Fressbremse: Welche Maulkörbe sind pferdefreundlich?
Welche Maulkörbe sind pferdefreundlich?

Ein Maulkorb allein sorgt nicht für eine gesunde Diät: Die Pferde nehmen das Maul zwar weniger voll, aber trotzdem sollten Besitzer nur pferdefreundliche Maulkörbe nutzen.

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Foto: CAVALLO

Manchmal kann weniger fressen fürs Pferd wesentlich gesünder sein. Damit sich kein oder nur wenig Futter ins Pferdemaul verirrt, gibt es Maulkörbe und Fressbremsen. Der Unterschied: Mit einem Maulkorb kann ein Pferd gar nicht fressen, mit einer Fressbremse ist dies – wenn auch eingeschränkt – möglich. Die beiden Begriffe werden allerdings im Handel teilweise synonym verwendet. Manche Modelle sind auch Marke Eigenbau, nicht immer zum Vorteil des Pferds. Wann sind Maulkörbe sinnvoll, und was müssen Pferdebesitzer unbedingt beachten?

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Vor einer Operation oder nach einer Sedierung sind Maulkörbe nützliche Helfer, damit der Patient nichts frisst. Bei einer Betäubung etwa ist der Organismus des Pferds auf Sparflamme gesetzt. Damit es keine Schlundverstopfung oder Kolik bekommt, darf es einige Zeit nach einer Betäubung nichts fressen. „Zwar sind die modernen Medikamente verträglicher und bauen sich schneller ab“, sagt Dr. Andreas Franzky, stellvertretender Vorsitzender der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz aus Soderstorf in Niedersachsen. „Dennoch gehört ein Maulkorb in jede Stallapotheke.“

Wichtig ist, dass der Maulkorb richtig sitzt. Er darf auf keinen Fall scheuern, drücken oder an Nüstern und Maul aufl iegen. Achten Sie darauf, dass die Nase des Pferds frei im Korb hängt oder weich gepolstert ist. Auch eine optimale Luftzirkulation muss möglich sein. Es darf sich auf keinen Fall ein Hitzestau bilden. Deshalb muss der Maulkorb entweder aus luftigem Material sein (Nylongurte) oder seitlich große Löcher haben.

Maulkorb blockiert Kommunikation

Fressbremsen können auch bei Pferden Sinn machen, die zu Hufrehe neigen und auf der Koppel sonst zu viel Gras futtern würden. Die Alternative wäre, auf den Weidegang zu verzichten. Tatsächlich schränken Fressbremsen die Futteraufnahme so ein, dass die Pferde zwar Grashalme erwischen, jedoch längst nicht die sonst üblichen Mengen. Das bestätigt die Masterarbeit von Tracey Hammond aus Großbritannien. Sie kam in ihrer Studie zu dem Schluss, dass sich die Grasaufnahme um 75 bis 86 Prozent verringerte, die Pferde das Gras nicht so tief abbissen und auch nur kleine Happen nahmen.

Manche Reiter schnallen ihrem Pferd einen Maulkorb um, damit es abspeckt. Davor warnen Experten wie Dr. Margit Zeitler-Feicht, Dozentin für Pferdeverhalten und Verhaltenstherapie am Wissenschaftszentrum Weihenstephan. Sie hält Maulkörbe zu diätetischen Zwecken für nicht tiergerecht. „Wird ein Pferd zu dick, sollte nicht als erstes ein Maulkorb umgeschnallt werden“, sagt sie. Reiten Sie Ihr Pferd mehr, und kontrollieren Sie die Fütterung. Bekommt es zu viel Kraftfutter? Auch Dr. Andreas Franzky empfiehlt, grundsätzlich erst einmal nach pferdegerechteren Lösungen zu suchen. „Pferde, die auf der Weide schnell dick werden, könnten etwa auf die Nachweide gestellt werden.“

Maulkörbe und Fressbremsen behindern Pferde stärker, als mancher Reiter denkt. Im Rahmen von Rangordnungsanalysen beobachteten Studenten aus dem Team von Dr. Margit Zeitler-Feicht, dass sie das optische Ausdrucksverhalten deutlich einschränken. „Die Mimik des Pferds in der Maul- und Nüsternpartie ist für die anderen kaum oder gar nicht mehr zu erkennen“, sagt sie. „Das kann zu Problemen bei der gegenseitigen Verständigung führen und sogar Folgen für die Rangordnung dieses Pferds haben.“ Auch Drohgebärden wie Beißen sind für Pferde mit einer Fressbremse nicht mehr möglich. Lediglich ihr Ohrenspiel ist noch erkennbar – ohne die Mimik der Nüstern und des Mauls allerdings für die restlichen Weidekumpel nutzlos. „Die Pferde können mit einer Fressbremse nicht mehr richtig kommunizieren“, folgert Dr. Zeitler-Feicht.

Ob sich Pferde am Maulkorb stören, untersuchte Linda Malek in ihrer Studienarbeit, die Dr. Iris Bachmann, Ethologin und Verantwortliche der Forschungsgruppe EquiTeach am Schweizerischen Nationalgestüt in Avenches, betreute. Nachdem zuerst Fressbremsen im Einsatz waren, diese aber in kürzester Zeit kaputt gingen, setzten die Forscher Maulkörbe ein. Testkandidaten waren zwölf Freiberger Hengste, die auf der Weide leben. „Die Pferde reagierten sehr individuell“, sagt Dr. Iris Bachmann.

Während manche alles versuchten, um den Maulkorb loszuwerden, resignierten andere schnell. „Da sie mit Maulkorb nicht mehr fressen konnten, liefen sie wesentlich mehr im Schritt umher als ohne Maulkorb“, so die Ethologin. Anhand von Verhaltensbeobachtungen wie Kopfschütteln, Scharren, Schnauben und Wälzen kamen die Wissenschaftler zu dem Schluss, dass sich Pferde mit Maulkorb nicht wohlfühlen. „Es ist aber weit entfernt, eine sehr große Belastung zu sein“, sagt Dr. Iris Bachmann. „Die Hengste resignierten nach kurzer Zeit und dösten vor sich hin.“

Saufen muss trotz Maulkorb klappen

Wer Fressbremse oder Maulkorb nutzt, sollte einige Regeln beachten. Das Modell muss richtig passen und darf dem Pferd nicht weh tun wie der Metall-Maulkorb Marke Eigenbau. So etwas ist nicht pferdegerecht: Die Schnalle drückt auf die Nase, die harten Stäbe scheuern am Maul, und das Verletzungsrisiko ist enorm, würde das Pferd damit hängenbleiben. Dr. Andreas Franzky empfiehlt in jedem Fall, ein Pferd mit Maulkorb erst einmal eine Weile auf der Koppel zu beobachten. „Manche verhaken sich damit am Zaun oder reißen sich den Maulkorb ab.“ Wenn es aus medizinischer Sicht nicht nötig ist, sollte das Pferd wenigstens durch die Luftöffnungen an ein paar Grashalme kommen. Lassen Sie es daher lieber mit einer Fressbremse auf die Weide. „Dann ist es nicht ganz so frustriert“, sagt Dr. Andreas Franzky.

Wichtig: Die Pferde müssen damit saufen können. Am einfachsten geht das mit Eimer oder Wassertrog. Beobachten Sie zur Sicherheit, ob Ihr Pferd tatsächlich trinkt. Manche sind geschickt und saufen auch aus Tränkebecken. Verlassen Sie sich nicht darauf, bieten Sie Alternativen an. Um Pferden die Fressbremse schmackhafter zu machen, können Sie beim Anziehen ein Leckerli hineinlegen.

Oder Sie füttern durch die Löcher Heu oder Gras. So versteht das Pferd, dass es damit auch fressen kann. Grundsätzlich sollten Maulkorb und Co. nur Übergangslösungen sein. „Länger als fünf Stunden würde ich sie nie am Pferd lassen“, sagt Dr. Iris Bachmann. Auf keinen Fall darf das Pferd den Maulkorb rund um die Uhr tragen, damit es etwa das Holz im Stall nicht anknabbert. Solche Pferde haben meist nur Langeweile – weil sie zu wenig fressen dürfen.

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Erscheinungsdatum 17.05.2023