Kosten bei Kranken- und OP-Versicherungen für Pferde steigen

Höhere Tarife und Kündigungen
Was leisten Pferdekranken- und OP-Versicherungen noch?

Zuletzt aktualisiert am 12.12.2023
Frau neben Pferd zieht Gummihandschuhe an
Foto: CasarsaGuru / GettyImages

Rund ein Jahr ist die neue GOT in Kraft, die Gebührenordnung für Tierärzte. Und sie lässt uns Reiter ganz oft schlucken – wenn die Rechnung vom Tierarzt kommt oder wir uns ausrechnen, wie teuer eine Behandlung werden könnte. Eine OP- und Krankenversicherung für Pferde könnte diese Kosten abfedern. Nur: Wie teuer wird das? Und kann ich mein Pferd überhaupt versichern – oder schließen es die Versicherungen aus?

Was tun, wenn die Versicherung kündigt?

Nicht nur unversicherte Reiter beschäftigen sich gerade mit dem Thema. Etliche Pferdehalter schrieben wütend an CAVALLO, weil sie teils jahrelang in eine Versicherung einzahlten –und jetzt von dieser gekündigt wurden. Es sei denn, sie schließen einen (deutlich teureren) Neuvertrag ab. Was tun in solchen Fällen?

Wir haben darüber mit einem Versicherungsexperten gesprochen und klären auch andere Punkte im Versicherungs-Dickicht: von sachlichen Fragen zu Beiträgen, Versicherungsfällen, Abschlüssen und Kündigungen bis hin zum emotionalen Aspekt – ist mein Pferd überhaupt zu versichern? Hier gibt es den Überblick.

Versicherungen federn gestiegene Tierarztkosten ab

Starten wir mit der derzeitigen Lage bei den Tierarztkosten. Seit November 2022 gilt die neue Gebührenordnung für Tierärzte. Die Rechtsvorschrift regelt, was Tierärzte für ihre Leistungen abrechnen müssen. In den meisten Fällen wurde das mehr; für eine Kolik-OP mit Öffnung der Bauchhöhle und chirurgischem Eingriff am Darm etwa rund 325 Euro mehr als zuvor. Versicherungen federn das ab – sofern Pferde versicherbar sind.

Welche Pferde können krankenversichert werden?

Versicherungen erkundigen sich im Vorfeld über den Gesundheitszustand des Pferds. Es gibt bestimmte Annahmerichtlinien, die von Anbieter zu Anbieter individuell sind. Mögliche Fragen: Welche Vorerkrankungen hat das Pferd? Sind diese chronisch oder akut? Wie lange sind die Vorerkrankungen her? Was sind die Auslöser?

Diese Fragen entscheiden, ob ein Pferd versichert wird – und unter welchen Bedingungen. Manche Versicherungen nehmen alte und chronisch kranke Pferde nicht auf. Andere schließen chronische Krankheiten vom Versicherungsschutz aus, versichern aber die anderen Risiken.

"Pferdebesitzer haben die Pflicht, die vorvertraglichen Fragen ehrlich zu beantworten", sagt Dennis Keller. Schwerpunkt des Versicherungsmaklers aus Haiger (www.vierpfotenmakler.de) ist die Rundum-Absicherung von Pferdemenschen. Sein Tipp: "Machen Sie diesen Annahmepart nicht allein. Man kann auch aus eigener Sicht richtig antworten – und es ist doch falsch. Man muss die Fragestellung beachten und da wissen Fachleute, worauf es ankommt."

Das Risiko: Stellt sich im Nachhinein heraus, dass falsche Angaben gemacht wurden, zahlt die Versicherung im Schadensfall nicht – und kann das Pferd aus der Versicherung schmeißen. Bei Betrug droht auch eine Anzeige. Die gezahlten Beiträge gibt es nicht zurück. Und es gilt: Unwissenheit schützt vor Strafe nicht. Merke: Vorerkrankungen, die bei Vertragsabschluss bestanden, sind oft ganz automatisch ausgeschlossen vom Versicherungsschutz

Hilfe vom Fachmann ist auch angebracht, wenn es um enthaltene Versicherungsleistungen geht. Welche Operationen inklusive sind und bis zu welchen Beträgen die Versicherung Kosten übernimmt, variiert nämlich.

So lange verfolgen Versicherungen die Krankengeschichte zurück

Unterschiedlich ist auch, wie lange die Versicherung die Krankengeschichte zurückverfolgt. Die Uelzener etwa fragt bis zu drei Jahre zurück, die Allianz interessieren die letzten fünf Jahre. Barmenia will etwa wissen, ob das Pferd die letzten 18 Monate vor Vertragsabschluss operative Eingriffe hatte. Bei der R +V kann man die Versicherung nur online abschließen und muss die Gesundheitsfragen mit "Ja" beantworten. CAVALLO ging diese Fragen für den Versicherungs-Vergleich für drei Beispielpferde durch. Dabei entstanden Rückfragen. Etwa, was als klinisches Symptom eingestuft wird – und damit zum Ausschluss führt. Eine individuelle Beratung war auf mehrfache Anfrage seitens der Versicherung nicht möglich.

Wie stark sind die Preise für eine OP-Versicherung für Pferde gestiegen?

"Die Tierarztkosten sind über 50 Prozent gestiegen. Wir haben unsere Versicherungsprämien daraufhin auch entsprechend anpassen müssen", erklärt Dr. Felix Garlipp, Leiter Produkt und Spezialgeschäft der Uelzener. Auch andere Anbieter wie etwa Barmenia erhöhten bereits die Kosten. Die Allianz überprüfe regelmäßig die Prämien der Versicherten, wollte sich aber zu genauen Beitragsänderungen nicht äußern. CAVALLO hat sich auch bemüht, konkrete Zahlen von der Allianz für unsere drei Beispielfälle zu erhalten. Die Versicherung verwies allerdings darauf, dass die Preise erst nach einer individuellen Beratung festgelegt würden. Die R + V Versicherung gab auf unsere Anfrage an, noch nicht zu wissen, wie hoch die Anpassungen der Versicherungsbeiträge ausfallen werden. Auch hier war es schwierig, konkrete Daten der Versicherung für Musterbeispiele zu bekommen. Das erschwert für Kunden den Vergleich.

Klar ist: Aufgrund der GOT werden Versicherungen die Kosten erhöhen, wenn sie es nicht bereits getan haben. "Sämtliche Versicherer können die höheren GOT-Kosten über kurz oder lang nur durch höhere Beiträge abfedern", sagt Vierpfotenmakler Dennis Keller. Erhöhungen von Beiträgen seien zwar ärgerlich, aber seines Erachtens unumgänglich. Nur so können Versicherungen langfristig sicherstellen, dass sie im Schadensfall auch genug in der Kasse haben.

Was ist das Prinzip einer Pferdekranken- oder OP-Versicherung?

Die Versicherungsnehmer sind eine Versichertengemeinschaft. Alle zahlen ein. Wenn dem Pferd etwas passiert, prüft die Versicherung den Fall. Sie verwaltet den Geldtopf, aus dem sich alle Versicherten im Schadensfall bedienen können – und muss im Blick haben, dass genug finanzielle Mittel vorhanden sind für den Schadenausgleich. "Was also, wenn der Geldtopf leer ist? Dann muss mehr rein. Das ist pure Mathematik", erklärt der Makler.

Das mögliche Gegenargument, dass sich Versicherungen mit der Sorge von Pferdehaltern ein goldenes Näschen verdienen, entkräftet Dennis Keller direkt: "Die Gewinnmargen bei OP-und Krankenversicherungen für Pferde sind oft viel geringer, als die Leute glauben. Für manche Versicherungen bedeuten sie sogar ein Minusgeschäft." Der Makler kann den Ärger über höhere Kosten von Altkunden und Neukunden verstehen. Letztlich stecke dahinter aber kein böser Wille.

Wie viel spart man durch Selbstbeteiligung bei den Beiträgen?

Selbstbeteiligung kann sinnvoll sein: Eine Möglichkeit, die monatlichen Beiträge so gering wie möglich zu halten, ist eine höhere Selbstbeteiligung. "Ich habe bei meiner eigenen OP-Versicherung fürs Pferd eine Selbstbeteiligung von 1 000 Euro – und spare so circa 1 200 Euro Beiträge im Jahr", verrät der Versicherungsmakler. Selbstbeteiligung heißt, dass der Versicherungsnehmer einen Teil der tierärztlichen Kosten mitträgt.

Wie hoch dieser Anteil ist, dazu haben Versicherungen verschiedene Tarifoptionen im Angebot. Der Betrag ist im Vorfeld festgelegt. So können Pferdehalter das Risiko von hohen Kosten absichern – nehmen aber in Kauf, dass nicht der gesamte Betrag erstattet wird. "Selbstbeteiligung ist also kein Zwang, aber eine Option. Und für Versicherungen eine Möglichkeit, die Beiträge attraktiv zu halten", sagt Dennis Keller.

Wann lohnt sich ein Versicherungswechsel?

Auch wer schon eine OP-Versicherung hat, kommt derzeit ins Grübeln. Sind andere Versicherungen womöglich günstiger? Wie wechsle ich am besten zu einem neuen Anbieter? Der Profi rät: Nicht vorschnell wechseln und nicht aus Emotionen heraus reagieren. Bei einem Angebot sollten Sie die Ruhe bewahren, sich beraten lassen und Konditionen vergleichen. Für Laien lesen sich Versicherungsschreiben oft wie ein Buch mit sieben Siegeln. "Selbst ich als Experte im Business hole Rat von Kollegen ein, wenn etwas nicht mein Spezialgebiet ist", gibt Dennis Keller unumwunden zu. Wer die Versicherung wechseln möchte, sollte zudem Folgendes beachten: "Immer erst neu versichern, dann kündigen. Sonst stehen Sie womöglich ohne Schutz da, wenn Sie ihn brauchen."

Der Makler gibt zu bedenken, dass es Vorteile haben kann, beim bekannten Versicherer zu bleiben. Erstens, es gibt keine neue Wartezeit. Der Versicherungsschutz gilt direkt – und nicht etwa erst nach drei Monaten. Zweitens sei der Nachweis der Krankengeschichte bei einem Wechsel schwerer. Im Klartext heißt das: Das Risiko steigt, auf Behandlungskosten sitzenzubleiben. Dennis Keller nennt ein Beispiel: Das Pferd eines Kunden lahmte plötzlich, was zuvor nie der Fall war. Die Szintigrafie ergab: Arthrose in der Schulter. Und das bei einem zehnjährigen Wallach. Die Untersuchungen in der Klinik kosteten rund 4 500 Euro. Glücklicherweise war das Pferd schon lange bei einem Versicherer. "Hätte der Kunde kurz vorher gewechselt, könnte sich im ungünstigsten Fall herausstellen, dass die Erkrankung bereits vor Vertragsabschluss bestand. Die Folge wäre eine Ablehnung gewesen. Ob der Kunde über die Erkrankung Bescheid wusste oder nicht, ist dabei unerheblich", weiß der Makler.

Was steckt hinter aktuellen Kündigungen von Versicherern?

So erging es etlichen Pferdebesitzern, die sich verärgert an CAVALLO wandten. Ihre Verträge wurden gekündigt und neue Verträge angeboten – mit deutlich höherem Tarif und anderen Konditionen. "Was ist das für ein Geschäftsmodell? Die Kunden haben Angst um ihre Tiere, schließen früh eine Versicherung für den Ernstfall ab und werden dann im Stich gelassen", schrieb eine CAVALLO-Leserin. Mit ihrem Ärger ist sie kein Einzelfall. Die Uelzener Versicherungen schickte zahlreiche Änderungskündigungen raus. Das bestätigte die Versicherung auf CAVALLO-Anfrage. "Bedingt durch die GOT-Kostensteigerung müssen wir primär ältere Verträge – nicht ältere Pferde – umstellen. Dazu wird der Altvertrag gekündigt und jeder Kunde erhält ein neues Angebot ohne Wartezeiten und Risikoprüfung", sagt Markus Diefenbach von der Uelzener. Es sei einfach unmöglich, die alten Versicherungsprämien nach dem Kostenanstieg konstant zu halten; dies habe die Uelzener über zehn Jahre gemacht.

Emotional ist das Thema dennoch für viele Betroffene. Hinter dem scharfen Ton gegenüber der Versicherung steckt die Sorge, für das Pferd im Notfall keinen Schutz mehr zu haben. "Genau das Risiko steigt aber, wenn man vorschnell wechselt", sagt Dennis Keller (siehe Punkt "Tipps zum Wechsel").

Wann kann ich meine Pferdekrankenversicherung oder OP-Versicherung kündigen?

Müssen Versicherte höhere Kosten denn einfach akzeptieren? Die meisten Verträge haben eine Laufzeit von einem Jahr. Danach verlängern sie sich automatisch – oder können gekündigt werden. Die Fristen dazu variieren. Je länger die Laufzeit, desto günstiger sind meistens die Beiträge. Kunden besitzen zudem Sonderkündigungsrecht, wenn etwa Beiträge erhöht werden. Jetzt kommt die Crux: Das gilt nicht für Erhöhungen aufgrund der neuen GOT. "Aufgrund der erweiterten Leistungen der neuen GOT besteht auch eine Erhöhung der Leistung. In solch einem Fall besteht kein Sonderkündigungsrecht ", erklärt Keller.

Wer aufgrund der erhöhten Preise ohnehin keine Versicherung mehr wünscht, für den ist die Änderungskündigung der Uelzener ein Vorteil. Denn so kommen die Versicherungsnehmer vorzeitig aus dem Vertrag. Die Versicherung darf übrigens auch kündigen, wenn die Schadensquote zu hoch ist oder falsche Angaben gemacht wurden. "Dass einem Kunden nach einem Schadensfall gekündigt wurde, gibt es bestimmt", so Dennis Keller. Er selbst habe in 20 Jahren zumindest bei der Uelzener-Versicherung noch keine endgültige Kündigung erlebt, Änderungskündigungen mit Angebot eines neuen Vertrags jedoch schon.

Letztlich gilt: Die neue GOT beeinflusst auch die Versicherungen. Die Beiträge steigen. Schutz im Notfall bleibt aber bestehen.

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