Wir zeigen, was Weidezäune sicher macht

Wir zeigen, was Weidezäune sicher macht
Du kommst hier nicht raus!

Veröffentlicht am 01.05.2024
CAVALLO Weidezaun
Foto: oscarporrasinfo / gettyimages.com

Ausbrechen? Zwecklos!

Das sollte jeder Weidezaun unseren Pferden klar signalisieren – und unsere Vierbeiner somit erst gar nicht auf die Idee kommen lassen, auf der anderen Zaunseite wäre das Gras grüner. Allerdings muss die Umzäunung dafür gut in Schuss sein. Wackelige Pfosten oder Stromlitzen ohne ausreichend Zunder halten unsere Pferde im Zweifelsfall nicht auf. Daher checken wir vor Beginn der Weidesaison bestehende Zäune, erklären, was für Neubauten nötig ist – und zeigen, welche neuen Produkte für Hütesicherheit sorgen.

Zaun-Check+Reparatur

Pfosten: Sie sind das Skelett des Zauns. Wackeln darf hier nichts, wenn Sie kräftig an den Pfosten rütteln. Tun sie aber? Dann müssen die Pfosten möglicherweise tiefer in die Erde (ein Drittel sollte im Boden versinken; geht oft gut mit einem Gummihammer). Oder sie haben das Ende ihrer Lebenszeit erreicht: Sind Holzpfosten schon über der Erde morsch oder brüchig, sind sie’s in der feuchten Erde erst recht. Hier hilft nur ein Austausch. Auch poröse Kunststoffpfosten sollten durch neue abgelöst werden.

Eck- und Torpfosten des Weidezauns müssen besonders stabil sein; auf sie wirken hohe Zugkräfte. Müssen Sie hier Pfosten ersetzen, greifen Sie am besten zu besonders dicken (12 cm Durchmesser) und langen Varianten: Je tiefer die Pfosten in die Erde können, umso stabiler sind sie.

Querverbindungen und Zubehör: Damit kein Pferd durch den Zaun schlüpfen kann, müssen die Querverbindungen stabil sein. Überprüfen Sie bei Festzäunen mit Holzlatten diese auf Verbiss oder morsche Stellen. Bei Kunststoffmaterialien wie Latten oder Bändern dürfen die Querriegel nicht nachgeben, sonst müssen sie ausgetauscht werden. Prüfen Sie zudem, ob Kunststoffbänder stramm gespannt sind, und justieren Sie ggf. nach. Die Verbindungsstellen von Pfosten zu Planke müssen stabil und intakt sein. Herausstehende Nägel oder Schrauben sind ein Verletzungsrisiko und gehören entfernt.

Bei Elektrozäunen sollten Sie Bänder oder Seile genauer unter die Lupe nehmen. Ausgefranste oder verknotete Litzen sorgen für Spannungsverlust; durch einen Knoten gehen schon 200 bis 500 Volt verloren! Komplett getauscht werden müssen solche Stellen nicht: Sie müssen nur den defekten Teil herausschneiden und ein neues Stück mit Verbindern einsetzen. Prüfen Sie auch die Stellen an den Isolatoren. Hier entstehen häufig Bruchstellen. Die Litze muss zudem im Isolator liegen, nicht auf dem Metall dahinter. Ziehen Sie Bänder oder Seile straff an; das verringert das Verletzungsrisiko. Ob auf dem Zaun noch "genug Saft” ist, lässt sich mit einem Zaunprüfer checken.

Tore: Im Idealfall brauchen Sie nur eine Hand, um das Weidetor zu öffnen oder schließen – ohne dass ein anderes Pferd mit hinausschlüpfen kann. Bei Elektrozäunen stehen vor allem die Griffe im Fokus: Die Federn in ihrem Inneren sollte gut funktionieren, die Griffe selbst nicht rissig oder spröde sein. Für einen sicheren Stromfluss sollte die Litze mit einem Bandanschluss oder Verbinder am Griff angebracht sein.

Tipp: Um zu verhindern, dass Unbefugte die Tore öffnen, können Sie die Weidezauntore mit Schlössern sichern. Mittlerweile gibt es verschiedene abschließbare Torgriffsysteme; eine Kette mit Vorhängeschloss (witterungsbeständig!) schreckt ebenfalls ab. Oder Sie setzen das Tor ebenfalls unter Strom; das erhöht zudem die Hütesicherheit.

Isolatoren: Das Bindeglied zwischen Pfosten und Elektrozaundraht sorgt dafür, dass die stromführenden Drähte Spannung und Halt haben. Dafür müssen die Isolatoren fest im Pfosten stecken; drehen Sie sie ggf. nach, wenn das Gewinde nicht vollständig versenkt ist. Manche Isolatoren können auch eingeschraubt werden. Sind sie rissig, sollten Sie sie ersetzen. Meist ist das nach fünf bis zehn Jahren der Fall.

Wann Zaunteile ausgetauscht werden müssen: Bei Joghurt gibt’s ein Mindesthaltbarkeitdatum, bei Weidezaun-Equipment leider nicht. Trotzdem tappt man bei der Frage nach der Haltbarkeit nicht im Dunkeln.

Wie lange ein Zaun bzw. seine Bestandteile halten, hängt von vielen Faktoren ab, erklärt Markus Sacher vom Hersteller Patura: von äußeren Einflüssen, Wetter- und Umweltbedingungen sowie dem Standort. Zwar sind die Produkte genau für diese Ansprüche ausgelegt, erklärt Katharina Wilden, Produktmanagerin bei AKO: "Aber Regen, Sonne oder extreme Temperaturspitzen setzen den Materialien über die Jahre zu.” Je größer die Wetterextreme, desto weniger lang hält etwa der Kunststoff von Isolatoren. Umgekehrt gilt aber auch: Je materialstärker und wertiger der Kunststoffkörper, desto länger wird dieser standhalten. "Deshalb empfehlen wir grundsätzlich die Verwendung von Komponenten aus hochwertigen Materialien, um die Lebensdauer der Produkte und des Zauns zu erhöhen”, so Katharina Wilden.

CAVALLO Weidezaun

Das sagt auch Markus Sacher von Patura: "Einzelne Komponenten eines Mobilzauns mit Kunststoffpfählen sollten nach einem Zyklus von fünf bis zehn Jahren erneuert werden”, ein Festzaun mit langlebigem Pferdedraht und Robinienpfosten könne Jahrzehnte halten.

Wer billig kauft, kauft doppelt. Achten Sie beim Zaun-Neubau wie auch bei Ausbesserungen auf Qualität. Die erkennen Sie etwa an den Zeitspannen, die für UV-Beständigkeit (bei Kunststoffprodukten wie Elektrobändern oder Pfosten) sowie bei Produktgarantien (etwa für Holzpfosten) genannt werden. Je länger die Zeitangaben, umso hochwertiger ist das Material – und umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass es lange hält.

Zaun-Neubau

Was ein Zaun erfüllen muss: Gesetzliche Vorgaben für einen Zaun gibt es nicht. Aber die "Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten” des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft geben konkrete Anhaltspunkte dafür.

Der Zaun sollte mindestens 0,75 mal Widerristhöhe des größten Tiers betragen. Bei einem Pferd mit 1,60 m Stockmaß wären das 1,20 m Zaunhöhe. Mehr wäre jedoch besser: Der "Arbeitskreis Pferd” der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz (TVT) fordert Nachbesserungen an den Leitlinien.

CAVALLO Weidezaun

Im Fall der Zaunhöhe plädieren die Experten für 0,8, besser sogar 0,9 mal Widerristhöhe (also 1,44 m bei einem Pferd mit 1,60 m Stockmaß). Auch bei den Leitlinienangaben für Pfahlabstände (aktuell 2,6 bis 5 m) hat der Expertenkreis Verbesserungsvorschläge: Der Abstand sollte bei 3 bis maximal 4 Metern liegen. "Je größer die Abstände, desto geringer wird die Hütesicherheit”, heißt es im TVT-Positionspapier.

Der Zaun sollte laut TVT mindestens drei Querabgrenzungen haben; die erste auf 60 cm Höhe, die darüberliegenden mit je 40 bis 70 cm Abstand, abhängig vom Pferdebestand. Elektrozäune sollten über die gesamte Länge des Zauns mindestens 3 000 Volt aufweisen, in Wolfs- und Wildschweingebieten 4 000 Volt.

Benötigtes Material: Wer einen Zaun neu setzen will, hat eine lange Einkaufsliste an Pfosten, Querverbindungen und Toren. Bei Elektrozäunen kommen noch Isolatoren, Verbindungsklemmen, Torgriffe, Erdungs- und Verbindungskabel sowie Weidezaungeräte oben drauf.

Die konkrete Menge hängt von Zaunbeschaffenheit und -länge ab. Wer beispielsweise einen dreireihigen Elektrozaun mit einem Pfostenabstand von 3,50 m setzen will, braucht für 50 m Zaunlänge 15 Pfosten, 45 Isolatoren und 150 m Seil- bzw. Breitbandmaterial. Oben drauf kommen noch Verbindungsklemmen (ca. alle 200 m eine, um die Zaunreihen zu verbinden und den Stromfluss sicherzustellen) sowie Anschlüsse ans Weidezaungerät.

CAVALLO Weidezaun

Für denselben Zaun aus Holz fallen 150 Meter Holzplanken plus Befestigungsmaterial an. Ein Kombizaun, etwa mit Kunststoffbändern und einer zusätzlichen Elektrolitze, bräuchte bei 50 m Länge 15 Pfosten, 150 m Kunststoffband, 45 Bandhalter, 50 m Litze plus 15 Isolatoren – sowie ein Weidezaungerät und dessen Anschlüsse.

Berechnen: Wer wissen will, wie viel Material für einen geplanten Kombi- oder Festzaun anfällt, braucht eine gute Skizze, ein bisschen Mathefähigkeiten – und Zeit wie Muße. Weniger rechnen muss, wer einen Elektrozaun mit verschiedenen Anbietern plant. AKO Agrar bietet hierfür ein praktisches Online-Tool an. Mit ein paar Klicks gibt man Zaunlänge, Bewuchs, Elektrozaundraht und Co. an, wählt das gewünschte Material aus – und das Tool listet übersichtlich die Anzahl an Elektroband, Isolatoren und Co. nebst Kostenkalkulation auf. Persönliche Beratung und Ansprechpartner in Sachen Zaunbau finden Stallbetreiber zudem bei Firmen wie Kerbl, Patura, Growi oder Gallagher.

Genehmigen: Die Deutsche Landwirtschaftsgesellschaft (DLG) verweist in ihrem Merkblatt 476 ("Zaunbau in der Pferdehaltung”) darauf, dass Weidezäune "im baurechtlichen Sinn unter den Begriff Einfriedung” fallen. Je nach Landesbauordnung könnten diese zwar genehmigungs- oder verfahrensfrei sein, also "keine Baugenehmigung erfordern”. Doch: Das gelte im Außenbereich, wo vermutlich viele Weiden liegen, "nur für privilegierte landwirtschaftliche Betriebe” sowie land- oder forstwirtschaftlich genutzte Grundstücke. "Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass für gewerbliche Betriebe und Hobbytierhaltungen ein Bauantrag gestellt werden muss”, heißt es im Merkblatt. Prüfen Sie also vorab, ob Sie den Zaun wirklich genehmigungsfrei stellen dürfen.

Weidezaungeräte

Die Varianten: Weidezaungeräte gibt es in unterschiedlichen Ausführungen. 230-Volt-Geräte brauchen einen Netzanschluss (Zuleitungen vom Stall zur Koppel sind möglich). Batteriebetriebene Geräte gibt es mit 12-Volt- oder 9-Volt-Akku; letztere eignen sich für kleine Paddocks ewa auf Turnieren, Distanz- oder Wanderritten. 12/230-Volt-Duo-Geräte schalten von Netzversorgung auf Akkubetrieb um, sobald der Strom ausfällt. Das kommt bei Solargeräten nicht vor; sie ziehen ihre Energie aus der Sonne. Welche Zaunlänge ein Gerät bei welcher Bewuchsstärke versorgen kann, ist beim Weidezaungerät angegeben.

Kurzschlussgefahr: Ein ausreichend starkes Weidezaungerät kann zwar mehrere Zäune mit Strom versorgen. Umgekehrt darf an einem Weidezaun nur ein Gerät hängen, niemals mehrere; sonst besteht Lebensgefahr für Mensch wie Pferde. Wer mehrere Koppeln mit jeweils einem Weidezaungerät betreibt, sollte darauf achten, dass die Zäune einen Abstand von mindestens drei Metern zueinander haben.

Geräte checken: Bevor die Pferde aufs Grün kommen, schalten Sie testweise den Strom an. Ist die Spannung auf dem Zaun zu gering, sollten Sie prüfen, ob das Weidezaungerät noch funktioniert. Hersteller Kerbl erklärt auf seiner Website, wie das geht: Schalten Sie das Gerät aus. Trennen Sie den Zaunanschluss direkt am Gerät, den Erdanschluss belassen Sie. Schalten Sie das Gerät wieder ein, kontrollieren Sie mit einem Prüfgerät die Ausgangsspannung direkt am Gerät. Liegt die Stromspannung unter 6 000 Volt, checken Sie die Stromzufuhr; ist die in Ordnung, muss das Gerät in den Service. Liegt die Stromspannung über 6 000 Volt, schalten Sie das Gerät aus, verbinden Sie es wieder mit dem Zaun und schalten es ein. Ist die Spannung am Koppelzaun immer noch zu gering, liegt das Problem an einer anderen Stelle, etwa der Zaunzuleitung oder Erdung.

Aktuelle Trends: Am vielseitigsten sind Weidezaungeräte einsetzbar, wenn sie flexibel sind – also mit Netzanschluss, Akku oder Solar zu betreiben. Etliche Weidezaungeräte sind zudem mittlerweile "smart”, heißt: sie lassen sich per Smartphone-App bequem steuern, also nach Bedarf ein- und ausschalten. Integrierte GPS-Sender sorgen dafür, dass man das Weidezaungerät bei Diebstahl aufspüren kann.

Welcher Zaun hält Wölfe ab?

Vor allem im Norden und Osten Deutschlands haben sich Wölfe ausgebreitet; in Niedersachsen, Sachsen-Anhalt Sachsen und Brandenburg kommen besonders viele vor. 184 Rudel bzw. 1 339 Wölfe wurden bis Mai 2023 vom Bundesamt für Naturschutz bestätigt. Und immer wieder machen Wölfe Jagd auf Pferde und Ponys. Was hilft dagegen?

Die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) zeigt in ihrem Merkblatt 455, wie ein wolfsabwehrender Zaun mit ingesamt fünf stromführenden Reihen aussehen sollte: Die unterste Reihe sollte 20 cm über dem Boden verlaufen (auch bei topographischen Unebenheiten wie etwa in Hang- lage oder einem Graben!). Darüber folgen in 40, 60 und 90 cm weitere Reihen. Die DLG rät zu einer fünften Reihe auf 120 cm Höhe.

Kritiker führen an, dass Wölfe so eine Höhe problemlos überspringen könnten. Laut DLG seien Wölfe zwar zu hohen und weiten Sprüngen in der Lage, aber es seien "aktuell nur wenige Situationen bekannt, in denen der Wolf aus dem Stand einen Zaun überspringt”, heißt es im Merkblatt. Zudem ist ein Zaun mit 120 cm ohnehin für Pferde zu niedrig; hier müssen also noch Drahtreihen auf 140 bis 160 cm Höhe hinzukommen. Der Zaun mit Wolfschutz muss für Pferde also immer individuell angepasst werden.

Ein Weidezaun, der auch vor Wölfen schützt.
beekeepx/ Gettyimages

Weidezaun-Prüfgeräte: Die tägliche Kontrolle

Brechen Pferde aus der Weide aus, ist das einer der schlimmsten Reiteralbträume. Einer, der sich in etlichen Fällen vermeiden ließe – indem Koppelzäune möglichst ausbruchsicher sind. Um das zu überprüfen, brauchen Stallbetreiber bei Elektrozäunen Prüfgeräte, die die nötige Spannung – 3 000 Volt an jeder Stelle des Zauns – kontrollieren.

CAVALLO Weidezaun
Hersteller

Früher mussten die Zaunprüfgeräte direkt ans Band gehalten und geerdet werden. Moderne Geräte brauchen diese direkte Verbindung gar nicht mehr: Sie zeigen auch mit teilweise bis zu einem Meter Abstand zur Litze an, ob Strom am Zaun fließt und wie hoch die Spannung ist. Mittlerweile braucht man nicht einmal mehr die ganze Weideumzäunung abzulaufen, um seine Spannung zu überprüfen – das übernehmen smarte Überwachungstools. Per Datenübertragung in die Cloud lässt sich die Hütespannung per App auf dem Smartphone kontrollieren; wird sie unterschritten, meldet das die App per Alarmsignal.