PSSM2
PSSM2 wird den chronischen Equinen Myopathien zugeordnet. Bei den Muskelstoffwechselstörungen raten Experten zur proteinreichen Ration mit wenig leicht-löslichen Kohlenhydraten (non-structural carbohydrates, NSC). Wie Reiter diese zusammenstellen – und welche Bestandteile umstritten sind:
Raufutter: Der Anteil an leicht verdaulichen Kohlenhydraten in der Gesamtration sollte unter 20 Prozent liegen, sagt Eva-Maria Saliu vom Institut für Tierernährung (FU Berlin). Dr. Julienne Meints vom Futterhersteller St. Hippolyt rät bei Pferden, die nicht sportlich gearbeitet werden, sogar nur zur 10-Prozent-Grenze.
Weidegang: Gras ist eine wichtige Zucker-Quelle und kann bei PSSM2 problematisch sein, "muss es aber nicht", sagt Julienne Meints. Ihr Tipp: Ausprobieren, also langsam anweiden und die Zeit wieder reduzieren.
Kraftfutter: In Getreide steckt Stärke, die bei PSSM2 Probleme bereiten kann, aber nicht muss. Daher: individuell entscheiden.
Proteine: PSSM2 beansprucht die Muskeln; "daher kann der Gesamtproteinbedarf bei Myopathien 130 bis 200 Prozent des Erhaltungsbedarfs von gesunden Pferden sein", so Eva-Maria Saliu (Normal für 500-kg-Pferd wären 317g dünndarmverdauliches Rohprotein).
Mikronährstoffe: Brauchen PSSM2-Pferde mehr Vitamin E, Magnesium oder Mangan? Reiter diskutieren das ebenso wie die Frage, ob der Mehrbedarf abhängig ist von der Gen-Variante (siehe unten). Die Experten sind uneins: "Es gibt bislang keine wissenschaftlichen Belege für einen Mehrbedarf", so Conny Röhm.
EMS
EMS ist eine Wohlstandskrankheit und geht in den meisten Fällen mit Übergewicht einher. Oberstes Ziel der Fütterung ist daher eine Ration, die den Speck reduziert und die Symptome der Krankheit eindämmt.
EMS: Equines Metabolisches Syndrom: An der Stoffwechselstörung erkranken vor allem übergewichtige Pferde. Die Fettzellen wirken hormonell und fördern Entzündungsprozesse. Körperzellen sprechen nicht mehr gut auf Insulin an (Insulinresistenz), das der Körper aber benötigt, um den Blutzuckerspiegel zu steuern und Glukose zu speichern. Symptome: lokale oder generelle Fettleibigkeit, Insulinresistenz, ständige Hufrehe-Neigung.
Gesamtration: Grundsätzlich sollte die Ration bei EMS – wie bei PSSM1 – möglichst stärke- und zuckerarm sein; der NSCGehalt sollte unter 10 Prozent liegen.
Raufutter: Besitzer von EMS-Pferden sollten das Heu im Labor analysieren lassen (etwa bei LUFA Nord-West). Wichtig ist vor allem der Gehalt an Zucker, aber auch an Fruktanen.
Weide: Auch im Gras stecken Zucker und Fruktane. Daher sollten EMS-Pferde möglichst nicht auf die Weide, oder nur mit einem sehr strikten Weide-Management.
Mikronährstoffe: EMS fördert Entzündungsprozesse im Körper, verursacht durch die Botenstoffe Zytokine. "Antioxidantien grenzen diese ein, daher brauchen EMS-Pferde mehr davon", so Conny Röhm. Konkret: Vitamin E (2 mg / kg Körpermasse) und Zink (1 bis 2 mg / kg KM).
Gewässertes Heu enthält weniger Proteine

Wer Heu 15 Minuten wässert, reduziert die Energie um 5 bis 15 Prozent und den Gehalt an wasserlöslichen Kohlenhydraten um 25% (Studie von Mandy Bochnia, 2021). Ideal zum Abnehmen – doch das Raufutter verliert auch Proteine (17%) und Aminosäuren (35%). Wie Pferdebesitzer überprüfen, ob das Pferd noch ausreichend versorgt ist: 1. Heu (trocken) analysieren lassen. Beispielrechnung: dünndarmverdauliches Protein (dvP) liegt bei 5% – macht bei 8 Kilo Heu also 400g Protein. 2. Aus den ermittelten Proteinwerten den voraussichtlichen Bade-Verlust abziehen: 17% von 400g sind 68 g, macht bei 8 Kilo Heu noch 332g dvP. 3. Werte mit Bedarf vergleichen (500-kg-Pferd im Erhaltungsbedarf: 317g dvP – Ration passt gerade noch so). Differenz ergänzen, etwa mit Bierhefe.
Cushing
Das Equine Cushing Syndrom (ECS, auch Pituitary Pars Intermedia Dysfunction, PPID) tritt oft im Doppelpack mit EMS auf sowie gehäuft bei Pferden ab 15 Jahren. Übergewicht und Alter sollten Pferdebesitzer bei der Fütterung berücksichtigen.
ECS: Equines Cushing Syndrom: Eine Stoffwechselstörung, deren Ursache in der tumorösen Wucherung der Hirnanhangsdrüse sitzt. Die produziert Hormone im Übermaß, darunter das adrenokortikotrope Hormon (ACTH). Das kurbelt im Zusammenspiel mit weiteren Hormonen die Produktion von Kortisol an; der Körper ist dauerhaft in Alarmbereitschaft. ECS tritt oft bei älteren sowie EMS-Tieren auf. Symptome: gestörter Fellwechsel, Hufrehe, Insulinresistenz, Muskelschwund.
Adipöse Pferde: Tiere mit EMS und ECS sind oft insulinresistent; daher muss ihre Ration zucker- und stärkearm sein, insbesondere bei übergewichtigen Pferden. Der NSC-Gehalt der Gesamtration sollte unter 10 Prozent liegen. Lassen Sie daher regelmäßig Ihr Heu analysieren, um die Ration entsprechend anzupassen.
Normalgewichtige und dünne Pferde: Aus demselben Grund brauchen auch normal gewichtige und dünne ECS-Pferde ausreichend Rohprotein und essenzielle Aminosäuren, um den altersgemäßen Muskelschwund zu verringern. Proteinquellen sind Sojaextraktionsschrot, Luzerne oder Reiskleie.
Gesundheitliche Probleme: Cushing-Pferde sind anfällig für Hufprobleme; in diesen Fällen helfen B-Vitamine (etwa 30 bis 60 g Bierhefe täglich) oder Biotin, so Julienne Meints. Auch das Immunsystem der Tiere ist anfälliger; bei akuten Infekten können Reiter mit Ergänzungsfutter die Vitamin-C-Gabe erhöhen.
PSSM1
Pferde mit PSSM1 reagieren hochempfindlich auf leicht-verfügbare Kohlenhydrate im Futter; daher brauchen die Tiere einen ganz besonders strikten Rationsplan, um Symptome zu vermeiden.
PSSM1: Polysaccharid-Speichermyopathie Typ 1: Eine genetisch bedingte Erkrankung der Muskulatur (Gen GYS1). Die Insulinsensitivität ist erhöht, Glykogen wird verstärkt in den Muskeln eingelagert, was eine chronische Myopathie auslöst. Symptome: steife Muskeln, Kreuzverschlag, Klemmigkeit, Lahmheiten.

Raufutter: Auch bei PSSM1 gilt, dass der NSC-Anteil so gering wie möglich sein sollte. Sprich: unter 10 Prozent in der Gesamtration. "Der größte Zuckeranteil wird über Gras und Heu aufgenommen", erklärt Manuela Muth – und dieser Zuckeranteil schwankt.
Fette als Energiequelle: Getreide enthält Stärke, welches als Glykogen vermehrt im Muskel eingebaut wird, und ist damit bei PSSM1 tabu. "Energie sollte über Fette und Öle in die Ration kommen", erklärt Manuela Muth. Entsprechende Spezial-Müslis enthalten beispielsweise Lein-/Rapsextraktionsschrot, Leinsaat/-kuchen, Sojaflocken oder Öle.
Mikronährstoffe: Die Stoffwechselstörung sorgt (wie bei PSSM2) für chronische Entzündungsherde in der Muskulatur. Um diese einzudämmen, sollten die Pferde bedarfsdeckend mit Zink, Kupfer und Selen versorgt sein, so Eva-Maria Saliu. "Der Bedarf an Vitamin E kann doppelt so hoch sein wie üblich", sagt Conny Röhm. Magnesium und Mangan sind "unentbehrlich für die Muskelfunktion, die bei Myopathie-Pferden ja gestört ist", sagt Julienne Meints.
Weiterlesen im PDF: