Was hilft gegen Ammoniak im Stall?

Ammoniak-Gestank vorbeugen
Was hilft gegen Ammoniak im Stall?

Veröffentlicht am 07.01.2025
Ammoniak im Stall
Foto: Lisa Rädlein

Welcher Geruch steigt Ihnen in die Nase, wenn Sie in den Stall kommen? Riecht es angenehm nach Pferd, ist das gut – fürs Erste. Was wir nicht riechen sollten, ist Ammoniak. Das Schadgas bildet sich, wenn Mikroorganismen Harn und Kot zersetzen. Nicht immer riecht es offensichtlich danach. Das liegt an unserer "Schnupper-Höhe": Stehen wir aufrecht auf der Einstreu, riechen wir oft – nichts.

"Das kann anders sein, wenn wir uns auf die Position des Pferds begeben", weiß Dr. Miriam Baumgartner. Heißt: auf die Knie gehen und knapp über der Einstreu schnuppern, also dort, wo das Pferd frisst oder liegt. Ob es hier nach Ammoniak riecht oder nicht, hat Dr. Baumgartner häufig getestet. Die Wissenschaftlerin entwickelte mit ihrem Team an der TU München-Weihenstephan und weiteren Partnern das Bewertungssystem BestTUPferd. Damit lässt sich neutral bewerten, wie tiergerecht ein Stall ist.

Ein Punkt, den die Stallprüfer dabei unter die Nase nehmen, ist die Luftqualität: Je niedriger der Ammoniak-Wert im Stall, umso besser. Wie hoch er ist, messen Teststreifen sekundenschnell. "Je höher der Wert und je länger das Pferd das Gas einatmet, umso höher das Risiko für Atemwegserkrankungen", sagt Dr. Baumgartner. Die Grenze für Pferdehaltungen liegt bei 10 ppm. "Dieser Wert sollte jedoch nur in Ausnahmfällen und kurzfristig überschritten werden."

Gemeinsam mit der Forscherin und zwei Rollen Ammoniak-Teststreifen waren wir in einem Boxen- und einem Offenlaufstall im Norden Münchens unterwegs. Zudem prüften wir den Ammoniak-Gehalt in zwei weiteren Boxenställen bei Stuttgart. Würde das Haltungssystem Einfluss haben? Welchen Unterschied macht die Art der Einstreu? Und welche Faktoren spielen noch eine Rolle? Die Ergebnisse überraschten uns teilweise. Sie vielleicht auch?

Ammoniak-Werte bei Stroh-Einstreu

Wie gut saugt die Einstreu? Das hängt von der Aufbereitung ab: Strohpellets saugen Flüssigkeit besser auf als Langstroh. Sie speichern bis zu zwölfmal mehr Flüssigkeit. Wer Langstroh verwendet, sollte auf die Getreidesorte achten: Weizenstroh saugt besser als Gerstenstroh. Diese Sorte nimmt wegen einer größeren Glanzschicht auf der Oberfläche Feuchtigkeit schlechter auf. Hanf- oder Leinstroh saugen besser, sind aber kein Futter. Ist die Box damit eingestreut, sollten Pferde ausreichend Raufutter (Heu oder andere Strohsorten) zum Knabbern haben.

Was wir in der Praxis getestet haben: Wir testen mehrere mit Stroh eingestreute Boxen sowie den Liegebereich eines kleinen Offenlaufstalls. Dazu kommen einige Boxen, in denen die Betreiber Strohpellets verwenden.

Die mit reichlich Langstroh eingestreuten Bereiche schneiden erstaunlich gut ab. In vier frisch gemisteten Innen- wie Paddockboxen verfärbt sich der Teststreifen überhaupt nicht oder nur minimal; das spricht für wenig bis gar keine Ammoniakkonzentration in der Stallluft. In einer Box mit offener Front sind die Werte mit 10 bis 20 ppm leicht erhöht. Zum Testzeitpunkt war die Box noch nicht gemistet, die Einstreu von der Nacht verwühlt.

Ammoniak im Stall
Lisa Rädlein

Im Offenstallbereich, der zum Testzeitpunkt ebenfalls noch nicht gemistet war, liegen die Werte unter 10 ppm. "Das könnte an der Luftbewegung liegen", so Dr. Baumgartner. Neben unseren Teststreifen hat sie ein Gerät dabei, das die Luftbewegung misst. Die sollte bei mindestens 0,2 Metern pro Sekunde liegen, damit Schadgase und Staubteilchen weggetragen werden. Im Offenstall mit zwei breiten Eingängen liegt der Wert bei rund 1,7 m/s. Das ist mehr als genug.

Steht die Luft still, hat das Einfluss auf die Ammoniak-Werte: Eine mit Strohpellets eingestreute Innenbox sieht auf den ersten Blick sauber aus. Als wir nachmessen, werden die Teststreifen jedoch blau – die Werte liegen zwischen 20 und 50 ppm, also deutlich erhöht. Unsere Vermutung: Die Box wurde zuvor frisch gemistet; das wirbelt Ammoniak auf. Weil der Stalltrakt nur über Fenster und Türen gelüftet wird, reicht die Luftbewegung nicht aus. Das Schadgas bleibt über der Einstreu stehen.

In den vier Paddockboxen danach sind die Werte anders: Auch hier wurde frisch gemistet, doch durch die bessere Luftzirkulation ist der Ammoniak-Gehalt in keiner Box über 10 ppm.

Tipps für die Mist-Praxis: Unsere Werte in frisch gemisteten Boxen unterstreichen das, worauf Experten häufig hinweisen: Beim Misten wird Ammoniak aufgewirbelt. "Deshalb sollten die Pferde beim Misten nicht im Stall sein", sagt Dr. Baumgartner.

Besser für Atemwege des Pferds wäre eine Matratzen- statt Wechselstreu; zumindest wenn das Pferd durch seine Bewegungen nicht ständig die Matratze aufreißt. "Gut gepflegte Strohmatratzen schließen das Gas ein. Allerdings braucht man mindestens 20 Zentimeter Einstreu als Basis, über die täglich großzügig nachgestreut wird." Wird daran gegeizt, gehen Ammoniak-Werte in die Höhe. Auch eine zu hohe Luftfeuchtigkeit (über 80 Prozent) kann die Bildung von Ammoniak im Stall begünstigen. Deshalb sollten Ställe gut durchlüftet werden, am besten mit einer Trauf-First-Lüftung.

Ammoniakkonzentration mit Späne-Einstreu

Wie gut saugt die Einstreu? Späne entstehen als Abfallprodukt im Sägewerk. Das gehobelte Holz saugt Feuchtigkeit sehr gut auf und bindet sie. Allerdings sollten sich Pferdebesitzer die Einstreu nicht direkt vom Sägewerk liefern lassen, zumindest nicht, wenn sie dort nur Sägemehl bekommen. Das saugt zwar gut, staubt aber aufgrund der fein zermahlenen Holzteilchen auch – ein No Go für die empfindliche Pferdelunge. Besser ist es, zu speziellen Späne-Produkten für Pferde zu greifen. Diese sind zwar teurer als Sägemehl, dafür aber entstaubt und somit schonender für die Atemwege des Pferds.

Was wir in der Praxis getestet haben: Wir prüfen die Ammoniak-Werte auf Liegeflächen in zwei Offenstallbereichen sowie in einer mit Spänen eingestreuten Innenbox. Während die Werte in der Box im grünen Bereich bleiben, variieren sie in den Offenställen von unter 10 bis bis über 50 ppm. Und das, obwohl die Liegebereiche entweder komplett offen oder nur durch ein Windschutznetz abgegrenzt sind. Genug Luftbewegung ist also gegeben. Woher kommen dann die hohen Werte?

Ammoniak im Stall
Lisa Rädlein

Der Stallbesitzer erklärt uns, dass die Pferdeäpfel täglich abgelesen würden. Die Einstreu bleibe zwei bis drei Monate im Liegebereich, bevor sie komplett ersetzt wird. In der Woche nach unserem Test würde der nächste Wechsel anstehen. "Vermutlich ist die Einstreu an beliebten Urinier-Stellen einfach vollgesogen", sagt Dr. Baumgartner: Dann kann sie Feuchtigkeit nicht mehr binden, diese entweicht und Ammoniak entsteht.

Ammoniak im Stall
Lisa Rädlein

Tipps für die Mist-Praxis: Nur die Pferdeäpfel abzulesen, reicht bei Späne-Einstreu nicht aus. Auch nasse Stellen müssen täglich entfernt werden. Die Einstreu sollte zudem so tief sein, dass der Stallboden nirgends zu sehen ist.

Ammoniak im Stall
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Wie gut eignet sich Waldboden zur Ammoniak-Vermeidung?

Wie gut saugt die Einstreu? Auch wenn es der Name suggeriert: Waldboden-Einstreu kommt nicht direkt aus dem Wald, sondern ist ein Rotteprodukt. Je nach Hersteller und Produkt variieren die Anteile an Holz- und Grünschnittresten. Gemein ist aber allen Waldboden-Produkten, dass sie Feuchtigkeit sehr gut aufnehmen und einschließen. Die natürlichen Mikroorganismen zersetzen Harn und beugen so Ammoniak vor. Einige Hersteller empfehlen, nur die Pferdeäpfel abzulesen und sehr nasse Stellen zu entfernen. Feuchte Bereiche würden von selbst trocknen.

Ammoniak im Stall
Lisa Rädlein

Erfahrung aus der Praxis: Miriam Baumgartner prüfte diese Einstreuart schon häufig: "Die Werte variierten von 0 bis weit über 50 ppm." Niedrige Werte lassen sich erreichen, wenn der Waldboden täglich durchmischt, also durchgeharkt wird.

Tipps für die Mist-Praxis: Die Einstreu sollte regelmäßig durchgelüftet, also durchgemischt werden. Nur durch Sauerstoffzufuhr können die Mikroorganismen den Harn zersetzen, ohne dass Ammoniak entsteht.

Fazit

Langstroh hat eigentlich die schlechtesten Karten unter den Einstreuarten: Im Vergleich zu pelletiertem Stroh, Spänen oder Waldboden bindet es Ammoniak schlechter. Doch unsere Tests zeigen, dass auch mit reiner Stroheinstreu der Ammoniakwert gegen Null gehen kann.

Die Einstreuart alleine macht es also nicht, und eine gute Durchlüftung sollte ohnehin in jedem Stall Standard sein. Die Ammoniak-Werte stehen und fallen jedoch mit dem Mist-Management. Also: Bei Wechselstreu täglich gründlich misten, eine Matratze gut pflegen und ausreichend nachstreuen. Dann kann sich erst gar kein Ammoniak bilden.

Ammoniak-Gehalt selbst messen

In den "Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltung" ist in punkto Ammoniak-Gehalt im Stall eine Grenze von maximal 10 ppm (parts per million) erlaubt. Wie hoch der Wert ist, lässt sich mit Ammoniak-Teststreifen selbst messen. Vom Teststreifen mindestens 3 Zentimeter abreißen und mit sauberem oder destilliertem Wasser besprühen.

Ammoniak im Stall
Lisa Rädlein

Eine Box in neun Quadrate unterteilen (Offenstall mehr) und pro Quadrat messen: Streifen dafür 15 Sekunden rund 20 Zentimeter über der Liegefläche schwenken. An der Farbskala lässt sich der Ammoniakgehalt ablesen: je dunkler, desto höher.

Ammoniak im Stall
Lisa Rädlein

Hygiene-Streu SHF gegen die Bildung von Ammoniak im Praxistest

Kein Ammoniak mehr im Stall, dafür mehr Frische und Reinheit: Damit bewirbt Josera sein Produkt SHF (Stall-Hygiene-Frische).

Ammoniak im Stall
Lisa Rädlein

Wir wollten es genauer wissen und testeten das Produkt in einer Box. SHF besteht aus anorganischen Wirkstoffen (Muschelkalk). Dazu kommen verschiedene ätherische Öle wie Citronella oder Eukalyptus.

Ammoniak im Stall
Lisa Rädlein

Die Anwendung verspricht einfach zu sein: abmessen (zwischen 55 und 110 Gramm pro Quadratmeter) und in der Box unter der normalen Einstreu (in unserem Test Stroh) verteilen. Wie oft nachgestreut werden muss, hängt dabei vom Pferd ab: Bei reinlicheren Tieren reichen ein- bis zweimal pro Woche, bei Boxenwühlern oder Heutunkern sollte man drei- bis viermal pro Woche nachstreuen.

Ammoniak im Stall
Lisa Rädlein

Wir streuten in der Testbox die Urinierstelle in der Boxenmitte mit SHF über. Der erste Effekt soll laut Hersteller schon nach drei bis sieben Tagen wahrnehmbar sein. Wir merkten nach vier Tagen einen deutlichen Unterschied: Lag die Ammoniakkonzentration in der ungemisteten Box zuvor bei rund 20 ppm, sank der Wert auf etwa 5 ppm. Kein Ersatz für sauberes und tägliches Misten, klar – aber die SHF-Einstreu kann Ammoniak im Stall deutlich reduzieren.