Freiheitsdressur: Pferdetrainerin Kenzie Dysli im Porträt
Kenzie Dysli liebt Dressur ohne Drill

Faszination Freiheitsdressur: Pferde mit leisen Tönen und leichten Signalen frei zu dirigieren, ist ein Traum. Pferdetrainerin Kenzie Dysli beweist, dass er sich mit dem Feeling für die eigene Körpersprache erfüllt. Plus Trainings-Tipps!

CAV Kenzie Dysli  Freiheitsdressur Horsemanship Halsring Academie
Foto: Karin Boldt

Atila will es wissen. Der Lusitano-Hengst tänzelt schnaubend durch den Roundpen. In der Mitte steht Kenzie Dysli – zierlich, dunkle Locken, ungerührt. Mit einem Peitschenschnalzer lässt die 20-Jährige Atila angaloppieren, bis er nach ein paar Runden einlenkt. Gehorsam weicht der Rappe nun auf leichte Signale, zeigt Seitengänge, steigt und setzt sich hin. Atila ist Kenzie Dyslis Nachwuchsstar. Sie selbst ist auch einer.

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Die junge Frau lebt auf der elterlichen Hacienda Buena Suerte im spanischen Villamartin. Sie hat sich auf Freiheitsdressur und Doma Vaquera spezialisiert. Bei Messen wie der Equitana begeistert sie das Publikum. Beim CAVALLO-Cup gehört sie zur renommierten Fach-Jury. Kein Wunder, denkt man sich. Schließlich hat sie als Tochter von Westernlegende Jean-Claude Dysli und Doma-Vaquera-Reiterin Magda Bayer-Dysli herausragende Lehrer. Tatsächlich ist Kenzie Autodidaktin: Sie hat sich und ihre Pferde fast komplett selbst ausgebildet. Zum Beispiel Atila. Sein Vorbesitzer hatte den damals vierjährigen Hengst im Jahr 2008 aufgrund einer Sehnenverletzung einfach auf der Hacienda zurückgelassen. Kenzie pflegte das Pferd ein Jahr lang. "Ich muss beim Training noch auf seine Verletzung Rücksicht nehmen", erzählt sie. Trotz des Handicaps lernte Atila Serienwechsel, Galopp-Pirouetten und Lektionen der Doma Vaquera.

Fürs Vertrauen muss Atila sich setzen "Atila ist auch sonst kein einfaches Pferd", sagt Kenzie und krault dem Hengst den Hals. "Er nutzt jede Gelegenheit, um mich zu testen." Welche Lektionen sie mit dem Pferd trainiert, macht sie von dessen Tagesform abhängig. "Ich muss das fein dosieren", erzählt sie. Übungen wie Spanischer Schritt und Steigen haben sehr viel mit Dominanz zu tun. "Sitzen sowie Liegen sollen das Vertrauen fördern und die Rangfolge festigen", erklärt Kenzie. "Deswegen haben wir das Training heute mit dem Sitzen beendet."

Video: CAVALLO-Seminar mit Kenzie Dysli

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Pferde mit Blick auf deren Talente fördern

Kenzie selbst nimmt jetzt Unterricht bei dem Portugiesen Pedro Torres, dem amtierenden Weltmeister der Working Equitation. "Er hat eine ganz besondere Hand für feine Ausbildung und reitet seine Pferde mit unglaublicher Leichtigkeit und Versammlung", schwärmt sie. Zwei Mal war sie bislang für mehrere Monate bei Torres in Portugal. Doch bei aller Bewunderung für Pedro Torres: Nicht einmal der Weltmeister durfte ihre eigenen Pferde reiten. "Meine Pferde und ich haben eine ganz spezielle Beziehung zueinander. Die will ich mir bewahren", sagt Kenzie. Der nächste Aufenthalt bei Pedro Torres ist bereits fest geplant: "Ich möchte mit Atila sehr gerne an Working-Equitation-Turnieren teilnehmen", verrät sie. Ihre eigene Zukunft sieht sie als Ausbilderin für Pferd und Mensch auf dem Familienbetrieb.

Aber erst gilt es, das Abitur zu machen. Wenn nicht gerade wieder etwas dazwischen kommt, Dreharbeiten auf der Ranch oder ähnliches. Regisseur Armin Ulrich ("Marienhof", "Ein Fall für zwei") arbeitet mit Kenzie an einem Lehr›film, der ihre sanfte Methode zeigen soll. Ihre Philosophie umschreibt sie selbst so: "Das Wichtigste ist, dem Pferd den Spaß an der Zusammenarbeit zu erhalten. Das gelingt mit viel Lob und ausreichend Pausen nach jeder gelungenen Übung, sei sie noch so klein." Neben dem verständnisvollem Umgang liegt Kenzie Dysli noch eine Sache am Herzen: "Es muss kein reinrassiges, teures Pferd sein. Was ich mit meinen Pferden mache, funktioniert mit jedem Tier, wenn man es ernsthaft will und geduldig übt." James ist der lebende Beweis dafür.

Das Gefühl für den Freiraum Pferde mit leisen Tönen und leichten Signalen frei zu dirigieren, ist ein Traum. Kenzie Dysli beweist, dass er sich mit dem Feeling für Körpersprache erfüllt. Ihren Weg zur natürlichen Dressur zeigte sie allen Fans zwangloser Pferdeausbildung erstmals in einem Workshop der neuen CAVALLO Academy. Am 12. Mai 2012 im Barockreitzentrum Heimsheim, Baden-Württemberg konnten Leser Kenzie Dysli einen Tag bei der Arbeit mit Pferden verschiedener Rassen und Ausbildungsstufen von der Bodenarbeit bis zu höheren Reitlektionen begleiten. Weil Kenzie mit fremden Pferden trainierte, erarbeitete sie alle Übungen Schritt für Schritt im ständigen Dialog mit den Seminar-Teilnehmern.

Schwerpunkte legte sie auf Stimme und Körpersprache: Wie gewinnt man das Vertrauen und verschafft sich Respekt? Welchen Freiraum brauchen Pferde am Boden und unterm Sattel? Wie setzt man Grenzen und löst Probleme mit sanfter Konsequenz? Das ist für Frauen je nach Statur, Stimme und Pferdetemperament oft eine Herausforderung, die männliche Ausbilder nicht nachvollziehen können.

Video: CAVALLO-Seminar mit Kenzie Dysli

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Kenzie Dysli – Kind bekannter Pferdeleute

Deswegen ließ sie die Übung des Steigens bei James zunächst komplett weg. Dann begann sie systematisch, James auf ein Stimmkommando kombiniert mit einer Gertenhilfe zu trainieren. Stieg er, belohnte ich ihn. Danach war das Problem, dass er unaufgefordert auf zwei Beinen stand, beseitigt. "Und bei Atila wusste ich es schon besser", sagt Kenzie. "Aus meinen Fehlern habe ich am meisten gelernt.

Die Eltern ließen ihre Tochter gewähren – im Großen und Ganzen zumindest. "Einmal unterrichtete mein Vater von einem Hengst aus einen Reiter auf einer rossigen Stute. Ich kam mit James auf den Platz. Plötzlich stieg er kerzengerade", erinnert sich Kenzie. Am nächsten Tag war James ein Wallach. "Ich war so wütend auf meinen Vater, habe wochenlang nicht mit ihm gesprochen." Und die Geschichte zog noch weitere Kreise. Denn Kenzie wusste seitdem, wie viel Spaß es macht, auf einem steigenden Pferd zu sitzen. "Weil mein Vater strikt dagegen war, trainierte ich dann heimlich in abgelegenen Olivenhainen", erzählt sie. Den ersten großen Auftritt hatte das Paar bei der Messe Equisur in Jerez. James und Kenzie starteten direkt nach den Stars der Doma Vaquera, die, wie in Spanien üblich, mit scharfen Gebissen und reichlich Macho-Gehabe auftraten. Kenzie ritt mit James dieselben Lektionen – ohne Sattel und Zaumzeug. Zum Schluss legte sich James vertrauensvoll hin. Das Publikum tobte.

Solche Auftritte verschafften ihr Respekt in der von Männern dominierten Reitszene Spaniens. "Die Pro‹fis akzeptieren mich mittlerweile. Nur die Möchtegern-Vaqueros, die ‹finden uns natürlich blöd", sagt Kenzie. Das liegt vielleicht auch am Nachnamen, der für Kenzie Fluch und Segen zugleich ist. "Natürlich ist mein Vater sehr bekannt, und der Name Dysli war ein Türöffner. Bei Messen zum Beispiel, wenn es darum ging, bei der Galashow aufzutreten", gibt Kenzie zu. Andererseits hängt die Messlatte hoch. "Es wird sehr viel erwartet, entsprechend groß ist der Druck", sagt die 20-Jährige. Nicht zuletzt, weil jeder prominente Ausbilder seine Kritiker hat. "Die unterscheiden manchmal nicht zwischen meinem Vater und mir."

Glücklicherweise komme das aber nur selten vor. Inzwischen bildet Kenzie selbst Reiter aus. Bisher allerdings nur in Ausnahme™fällen und auf besonderen Wunsch der Reitgäste der Hacienda Buena Suerte. Am 12. Mai 2012 lehrte sie exklusiv für CAVALLO-Leser auch in Deutschland – und zeigt erstmals ihren Weg zur natürlichen Dressur in einem Workshop der neuen CAVALLO Academy.

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Pferdeausbildung mit Respekt und Vertrauen

Auch wenn Kenzie viel mit Atila arbeitet, ihre große Liebe bleibt James. Der Wallach mit den auffallend goldfarbenen Augen ist ein Tres Sangres, was auf Deutsch "Dreiblüter" heißt. Sie entdeckte ihn bei einem Pferdehändler. Achtlos beiseite geschoben, denn diese Kreuzungen aus Andalusier, Englischem und Arabischem Vollblut sind in Andalusien als Gebrauchspferde der Rinderhirten nicht besonders hoch angesehen. Obwohl erst neun Jahre alt, ließ sie ihren Eltern keine Ruhe, bis sie den damals sechsjährigen Hengst mitnehmen durfte. Ihr Ziel: Das Pferd selbst und nur mit Liebe ausbilden.

Tatsächlich trat das Paar schon wenige Jahre später bei großen Galashows auf und zeigte dem Publikum, dass auch schwerste Lektionen ohne Zaumzeug und Sattel möglich sind, wenn sich Pferd und Mensch vertrauen. "Bis dahin war es aber ein weiter Weg", gibt Kenzie zu. Das für die Ausbildung nötige Know-how schaute sie sich ab. "Richtige Lehrer hatte ich nicht", sagt Kenzie. "Mein Vater vermied es bewusst, mich in eine bestimmte Richtung zu dirigieren. Aber fragen konnte ich ihn immer." Auf der elterlichen Hacienda lernte sie verschiedene Reitweisen von Klassik, Doma Vaquera bis Western kennen und schaute sich viel durch Beobachten anderer Reiter ab. "Wenn mir sein Auftritt gefiel, behielt ich den Reiter im Auge und versuchte, mit James alles nachzumachen", erzählt Kenzie Dysli.

Das lief nicht immer glatt. "James steigt gerne. Es war ziemlich einfach, ihn dazu zu animieren. So einfach, dass er es ständig anbot", erinnert sich Kenzie. "Mein Fehler war, dass ich ihm dafür kein bestimmtes Kommando beigebracht hatte."

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Erscheinungsdatum 17.05.2023