Bei Günter Poppe müssen wir nicht klingeln. Kaum sind wir, noch nicht ganz sicher, ob wir richtig sind, an seinem Wohnhaus in Harsefeld nahe Hamburg vorbeigefahren, sehen wir ihn im Rückspiegel. Der 86-Jährige steht am Straßenrand und winkt uns zu. Das CAVALLO-Team wird schon erwartet. Durch die von dicht bewachsenen Beeten umsäumte Hofeinfahrt folgen wir Günter Poppe in seine gute Stube.
Im Wintergarten auf dem Holztisch liegen schon Ordner und Fotoalben bereit. Wir machen es uns gemütlich und schmökern mit ihm in den alten Alben. Er zeigt auf ein Foto, das ein geschecktes Pony zeigt, auf dem zwei glückliche kleine Jungs sitzen. "Der hintere bin ich", erklärt Günter Poppe, der mit Pferden großgeworden ist. "Mein Vater hat damals Hannoveraner gezüchtet. Wir sind eine richtige Reiterfamilie." Bis zum Alter von 24 Jahren sei er aktiv geritten.

Seine beste Stute glänzte im Viereck, im Parcours und vor der Kutsche
Und scheinbar hat er kein Turnier in seiner Umgebung ausgelassen. Unzählige Zeitungsartikel, die von seinen reitsportlichen Erfolgen berichten, finden wir, fein säuberlich ausgeschnitten, die wichtigsten Inhalte farbig markiert, im Poppe-Archiv. Sie zeigen einen sportlichen jungen Kerl, der meistens auf dem Rücken von zwei Pferden steht oder im Sattel einer braunen Stute sitzt.
Die war seine Beste, selbstverständlich vom Vater selbst gezogen. "Stute Deflorata schönstes Pferd des Turniers" heißt es in einem Artikel aus dem Jahr 1953. Die damals fünfjährige Braune habe die Vielseitigkeit des Hannoverschen Pferds sehr gut zum Ausdruck gebracht: "Deflorata geht ebensogut im Einspänner wie im Zweispänner, springt ausgezeichnet und ist auch dressurmäßig weit gefördert."

"Und Sie, Herr Poppe, in welcher Disziplin waren Sie unterwegs?", fragen wir. "Alles", antwortet er so selbstverständlich, als ob das eine total blöde Frage wäre. Springen, Fahren, Dressur, Vielseitigkeit, "und voltigiert bin ich auch". Vor allem, nachdem er das Reiten aus gesundheitlichen Gründen schon früh an den Nagel hängen musste.
Viele Jahre leitete er als Trainer die Voltigiergruppe seines Heimatorts. Dort wohnt er noch heute, auf dem Land seines Vaters. Pferde gibt es dort schon lange nicht mehr, "aber ein paar Esel und Ponys sind geblieben", sagt Günter Poppe. "Die sind da hinten, in unserem Streichelzoo." Unser Blick schweift durch die großen Fenster nach draußen: gepflegte Gärten, ein Teich, Grün bis zum Horizont.

"Das zeige ich euch gleich", sagt Poppe, klappt das Album zu und blickt Richtung Teich. "Dort schwimme ich jeden Morgen", erklärt er. "Nur nicht, wenn Eis drauf ist." Und wer hält das riesige Gartengelände in Ordnung? "Das machen wir selbst", sagt er und schaut uns fast erstaunt an, als wäre das wieder eine merkwürdige Frage.
Unter den Hammer kamen Pferde, Vieh, Traktoren und Polizeiautos
Auf geht’s, genug gesessen. Günter Poppe bittet uns zur Hof-Führung. Jetzt ist der 86-Jährige in seinem Element. Stillsitzen gehört offensichtlich nicht dazu. Links vom Wohnhaus laufen wir zur "Steinbeckhalle", Günter Poppes ehemalige Verkaufshalle für tragende Rinder. Versteigerungen sind seine Leidenschaft.
Als Auktionator nahm Günter Poppe nicht nur Vieh und Landmaschinen unter den Hammer. Ausrangierte Polizeidienstfahrzeuge waren der Renner. Seit 2004 findet in der Halle noch einmal im Monat ein Vogel- und Kleintiermarkt mit bis zu 800 Besuchern statt.

Im Advent wird sie zum Weihnachtsparadies. Dann ist hier die Hölle los: "Wir verkaufen unsere Weihnachtsbäume, machen einen Imbiss auf und die Kinder können die kleinen Ziegen streicheln, die dann zur Welt kommen."

Hinter der Halle wohnen die Tiere. Günter Poppe schüttelt einen Futtereimer. "Kommt, kommt!" Sofort ist er umringt von seiner Lieblingseselin Emma ("eine ganz Verschmuste") und ihrer Kumpeline Ella, Ponys, Ziegen und Gänsen. In den anderen Gehegen warten Schafe, die Alpakas Aron und Moses und Damhirsch Oskar mit seinen schüchternen Damen. Günter Poppe strahlt über beide Ohren; er liebt die Tiere. Sein Streichelzoo freut aber nicht nur ihn. Familien dürfen kommen und für den Besuch zahlen, was sie möchten.
Vorbei an großen Volieren mit Wellensittichen sprinten wir zurück zu Poppes Auto, springen hinein und holpern noch einmal schnell durch die Weihnachtsbaumplantage. "Wir gehen um jeden Baum dreimal im Jahr herum", erklärt er, denn die Bäume wachsen nicht von allein zu Wohnzimmer-Schönheiten heran, sondern müssen fachgerecht geschnitten werden.

Zurück am Haus, steht Ehefrau Margret Poppe vor der Tür und mahnt zur Eile. Denn ihr Mann hat noch einen Termin. Es ist ja nicht so, dass er nicht schon genug zu tun hätte. "Ich habe viele Hobbys", erwähnte er vor einer halben Stunde und zählte Kegeln, Jagen und Kartenspielen auf, nicht zu vergessen die jährlich von ihm veranstaltete Pferdeshow "Pferdefaszination" auf seinem Hofgelände, bei der er traditionell auf zwei Kaltblütern die Ungarische Post präsentiert. Allerdings "nur noch" im Trab. "Ich lasse mich raufheben und die Pferde werden von zwei Damen geführt. Alleine geht das nicht mehr", gesteht er.
Doch auf zum Termin! Der Unruheständler par excellence muss zur Schmuck-Auktion des Harsefelder Juweliers Wedel. Margret Poppe hat Frack und Zylinder schon gerichtet – wie sie es seit über 50 Jahren macht. Fast 3.000 Auktionen ist das her, "und keine davon ohne meine Frau", betont Günter Poppe. "Sie macht das Geschäftliche, ich kann nur gut reden", sagt er und lacht.

Und das kann er wirklich. Bei der Begrüßung im Auktionsraum nimmt er schon Fahrt auf. "Du hast einen Bieter vergessen", erinnert ihn Margret Poppe. "Den kenn ich nich", kontert Günter Poppe auf Plattdütsch. Mit flotten Sprüchen und Schlag auf Schlag ist die Versteigerung im Nu vorüber.
Nächste Station: Mittagessen im Stamm-Restaurant, wie immer nach der Schmuck-Auktion. Eine kurze Atempause. Auch für uns. Fast schämen wir uns, dass wir meistens "nur" am Schreibtisch sitzen.

Kontakt:

Bei Margret und Günter Poppe in Harsefeld-Ruschwedel gibt es Weihnachtsbäume, einen Streichelzoo und eine Ferienwohnung. www.auktion-poppe.de