Ist Ihre Stute für die Zucht geeignet?
Bevor Sie beginnen, Hengstkataloge zu wälzen, sollten Sie sich erst einmal vergewissern, ob Sie mit Ihrer Stute züchten können.
Am Anfang steht ein Gesundheits-Check mit gynäkologischer Untersuchung durch den Tierarzt. „Dabei wird festgestellt, ob die Stute überhaupt aufnehmen kann und ob sie gesund genug ist, um die Trächtigkeit unbeschadet zu überstehen“, erklärt Manuela Wulf vom Graf-Lehndorff-Institut für Pferdewissenschaften der Veterinärmedizinischen Universität Wien.
Der Traum ist bereits ausgeträumt, wenn die Stute unter einer Stoffwechselerkrankung wie dem Metabolischen Syndrom leidet oder eine Erbkrankheit wie PSSM hat: Sie ist nicht als Zuchtstute geeignet! Ist eine Stute zum Beispiel wegen eines Sehnenschadens nicht reitbar, liegt der Gedanke nah, aus ihr ein Fohlen zu ziehen. Hier sollte der Tierarzt aber unbedingt prüfen, ob das Tier den Belastungen einer Trächtigkeit gewachsen ist.
Ein Risikofaktor ist das Alter. „Die Fruchtbarkeit nimmt schon ab einem Alter von acht Jahren ab“, sagt Manuela Wulf. „Jedoch wird eine erfahrene Zuchtstute schneller aufnehmen als ein Tier, das noch nie ein Fohlen hatte und voll im Training steht.“ Und natürlich muss die Stute zum geplanten Deckzeitpunkt fit sein. Ausschlusskriterien sind hohes Über- oder Untergewicht, akute Infekte oder fehlende Impfungen.
Nicht zuletzt spielen Exterieur und Interieur eine wichtige Rolle, denn diese Eigenschaften können vererbt werden. Tiere mit groben Mängeln im Körperbau, etwa starken Fehlstellungen, sind nicht für die Zucht geeignet. Das gilt auch für Stuten, die sehr unrittig oder im Umgang extrem schwierig sind. „Die Hoffnung, dass eine schwierige Stute durch die Mutterschaft ruhiger wird, ist Wunschdenken“, betont die Zuchtexpertin Manuela Wulf. „Womöglich steht man am Ende sogar mit einer Stute da, die ihr Fohlen nicht an sich heranlassen will.“
Haben Sie genug Zeit, Geld und Übersicht?
So schön der Traum ist – er sollte realisierbar sein.
Auf Ihrer Rechnung landen Kosten für tierärztliche Untersuchungen vor, während und nach der Trächtigkeit, Impfungen, Wurmkuren, Decktaxe und Besamung, gegebenenfalls Pensionskosten der Hengststation sowie für Aufzucht, Ausrüstung und Beritt. „Ist Ihr Fohlen drei Jahre alt, haben Sie schon rund 15.000 Euro bezahlt“, rechnet Wulf vor, „und Sie sind es noch nicht geritten.“
Bedenken Sie auch den Zeitfaktor und mögliche Risiken: Schaffen Sie es, zwei Pferde zu betreuen? Haben Sie genug Erfahrung für ein junges Pferd? Ist Ihnen bewusst, dass es Komplikationen geben kann? Würden Sie es übers Herz bringen, Ihr Fohlen zu verkaufen, falls es nicht zu Ihnen passt?
Wird die Haltung Stute und Fohlen gerecht?
Nicht immer kann die Stute bis zur Geburt im Heimatstall bleiben. Fehlt zum Beispiel eine überwachbare Abfohlbox, muss die werdende Mama vorübergehend in einem anderen Stall untergebracht werden.
Fragen Sie sich zudem, ob Sie einem Fohlen das richtige Umfeld bieten können. Um ein gutes Sozialverhalten zu entwickeln, braucht es nicht nur seine Mutter, sondern auch gleichaltrige Spielkameraden.
Rechtzeitig vor der Geburt sollte daher dafür gesorgt sein, dass das Kleine im eigenen Stall genug Anschluss hat oder einen guten Aufzuchtplatz bekommt.
Ist Ihr Traum-Hengst der Richtige?
Sie kennen einen Wahnsinns-Hengst, der unbedingt der Vater Ihres Fohlens werden soll? Vorsicht: Die Auswahl des Hengstes sollten Sie nicht nur aus dem Bauch heraus fällen. „Der Hengst muss zur Stute passen“, sagt Wulf. Überlegen Sie nüchtern, welche Schwächen und welche Stärken Ihre Stute hat. Der Hengst sollte das Positive erhalten und eventuelle Fehler verbessern.
Nähere Informationen zu den Hengsten bekommen Sie beim Zuchtverband oder direkt bei den Züchtern. Am besten wählen Sie einen Hengst, der Ihrer Stute sehr ähnelt und sich in der Zucht bewährt hat.
Bei extremen Paarungen – zum Beispiel großer oder schwerer Hengst und kleine oder zierliche Stute oder Dressurhengst und Springstute – ist völlig ungewiss, was für ein Fohlen dabei herauskommt. Und das widerspricht dem Grundgedanken des Züchtens, nämlich Eigenschaften gezielt zu verbessern. „Auch Hobbyzüchter sollen züchten, nicht vermehren!“, betont Manuela Wulf.
Wird das Fohlen Papiere bekommen?
Das erhöht den Wert des Fohlens, falls Sie es letztlich doch verkaufen wollen. Dafür müssen Stute und Hengst beim Zuchtverband ihrer Rasse eingetragen sein.
Ob Ihre Stute bereits erfasst ist, können Sie dort erfragen. Falls nicht, können Sie die Aufnahme ins Stutbuch beantragen.
Ist das Fohlen auf der Welt, melden Sie die Geburt beim Zuchtverband, damit Sie die Abfohlmeldung bekommen. Diese ist Voraussetzung für den Abstammungsnachweis und die Registrierung im Zuchtverband.
Sind Sie gut beraten?*
Ein erfahrener Züchter wird Ihnen nicht nur bei der Beurteilung Ihrer Stute und der Suche nach dem passenden Hengst helfen.
Er kann Ihnen auch Fragen zur Bedeckung und Aufzucht beantworten. Nehmen Sie zudem die Beratung Ihres Zuchtverbands in Anspruch – etwa wenn Sie sich bei einer Klausel im Deckvertrag unsicher sind.
Wichtig ist zudem, dass Sie einen Tierarzt an der Seite haben, der Stute und Fohlen kompetent betreut und auch im Notfall schnell zur Stelle sein kann.