- Was verursacht die Hautkrebs beim Pferd?
- Welche Pferderassen sind anfällig für Hautkrebs?
- Welche Symptome deuten auf Hautkrebs bei Pferden hin?
- Wie stellt der Tierarzt die Diagnose?
- So behandeln Tierärzte Hautkrebs bei Pferden
- Wie lässt sich vorbeugen?
Das Plattenepithelkarzinom, auch "weißer Hautkrebs" genannt, macht bei Pferden etwa jede vierte Tumorerkrankung aus. Bei frühzeitiger Diagnose kann die Krankheit – abhängig von der Lokalisierung – gut behandelt werden.
Wissenswertes zu Krebs-Erkrankungen
Unter Tumoren werden Zubildungen im Gewebe verstanden. Sie werden als gutartig (benigne) oder bösartig (maligne) differenziert. Gutartige Tumoren wachsen meist nur langsam, können aber auch in gesundes Gewebe hineinwuchern und es so zerstören. Bösartige Tumoren streuen, bilden also Tochtergeschwulste (Metastasen), die an anderen Stellen im Körper auftreten können. Bei Pferden kommen Hauttumoren am häufigsten vor; dazu zählen Equines Sarkoid, Melanome ("Schimmel-Krebs") und Plattenepithelkarzinome. Seltener sind Mastzelltumoren oder Fibrosarkome.
Was verursacht die Hautkrebs beim Pferd?
Das Plattenepithel ist ein Gewebe, das sich an vielen oberflächlichen Stellen im Körperinneren wie -äußeren findet, etwa in der Maulhöhle, Lunge, Magen, Auge oder Nase. Ein Bestandteil des Plattenepithels sind hornbildende Zellen (Keratinozyten). Wenn diese mutieren und entarten, bilden sich Tumoren – es entsteht ein Plattenepithelkarzinom.
"Generell kann alles, was das Plattenepithel reizt, zu einem Karzinom führen", erklärt Tierarzt Dr. Jan Kuntz vom Strahlentherapiezentrum Equinox. Häufig sei die Krebserkrankung auf UV-Strahlung zurückzuführen: Pferde, die oft hoher UV-Strahlung ausgesetzt sind, sind häufiger betroffen, ebenso wie Tiere, die spärlich behaart oder an exponierten Hautstellen weniger pigmentiert sind. In diesem Fall bilden sich Karzinome an Stellen wie Augen oder Nüstern.
Auch Parasiten könnten zu einem Plattenepithelkarzinom führen; "sie sorgen für Entzündungsprozesse, die zu höheren Teilungsraten der Zellen führen, was das Risiko für Mutationen erhöht", erklärt Dr. Jan Kuntz. Derselbe Prozess laufe auch bei chronischen, schlecht heilenden Wunden ab, die ebenfalls das Risiko für ein Karzinom erhöhen.
Bei Hengsten und Wallachen wird Smegma als möglicher Auslöser genannt. Bakterien und Viren gelten ebenfalls als mögliche Ursache, etwa das Equine Papillomavirus, das vor allem am Schlauch zum Karzinom führen soll. "Ob wirklich primär Bakterien und Viren die Erkrankung auslösen, ist noch nicht geklärt", gibt Dr. Kuntz zu bedenken: Möglich sei, dass sich Viren und Bakterien in einem bestimmten, "nicht ganz sauberen Milieu", wie es im Schlauchbereich herrschen könne, wohler fühlen. Dieses Milieu führe zu Hautreizungen, die wiederum Karzinome begünstigen; Viren wären dann nur ein Zufallsbefund. "Vermutlich ist das eher ein multifaktorielles Geschehen", so Dr. Kuntz.
Welche Pferderassen sind anfällig für Hautkrebs?
Einige Pferderassen haben ein höheres Risiko, am okulären Plattenepithelkarzinom zu erkranken, also der Tumorerkrankung am Auge. Dazu zählen beispielsweise Haflinger, Shire Horses, Percherons, belgische Kaltblüter und Clydesdale Horses. Ursache ist eine Mutation am Gen DDB2; dieses kodiert ein Protein, das bei der Reparatur von durch UV-Licht geschädigter DNA mitwirkt.
Wer sein Pferd testen lassen möchte, kann eine Haarprobe (20 bis 30 Haare mitsamt Wurzeln) an entsprechende Labore einschicken (die Kosten liegen bei ca. 50 Euro). Wird ein erhöhtes Risiko festgestellt, sollte der Tierarzt die Augen routinemäßig kontrollieren.
Andere hellhäutige Tiere wie Palominos haben ebenfalls ein höheres Risiko, am Plattenepithelkarzinom zu erkranken. "Entscheidend ist die Farbe der Haut. Ist die dunkel, ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass es Veränderungen gibt", erklärt Tierarzt Jan Kuntz. Wallache erkranken zudem häufiger als Hengste oder Stuten.
Welche Symptome deuten auf Hautkrebs bei Pferden hin?
Die Krebserkrankung tritt am häufigsten auf der Haut auf. Sie äußert sich anfangs über schuppige Stellen, Warzen oder kleine Knötchen. "Manchmal fühlt sich die Haut auch anders an, eher derb und verdickt", sagt Dr. Kuntz. Mitunter ist das noch kein Krebs, aber eine präcanceröse Vorstufe (Plaque).

Am Auge befällt das Karzinom die Lider, Binde- und Hornhaut. "Die Symptome können hier unspezifisch sein", erklärt Dr. Kuntz, und sich etwa durch eine gerötete Bindehaut oder Augenausfluss äußern.

"Offensichtlicher ist es, wenn im Auge etwas wächst, was dort nicht hingehört": Solche blumenkohlartige Zubildungen seien ein eindeutiges Merkmal des Plattenepithelkarzinoms.

Nase und Lippen gehören ebenfalls zu den klassischen Lokalisationen am Pferdekopf. Symptome sind auffällige Hautveränderungen oder schlecht heilende Wunden. Ist die Maulhöhle betroffen, haben Pferde mitunter Probleme zu fressen.

Karzinome in der Nasenhöhle oder im Luftsack äußern sich ebenfalls unspezifisch: Nasenausfluss kann ein Anzeichen sein.

"Spätestens wenn es zu Atemgeräuschen kommt, womöglich in Verbindung mit verminderter Leistungsfähigkeit, sollte man das abklären lassen", rät Dr. Kuntz.

An den Genitalien bildet sich das Karzinom meist im Penis- und Vorhautbereich; auch die Region um den After und Schließmuskelbereich können betroffen sein. Auffällig sind hier Stellen, an denen es zu überschießendem Wachstum von Gewebe kommt (Hyperkeratinosen). "Das ist manchmal noch nicht tumorös, sollte aber beobachtet werden, weil sich daraus ein Plattenepithelkarzinom entwickeln kann."
Wie stellt der Tierarzt die Diagnose?
Eine erste Beurteilung trifft der Tierarzt anhand der äußerlichen Veränderungen. Ist der Befund anschließend noch fraglich, wird eine Gewebeprobe entnommen und eingeschickt. "Das ist häufig dann der Fall, wenn der Befund des Pathologen Auswirkung auf die Behandlung hat", so Jan Kuntz. Mitunter können auch Röntgenbilder oder eine Endoskopie Aufschluss darüber geben, ob es an Stellen wie den Nasennebenhöhlen oder des Luftsacks eine Gewebezubildung gibt. "Die Endoskopie hat den Vorteil, dass man dabei gleich eine Gewebeprobe entnehmen kann", erklärt Dr. Kuntz.
Weil das Plattenepithelkarzinom in seltenen Fällen metastasieren kann, sollten auch die benachbarten Lymphknoten untersucht werden.
So behandeln Tierärzte Hautkrebs bei Pferden
Bei präcancerösen Veränderungen wird gelegentlich eine photodynamische Therapie angewandt. Dabei trägt der Tierarzt eine Substanz als Salbe auf, die das Gewebe sensibel für Licht macht. Anschließend wird die Stelle mit Rotlicht oder Laser bestrahlt. "Das kann eine gute Wirkung haben", erklärt Dr. Jan Kuntz.
Die chirurgische Entfernung sei immer dann Mittel der Wahl, wenn sich der Tumor gut entfernen lasse – und das möglichst vollständig. Die Chancen dafür stünden an Lippe oder Nüstern recht gut, so Dr. Kuntz, weniger jedoch am Auge, weil hier der operative Spielraum begrenzt sei. Am Schlauch hingegen werde die Methode häufig eingesetzt. "Bei groß gewachsenen Tumoren wird manchmal auch die Penisspitze oder der gesamte Schlauch entfernt", sagt der Tierarzt. In solchen Fällen werde der Ausgang der Harnröhre verlegt; die Pferde kämen mit der Lösung meist gut klar.
Inoperable Tumoren können auch chemotherapeutisch behandelt werden, etwa indem der Tumor mit einem Wirkstoff unterspritzt oder einer chemotherapeutischen Salbe behandelt wird."Bei größeren Tumoren bringt das aber nichts: Die reichen manchmal zentimetertief ins Gewebe, wohingegen die Salbe nur wenige Millimeter tief eindringt."

Dr. Kuntz hat in seiner Einrichtung gute Erfahrungen mit Bestrahlungen gemacht. Dafür werden Pferde unter Vollnarkose an zehn aufeinanderfolgenden Werktagen bestrahlt. Meist ziehe sich der Tumor schon währenddessen zurück. "Ein Rezidiv blieb bisher aus, das heißt, an den bestrahlten Stellen bildeten sich keine weiteren Karzinome." Die Kosten für die Behandlung liegen bei mindestens 7 000 Euro. "Krankenversicherungen übernehmen das meist, manchmal sogar OP-Versicherungen."

Relativ neu ist der Ansatz einer Immuntherapie. Dreh- und Angelpunkt sind dendritische Zellen, die zum Immunsystem gehören. Sie erkennen fremde Zellen, nehmen deren Antigene auf und interagieren mit anderen Zellen des Immunsystems (T-Killerzellen und T-Helferzellen). Für die Therapie wird dem Pferd Blut entnommen; aus einigen Bestandteilen werden dendritische Zellen gewonnen und dem Pferd insgesamt dreimal wieder injiziert.
Wie lässt sich vorbeugen?
Pferde, die ein genetisch höheres Risiko haben, sollten regelmäßig vom Tierarzt überwacht werden. Je früher ein Karzinom erkannt wird, umso besser sind die Behandlungschancen. Hellhäutige Pferde sollten durch Masken und Sonnencreme vor Sonnenbrand geschützt werden. Und Schattenplätze im Hochsommer sind ohnehin für jedes Pferd ein Muss.
Risiko Hautkrebs
So häufig wie beim Pferd kommt das Plattenepithelkarzinom (Spinaliom) auch bei uns Menschen vor: Es sorgt für etwa ein Viertel der hellen Hautkrebstumoren und ist damit der zweithäufigste bösartige Hautkrebstumor.
Meist tritt es an Hals oder Kopf auf – den Stellen, die am häufigsten der Sonne ausgesetzt sind. Unterarme, Beine und Hände sind ebenfalls möglich. In den letzten dreißig Jahren haben sich die Zahlen der Menschen, die am Plattenepithelkarzinom erkranken, vervierfacht. Oft sind ältere Menschen betroffen sowie solche, die im Freien arbeiten oder sich in ihrer Freizeit draußen aufhalten.
Der Experte

Dr. Jan Kuntz studierte zunächst Medizintechnnik und sportmedizinische Technik an der FH Koblenz; ab 2007 arbeitet er am Deutschen Krebsforschungszentrum Heidelberg, wo er auch promovierte. 2014 schloss er ein Studium der Tiermedizin an der Universität Gießen an. Seit 2019 ist er beim Strahlentherapiezentrum Equinox Healthcare GmbH tätig.