Sobald Reiter die Worte Silage oder Heulage hören, schrillen bei vielen die Alarmglocken. Sie verbinden die feuchteren Heu-Halme sofort mit der nassen Silage aus der Rinderfütterung. Das soll für Pferde gesund sein? Koliken, Hufrehe und Botulismus spuken sofort in ihren Köpfen. Was ist dran? CAVALLO klärt das Wichtigste zur Fütterung von Silage und Heulage.
Was ist Heulage und wie unterscheidet sie sich von Silage?
Silage für Pferde ist nicht vergleichbar mit Silage, die an Rinder verfüttert wird. Diese ist für Pferde in der Tat nicht geeignet. Zum einen, weil die Lagerung im Fahrsilo für den empfindlichen Verdauungstrakt der Pferde nicht hygienisch genug ist. Zum anderen, weil für Rinder zwecks Milchproduktion das Gras früher geschnitten wird und eiweißreicher ist. Und drittens, weil Silage für Rinder einen Trockenmassegehalt von weniger als 30 Prozent hat, was für die Verdauung der Pferde zu wenig ist. Die Folgen sind Koliken und Durchfall. Silage für Pferde wird auf etwa 35 bis 55 Prozent Trockenmasse angewelkt. Oft reicht dazu ein heißer Tag.
Das Wort Heulage ist eine recht neue Wortschöpfung und soll Pferdebesitzern die Angst vor dem vergorenen Gras nehmen. Denn Heulage ist nichts anderes als eine Silage. Nur nicht so sauer konserviert. Heulage ähnelt mehr dem Heu, riecht frischer und ist trockener als Silage. Das spüren Sie bei einem Griff in Heu- oder Silage deutlich. Dr. Kathrin Irgang, Tierärztin und Ernährungsexpertin aus Berlin, erklärt es genauer: "Der Unterschied zwischen Heu und Heulage besteht vor allem in der sogenannten Trockenmasse. Heulage ist mit einem Gehalt von meist über 50 bis 80 Prozent feuchter als Heu. Das besitzt einen Trockenmassegehalt zwischen 86 und 90 Prozent."
Mit einem einfachen Test kannst du den Trockenmassegehalt deiner Silage oder Heulage selbst berechnen: Wiege dafür 100 Gramm Heulage ab. Die Probe kommt nun bei 100 Grad Celsius in den Backofen, bis sie grün ist und nach Heu duftet. Danach wiegst du die Menge erneut. Was übrig geblieben ist, berechnet in Prozent, ergibt den Trockenmassegehalt. Beispiel: Wiegt die Probe hinterher noch 60 Gramm, so liegt ihr Trockenmassegehalt bei 60 Prozent.
Wie erntet und lagert man Heulage richtig?
Ein weiterer Unterschied zum Heu kann der Schnittzeitpunkt sein. "Das Gras für Silage und Heulage wird zum Teil früher geschnitten als Heu und kann dann nährstoffreicher sein. Meist gleichen sich die Schnittzeitpunkte aber und die Nährstoffgehalte sind dann ähnlich", sagt Dr. Kathrin Irgang. Bei der Herstellung wird das Gras nur leicht angetrocknet. Anschließend wird es unter Ausschluss von Sauerstoff durch Milchsäurebildung konserviert. Dazu wird das Gras mehrfach in dichte Folie gewickelt. Vorteil der kurzen Trockenzeit: Das Ernterisiko ist geringer, da es nicht darauf ankommt, dass das Gras ausreichend trocknen konnte. Die Produktion ist daher nicht so wetterabhängig wie bei Heu.
Kann man Heulage selbst herstellen?
Dennoch ist die Herstellung von Heulage und Silage nicht einfach und sollte dem Fachmann überlassen werden. "Sehr oft ist das Gras zu trocken, wenn es in Folie gewickelt wird", sagt Dr. Kathrin Irgang. "Das ist für die Konservierung und die Durchsäuerung nicht gut." Dann kommt die Milchsäuregärung nicht richtig in Gang. Gärschädlinge wie Bakterien und Pilze finden dafür einen perfekten Nährboden. "Nach dem Öffnen können solche Ballen leicht nachgären, was zu einer Wärmeentwicklung im Ballen führt", erklärt Dr. Irgang. Bei solchen Temperaturen fühlen sich Schimmelpilze sehr wohl und vermehren sich rasant – die Heulage wird für Pferde ungenießbar.
Wegen der Gefahr der Nachgärung hält sich ein geöffneter Ballen nicht lange und das ist einer der Nachteile von Heulage: "Verfüttere Silage und Heulage bei warmem Wetter innerhalb von 24 Stunden", rät Dr. Kathrin Irgang. "Im Winter in zwei bis drei Tagen." Für Stallbetreiber mit nur wenigen Pferden könnte die kurze Haltbarkeit im Sommer ein Problem werden. Denn verdorbene Silage oder Heulage darfst du auf keinen Fall verfüttern. Das silierte Futter eignet sich daher eher für größere Höfe mit mehreren Pferden.
Für welche Pferde eignet sich Heulage?
Für welche Pferde kommt das konservierte Gras-Futter überhaupt in Frage? Dr. Kathrin Irgang empfiehlt es für mäkelige Fresser. Durch die leichte Vergärung schmecken Heulage und Silage den Pferden meist besser als Heu. Beide sind zudem staubfrei, weshalb sie optimal bei Atemwegsproblemen sind. Und da Silage und Heulage oft gehaltvoller sind als Heu, eignen sie sich gut für Pferde, die an Gewicht zulegen sollen. Dr. Kathrin Irgang ist sogar der Meinung, dass Silage und Heulage Heu als Raufutter komplett ersetzen können. Gönne deinem Pferd aber eine gewisse Zeit, um sich an das neue Futter zu gewöhnen. So kann sich die Darmflora auf das säuerliche Futter einstellen. Mische das silierte Futter eventuell anfangs mit Stroh.
Wie überprüft man die Qualität von Heulage?
Dr. Kathrin Irgang hat ein paar wichtige Tipps, mit denen du gute Heualternativen erkennen kannst. Gute Voraussetzungen sind eine unbeschädigte Ballenfolie und eine typisch grüne Farbe der Silage. "Eine gute Silgae oder Heulage riecht außerdem angenehm säuerlich aromatisch bis brotartig", sagt Dr. Irgang. "Auf keinen Fall sollte sie hefig-stockig oder sogar schimmelig und muffig riechen." Greife ruhig auch mal zu: Silage und Heulage dürfen sich eher klamm anfühlen, aber die Hände sollten beim Wringen trocken bleiben. Das konservierte Gras darf sich auch nicht warm anfühlen. Vorsicht bei weiß-grauen oder grün-schwarzen Stellen. Das ist Schimmel und darf auf keinen Fall verfüttert werden.
Heulage im CAVALLO-Test
Doch wie überzeugend ist die Qualität? Stoppt der Gärprozess wie gewünscht Keime, oder lauern doch Schimmel und Bakterien? Und wieviel Rohfaser, Zucker und Energie steckt drin? Wir haben sechs Produkte auf Keim- und Nährstoffgehalt getestet.
Testergebnisse: 6 Heulagen im Test
So haben wir getestet
Zum Test schickten wir Proben der verschiedenen Heulage-Produkte per Express an die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen (LUFA NRW). Hier wurde die Gärqualität überprüft. Neben dem pH-Wert werden dazu der Gehalt an Milch-, Essig- und Buttersäure sowie Ammoniakstickstoff bestimmt.
Für die Nährstoffanalyse wurde die Prüfung mittels Nah-Infrarot-Spektroskopie (NIRS) gewählt. Um den Gehalt an Bakterien, Hefen und Schimmelpilzen zu prüfen, wurden die Proben auf unterschiedlichen Nährmedien angesetzt und anschließend im Brutschrank bebrütet. Danach wurde ausgezählt, wie viele Keime sich gebildet haben.
Gärqualität: Trockenmasse, pH-Wert, Haltbarkeit
Sauer macht haltbar. Wird Grünfutter angetrocknet und danach luftdicht verpackt, machen sich bei einem funktionierenden Gärprozess Milchsäurebakterien ans Werk und wandeln pflanzliche Kohlenhydrate in Säuren um. Dadurch senkt sich der pH-Wert ab, wird sauer und das Futter auf diese Weise haltbar – ähnlich wie bei Sauerkraut.
Siliertes Raufutter für Pferde wird entweder als Silage oder Heulage bezeichnet. Der Unterschied ist vor allem der Trockenmasse-Anteil: Bei Silage liegt er bei etwa 35 bis 55 Prozent. Heulage ist mit etwa 50 bis 70 Prozent trockener. "In der Praxis ist der Trockenmasse-Anteil oft sogar noch höher, was dazu führen kann, dass kaum mehr ein Gärprozess stattfindet. Das ist dann eher eingepacktes Heu als Heulage", erklärt Annika Nüsken. Sie ist bei der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen (LUFA NRW), die den Test für uns durchführte, für Futtermitteluntersuchungen zuständig.
Zu trockene Heulagen können nacherwärmen: Da der pH-Wert sich bei geringem Wassergehalt weniger absenkt, vermehren sich unerwünschte Hefen schneller, wenn der Ballen einmal geöffnet ist und wieder Sauerstoff ans Produkt kommt.
In unserem Test war beides vorhanden: "Proben, die mit mehr Wasser und saurem pH-Wert eher in Richtung Silage gehen, und Proben, die eher in Richtung eingepacktes Heu gehen", so Annika Nüsken. Verkauft wurden die Produkte als "Heulage" bzw. als mittels Milchsäuregärung konserviertes Raufutter (Boxgrass).
Nur "HorseHage High fibre" wird als "Pferdesilage" bezeichnet. Aufgrund der Herstellung entspricht es aber laut Firma einer Heulage.
Haltbarkeit teils fragwürdig: Um die Gärqualität festzustellen, untersuchte die LUFA die Proben unter anderem auf unerwünschte Säuren wie Buttersäure – hier schnitten alle Proben gut ab.
Wichtig ist außerdem der pH-Wert im Verhältnis zum Trockenmasse-Anteil: Bei einem Trockenmassegehalt über 45 Prozent wie bei fast allen getesteten Heulagen sollte der pH-Wert unter sechs liegen – ansonsten weist das auf nicht ausreichende Durchsäuerung und hohe Verderb-Anfälligkeit hin.
Eine Probe überschritt diesen Wert, zwei lagen im Bereich mäßiger Gärqualität. "Insgesamt war der Silierverlauf bei den Proben trotz hoher Trockenmassegehalte aber überraschend gut", urteilt tierärztliche Ernährungsberaterin Dr. Anne Mößeler.
Saure pH-Werte sieht sie als für den Pferdemagen im Normalfall unproblematisch und Heulage als Alternative zu Heu. Nur bei Pferden, die bereits Magengeschwüre haben, rät sie zur Vorsicht.
Keimgehalt: Sind Bakterien, Schimmelpilze und Hefen vorhanden?
Ob die Heulage genießbar ist, zeigt der Gehalt an verderbanzeigenden Bakterien, Pilzen und Hefen. Sie können auf Fehlgärungen, Verunreinigungen oder eine beschädigte Verpackung hinweisen.
Für alle Keimgruppen gibt es Orientierungswerte, die für bestimmte Futtermittel bei normaler Beschaffenheit und Unverdorbenheit noch vertretbar sind. Für unseren Test wurden die Orientierungswerte für Grassilage herangezogen, denn verbindliche Werte für Heulage gibt es derzeit nicht.

Hygienisch einwandfrei: Bei fünf von sechs Proben gab es keinen Hinweis auf mikrobiellen Verderb. Nur die von der LUFA geprüfte Stichprobe von HorseHage enthielt etwas zu viele verderbanzeigende Bakterien und Schimmelpilze. Nach EU-Bewertungsschlüssel war die Qualität geringgradig herabgesetzt.
"Das Ergebnis entspricht Keimzahlstufe 2, ab Stufe drei sollte ein solches Futter an Pferde nicht mehr verfüttert werden", so Annika Nüsken. Der Hersteller erklärt: "Der beprobte Sack wurde laut unseren Protokollen im Jahr 2019 produziert. Ab Ende Juli des jeweiligen Jahres wird nur neujährige Ware an unsere Händler geliefert, um gerade Überlagerung zu vermeiden."
Der CAVALLO-Test zeige jedoch, dass auch Ware aus dem Vorjahr in einem sehr akzeptablen Bereich liege und durchaus verfüttert werden könne.
Schimmel ist manchmal sichtbar: So waren auch bei unserem Probeballen von HorseHage weiße Stellen zu erkennen. Für die Probe entnahmen wir Material an diesen und an unauffälligen Stellen. In der Praxis empfiehlt Annika Nüsken, auffällige Stellen an den äußeren Schichten großzügig zu entfernen. "Der innere Teil kann noch völlig okay sein", so die Expertin.
Nährstoffe: Rohfaseranteil, Zucker- und Energiegehalt
Rationen richtig berechnen: Wichtig für eine optimale Rationsberechnung bei Heulage als Heuersatz ist die Trockensubstanz. Um mögliche Abweichungen von den Herstellerangaben auszuschließen, lohnt sich eine Futteranalyse.
Auch die umsetzbare Energie gilt es zu berücksichtigen, da Heulage energiereicher sein kann als Heu. "Fast alle getesteten Proben haben einen recht hohen Energiegehalt, so dass ich sie Pferden mit geringem Leistungspensum nicht zur freien Verfügung füttern würde", so Fütterungsexpertin Dr. Mößeler.
Viel Rohfaser: Wie gut nimmt es die Heulage in Sachen Rohfaser mit Heu auf? Die meisten Proben konnten punkten: Spitzenreiter war die Probe von Luckylage mit 34,2 Prozent Rohfaser in der Trockenmasse (Orientierungswert für Heu: 30 bis 33 Prozent). "Das weist auf einen späten Schnitt hin", so Dr. Mößeler.
Mit hohem Zuckergehalt fiel die Probe von Nature Green auf (15,1 Prozent in der TS). "Das ist der Trockenheit und der züchterischen Entwicklung der Gräser geschuldet", begründet Firmenchef Jakob Hölzle. Tatsächlich lagen auch weitere Proben beim Zucker über dem Optimum.
Verderb erkennen
Wenn Wasser und Sauerstoff aufeinandertreffen, können Schimmel, Hefen und Bakterien gedeihen. Nicht immer kommen Heulage-Ballen unbeschädigt an, prüfe darum vor dem Öffnen die Verpackung.

Achte bei der Lagerung, die auch im Freien möglich ist, auf Schutz vor Tieren (z. B. Netz zur Abdeckung) und spitzen Steinchen oder Ähnlichem. Prüfe außerdem Optik und Geruch: Gute Silage riecht angenehm sauer, nicht beißend (Hinweis auf hohen Buttersäuregehalt).
Ist der Griff matschig oder sehr feucht, kann das an Schimmel liegen. Achte auf verfärbte dunkle oder helle Stellen. Auch Verunreinigungen (Erde, Aas) sind Alarmzeichen.