Ein anspruchsvoller Lauf mit Pony
Zwischen Kilometer 2 und 3 kommen mir erste Zweifel, ob das hier so eine gute Idee war. "Du schwitzt ja schon”, sagt Stefan und wirft mir einen etwas amüsierten Blick von der Seite zu. Ähm, ja? Die Ärmel meines Laufshirts habe ich schon nach einem Kilometer hochgekrempelt. Die lange Laufhose nach dem zweiten. Alles zu heiß, trotz der dicken Wolken am Himmel!
Ich werfe einen Blick auf meine Laufuhr. Die ersten zweieinhalb Kilometer haben wir in rund 15 Minuten runtergespult. Schnell für mich; für Stefan Gerber und seine Ponydame Ciel, die er beim Laufen an Fahrleinen führt und die so taktsicher wie ein Schweizer Uhrwerk vor uns trabt, offensichtlich nur Bummeltempo. Die schwitzen nämlich beide noch nicht, stelle ich fest. "Nee, wir sind ja jetzt auch gemütlich unterwegs”, sagt Stefan relaxt.
Die Idee, mit dem Pony zu laufen, kam sehr spontan
Das kann was werden. Und das hat man von Ideen, die an einem Winterfreitagabend gegen 22 Uhr gesponnen werden. Da hatte ich nämlich mit Tierärztin Anne Mößeler telefoniert. Sie schwärmte mir nebenbei von den "Marathonponys” vor, denen sie auf Facebook folgt. Ich sah mir ein paar der Videos an, die Schweizer Stefan von seinen Läufen mit den beiden American Classic Shetland-Ponys Ciel und Chili postet – und beschloss spontan: Coole Sache, mit denen will ich laufen gehen!
Jetzt jogge ich also mit Stefan und seinem Pony Ciel durch ein Waldstück rund 50 Kilometer westlich von Zürich und frage mich, ob ich meine läuferischen Qualitäten überschätzt habe. Oder besser: Ich habe nur die von Stefan unterschätzt. Gnadenlos! Der 30-Jährige hat Renn-Gene geerbt, erzählt er mir beim Lauf (ohne dabei langsamer zu werden, was ich eigentlich mit meinen Fragen bezwecken wollte). "Mein Vater war ein extremer Läufer”,sagt Stefan. Papa Gerber lief den Marathon (42,195 Kilometer) in 3:18 Stunden, schaffte den Swiss Alpine PostMarathon in 9:20 Stunden (78,5 km mit rund 2300 Höhenmetern), plus weitere Läufe... Ich bin froh, dass Stefan für unseren Lauf "nur” eine "flache” Strecke von zehn Kilometern ausgesucht hat. Apropos "flach” – da ist sein Schweizer Verständnis hoffentlich dasselbe wie meins als Flachlandtirolerin...

Für Stefan und Ponydame Ciel ist das gemeinsame Lauf-Training bereits Routine.
Mit dem Laufen hatte Stefan ursprünglich genauso wenig am Hut wie mit Pferden. Die Lauf-Lust entdeckte er als 19-Jähriger in Uruguay; dorthin war seine Familie ein paar Jahre zuvor ausgewandert. Die ersten Meter machte Stefan am Strand – und war nach zehn Minuten platt. Doch nach nur einem Jahr lief er schon mit einer Durchschnitts-Pace von 4:20 Minuten pro Kilometer, mit 21 nahm er an seinem ersten Marathon teil. Ich stolpere bei diesen Sätzen fast über meine Hobbyläufer-Füße. Shit, ein halber Profi!
2016 kehrt Stefan in die Schweiz zurück und lernt dort ein Jahr später seine heutige Frau Bettina kennen. Zu ihrer Reiterfamilie gehörten damals schon die Shettys Chili und ihre Tochter Ciel. Bettina brachte Stefan darauf, Laufen und Pferde zu verbinden: Wenn Stefan ohnehin laufen gehe, könne er ja die Ponys mitnehmen, sagte sie. Dann wären die schon bewegt.
Laufen mit den Ponys: So hat es Stefan gemacht
Also nahm Stefan Shettydame Chili mit. Zunächst am Führstrick, aber das sagte ihm nicht zu: erstens zu undynamisch bei zügigem Tempo, zweitens das Pferd dabei seitlich oder hinter ihm. Er wechselte zu Fahrleinen. Chili, die eingefahren ist, kannte die Technik schon; Ciel bildete er darin aus. Fahrleinen sind fürs Laufen mit dem Pony oder Pferd ideal, erklärt er mir: "Das Pony muss vorne laufen. Dann habe ich den besseren Überblick, und außerdem soll das Pony das Tempo vorgeben.”
Die komplette Geschichte zum Lauf mit dem Marathonpony lest ihr hier: