Volle Kontrolle übers Pferd, das klappt auch ohne Zügel. Das 3-Stufen-Programm von Claudia Miller macht jedes Zaumzeug überlüssig.
Volles Vertrauen, Harmonie und präzise Lektionen – das alles geht auch ohne Zügel. Wer jetzt denkt, "das können doch nur Prois", hat einerseits natürlich recht. Gute Reiter mit fortgeschrittenen Pferden brauchen ihre Zügel oft nicht wirklich und könnten leicht darauf verzichten. Doch auch normale Freizeitreiter können sicher ohne Zügel unterwegs sein.
Allerdings nur, wenn sie den Sprung in die zügellose Freiheit gründlich vorbereiten. "Die effektivste Kontrolle übers Pferd gewinnt ein Reiter nicht über Zügel, Gebisse und Sporen. Am sichersten sind für uns Pferde, die ihren Reitern vertrauen, sie respektieren und gerne ihre Wünsche erfüllen", sagt Ausbilderin Claudia Miller (www.claudia-miller.de). Die Tierärztin und Chiropraktikerin aus Bregenz am Bodensee ist auch Trainerin für Natural Horsemanship. .
Wer die Zügel an den Nagel hängen möchte, braucht zwei Dinge: eine geschlossene Reitbahn (Halle oder Platz) und viel Geduld. Dann kann fast jedes Pferd lernen, den Reiter auch ohne Zügel an sein Ziel zu bringen. Claudia Miller zeigt auf den nächsten Seiten, wie Sie mit drei Trainings-Stufen Ihr Zaumzeug loswerden.
Grundkommunikation
Die Basis für zügelloses Reiten entsteht am Boden. Claudia Miller rät zu Horsemanship-Training. "Dabei lernt der Reiter, die einzelnen Körperteile seines Pferds präzise zu bewegen", erklärt die Trainerin. Außerdem lernt man: Hilfen systematisch in Stufen von fein bis deutlich aufzubauen und gezielt immer weiter zu verringern; richtige Reaktionen durch Pausen bzw. Aussetzen der Hilfen zu belohnen; das Pferd an ungewohnte Berührungen und Reize gründlich zu gewöhnen und die eigene Körperspannung als Signal fürs Pferd einzusetzen.
"Eine gute Grundkommunikation muss sein. Nur dann kann man sicher auf Zügel verzichten", sagt Claudia Miller. Wer hier noch Nachholbedarf hat, sollte sich Hilfe und Anleitung von einem erfahrenen Trainer holen.















So kommunizieren Sie mit Ihrem Pferd
Volle Kontrolle übers Pferd, das klappt auch ohne Zügel. Das 3-Stufen-Programm von Claudia Miller macht jedes Zaumzeug überlüssig.
Wie Piloten im Flugzeug sollten auch Reiter einige Sicherheits-Checks machen, bevor es los geht. Sie starten mit beiden Seiten am Boden und übertragen die Prinzipien dann in den Sattel. Übrigens: Dabei
lernen Sie die Elemente für den Not-Halt: Kopf wenden und Hinterhand verschieben. Kein Pferd kann geradeaus davon laufen, wenn es den Hals biegt und seitwärts tritt.

Hals biegen am Boden

Sie stehen seitlich auf Reiterhöhe neben dem Pferd. Bitten Sie es am Seil, den Kopf zu wenden. Die Hilfen-Stufen: 1. Dreimal am Seil herunterstreichen. 2. Finger nacheinander schließen. 3. Leichter Kontakt. 4. Spürbarer Zug. Sobald das Pferd eine Idee nachgibt: loslassen, Pause und Lob. Ziel: Das Pferd wendet die Nase, wenn Ihre Hand am Seil herabgleitet. Hals biegen vom Sattel: Üben Sie mit Seil, bis das so leicht gelingt wie am Boden. Dann gibt der Horseman-Stick das Signal.
Die Hilfen-Stufen: 1. Stick aus der neutralen Position (nach oben oder unten) etwa im 45-Grad-Winkel zur Nase richten, dabei den Ellenbogen/Oberarm etwas abspreizen. 2. Rhythmisch mit der Stickspitze kreisen, Kreise langsam vergrößern. 3. Stickspitze zur Pferdenase schwingen und eventuell berühren. 4. Reagiert das Pferd nicht, zuletzt mit Seilimpulsen auf der anderen Seite den Weg weisen.
Hinterhand bewegen vom Boden

Wieder ist Ihre Position neben der Sattellage. Zuerst am Seil den Kopf herum nehmen. Dann Bauchnabel zur Hinterhand drehen und Finger sanft in die Schenkellage legen. Stetigen Druck in Phasen steigern, bis das Pferd die Hinterhand bewegt.
Hinterhand bewegen vom Sattel: Hals biegen am Seil, dann folgen die Hilfen für die Hinterhand. Stufe 1: Blick zur Kruppe (Schultern drehen). Stufe 2: Wade ein bis zwei Handbreit zurück. Stufe 3: Leichter, stetiger Schenkeldruck. Stufe 4: Die Gerte mit der äußeren Hand über den Widerrist in Richtung Schenkellage führen und den Schenkel unterstützen. Ohne Seil: Blick zur Kruppe plus Schenkelhilfe. Läuft das Pferd los anstatt über – zutreten, holt der Stick von außen die Pferdenase rum.















Bewegen von Vor- und Hinterhand
Volle Kontrolle übers Pferd, das klappt auch ohne Zügel. Das 3-Stufen-Programm von Claudia Miller macht jedes Zaumzeug überlüssig.
Vorhand bewegen vom Boden: Sie stehen neben der Sattellage Ihres Pferds, Bauchnabel und Blick nach vorne. Die Hilfen-Stufen: 1. Stick in der äußeren Hand anheben, der Oberarm bleibt am Körper, der Stick zeigt etwa 90 Grad vom Pferd weg. 2. Mit der Stickspitze rhythmische, kleine Kreise beschreiben. 3. Die Kreise werden größer und nähern sich der Schulter. 4. Kreise noch weiter vergrößern, zu Schulter und Nase schwingen und eventuell touchieren.
Vorhand bewegen vom Sattel: 1. Blick und Körperdrehung zur gewünschten Richtung. 2. Äußeren Schenkel am Gurt anlegen, inneren Schenkel öffnen. 3. Hand mit dem Zügel weist Weg nach innen. 4. Gerte zur äußeren Schulter, Signale wie vom Boden aus. Gelingt das sicher, lassen Sie den Zügel weg. Wendet das Pferd nicht auf Sitz und Schenkel hilfe, folgt als nächste Stufe sofort die Gerte

Rückwärts am Boden

Sie stehen neben der Gurtlage, Blick und Bauchnabel nach vorn. Die Hilfen-Stufen: 1. Seil über dem Widerrist anheben. 2. Leicht rhythmisch mit dem Seil auf und ab schwingen. 3. Stärker schwingen. 4.Schwingbewegung so vergrößern, dass rhythmischer Kontakt zur Pferde nase entsteht.
Rückwärts im Sattel: Stufe 1: Blick nach vorne und Schwerpunkt nach hinten, indem Sie den Bauchnabel zur Wirbelsäule ziehen. Stufe 2: Waden rhythmisch leicht schwingen (nicht klopfen). Stufe 3: Seil anheben und auf und ab schwingen. Stufe 4: Kräftiger schwingen und wenn nötig anzupfen.
Dann geht’s ohne Seil rückwärts. Stufe 1: Bauchnabel zurück. Stufe 2: Beine schwingen. Stufe 3: Stick über dem Widerrist rhythmisch etwa 45 Grad zu beiden Seiten schwingen (Bild G). Stufe 4: Schwingungen vergrößern, Schultern abwechselnd touchieren und eventuell per Seil helfen.














