unter anderem Eberhard Weiss, Neindorff-Schüler, und Lenka Gotthardova, langjährige Direktorin des tschechischen Nationalgestüts Kladruby. Mir obliegt die wissenschaftliche Leitung. Das Konzept ist einzigartig in Europa.

Wie wird Ihre Arbeit aussehen?
Die Analyse steht im Vordergrund, die Praxis soll aber nicht zu kurz kommen. Wir nehmen uns den Wissensschatz vor, werten historische Schriften aus. Dann schauen wir, wie sich das in tatsächlicher Reiterei umsetzen lässt. Alle reden von Klassik, die wenigsten aber haben die Originale gelesen, geschweige denn verstanden. Wir schaffen eine Datenbank, planen Seminare, Vorträge, bieten Praktikumsplätze und vergeben Diplomarbeiten an Studenten der Pferdewissenschaften.

Welche Meister haben Sie im Blick?
Alle. So bleibt Raum für jedes Thema.

Ein Beispiel?
Eine zentrale Frage ist die Auswirkung der alten Lehren auf die Biomechanik der Pferde. Hierzu sind Röntgenuntersuchungen vorstellbar. Die Pferde in Bückeburg sind dafür bestens geeignet. Nirgendwo sonst wird ein Klassik-Konzept so umgesetzt. Der Lohn dafür: extrem coole, losgelassene Pferde.

Das heißt, die Umsetzung alter Reitlehren macht Pferde gesünder?
Das wäre zu pauschal. Die Bedingungen haben sich geändert, die Pferde zeigen heute fast perfekte Gebäude. Nicht alles lässt sich eins zu eins umsetzen. Wir erforschen, was dem Wohl des heutigen Reitpferds dient.

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4 / 2023

Erscheinungsdatum 15.03.2023

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