Sind FN-Regeln reformbedürftig?
„Nicht mit dem Geodreieck“

Der französische Klassik-Ausbilder Philippe Karl fordert zum Wohl der Pferde neun Regeländerungen für Turniere. FN-Ausbildungsleiter Christoph Hess hält dies für unnötig.

CAV Rollkur
Foto: Rädlein
CAV Christoph Hess
FN-Archiv
FN-Ausbildungsleiter Christoph Hess.

CAVALLO: Sind die FN-Regeln reformbedürftig?

CHRISTOPH HESS: Ganz klar nein. Wir sind aber froh, wenn sich Leute mit den Vorkommnissen in unserem Sport beschäftigen und eigene Ideen einbringen. Auch wir Hauptamtler hinterfragen den Turniersport und prüfen, ob alles noch passt.

Unsere Highlights

Zu welchem Ergebnis kommen Sie?
Die Leistungsprüfungsordnung (LPO) wird laufend überarbeitet, die nächste Fassung erscheint 2012. So können wir sie an aktuelle Entwicklungen anpassen. In der Diskussion über mögliche Änderungen prüfen wir natürlich auch die Vorschläge von Herrn Karl und anderen Einzelpersonen. Aber vor allem sind es unsere Gremien, die Landes- und Anschlussverbände, die ihre Vorschläge einbringen.

*Wie stehen Sie zu den Forderungen im Einzelnen?
Herr Karl fordert zum Beispiel, dass jede Lektion in einer Dressurprüfung, bei der ein Pferd hinter die Senkrechte gerät, maximal mit der Note 3 – das heißt „ziemlich schlecht“ – zu bewerten sei. Eine Lektion ist allerdings nicht automatisch schlecht, nur weil ein Pferd einmal kurzzeitig hinter die Senkrechte kommt. Genau das jedoch suggeriert Herr Karl mit seiner Forderung. Sie führt dazu, dass immer mehr Menschen reiterliche Leistungen mit dem Geodreieck beurteilen. Sie gucken nur auf die Stirn-Nasenlinie und lassen andere wichtige Kriterien außer Acht.

Laut „Richtlinien für Reiten und Fahren“ der FN muss die Nase vor
die Senkrechte. Nicht beim Turnier?

Doch natürlich. Aber Sie dürfen ein Pferd zur Beurteilung nicht in Einzelteile zerlegen. Eine gute Anlehnung beginnt mit einem aktiv vortretenden Hinterbein und führt über einen aufgewölbten, gut schwingenden Rücken. Ist das gegeben, tritt das Pferd überdies trotz einer etwas engen Halshaltung
ans Gebiss und befindet sich an den treibenden Reiterhilfen, so ist das keine 8 oder 9, also „gut“ oder „sehr gut“. Aber es ist auch keine 3. Die Richter machen sich aufgrund der Richtlinien ein ganzheitliches Bild von Pferd und Reiter und urteilen entsprechend.

HINTERGRUND
Keine Longen in Gebissen, mehr Dehnungshaltung, Note 3 für enge Pferde – das forderte per Brief an die FN. Die antwortete, jetzt bereitet Karl eine neue Stellungnahme vor. CAVALLO berichtet weiter.

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4 / 2023

Erscheinungsdatum 15.03.2023

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