Horsemanship: Alfonso Aguilar hilft Pferden und Reitern
Kurs-Besuch bei Alfonso Aguilar

Der mexikanische Tierarzt und Trainer Alfonso Aguilar hilft Pferden und Reitern: Probleme schmunzelt er einfach weg. Wie das geht – lesen Sie selbst!

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Foto: Kuczka

"Das Ziel des Kurses ist es, Spaß zu haben", sagt Alfonso Aguilar und grinst. Der 47-Jährige wuchs auf einer Farm in Mexiko auf, studierte Tiermedizin und arbeitete danach für einige Jahre auf der Ranch des amerikanischen Horseman Pat Parelli in Kalifornien.

Während dieser Zeit entwickelte er mit seinem Mentor das erste Level-Programm der Parelli-Schule. Seitdem ist der Mexikaner ein gefragter Ausbilder und gibt Kurse in Nordamerika, Australien und Europa. Auf Gestüt Leckebusch im nordrhein-westfälischen Nümbrecht leitet Alfonso Aguilar seit zehn Jahren regelmäßig Seminare. Beim jüngsten Kurs mit dabei: Christiane Wehnert aus der CAVALLO-Redaktion.

Lektion 1: Reiter dürfen Pferde nicht beherrschen

Spaß ist sein oberstes Credo. Das stellt Alfonso Aguilar gleich zu Beginn des zweitägigen Kurses klar. "Vergesst es, euer Pferd beherrschen zu wollen", erzählt er vor dem Stall auf Englisch. "Ihr müsst das Tier überzeugen. Wenn ihr verständlich handelt und das Pferd viele positive Erfahrungen mit euch macht, respektiert es euch schnell."

Die knapp 20 Teilnehmer strahlen – einschließlich mir. Sie sind aus ganz Deutschland angereist. Was sie verbindet? "Alle haben Berberpferde mitgebracht", sagt Organisatorin Dr. Gea Olbricht. Die Wildtierbiologin vertraut mir für das Seminar ihr Pferd an – die hübsche fünfjährige Fuchsstute El Ziza.

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CAVALLO-Volontärin Christiane Wehnert lernt, feine Signale zu geben.

Fragen Sie Dr. Horse: Das Alfonso Aguilar Prinzip

Um den Kursteilnehmern seine Trainingsmethode näher zu bringen, erzählt Alfonso Aguilar: "Angenommen, das Pferd lässt sich nicht an den Ohren anfassen. Wie reagierten dann die meisten Menschen? Sie provozieren das Tier und fassen es trotzdem dort an. Das ist falsch." Pferde für solch ein unerwünschtes Verhalten zu bestrafen, davon hält der einfühlsame Tierarzt, der deswegen auch gerne Dr. Horse genannt wird, nichts. "Die Menschen sind zu ungeduldig", sagt er – ausnahmsweise mit ernster Miene.

Der Weg ist das Ziel: "Lobt jeden Schritt in die richtige Richtung", betont der Horseman. "Wenn es bei einer Übung klemmt, sollte der Reiter eine andere, einfachere Lektion dazwischenschieben und anschließend einen neuen Versuch starten", rät Aguilar. Gleichzeitig ermutigt er die Teilnehmer nicht aufzugeben, bis die Übung flutscht.

Nach der Theorie hole ich El Ziza aus der Box. Mein Blick bleibt an den Beinen eines entgegenkommenden Berbers hängen. Die Fesseln des Rappen sind vernarbt – ein übles Andenken an seine Jugend in Marokko. "In Nordafrika werden die Pferde gehobelt, also mit Seilen an den Füßen zusammengebunden", erklärt Gea Olbricht. Dass der Berber-Wallach schon viele schlechte Erfahrungen mit Menschen gemacht hat, spürt Besitzerin Petra Dürdoth jeden Tag, obwohl sie sich seit sechs Jahren liebevoll um Jahya Zayane kümmert. Bei dem Kurs mit Alfonso Aguilar hofft die Reiterin Strategien zu lernen, um ihren Rappen ruhiger zu bekommen und stärker auf sich zu fixieren.

Von der ersten Übungseinheit am Boden profitieren die Menschen zunächst mehr als die Pferde. "Wie fest willst du noch am Strick ziehen, bis El Ziza den Kopf senkt", fragt mich Aguilar und hält mir ein Seil vor die Nase. "Zeig, wie du Druck aufbaust." Ich greife nach dem Seil und ziehe erst leicht, dann immer stärker. Je mehr Druck ich aufbaue, desto höher zieht der Mexikaner seine Mundwinkel. Zu allem Überfluss fängt er noch an zu kichern. Ich bin verunsichert. Lacht er mich aus? Nein, dieses Verhalten ist typisch für Dr. Horse. In seinem Kurs werden Fehler einfach weggelacht. Eine tolle Medizin! Auch ich muss grinsen.

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Alfonso Aguilar zeigt Nadine Walhäuser, wie sie ihre Stute Ismala durch den Roundpen dirigiert.

Das Alfonso-Aguilar-Prinzip

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Alfonso Aguilar hilft Pferde zu verstehen.

1. Pferde wollen immer lernen. Sie verstehen neue Lektionen am schnellsten, wenn sie ruhig sind.

2. Pferden Neues beizubringen, ist der einfachste Weg, ihnen etwas abzugewöhnen.

3. Fehler macht allein der Mensch! Verständliche Anweisungen helfen, Frust zu vermeiden.

Lektion 2: Beim Training dürfen Reiter viel lachen

Richtig ist es, den Strick als erstes mit dem Zeigefinger zu umschließen. Reagiert das Pferd nicht, folgt der Mittelfinger. Erst wenn die ganze Hand am Strick klammert und das Tier nicht nachgibt, darf man leicht ziehen.

Am Nachmittag packt Alfonso Aguilar allerdings ohne Vorwarnung fest zu. Bei einer Trockenübung lernen die Teilnehmer, wie sie ein Seil kontrolliert schwingen und dadurch physischen Druck aufs Tier, beispielsweise auf die Hinterhand, ausüben. Es wird wieder viel gelacht – vor allem wenn sich jemand das Seil um die Beine wickelt. Schon am Ende des ersten Seminartags haben der Horseman und seine Schüler das Kursziel erreicht: Sie haben Spaß.

Dass Alfonso Aguilar nicht nur weiß, wie man Reiter bei Laune hält, sondern auch, wie man Pferde motiviert, beweist er am zweiten Kurstag. Aguilar hält nichts von pausenlosen Wiederholungen. "Berberpferde lernen schnell", meint er. "Daher brauchen diese Tiere viel Abwechslung." Ein Gelassenheits-Parcours ist für die pfiffigen Köpfchen optimal. Das spüren auch die Teilnehmer, als sie ihren Pferden den sogenannten Spielplatz des Gestüts zeigen. Auf dem Außenplatz gibt es Tore mit Flatterbändern und Engpässe aus Blechtonnen.

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Seilschwingen für Anfänger: Das Strick-Ende soll Aguilars Ellenbogen berühren.

Lektion 3: Reiter sollten Pferden Pausen gönnen

Rappe Jahya Zayane stoppt vor den Fässern und weigert sich, durch die enge Gasse zu gehen. Alfonso Aguilar beobachtet kurz das Schauspiel, nickt zufrieden und geht weiter: "Der Rappe wird nachgeben. Seine Besitzerin darf ihm nur nicht zu viel Druck machen. Das mögen Berber nicht." Tatsächlich: Nach einigen Minuten galoppiert der Wallach durch den Engpass. "Gönn‘ ihm jetzt eine Pause", ruft Dr. Horse der Besitzerin zu. "Pferdetraining funktioniert wie Musik: Erst die Pausen in einem Lied machen die Melodie aus", meint Aguilar.

Der Höhepunkt des Kurses ist das Einzeltraining im Roundpen. Ohne Halfter und Longe versuchen die Teilnehmer vom Boden aus, ihre Pferde durch den Sand zu dirigieren. Alfonso Aguilar stellt sich dicht neben mich. "Darf ich bitten?", fragt er und hält mir seinen Arm hin. Ich hake mich ein. Wir tanzen gemeinsam durch die Arena und geben El Ziza Anweisungen: Linksherum, Galopp, anhalten, drehen, wieder antraben – die Stute macht es uns leicht. Sie reagiert auf Fingerzeig. Ein gutes Gefühl. Mit Dr. Horse macht Pferdetraining wirklich Spaß!

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Mensch und Pferd sind entspannt.

Knoten-Tipp: So binden Sie Pferde richtig an

Schritt 1

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Knicken Sie das letzte Drittel des Seils, und legen Sie die Schlinge über den Anbindebalken.

Schritt 2

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Sortieren Sie den Strick: Links ist die Schlaufe, in der Mitte das Seilende, daneben steht das Pferd.

Schritt 3

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Nehmen Sie das Seilende aus der Mitte, und wickeln Sie es zwei Mal fest um die Schlaufe.

Schritt 4

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Ziehen Sie das Seilende unter dem rechten Strickteil, an dem sich das Pferd befindet, durch. Danach knicken Sie das Strickende.

Schritt 5

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Die entstandene Schlinge stecken Sie nun durch die große Schlaufe. Danach ziehen Sie am Pferdeseil, damit sich die Schlaufen nicht lösen. Fertig ist der Aguilar-Spezialknoten.

Schritt 6

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Zum Öffnen des Knotens müssen Sie lediglich am Strickende ziehen. Das Seil löst sich auch vom Anbindebalken.

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4 / 2023

Erscheinungsdatum 15.03.2023

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