Dr. Martin Komainda: Generell ist es so, dass die Gräser auf dem Halm abreifen. Die Alterung nimmt zu. Dadurch steigen die Zellwandanteile der Bestände; das Gras wird faserreicher und gleichzeitig gehen die Zellinhaltsstoffe zurück, also Protein oder Zucker. Ein konkretes Beispiel: Zum Zeitpunkt des Ähren- oder Rispenschiebens liegt der Rohfasergehalt bei 21%. Zum Zeitpunkt nach der Blüte bereits bei 31%. Die höhere Rohfaserkonzentrationen vor allem im Stängel oder Halm beeinträchtigen die Entwässerung der Pflanzenorgane während der Trocknung. Heißt: Das Gras trocknet nicht so gut.
Verzögert sich die Ernte, nimmt auch die Selbstbeschattung der unteren Bereiche in einem Grasbestand arg zu, sodass die Pflanzenteile im unteren Teil vergilben und absterben. Der Anteil toter (seneszenter) Biomasse steigt deshalb auf Kosten grüner Biomasse an. Gleichzeitig sinkt die Restblattfläche, sodass für den Wiederaustrieb vor allem Reserven aus der Triebbasis und der Wurzel genutzt werden müssen, um photosynthetisch aktives Material für die weitere Stoffproduktion aufzubauen. In der Konsequenz nimmt auch die Lückigkeit im Bestand zu, was Reparaturen notwendig macht. Um zu vermeiden, dass abgestorbene Pflanzenteile im unteren Teil des Bestandes, die unter feuchten Bedingungen mitunter sehr nass-modrig sein können, in das Heu gelangen, bieten sich höhere Schnitthöhen an. Bei Ernte unter feuchten Bodenbedingungen sind natürlich Schäden in der Bodenstruktur zu erwarten, die es zu minimieren, wenn nicht zu vermeiden gilt.
Zudem kann auch Lager ein Problem sein, wenn die Bestände zu lang werden. Lagert das Gras bereits, steht es also nicht mehr auf der Wiese, sondern liegt vielmehr, dann sollte der Bestand entgegen der Lagerrichtung gemäht werden. Zur Lagerprävention gehört, Grünland für Pferdeheu zum ersten Aufwuchs nur moderat mit Stickstoff zu versorgen und maximal 50 kg/ha Stickstoff zu düngen.
Man kann bei Ernte unter feuchten Bedingungen über die Breite der Schwaden die Trocknungsgeschwindigkeit beeinflussen. Ein breiter Schwad trocknet schneller als ein schmaler, kompakter Schwad. Nasse Flächen erhöhen auch den Feuchtigkeitsgehalt des getrockneten Heus. Wenn das Heu mit nassen Böden in Berührung kommt, wird die Feuchtigkeit aus dem Boden vom Schwad aufgesaugt. Daher sollte Heu nach Möglichkeit nicht auf nassen Böden getrocknet werden.
Ist das Heu während der Trocknung im Feld nass geworden, verliert es seinen Futterwert. Die beste Option ist es, das Heu bei Gelegenheit zu wenden, um zügiges Austrocknen zu beschleunigen. Dabei sollte aber nur gewendet werden, solange es noch feucht genug ist, um die Blätter zu behalten.
Wenn es immer wieder regnet, wird es schwieriger, einen hohen Futterwert zu erhalten. Im schlimmsten Fall sollte man das Heu vom Feld entfernen, um noch einen nächsten Schnitt zu ermöglichen oder zumindest zu verhindern, dass die unter den Schwaden erdrückte Vegetation abgetötet wird. Dann kann es notwendig sein, den ersten Schnitt zu verwerfen, sobald er schimmelt, damit man ihn vom Feld bekommt.
Der mikrobielle Abbau von Pflanzengewebe erfolgt, wenn Pilze, Schimmelpilze und andere Mikroorganismen sich vermehren. Diese Organismen entwickeln sich unter feuchtwarmen Bedingungen schnell und ernähren sich von dem abgestorbenen Pflanzenmaterial. Heu, das auf dem Boden liegt und lange Zeit feucht bleibt, bietet diesen Organismen ein ideales Umfeld zum Leben und zur Vermehrung. Sie können schnell Pflanzennährstoffe verbrauchen und die Zellstruktur der Pflanzen zerstören, was zu Verlusten der Trockenmasse und des Nährstoffgehalts führt. Diese Mikroorganismen können zudem Mykotoxine produzieren, die gesundheitsschädigend sind und zum Beispiel zu respiratorischen Beschwerden führen. Feuchtigkeit führt also auch zu Pilzbesatz. Eine mikrobiologische Untersuchung kann Klarheit über den Besatz verschaffen. Das ist insbesondere bei gekauftem Heu wichtig.
Wichtig ist noch der Punkt der Lagerung: Die beginnt nämlich, sobald das Gras getrocknet, geschwadet und gepresst ist. Hochdruckballen, ob kleine HD-Ballen oder Quaderballen, müssen noch am Tag des Pressens eingebracht werden. Durch den hohen Pressdruck der Ballen wird das Heu hygroskopisch, d.h. die Ballen ziehen Wasser in ihren Kern. Schon leichter Tau kann die Qualität mindern. Rundballen sind nicht anfällig, da der Druck im Kern nicht höher ist.
In der Bundessortenliste gibt es dieses Kriterium zur Bewertung von Grassorten nicht. Es gibt allerdings die Feuchtezahl als ökologischen Zeigerwert nach Ellenberg. Sie gibt Auskunft darüber, welchen Feuchteanspruch eine Pflanzenart hat. Eine höhere Feuchtezahl ist gleichbedeutend mit einem erhöhten Feuchteanspruch. Ich denke, Arten mit einer größeren Feuchtezahl können mit längeren Feuchteperioden besser umgehen. Zu den futterbaulich ansprechenderen Arten zählen zum Beispiel Rohrglanzgras oder Rohrschwingel.
Internationale wissenschaftliche Arbeitsgruppen (auch wir hier in der Abteilung Graslandwissenschaft der Universität Göttingen) beschäftigen sich mit dem Mischanbau von Pflanzenarten, die unterschiedliche funktionale Merkmale aufweisen. Das steigert dann die Trockentoleranz und -resilienz. Hier ist ein ausgewogener Bestand aus tief- und flachwurzelnden Arten in Kombination mit Leguminosen wie Rotklee vielversprechend, um Trockenperioden besser zu überstehen. Ein tiefwurzelndes Gras wäre Rohrschwingel, ein tiefwurzelndes Kraut die Futterzichorie. Deutsches Weidelgras wurzelt flach.
Die Eierlegende Wollmilchsau in einer Pflanzenart zu vereinen, fällt mir schwer. Wir arbeiten an Beständen, die klimaresilient sind – nicht an Einzelgräsern. Das heißt, im besten Fall sind die Bestände in der Lage, mit Extremwetter in beiden Richtungen (feucht als auch trocken) umzugehen. Die LFL in Bayern arbeitet beispielsweise an der Züchtung von trockentolerantem Deutschem Weidelgras. Wir arbeiten an Mischbeständen und nutzen tiefwurzelnde Kräuter (z.B. Futterzichorie, Spitzwegerich und andere) oder trockentolerante Gräser (Rohrschwingel) in Versuchen.
Wir arbeiten dafür unter anderem in einem Forschungsprojekt mit Züchtungsfirmen auch explizit mit Arten, die auf Feuchtgrünland mehr Verbreitung haben. Dies wären bei uns der Sumpfhornklee oder der Große Wiesenknopf. Durch die Kombination dieser trockentoleranten mit feuchtetoleranten Arten gelingt es vielleicht, entsprechend auf Extremklima vorbereitet zu sein. Ob sich diese Arten sinnvoll in einem Mischbestand vereinen lassen, kann ich derzeit aber noch nicht für unsere Arbeiten beantworten.
Unser Experte:

Dr. Martin Komainda ist Wissenschaftlicher Assistent der Abteilung Graslandwissenschaft der Georg-August-Universität Göttingen.