Pferdestall pachten: Der Traum vom eigenen Stall

Pferdestall pachten
Sonnige Aussichten

Veröffentlicht am 04.06.2024

Der Traum vom eigenen Stall

An manchen Orten kommt man an, atmet tief durch – und vergisst seinen ganzen Alltagsballast für den Moment. Der Sonnenhof ist so ein Ort: entspannt grasende Pferde auf den Koppeln unter Streuobstbäumen, alte Weinreben, die in der Sonne an der Stallwand ranken, zwei fröhlich um unsere Beine wuselnde Hunde. Traumhaft. Für Besucher, aber vor allem für Ruth Giffels. Die Ausbilderin hat hier ihren Stall gepachtet oder, wie sie sagt: ihren Traum in Erfüllung gehen lassen.

Kernstück ihres Traums ist die Reithalle, die nur wenige Schritte von Stall- und Wohngebäuden zwischen Koppeln- und Auslauffläche liegt. Die Wände sind nur halbhoch, die Halle luftig und hell. Von ihrem Dach aus könnte man vermutlich einen Blick auf den nahen Rhein erhaschen. Ruth Giffels begeistert vor allem der praktische Aspekt: "Jetzt kann ich endlich wetterunabhängig zu Hause Unterricht und Kurse organisieren", sagt die Dressurausbilderin, die im deutschsprachigen Raum und Spanien unterwegs ist. Dabei ist die Reithalle genau der Punkt, um den es zum Start auf dem Sonnenhof gar nicht so sonnig bestellt war.

Ob die Reithalle gebaut wird oder nicht, war lange offen

Im November 2019 zog Ruth Giffels mit ihren drei Lusitanos Xeique, Oasis und Pintor auf den Hof. Damals war nur der Reitplatz angelegt; die Reithalle, die der Verpächter des Hofs bauen wollte, war noch in Planung. Und dann kam Corona. "Weil sich die wirtschaftliche Lage verschlechterte, ging erstmal gar nichts", so Ruth Giffels. Stattdessen gab es Schnee, Eis und Frost im folgenden Winter. Und im darauf folgenden. Reiten? Oft unmöglich.

Zwei potenzielle Mitpächterinnen, die ebenfalls auf den Sonnenhof kommen wollten, sprangen Anfang 2022 ab; ihnen war die Aussicht zu unsicher. Auch Ruth Giffels überlegte, ob sie sich etwas Neues suchen sollte. Doch wenig später war klar, dass die Halle kommt. Eine Entscheidung, die bei Ruth Giffels neben Glücksgefühlen auch für Bedenken sorgte: "Die Pacht der Reithalle war ja auf zwei weitere Parteien ausgelegt, die das mittragen sollten. Da hatte ich schon überlegt, ob ich das alleine finanziell stemmen kann."

Sie kann. Freundin und Schülerin Simone zieht mit ihren beiden Pferden auf den Hof, Ruth Giffels vermietet zwei Boxen an sie unter. Weitere Reiter kommen immer wieder auf "Bildungsurlaub", wie Ruth Giffels es nennt. Heißt: mit eigenem Pferd für einen zeitlich begrenzten Intensivunterricht. Zusammen mit Reitunterricht und Kursen trägt sich das Modell. Für Ruth Giffels zeigte dieser Moment auch: "Man kann sich auf sich selbst verlassen, aber sonst auf niemanden. Es kann sich so vieles ändern und alles anders entwickeln, als man es sich vorstellt."

Wobei Ruth Giffels das Glück hat, ein "fantastisches Team" zu haben – aus ihrer Einstellerin Simone, ihrer Reitbeteiligung Isabell und vielen Helfern, die ihr im letzten Jahr beisprangen, als ein schmerzhafter Bandscheibenvorfall die Ausbilderin schachmatt setzte. "Alle sechs Stunden habe ich Schmerzmittel genommen, weiter unterrichtet und ansonsten priorisiert: also gefüttert und die Pferde von den Boxen auf die Ausläufe gebracht. Fürs Ablesen und Misten hatte ich Hilfe."

Ein eigener Stall kostet Zeit – das sollte gut geplant sein

Wenn nicht gerade eine Bandscheibe dazwischen funkt, managt sie den Alltag allein. "Dessen muss man sich bewusst sein, wenn man so ein Projekt angeht", sagt Ruth Giffels. "Wie viel Zeit brauche ich für Koppelpflege, Mulchen, Ablesen, Zaunbau, Misten und und und? Wenn man das unterschätzt, hält man am Ende vielleicht die Pferde optimal, aber kommt nicht mehr zum Reiten."

Einen Stall zu pachten, fordert gutes Zeitmanagement, bringt aber auch Entscheidungsfreiheit mit sich. Ein Punkt, den die Reiterin sehr schätzt: "Niemand redet mir in meine Arbeit oder Haltungsform rein." Seit fast 30 Jahren nicht.

Anfang der 2000er-Jahre pachtete Ruth Giffels mit drei weiteren Parteien einen Stall bei Hannover. "Naja, eigentlich dachten wir, wir hätten Boxen gemietet. Aber letztlich waren wir für alles verantwortlich, von der Bodenpflege bis zur Beleuchtung", sagt sie. Sieben Jahre bleibt sie in dem Stall. Anschließend zieht sie mit ihren Pferden zu ihrem damaligen Lehrer Richard Hinrichs und 2009 weiter in einen gepachteten Stall zwischen Bingen und Boppard.

Von dort wechselt sie zum Sonnenhof. Der Kontakt zu dessen Verpächter Benno Hellwig kam zufällig zustande. "Seine Tochter war früher Praktikantin bei mir und meinte eines Tages: Schau dir doch den Hof mal an." Mit Benno Hellwig, der selbst Connemara-Pferde züchtet und diese auf dem Sonnenhof und umliegenden Weiden hält, wurde sich Ruth Giffels schnell einig. Rechte und Pflichten hielten die beiden schriftlich fest. "Früher dachte ich, man muss nicht alles festhalten, Hauptsache, man kann miteinander reden. Heute denke ich: Ein Vertrag ist nicht schlecht." Vertrauen ist gut, Vertrag ist besser.

Je detaillierter Rechte und Pflichten festgehalten sind, umso besser

Das schützt auch vor unangenehmen Überraschungen oder Missverständnissen, so ihre Erfahrung. Etwa zur Koppelnutzungsdauer: Darf man die Flächen das ganze Jahr über nutzen oder nur in der Schönwetterzeit zwischen April und Oktober? Hat man dauerhaft Anspruch auf Auslaufflächen, oder können sie reduziert werden, etwa wenn sich der Stall verändert und neue Einsteller hinzukommen? Darf man unterrichten und die Anlage für eigene Kurse nutzen?

Auf dem Sonnenhof sind diese Details alle festgehalten. Gepachtet hat Ruth Giffels einen Stalltrakt mit sechs Boxen für eigene und Berittpferde, die Reithalle und Koppeln. Die Wohnung im Haus direkt auf der Stallanlage hat sie dazu gemietet; von der Terrasse aus blickt sie auf ihre Weiden. Die Kosten für Gebäude und Flächen wie etwa Grundsteuer und Versicherungen übernimmt der Verpächter; die laufenden Kosten für die Pachtfläche, etwa für Bodenpflege, Strom und Wasser, liegen bei Ruth Giffels. Sie ist auch für die "ordnungsgemäße Bewirtschaftung" der Flächen verantwortlich, dass die Pachtfläche also so erhalten bleibt, wie sie ist.

Vor allem für die neue Reithalle sind die Vorschriften etwas enger; mögliche Schäden oder – in weiterer Zukunft – den Hallenboden müsste Ruth Giffels ersetzen. Dafür hat sie nach Absprache auch Freiheiten, etwas baulich zu verändern, etwa Spiegel anzubringen.

Auch bei der Weide hat Ruth Giffels etwas verändert. Ein hölzerner Außenzaun begrenzt die Gesamtfläche. Ruth Giffels unterteilte diese mit zusätzlichen Elektrozäunen in kleinere Parzellen für ihre drei Pferde und die beiden Vierbeiner ihrer Einstellerin Simone. Um einen Allwetterauslauf zu haben, wurde ein weiterer Teil abgetrennt und mit Paddockmatten versehen. Die Heuraufe in dessen Mitte besteht aus Altholz; Verpächter Benno Hellwig baute sie.

Die Pachtpartner sollte man sich im Vorfeld genau ansehen

Überhaupt, sagt Ruth Giffels, könne sie sich in vielen Dingen auf ihren Verpächter verlassen: "Er unterstützt mich und hilft mir." Etwa wenn’s um den Abtransport des Mists geht, den Benno Hellwig mit dem seiner eigenen rund 15 Zuchtstuten und Jungpferde ausbringt. Oder bei der Bodenpflege des Hallenbodens mithilfe des Traktors; "da fehlte mir bislang etwas die Fahrpraxis", gibt Ruth Giffels schmunzelnd zu. Damit das so gut klappt, müsse man sich den Pachtpartner genau ansehen und sich erst richtig kennenlernen, findet die Ausbilderin.

Kennenlernen wollen wir nun noch das Ausreitgelände am Hof, bei dem Ruth Giffels mindestens genauso ins Schwärmen gerät wie bei ihrer luftigen Reithalle. Und das aus sehr gutem Grund: Nach nur einem rund zwanzigminütigen Ritt durch einen alten Eichenwald biegt der Reitweg zum Rhein hin ab. Rund 150 Meter oberhalb des Flusses schlängelt sich der Weg entlang, ehe es über weite Wiesen zurück zum Sonnenhof geht. Traumhaft schön.

Stall pachten

Pachten und Mieten ist nicht dasselbe: Bei der Miete hat man nur das Recht darauf, die gemietete Fläche – etwa einen Boxentrakt einer Reitanlage – zu nutzen. Hat man die Fläche hingegen gepachtet, darf man sie auch "fruchtbringend" nutzen (§§ 581 ff BGB). Heißt: Man darf mit der Fläche auch Gewinn erzielen, etwa indem man Heu verkauft oder Obstbäume erntet.

Im Pachtvertrag sind u.a. Beginn und Laufzeit der Pacht festgehalten, der Pachtzins, Nebenpflichten und Nutzungsarten/-rechte. Er kann befristet oder unbefristet geschlossen werden.

Sonnenhof

Ruth Giffels ist klassische Dressurausbilderin und lernte unter anderem bei Reitmeister Egon von Neindorff und Kurt Albrecht, dem früheren Leiter der Spanischen Hofreitschule. Ihre Pferde hält sie seit Jahren in Eigenregie. Kurse und Reitunterricht gibt sie auf dem Sonnenhof sowie (inter)national.

Sonnenhof

56154 Boppard-Rheinbay