9 Tipps für höfliches Pferdebenehmen
Benimmregeln für Pferde

Höflichkeit ist eine Zier - das gilt auch für Pferde. Mit diesen Tipps lehren Sie Ihr Pferd Benimmregeln.

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Foto: Rädlein

Höflich unterwegs: Willig einfangen lassen

Manche Vierbeiner scheinen die Anwesenheit des Reiters auf der Koppel hartnäckig zu ignorieren oder nehmen Reißaus, sobald der Mensch sich nähert. Was dahinter steckt?

Vor allem unsichere Pferde verbinden die Anwesenheit des Menschen mit Stress, zum Beispiel auf dem Reitplatz. Also bleiben sie schon vorab lieber auf Abstand. Horseman Ralf Heil rät: „Geben Sie dem Pferd vor der Arbeit zunächst Zeit, sich auf Sie einzustimmen, und fordern Sie etwas weniger im Training. Achten Sie auch darauf, sich in Ihrer Kommunikation etwas zurückzunehmen, indem Sie etwa weniger Impulse geben.“

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Bei selbstbewussten, verspielten Kandidaten empfiehlt der Trainer das sogenannte Catch-Me-Game: „Ich lasse das Pferd im Roundpen freilaufen. Dann baue ich Druck auf die Hinterhand auf, indem ich sie beispielsweise fokussiere und gleichzeitig auf meine Oberschenkel klopfe.“ Dreht das Pferd die Nase weg, den Druck erhöhen! Sobald es herschaut, nehmen Sie den Druck wieder raus.

Der Lerneffekt: Das Pferd wendet sich Ihnen willig zu, anstatt wegzulaufen.

Höflich unterwegs: Position einhalten

Ihr Pferd läuft am liebsten zwei Nasenlängen voraus? Dahinter steckt meist ein klassisches Problem: „Der Mensch lässt sich vom Pferd bewegen statt umgekehrt“, erklärt Alexandra Schmid.

Tipp der Trainerin: „Setzen Sie Ihre Position konsequent durch.“ Und das bedeutet: Sie bewegen das Pferd! Was Sie tun sollten: Achten Sie darauf, dass das Pferd mit seinem Kopf auf Ihrer Schulterhöhe oder etwas davor geht. Ein Kappzaum ermöglicht Ihnen dabei präzise Kontrolle. Arbeiten Sie mit einem Impuls über den Strick nach oben, wenn Ihr Pferd drängelt und gewinnen Sie mit einem Stimmkommando seine Aufmerksamkeit.

Tipp: Lassen Sie das Pferd beim Antreten stets den ersten Schritt machen, um ihm zu verdeutlichen, dass Sie sich nicht bewegen lassen. Variieren Sie öfter bewusst das Tempo, um das Pferd aus seiner Komfortzone zu holen.

Höflich unterwegs: Nichts ungefragt ins Maul nehmen

Besonders junge Wallache oder Hengste schnappen gerne mit den Lippen nach Strick oder Zügel und kauen darauf herum. „Versuchen Sie jetzt nicht, den Strick mit Gewalt herauszuziehen“, rät Ausbilderin Cornelia Weidenauer. „Denn das könnte der Vierbeiner als Aufforderung zum Spiel interpretieren und auch noch nach Ihnen schnappen.“

Versuchen Sie das Pferd stattdessen durch eine etwas kompliziertere Übung am Boden abzulenken, damit es den Strick fallen lässt. Oder nutzen Sie den Spieltrieb gezielt aus: Bringen Sie dem Pferd über zwei Stimmkommandos (etwa „nimm“ und „lass los“) bei, dass es einen Gegenstand mit dem Maul aufheben soll – ein Hütchen etwa. Auf diese Weise können Sie es später auf Kommando von anderen Gegenständen lösen.

Höflich beim Futtern: Warten lernen

Höflich ist, wenn das Pferd geduldig Abstand hält und ein Leckerli oder Futter von der ausgestreckten Hand des Menschen nimmt. „Wer seinem Pferd indes erlaubt, dass es ständig mit dem Maul an ihm herumnestelt und Hände oder Taschen nach Futter absucht, erzieht sich ein aufdringliches Tier, das gierig nach Futter schnappt“, so Alexandra Schmid.

Lassen Sie rüpeliges Verhalten also besser nicht unkommentiert: Tippen Sie etwa mit Mittelfinger und Daumen von unten aufs Maul, sobald Ihr Vierbeiner aufdringlich wird, und geben Sie ein deutliches Stimmkommando wie „Nein!“ oder „Na!“. Nutzen Sie zudem Ihre Körpersprache, um das Stimmkommando zu verstärken. Dazu Energie und Körperspannung erhöhen. Das hält Ihr Pferd auf Distanz.

Wichtig: Reagieren Sie jedes Mal konsequent auf genau diese Weise. Eines Tages reichen Stimme und Körpersprache aus, um dem Pferd seine Grenzen aufzuzeigen. Ist die Beziehung geklärt und das Pferd respektiert Sie als Führungspersönlichkeit, darf es natürlich auch mal zum Kraulen auf Sie zukommen. „Doch das muss der Mensch stets bewusst einleiten und beenden“, ergänzt Alexandra Schmid.

Höflich beim Futtern: Betteln nicht gestattet

Futterlob ist eine gute Sache. Schwierig wird es allerdings, wenn das Pferd ein Leckerli einfordert, indem es etwa versucht, sich einmal quer durch den Erdball zu scharren. „Das Pferd sollte Sie als Alpha-Tier akzeptieren und – wenn überhaupt – dann nur höflich nach Futter fragen“, sagt Ralf Heil. „Sie haben wiederum das Recht, ja oder nein zu sagen.“

Der Trainer empfiehlt, Belohnungen gezielt einzusetzen, nämlich gleich, nachdem das Pferd etwas gut gemacht hat. Geben Sie ein Leckerli zum Beispiel direkt nach einer gelungenen Lektion vom Sattel aus. Füttern Sie hingegen erst nach dem Absatteln, kann das Pferd das Bonbon nicht mehr mit einer guten Leistung verbinden und gewöhnt sich stattdessen nur ans Futterritual. Heil rät außerdem: „Setzen Sie Leckerli in Maßen und nicht als Bestechung ein, zum Beispiel, wenn das Pferd ein Kommando verweigert.“

Statt dieses Verhalten zu belohnen, sollten Sie dem Vierbeiner ruhig und kontrolliert helfen, die Situation zu bewältigen, anschließend folgt die Belohnung. Geduld beim Futtern üben Sie zum Beispiel so: Platzieren Sie einen Futternapf mit Leckereien vor den eigenen Füßen, Ihr Pferd steht frontal vor Ihnen. Schicken Sie das Tier nun ein paar Schritte zurück, dann darf es wiederkommen und ein paar Happen fressen. Anschließend wieder rückwärtsrichten und herankommen lassen.

Höflich beim Futtern: Grasen nur auf Kommando

Sie kommen im Gelände kaum ein paar Meter voran und schon steckt der Pferdekopf wieder im Gras? Ihr Pferd erntet jeden leckeren Zweig im Vorbeigehen ab? Oder ist es mit dem Naschen gar so beschäftigt, dass es nicht mehr auf den Weg achtet und über seine eigenen Hufe stolpert? „Je länger diese Marotte besteht, umso länger dauert es, bis man sie wieder los wird“, sagt Cornelia Weidenauer.

So setzen Sie sich konsequent durch: Sobald das Pferd gegen Ihren Willen am Gras zupft, geben Sie ein energisches Stimmsignal wie „Nein!“ oder zischen Sie. Gleichzeitig einen Impuls über den Strick nach oben geben oder das Pferd mit dem Gertenknauf an Hals oder Schulter antippen. Alternative: „Lassen Sie die Hinterhand weichen, damit das Pferd den Kopf hebt“, empfiehlt Weidenauer.

Legen Sie zudem gezielte Fresspausen ein, indem Sie das Pferd kontrolliert anhalten und erst dann den Kopf zum Grasen freigeben. Verbinden Sie die Geste mit einem Stimmkommando wie „Grasen!“ Bestimmen Sie dann, wann Schluss mit Fressen ist. „So imitieren Sie ein ranghohes Tier“, erklärt Weidenauer.

Höflich beim Putzen: Abstand halten

„Vor allem Wallache versuchen häufig, mittels Körperkontakt ihre Position durchzusetzen und den Menschen zu bewegen“, erklärt Alexandra Schmid.

Lassen Sie Rempeln und Rüpeln jetzt nur nicht unkommentiert und verteidigen Sie Ihre Stellung als ranghöheres Herdenmitglied. Dazu dem Pferd an Hals oder Schulter einen kurzen, aber deutlichen Impuls mit Ellenbogen oder Gertenknauf erteilen.

Auch ein energisches Stimmkommando, erhöhte Muskelspannung und eine aufrechte Haltung drücken aus, dass Sie sich nicht herumschubsen lassen. Halten Sie Ihren Rüpel zudem stets auf Abstand, mindestens eine halbe Armlänge! Diese darf das Pferd ohne Ihre Erlaubnis keinesfalls unterschreiten!

Höflich beim Putzen: Willig Hufe geben

Manche Pferde geben zunächst scheinbar brav die Hufe, scheinen dann aber einen inneren Countdown herunterzuzählen. Ist der vorbei, fangen sie an zu strampeln und reißen ihr Bein wieder los. Woher kommt so ein Verhalten?

Beobachten Sie die Mimik des Pferds: Weit geöffnete Augen und angespannte Gesichtsmuskeln deuten etwa auf Angst hin. Diesem Vierbeiner müssen Sie Vertrauen vermitteln, denn „fürs Fluchttier Pferd ist es naturgemäß ein großes Risiko, wenn ein Bein in der Luft fixiert ist“, sagt Ralf Heil. Seien Sie geduldig, streicheln Sie das Pferd und versuchen dann erneut, den Huf aufzunehmen. Bei einem selbstbewussteren Pferd sollten Sie ebenfalls freundlich, aber etwas bestimmter auftreten.

Und zwar so: Schicken Sie den Vierbeiner zum Beispiel zwei bis drei Schritte rückwärts oder lassen Sie jeweils Vor- und Hinterhand weichen. Sobald das Pferd richtig reagiert, den Druck wegnehmen! Dann erneut den Huf aufnehmen.

Höflich beim Putzen: Entspannt stillstehen

Ihr Pferd dreht sich am Putzplatz ständig von einer Seite zur anderen und beäugt die Umgebung? Dann vertraut es Ihnen womöglich noch nicht genug. Das können Sie ändern, indem Sie ihm zunächst gleich einem ranghöheren Pferd in der Herde einen festen Platz zuweisen; dort soll es frei, sprich unangebunden, gelassen stehen bleiben. Das schafft Klarheit in Ihrer Beziehung und gibt unsicheren Vierbeinern Sicherheit.

Etablieren Sie ein festes Stimmkommando wie „Warte!“ und korrigieren Sie konsequent jedes Abweichen, etwa mit Hilfe einer Gerte als Begrenzung. Sobald das Pferd wieder an seinem Platz steht, nehmen Sie den Druck raus, atmen aus und belohnen es so. Tipp: Zappelt Ihr Pferd dennoch weiter, etwa weil es zu angespannt ist, zwingen Sie es nicht zum Stillstand. Bewegen Sie es vor der Übung lieber in der Reitbahn, damit es Stress abbauen kann.

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Erscheinungsdatum 17.05.2023