Ein Stallbesitzer übernimmt viel Verantwortung für die eingestellten Pferde, vor allem für eine gute Eingliederung. Das bestätigt erneut ein Urteil aus Brandenburg.
Ein Stallbesitzer übernimmt viel Verantwortung für die eingestellten Pferde, vor allem für eine gute Eingliederung. Das bestätigt erneut ein Urteil aus Brandenburg.
Nach jahrelangem Rechtsstreit verpflichtet das Oberlandesgericht Brandenburg (Az 3 U 6/17) eine Stallbesitzerin, Schadensersatz an einen Pferdebesitzer zu zahlen. Dessen Junghengst war nach Abschluss des Einstellvertrags ohne weitere Eingliederungsmaßnahmen auf eine Junghengstweide gestellt worden. Durch Angriffe der anderen Hengste erlitt das Pferd zahlreiche Wunden, ein trübes Auge und zeigte Bewegungsstörungen. Der Tierarzt diagnostizierte eine spinale Ataxie infolge der Angriffe. Zwischen dem Kläger und der Beklagten war streitig, inwiefern die Vorgehensweise der Integration abgesprochen war. Zudem berief sich die Stallbetreiberin auf einen Mietvertrag, während der Kläger den Vertrag als Verwahrungsvertrag ansah.
Je nachdem wie der Einstellvertrag zwischen Stallbesitzer und Pferdeeigentümer rechtlich einzuordnen ist, unterscheidet sich die Haftung des Stallbesitzers für Schäden an einem Pferd. Oft liegt ein (typen-)gemischter Vertrag vor, so dass es darauf ankommt, wo der Schwerpunkt des Vertrags liegt. Wenn der Stallbesitzer nur eine Unterkunft (Box, Weide, etc.) zur Verfügung stellt, kann von einem Mietvertrag ausgegangen werden. Verpflichtet sich der Stallbesitzer aber dazu, das Pferd zu verpflegen und zu versorgen, nimmt er es in seine Obhut und es kann von einem Verwahrungsvertrag ausgegangen werden. Nach diesem Vertrag verpflichtet sich der Stallbesitzer, das Tier ordnungsgemäß, also unverletzt, wieder an den Eigentümer herauszugeben. Wenn das nicht der Fall ist, haftet der Stallbesitzer.
In diesem Fall wurde nicht nur vereinbart, das Pferd auf der Junghengstweide unterzubringen, sondern es auch zu füttern und zu pflegen. Außerdem war die Stallbesitzerin berechtigt, tierärztliche Behandlungen anzuordnen und der Kläger musste einen Pensionspreis zahlen. Der Einstellvertrag ist also als Verwahrungsvertrag einzustufen, denn die Betreiberein hatte die Obhut übernommen. Als Verwahrerin des Pferds muss die Stallbesitzerin es unbeschädigt zurückgeben. Da das nicht der Fall war, hätte sie beweisen müssen, dass sie keine Schuld an der Verletzung trifft. Hier hat die Stallbesitzerin auf einen Haftungsausschluss im Vertrag hingewiesen, der Schadensersatz bei natürlichen Risiken der Pferdehaltung ausschließen sollte. Die Haftung für grob fahrlässiges Handeln war aber zugelassen.
Der Junghengst wurde ohne weitere Abgrenzungen zu den restlichen Junghengsten gelassen. Das Pferd einfach auf die Koppel zu stellen und nur einmal täglich zu kontrollieren, sei laut Gutachter sträflicher Leichtsinn. Die Verletzungsgefahr wäre bei einer schrittweisen Integration mit mehr Überwachung geringer gewesen. Um den Verschuldensvorwurf zu entkräften, hätte die Stallbesitzerin alle erfolgversprechenden Maßnahmen ergreifen müssen – was sie nicht tat. Somit war ihr Handeln grob fahrlässig und sie muss 10800 Euro für die Intensivbehandlung in der Klinik, 1800 Euro Tierarztkosten, 600 Euro Transportkosten und 6000 Euro Wertminderung des Tiers zahlen.
Auch bei der Kündigung kommt es auf den Vertragstyp an. Bei einem Einstellvertrag mit mietrechtlichem Schwerpunkt gibt es eine gesetzliche Kündigungsfrist von drei Monaten; bei einem Verwahrungsvertrag existiert keine gesetzliche Frist. In solchen Fällen urteilen die Gerichte über einen Mittelweg, bei dem eine gerechte Kündigungsfrist von ein bis zwei Monaten gilt.
Lisa Adler-Malm hat eine eigene Anwaltskanzlei in Limburg und ist unter anderem auf Pferderecht spezialisiert. www.adlerrecht.de
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