Ein Forscherteam der Middle Tennessee State University in Murfreesboro hat untersucht, wie Bandagen und Gamaschen die Temperatur der Pferdebeine beeinflussen. Doktorand Luke Brock stellte die Ergebnisse seiner Untersuchung vor kurzem auf dem virtuellen Symposium 2021 der Equine Science Society vor. Er betonte, dass sich Pferdebeine normalerweise selbst auf kühler Temperatur halten: "Das Pferdebein kühlt sich selbst, ähnlich wie ein Ventilator unsere Haut kühlt, indem es die entstehende Wärme von der Hautoberfläche wegführt."
Bandagen und Gamaschen blockieren die Wärmeableitung
Kommt eine Bandage oder Gamasche ans Bein, wird diese natürliche Kühlung blockiert. Zwischen Beinschutz und Gliedmaße entsteht eine neue Mikroumgebung, die eine isolierende Wirkung hat, so die Forscher. Wie viel Wärme dann noch abgeleitet werden kann, hängt von unterschiedlichen Faktoren wie etwa der Materialdurchlässigkeit, der Konstruktion und Anwendung des Beinschutzes, der im Training erzeugten Wärme und der Umgebungstemperatur ab. Fest steht, dass die Wärmeableitung mit Beinschutz stark eingeschränkt ist. Denn selbst nach einer 180-minütigen Erholungspause erreichte kein Beinschutz im Test wieder die Ausgangs-Temperatur und -Feuchtigkeit von vor dem 20-minütigen Training. Die Forscher erfassten diese Daten mit einem speziellen Gerät. Getestet wurden sechs unterschiedliche Gamaschen und Bandagen an sechs Pferden. Dabei wurde jeweils nur ein Vorderbein bandagiert, das andere diente dem Vergleich.
Der Hitzestau verursacht Mikro-Sehnenschäden
Die Forscher testeten eine traditionelle Neopren-Gamasche, eine perforierte Neopren-Gamasche, eine Gamasche aus Stomatex (ein pflanzenbasiertes Neopren-Material mit atmungsaktiven Eigenschaften), eine Vielseitigkeits-Gamasche, eine Elastik-Bandage und eine Fleece-Bandage. Bei jeder Beinschutz-Variante waren die Temperaturen zu jedem Meßzeitpunkt höher als die des nicht bedeckten Beins. Am heißesten wurde es unter der Fleece-Bandage. Allerdings erreichte nicht nur diese, sondern alle Beinschutz-Varianten Temperaturen, die sich negativ auf Sehnenzellen auswirken. "Der hyperthermische Effekt, den Gamaschen und Bandagen erzeugen, verursacht chronische Mikroschäden an der Sehne", stellt Luke Brock fest. Reiter müssten abwägen, ob der Einsatz von Gamaschen oder Bandagen angesichts des Risikos von Sehenschädigungen sinnvoll sei. In jedem Fall sollte ein Beinschutz nach dem Training so schnell wie möglich wieder entfernt und die Beine mit Wasser gekühlt werden, so Brock.
Bandagen schränken auch den Lymphfluss ein
CAVALLO warnte bereits früher vor den Folgen des Einbandagierens, insbesondere bei Stallbandagen: Der Druck der Wickel schränkt den Lymphfluss ein und verhindert den Abtransport von Gift- und Abfallstoffen aus dem Gewebe. Außerdem wird das Gewebe mit zu wenig Sauerstoff versorgt. Die Fesselbeuge ist besonders anfällig für Lymph- oder Blutstaus, da sie eine Engstelle am Bein darstellt. Daher darf niemals unterhalb der dicksten Stelle des Fesselkopfs bandagiert werden.