„Weltfest des Pferdesports“
Viel Show mit Lichtblicken

Beim CHIO in Aachen gab sich die Weltspitze des Pferdesports die Klinke in die Hand. Spektakulär spannige Pferde und grobe Einwirkung machten das Hinschauen teils schwer – andere Ritte hingegen boten Lichtblicke. Ein Kommentar.

Marcus Ehning nimmt den Preis beim CHIO Aacher 2023 entgegen
Foto: CHIO Aachen / Jasmin Metzner

Der Reitsport präsentierte sich beim CHIO Aachen auf dem Silbertablett: Hochglanzbilder, volle Stadien. Mit dabei war, wer ganz vorne im Pferdesport mitreitet. Scheinbar unvermeidlicher Teil des Treffens der großen Tiere im Dressurviereck: Spektakuläres Beinewerfen, klappernde Mäuler und Reiterinnen und Reiter, denen man zurufen wollte: "Lass dein schönes Pferd doch ein kleines bisschen los, lass es doch strahlen". Das Pendant im Springparcours: Teils abenteuerliche Zäumungen (freie Zaumwahl!), Rucke am Zügel, hochgerissene Köpfe und rausgedrückte Unterhälse.

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Marcus Ehning wird zurecht für seinen Ritt gefeiert

Doch es gab auch Lichtblicke: Marcus Ehning wird in den sozialen Netzwerken zurecht für seinen Sieg beim Großen Preis im Springparcours gefeiert – mit einer harmonischen Runde und ohne Schnickschnack am Pferdekopf. Hier zeigte einer: Ja, es geht auch ohne Verschnürung, nur mit klassischem hannoverschem Reithalfter und ohne Martingal. Umso unverständlicher, dass noch immer viel zu scharfe Zäumungen und Zaum-Kombinationen im Spitzen-Springsport zugelassen sind. Ausgerechnet die Elite sollte es ohne können.

Spektakuläre Show vs. Harmonie in der Dressur

In der Dressur bot beispielsweise die Schwedin Therese Nilshagen mit ihrer Kür eine wunderbar harmonische Vorstellung – was freilich wenig spektakulär und elektrisch war – im Gegensatz zu anderen. In dieser Hinsicht wie immer auffallend: Charlotte Fry mit Everdale. Wer ihm ins Gesicht schaute wusste: Das kann nicht richtig sein. Immerhin gab es keinen Sieg für die spektakuläre Show.

Für mehr Pferdewohl muss sich etwas bewegen

Die Veranstalter des CHIO unternehmen übrigens gerade etwas für mehr Pferdewohl: Im Rahmen eines neu ins Leben gerufenen "Scientist Circle" soll wissenschaftlich erfasst werden, wie gut es den Pferden auf dem Turnier geht. An der Pilotstudie nahmen zunächst sechs Pferde teil, fünf aus der Vielseitigkeit sowie Emilio, der 17-jährige Wallach von Isabell Werth. Bei ihm wurden über eine spezielle Kopfhaube vor, während und nach der Prüfung die Gehirnströme gemessen. Die Ergebnisse der Untersuchungen bleiben abzuwarten. Was jetzt schon feststeht: Beim CHIO muss sich etwas tun. Ob die Veranstalter dafür auch bei Regelwerk, Bewertungssystem und Richterinnen und Richtern ansetzen werden? Das wäre Weltspitze!

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10 / 2023

Erscheinungsdatum 13.09.2023