Kann mein Pferd mich überhaupt tragen? Die Frage ist heikel, sicher. Aber im Sinne unserer Pferde sollten wir Reiter sie uns selbst stellen. Und damit sind nicht nur Reiter gemeint, deren Body Mass Index in Richtung Übergewicht tendiert. Klar, das ist auch ein Problem: Etwa jede zweite Frau und zwei Drittel der Männer in Deutschland sind übergewichtig.
Überträgt man das in die Reiterszene, bedeutet das im Umkehrschluss: Viele Pferde müssen viele Kilos schleppen. Doch wann ist "viel" zu viel? Das Übergewicht des Reiters ist bei der Frage, was ein Pferd tragen kann, nur ein Aspekt. Wie sieht es etwa mit großen Menschen aus, die allein durch ihre Statur mehr wiegen? Und können Reiter ihr Gewicht durch gutes Reiten kompensieren? Welche Rolle spielt der Sattel bei der Tragfähigkeit des Pferds – und dessen Rasse? Wir gehen den Fragen auf den Grund.
Klare Grenze? Ja, aber...
Verschiedene Studien zeigen: Das optimale Reitergewicht inklusive Ausrüstung beträgt etwa zehn Prozent des Pferdegewichts. Die sind schnell erreicht: Beim 600-Kilo-Pferd sind das 60 Kilo Reiter – inklusive Kleidung und Sattel. 15 bis 18 Prozent können Pferde oft noch verkraften, bei 20 Prozent zeigen sich körperliche Schäden. Das fand Forscherin Sue Dyson bei einer Untersuchung mit Reitern heraus, die zwischen 60 und 142 Kilo wogen. Die Tiere lahmten unter den Reitern, die die 20 Prozent des Pferdegewichts überschritten. Dyson brach den Versuch daraufhin ab.
Eine klare Obergrenze also? Ja – mit Aber: Die Relation von Pferde- und Reitergewicht berücksichtigt nicht wichtige Faktoren wie Muskeln, Kondition und Körperbau der Pferde sowie Größe und Können des Reiters. Diese spielen für die Tragkraft aber eine entscheidende Rolle. Außerdem wird vom Idealgewicht des Pferds ausgegangen – doch auch Pferde werden immer pummeliger. Dazu später mehr.
Rote Karte für schwere Reiter
In Großbritannien beweisen Turnierrichter seit 2016 "Waagemut" und holen Reiter vom Pferd, wenn diese die 20-Prozent-Grenze überschreiten. Als erstes Turnier führte die Great Yorkshire Show Gewichtskontrollen ein. Verstöße gibt es bis heute: 2021 fielen vor allem Erwachsene negativ auf, die die Ponys ihrer Kinder vor der Prüfung abritten.
Die Veranstalter berichten gegenüber der Zeitschrift "Horse & Hound", dass sie frustriert seien und von den Reitern teils als "Fettpolizei" bezeichnet würden; Einsicht sähe anders aus. Dennoch: Die Gewichtskontrollen schlugen Wellen, weitere Turnierveranstalter zogen nach. Auch immer mehr Reitschulen setzen Gewichtsbegrenzungen zum Wohl der Tiere.
Kaltblüter sind doch belastbarer als Araber – Stimmt's wirklich?
Ob Pferde ein tragfähiges Fundament haben, zeigt der Röhrbeinbelastungsindex (RI). Darauf verweist etwa die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz (TVT). Die Formel lautet:

Den Umfang misst man an der schmalsten Stelle des Röhrbeins. Je höher der Wert, desto belastbarer das Tier. Raten Sie mal, welche Rasse hat wohl welchen Index? Hier kommt die Auflösung:
- Kaltblüter 3,0
- Shetlandponys 7,4
- Haflinger 3,7
- Arabische Vollblüter 4,1
- Welsh-Ponys 4,8
Demnach hängen Shettys, Welsh und Araber die Haflinger und Kaltblüter bei der Tragkraft locker ab. Doch was ist mit dem Etikett "Gewichtsträger"?

"Gewichtsträger per se gibt es ohnehin nicht", sagt Pferdewissenschaftlerin Conny Röhm. Auch innerhalb der Rassen unterscheiden sich Pferde im Fundament; sieht ja nicht ein Araber aus wie der andere. Quadratisch gebaute Pferde mit kurzem Rücken, korrekt gewinkelten Beinen, dicken Röhrbeinen und breiter Lendenpartie können im Verhältnis zur Körpergröße zwar mehr tragen als eher rechteckige Pferde. Aber: "Es nutzt kein dickes Röhrbein, wenn das Pferd keine Ausdauer und Muskelkraft hat", betont Röhm.
Aber auf Isis reiten doch schon immer Erwachsene
Ein 350 Kilo schwerer Isländer dürfte laut 20-Prozent-Regel nicht mehr als 70 Kilo tragen. Besser wären 50 Kilo. Doch oft sieht man große Männer auf den kleinen Pferden. Ist das okay? Forscher testeten 2017 auf einer Ovalbahn, wie sich das Gangbild von Isis mit zunehmender Gewichtsbelastung zwischen 20 und 35 Prozent verändert. Kein Pferd lahmte. Die Studie bestätigte Isis eine etwas höhere Belastbarkeit als anderen Rassen. Die Tragkraft hing aber entscheidend vom Bau des Rückens ab.
"Das Problem an den Gewichtsstudien ist zudem, dass sie nicht die Langzeitfolgen berücksichtigen", meint Conny Röhm. Laut der Expertin kann ein Islandpferd sicher mal eine Stunde mit einem schweren Reiter durchs Gelände tölten, ohne dass es Schäden davonträgt. Aber langfristig leidet der Bewegungsapparat.
Je schwerer ein Pferd ist, umso mehr kann es tragen, oder?
Ein fataler Trugschluss, der oft bei dicken Pferden entsteht. Doch: "Hat ein Pferd 15 Prozent Übergewicht, darf man es nicht mehr mit einem erwachsenen Reiter beladen", erklärt Conny Röhm. Denn 15 Prozent Übergewicht bedeuten bei einem 500-Kilo-Pferd, dass das Tier bereits 75 Kilo Fettmasse zu viel mit sich schleppt: "Da kann nichts mehr zusätzlich drauf."
Der Fütterungsberaterin begegnen in der Praxis fast täglich adipöse bis extrem adipöse Tiere. Solchen Pferden fehlen Kondition und Muskeln, um tragfähig zu sein.
Kleine Orientierungshilfe für Pferd und Reiter: "Pferde sollten zehn Minuten am Stück traben und Reiter zehn Kilometer zügig und ohne Pause gehen können. Das ist die Mindestanforderung und Voraussetzung fürs Reiten."
Aber ein Schrittausritt am langen Zügel geht doch wohl
Geht eben nicht: Dabei tendieren Reiter dazu, sich Spazierentragen zu lassen. "Fehlt die Spannung im Oberkörper, sitzt man schwerer", sagt Trainer Ralf Döringshoff. Dazu laufen Pferde am langen Zügel oft mit Hängerücken – und ein durchgebogener Rücken ist nicht besonders tragfähig. "Positive Spannung im Rücken-Nackenband ist essenziell, damit Pferde höhere Last auf gesunde Art tragen können."
Dafür muss der Reiter beim Pferd zwei Bereiche aktivieren: Hals und Kruppe. Das gelingt schon mit Tempo-Variationen in der Schrittarbeit. "Sechs Schritte verlängern und drei Schritte verkürzen: Das wirkt wie Sit-ups und trainiert die Bauchmuskeln beim Pferd", weiß der Trainer.
Die Bauchmuskeln setzen am Schambeinkamm des Beckens an. Sind sie trainiert, "setzt sich" das Pferd vermehrt. Die Kruppe wirkt als Hebel und bringt den Rücken in positive Spannung. Die Schenkel treiben das Pferd an den Zügel, die Hände ermöglichen die Nickbewegung und Anlehnung.
Stockende Bewegungen zeigen: Das Pferd trägt zu viel
Bei Überlastung verspannt das Pferd seinen Rückenmuskel. Dieser ist jedoch die Bewegungszentrale: Ist das Pferd hier verspannt, verändert das den gesamten Bewegungsablauf. "Läuft das Pferd nur schleppend, ist das ein Zeichen dafür, dass es zu viel zu schleppen hat", meint Ralf Döringshoff.
Denn bei einem verspannten Rücken reduziert sich beim Pferd die Schubkraft aus der Hinterhand – und es muss die Vorderbeine vermehrt zurückziehen. "Das führt zu dem gefürchteten Phänomen, dass Pferde auf der Vorhand laufen", erklärt der Trainer. Das verschleißt die Vordergliedmaßen: tiefe Beugesehne, Karpalgelenk, Fesselträger, Hufrolle und Hufgelenk leiden. Sie müssen übermäßig viel Rückzieharbeit leisten, wenn der Bewegungsablauf so gestört ist.
Manchmal belastet der Sitz des Reiters das Pferd mehr als sein Gewicht
"Die korrekte Oberkörperposition ermöglich Reitern einen bewegungsbegleitenden Sitz. Wer zu weit hinten sitzt, stört die Bewegung und sitzt schwer", so Döringshoff. Probieren Sie es mal aus und variieren Sie leicht die Oberkörperposition: Lehnen Sie sich etwas weiter vor, dann etwas zurück. Prüfen Sie, bei welcher Oberkörperposition das Pferd am meisten nickt – und halten Sie diese Position. Die Nickbewegung des Pferds zeigt, wie beweglich der lange Rückenmuskel ist. Nickt das Pferd im Schritt, bewegt es sich natürlich.

Viele Reiter sitzen eher zu weit zurückgelehnt und könnten gut zehn Zentimeter weiter nach vorne mit dem Oberkörper. "Sitzen sie dann korrekt, kommt es ihnen vor, als fielen sie gleich vorne über den Hals – das ist normal." Der Trainer rät: Lassen Sie sich filmen. So können Sie selbst sehen, dass das eigene Gefühl oft täuscht. Und Sie können auch nochmals gezielt checken, wie das Pferd mit seinen Bewegungen auf Ihre verschiedenen Oberkörperpositionen reagiert. Werfen Sie dabei auch gleich einen Blick auf den Sattel und wie Sie darin sitzen. Dieser spielt eine entscheidende Rolle für gesundes Tragen.
Ein Dressursattel ist auf 65 Kilo ausgelegt.
Dabei wird von einer sportlichen Beanspruchung von 45 bis 60 Minuten ausgegangen, bei der das Pferd in positiver Spannung läuft. "Alles zusammen ist im Freizeitbereich aber selten anzutreffen. Und verändert man nur einen Parameter, ist man aus dem Funktionsbereich", sagt Sattelexperte Tarquin Cosack. Heißt: Der Sattel puffert das Reitergewicht nicht mehr optimal – die Rückenmuskeln des Pferds verspannen.
Maßgeblich für die Sitzgröße ist übrigens nicht nur die Konfektionsgröße: Auch die Länge des Oberschenkelknochens spielt eine Rolle. Große Menschen brauchen daher Sättel mit größeren Sitzflächen. "Oft habe ich große Kunden, die überhaupt nicht übergewichtig sind. Aber sie bringen viel Gewicht auf die Waage und haben Probleme, einen passenden Sattel zu finden."
Das Problem: Die Industrie scheut dem Experten zufolge die Entwicklung von größeren Sitzflächen. "Die Hersteller haben Angst, dass sie diese nicht vermarktet bekommen – weil die Reiter sich zu dick fühlen und es ihnen peinlich ist, die große Größe zu wählen."
Nur führt die falsche Sitzgröße eben zu Rückenproblemen beim Pferd. Zwischen Reiterpo und der oberen Kante des Sattelkranzes müssen mindestens sechs Zentimeter Platz sein. Nur so kann das Becken frei mitschwingen. "Viele Reiter wählen eine zu kleine Sitzfläche, weil das Sicherheit suggeriert. Aber letzlich leidet das Pferd durch die falsche Belastung. "
Welcher Sattel verteilt das Gewicht optimal?
Je größer die Auflagefläche, umso besser verteilt sich das Gewicht. "Wenn Sie selbst breite Wanderschuhe tragen, ist das mit Sicherheit bequemer für Ihre Füße als Stilettos. So wie Ihren Fußsohlen geht es auch dem Pferderücken", vergleicht Tarquin Cosack. Alle Hirtensättel haben traditionell große Sitzflächen: die der Gauchos, Cowboys und Iberer.
Konventionelle Sättel haben eine Auflagefläche um die 900 Quadratzentimeter. Westernsättel bieten um die 3.000 Quadratzentimeter, also mehr als das Dreifache. Allerdings wiegen sie auch rund fünf Kilo mehr. Die gute Verteilung ist jedoch entscheidender.

Zudem gelten folgende Punkte: Der Sattelbaum sollte möglichst starr und steif sein. Das schützt den Pferderücken. "Die Bäume sind allerdings in der Regel nicht wechselbar. Nachträglich kann ich als Sattler nichts mehr justieren." Die Sattelpolsterung sollte fest sein, damit sie unter dem Reitergewicht nicht nachgibt. Eine Vollmaßanfertigung wäre für schwere und große Reiter optimal. Diese hat allerdings ihren Preis: um die 6.000 Euro sind schnell fällig.
Früher haben Pferde doch auch schwere Lasten getragen, etwa in der Kavallerie.
Ja, das stimmt: Bei der Kavallerie wurden Pferde tatsächlich teils mit 140 Kilo beladen. Allerdings waren das andere Pferdetypen, und vor allem hatten die vierbeinigen Soldaten Kondition: "Sie marschierten in Friedenszeiten 22 Kilometer täglich, im Krieg bis zu 80 Kilometer – und mussten noch Energiereserven fürs Gefecht haben", sagt Tarquin Cosack.
Im Militär wurde bei Packpferden zudem penibel auf eine ausgeglichene Gewichtsverteilung geachtet: Auf einer Seite durfte nicht ein Kilo mehr hängen als auf der anderen.
Außerdem hat die Zucht das Fundament der Tiere verändert. Vor hundert Jahren gab es vor allem schwere Landpferde. Die Menschen beschrieben sie als "kartoffelig". "Die Pferde konnten einen Pflug ziehen, sich aber nicht biegen. Ganz anders als moderne Sportpferde heute", meint Sattelgutachter Tarquin Cosack. Das Früher-Argument gilt also nicht. Bleiben wir lieber im Jetzt – da haben wir genug Chancen, in punkto Gewicht etwas fürs Wohl unserer Pferde zu tun.
Fazit
Wie viel Gewicht Pferde verkraften, ist mit Formeln allein nicht zu beurteilen. Das Thema Reitergewicht ist komplex – dennoch dürfen wir es nicht scheuen.
An einigen Punkten wie Fundament und Röhrbeindicke kann man als Reiter nichts drehen. Aber es gibt trotzdem viele Stellschrauben, die es unseren Pferden leichter machen können: etwa Equipment, Fütterung und Training. Sich zu informieren und sich vor allem selbst kritisch zu hinterfragen, ist an einigen Stellen sicher unbequem, an anderen vielleicht erleichternd – aber in jedem Fall liegt es in unserer Verantwortung fürs Pferdewohl.

Alena Brandt, CAVALLO-Autorin.
"Gewichtsträger per se gibt es nicht. Der Reiter hat einen entscheidenden Einfluss darauf, wie viel sein Pferd auf gesunde Weise tragen kann"

Conny Röhm ist unabhängige Futterberaterin und Pferdewissenschaftlerin. Sie arbeitete mit am Positionspapier VFD Tragkraft von Pferden 08/2019. futterberatung-roehm.de
"Pferd und Reiter brauchen positive Spannung. Fehlt die, kann ein 50-Kilo-Reiter so belastend sein wie ein 80-Kilo-Reiter."

Ralf Döringshoff ist Physiotherapeut und Osteopath für Pferde sowie Trainer im Leistungssport. Seine Leidenschaft ist gesunderhaltendes Training. www.gymnastizieren-statt-dressieren.de
"In kleinen Sitzflächen fühlen sich Reiter oft sicherer. Aber das Pferd leidet! Große Sitzflächen verteilen das Gewicht viel gleichmäßiger."

Tarquin Cosack ist Sattlermeister sowie Sachverständiger und Gutachter für das Sattlerhandwerk. Er hat fast täglich mit dem Thema Reitergewicht zu tun. www.hofsattlerei-cosack.de
"Eigene Glaubenssätze können blockieren"
Welche Rolle spielt die Psyche beim Abnehmen? Dr. Vivien Faustin weiß es. Sie arbeitet in der Interdisziplinären Adipositas-Ambulanz an der Universitätsmedizin Göttingen und hilft Menschen mit Übergewicht.
CAVALLO: Warum spielt die Psyche so eine große Rolle fürs Abnehmen?
Dr. Vivien Faustin: Wenn wir Verhaltensmuster und Gewohnheiten langfristig verändern wollen, brauchen wir einen freien Kopf. Ein professionelles Verhaltenstraining kann dabei helfen. Wir arbeiten zum Beispiel mit dem Optifast-52-Programm, das Verhalten, Ernährunsgewohnheiten und Bewegung in den Blick nimmt. Gruppenprogramme motivieren und fördern auch den Austausch der Teilnehmer untereinander – etwa bei der Suche nach Lösungsstrategien bei unerwünschtem Verhalten.
Gilt es zunächst, eigene Glaubenssätze über Bord zu werfen, wenn man abnehmen möchte? Glaubenssätze sind vergleichbar mit inneren Programmierungen, wie: "Ich muss immer perfekt sein!", "Ich schaffe das eh nicht", "Ohne Schutzpanzer würde ich mich unsicherer fühlen" oder "Wenn ich schlank wäre, wüsste ich nicht, ob ich nur wegen meiner tollen Figur geliebt werde". Natürlich können solche Glaubenssätze blockieren. Aber es hemmen oft noch viele anderen Faktoren eine Gewichtsabnahme. An erster Stelle sind die Erbanlagen zu nennen, dann Medikamenteneinnahmen oder auch der Lebensstil mit seinen Stressbelastungen, Schlafmangel und wenig Zeit für sich.
Ist Konsequenz letztlich wichtiger als die Diätform? Wenn das die Standard-Lösung wäre, würden wir nur noch Seminare über Motivation und Disziplin geben. Aber dem ist nicht so. Jeder Übergewichtige hat eine eigene Geschichte und braucht individuelle Lösungen. Eine zeitweise Diät oder kurze Ernährungs- oder Bewegungsumstellung wird keinem helfen. Ursachen für Übergewicht müssen individuell erkannt und behandelt werden. Der Lebensstil unter Berücksichtigung von Erbanlagen und Medikamenteneinnahmen sollte langfristig optimiert werden.
Wir haben für unsere Pferde abgenommen!
Wer ließ fürs Pferd die eigenen Pfunde purzeln? Das wollten wir von unseren CAVALLO-Fans auf Facebook wissen. Auch Expertin Conny Röhm nahm einiges ab. Eine Auswahl an Erfolgsgeschichten – und noch mehr unter: https://tinyurl.com/mvpat97d

Ich bin von rund 95 Kilo runter auf knapp 60 Kilo. Balous Rücken freut sich – und meiner auch. Als ich 85 Kilo wog, bin ich nicht mehr aufs Pferd gestiegen. Irgendwann reichte es mir dann. Es musste sich etwas ändern. In den letzten Monaten habe ich zusammen mit meinem Norweger an einem gesunden Gewicht gearbeitet für unser beider Gesundheit. Heute sind Balou und ich liebste Jogging-Partner und fitter als je zuvor. Rebecca Amon, auf Facebook
Bei mir waren es 25 Kilo. Entweder abnehmen oder aufhören zu reiten. Alles andere kam für mich nicht in Frage. Melanie Biner, auf Facebook
Ich habe 30 Kilo abgenommen in zweieinhalb Jahren – ohne Verzicht und Hunger. Ich hatte den Mut, auf Ursachenforschung zu gehen. Ich wollte wissen, warum ich so zugenommen hatte und warum mein Essverhalten so gestört war. Zu viel Stress und eine bis dahin unentdeckte Autoimmunerkrankung steckte hinter meinen Pfunden. Ich fühlte mich durch die Krankheit immer müde. Die chronischen Schmerzen durch die Erkrankung hatte ich schon nicht mehr wahrgenommen. Denn diese begleiteten mich mein gesamtes Leben. Aber Schmerzen belasten die Seele. Wie groß dieser Einfluss war, ist mir wirklich erst aufgefallen als sie weg waren. Aber um wacher zu werden habe ich halt gegessen. So entwickelte sich ein Teufelskreis. Nach der Diagnose folgte eine strikte Ernährungsumstellung, denn auf manche Lebensmittel reagiere ich hoch allergisch, wie ich heute weiß. Ich holte mir auch professionelle psychologische Unterstützung. Das ist ein wichtiger Pfeiler beim Abnehmen. Zur Ernährungsumstellung brauchte ich keine Hilfe, da kenne ich mich aus – und bin wissenschaftlich und unemotional ans Thema gegangen. Seitdem geht es mir bombig! Das Abnehmen schaffte ich dann rein durch schnödes Kalorienzählen. Die Gewichtsreduktion hat sich stark auf mein Reitgefühl und auf meine Leistungsfähigkeit ausgewirkt: Vorher war es, als schleppte ich permanent einen Futtersack auf dem Rücken mit. Jetzt sitze ich wieder ganz anders im Sattel und bin einfach fit. Das ist wunderbar! Conny Röhm ist Expertin für Pferdefütterung und besitzt drei Pferde sowie ein Maultier
Mein Pferd Ostmond ist bei mir, seit er Absetzer ist. 70 Kilo mussten weg, um ihn mit ruhigem Gewissen reiten zu können. Anna Maria Järke, auf Facebook
"Die Pferde laufen wieder besser"
CAVALLO: Anna Katharina Wehr betreibt die Reitschule Hof Tannhorst bei Celle. Sie nimmt nur Reitschüler bis zu 75 Kilo Körpergewicht auf. Welche Erfahrungen hat sie gemacht?

Anna Katharina Wehr: Ich sehe meine Pferde täglich unter verschiedenen Reitern. Manche Schulpferde gingen nicht mehr richtig vorwärts – oder zeigten Taktfehler. Ich habe das beobachtet und festgestellt: Die Probleme hängen mit dem Reitergewicht zusammen. Wir haben zwar seit Jahren eine Gewichtsgrenze von 80 Kilo. Mit dem zweiten Corona-Lockdown habe ich diese dann auf 75 Kilo runtergesetzt. Und es zeigt sich: Die Pferde laufen wieder lockerer. Ich habe die Entscheidung nicht bereut.
Mussten Sie dann Reitschülern kündigen? Auf der Homepage und auch in der ersten E-Mail zur Anmeldung steht, dass wir Reiter bis 75 Kilo Körpergewicht aufnehmen. Wer mehr wiegt, meldet sich also gar nicht erst an. Als ich im März die Gewichtsgrenze runtergesetzt habe, musste ich aber tatsächlich dreißig Leuten kündigen.

Wie waren denn die Reaktionen? Die Reitschüler waren natürlich sehr traurig und enttäuscht. Wir haben im Team vorher lange darüber beraten. Und die Entscheidung fiel schwer. Aber letztlich steht in meinem Schulbetrieb das Wohl der Pferde an erster Stelle. Ich möchte meine Schulpferde nicht ein paar Jahre haben – und dann in gute Hände geben. Sondern: Ich bin die gute Hand für meine Tiere. Sie sollen auch mit 25 Jahren noch fit und gesund sein. Und das sind sie hier auf dem Hof auch. Ich möchte keinem Reiter vorschreiben abzunehmen. Ich treffe aber die Entscheidung für meine Pferde, wer auf ihnen sitzen darf. Eine der betroffenen Reitschülerinnen ist auch schon wieder zurück. Sie hat fürs Reiten abgenommen und sich wieder angemeldet. Wir haben sie natürlich gerne wieder aufgenommen.
Aber gäbe es denn in Ihrer großen Reitschule mit 40 Pferden nicht auch geeignete Tiere für schwerere Reiter? Wir haben ein paar Fjordis mit kräftigen Beinen und kurzen Rücken, die auch mal mehr Gewicht tragen können. Das Problem wäre aber gewesen, dass sie dann bald nur noch die schweren Reiter getragen hätten. Und das verschleißt auf Dauer. Was für uns besser passt: Wir bieten vermehrt Bodenarbeitskurse an, mit Longieren, Equikinetic, Horsemanship und Gelassenheitstraining. Viele Schüler nutzen das. Wer mehr wiegt, muss nicht auf den Kontakt zum Pferd verzichten.
Sie haben kürzlich eine Pferdewaage gekauft. Was hat das mit dem Reitergewicht zu tun? Es gilt ja die Richtlinie, dass Pferde rund 10 bis 15 Prozent ihres Eigengewichts tragen können. Dafür muss ich natürlich das Gewicht der Tiere kennen. Also kommen alle Schulpferde regelmäßig auf die Waage. Wir haben unter jeder Trense in der Sattelkammer einen Steckbrief zum Pferd. Da stehen Infos wie Name, Alter, Geschlecht, Farbe, Gewicht und maximales Gewicht des Reiters. Die letzten beiden Punkte haben wir kürzlich ergänzt. Was ein Schulpferd tragen kann, hängt natürlich auch von Alter und Körperbau ab. Das habe ich zusätzlich mit berücksichtigt. Meine schmalen Reitponys und auch die älteren Pferde tragen tendenziell weniger.
Also gilt: Pferde wiegen statt Reitschüler wiegen? Die Reitschüler bekommen die Chance, eigenverantwortlich mit dem Thema umzugehen. Sieht ein Reitschüler beim Steckbrief, dass er mehr wiegt als das Pony tragen darf, kann er zur Reitlehrerin gehen und fragen, ob ein Tausch möglich sei. Oder er kann sagen, dass er dieses Pferd nicht so gerne reiten möchte. Die Leute müssen also nicht ihr Gewicht thematisieren – wenn sie das nicht wollen.