Knut Krüger im Interview
„Wir Ausbilder müssen etwas tun“

Ausbilder Knut Krüger sieht mit Sorge, dass immer mehr Wissen rund im die korrekte Pferdeausbildung verloren geht. Er wünscht sich losgelassene Pferde mit dem Genick als höchsten Punk. Ein Netzwerk Gleichgesinnter soll etwas bewirken.

Porträt Knut Krüger
Foto: privat

CAVALLO: Herr Krüger, Sie haben gerade kurz vor dem anstehenden Bundesberufsreitertag im März eine Initiative ins Leben gerufen. Ausbilder, die nach klassischen Grundsätzen arbeiten, sollen sich vernetzen und beim Berufsreitertag ins Gespräch kommen. Was hat Sie dazu bewegt?

Knut Krüger: Die Entwicklung im Reitsport zeigt mir ganz deutlich, dass wir Ausbilder etwas tun müssen. Diejenigen, die Pferde sehen wollen, die sich korrekt bewegen, müssen eine Stimme bekommen und ihr Wissen weitergeben. So wie es gerade gemacht wird, werden uns Tierschützer das Reiten verbieten, und ich muss sagen, sie haben damit Recht. Die Entwicklung geht in die falsche Richtung. In den 80er-Jahren haben auf Turnieren noch oft die am besten gerittenen Pferde in der Prüfung gewonnen. Heute müssen Ausbilder ihre Schüler gegen ihre Prinzipien trainieren, wenn diese platziert werden sollen – oder aber sie müssen sich ständig für ihre Art des Unterrichts rechtfertigen.

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Bilder von nicht korrekt gerittenen Pferden sind also normal geworden?

Ja. Mich beschäftigt schon länger, wie verbreitet das mangelnde Wissen über Pferde ist. Selbst ein Imagefilm auf der Seite der Deutschen Reiterlichen Vereinigung zeigt ein Pferd, das ständig hinter der Senkrechten ist. Das Video wirbt für die Ausbildung zum Pferdewirt mit Fachrichtung Klassische Reitausbildung. Natürlich können solche Momente passieren, aber es wird im Film nicht korrigiert oder im Laufe des Videos verbessert. Mich stört, dass als normal dargestellt wird, dass ein Pferd hinter der Senkrechten geht. Ich habe das Mitte 2021 bei der FN und der Bundesvereinigung der Berufsreiter angesprochen. Von der FN kam keine Reaktion, die Bundesvereinigung sagte mir, dass mehrere Pferdewirtschaftsmeister das Video geprüft und für gut befunden hätten. Das finde ich erschreckend.

Wen möchten Sie mit Ihrer Initiative ansprechen? Welche Menschen sollen sich vernetzen?

Ich möchte Berufsreiter bzw. Ausbilder zusammenbringen, die Wert auf korrekte Bewegungen legen. Ich denke, worauf wir uns als Minimalforderung einigen können sollten, ist ein losgelassenes Pferd mit dem Genick als höchsten Punkt. Wir sollten uns zusammentun, um voneinander zu lernen. Jeder hat mal eine Frage oder steht vor Problemen, die er nicht direkt lösen kann. Ich möchte, dass man dann weiß, wo Gleichgesinnte zu finden sind, wer helfen kann. Es soll kein Verein mit einem Vorsitzenden werden, sondern ein gleichberechtigtes Netzwerk, in dem man sich kennt und sich gegenseitig den Rücken stärkt.

Welchen Effekt erwarten Sie sich von dem Netzwerk für die Reiterei?

Mein Wunsch wäre, dass die Ausbilder, die noch das alte Wissen haben, es an die junge Generation weitergeben. Ich hatte beispielsweise das unglaubliche Glück, bei Paul Stecken meine Ausbildung machen zu dürfen. Und auch anderen, die eine gute Ausbildung hatten, auf guten Pferden lernen durften, sage ich: Leute, ihr müsst das weitergeben. Meine Idee ist, ein Jahr lang ein oder zwei talentierte Schülerinnen und Schüler kostenlos zu unterrichten. Ich habe das bereits mit Ina Hülkenberg begonnen. Diese Reiterinnen und Reiter sollen dann das Gelernte später selbst weitergeben. Das Problem ist, dass die meisten jungen Talente sich das anders einfach nicht leisten können und so das Wissen verloren geht.

Dazu gehört schon ein ordentliche Portion Idealismus, oder?

Es gibt viele die sagen, es muss etwas getan werden, die es aber nicht machen, weil sich damit kein Geld verdienen lässt. Ich sehe das so: Ein Talent kostenlos zu fördern ist letztlich Werbung für einen Ausbilder. Die Person ist dann durch seine Schule gegangen, wird sich später auf ihn beziehen und ist das beste Aushängeschild für gute Ausbildung. Einen talentierten jungen Profi zu unterrichten macht außerdem auch sehr viel Spaß. Klar kostet es Geld und Zeit, aber die kostet Werbung immer. Und wenn diese Schüler später das gleiche mit zwei anderen Talenten machen würden, um etwas zurückzugeben, könnten wir so viel erreichen. Das wäre exponentielles Wachstum und rentiert sich auch für jeden Ausbilder persönlich.

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4 / 2023

Erscheinungsdatum 15.03.2023