Pferde dürfen ab 2026 trotz Blut weiter starten
Ab dem 1. Januar 2026 dürfen Pferde trotz sichtbarer Blutspuren weiter im Wettbewerb bleiben – sofern ein FEI-Tierarzt sie als "fit to compete" einstuft.
Von den 82 stimmberechtigten Nationen stimmten 56 für die neue Regel, 20 dagegen, zwei enthielten sich. Die FEI bezeichnet den Beschluss als Schritt hin zu mehr Transparenz und einheitlicher Kontrolle. Kritiker sehen darin einen Rückschritt für den Tierschutz und eine Gefahr für die Glaubwürdigkeit des Pferdesports.
Neue Regelstruktur: Tierarzt entscheidet über Startfähigkeit
Die Änderung ist Teil der überarbeiteten FEI Jumping Rules. Neu eingeführt wird Artikel 259, der sogenannte Jumping Recorded Warnings festlegt.
Wenn während eines Wettbewerbs Blut am Pferd festgestellt wird, prüfen künftig Jury und FEI-Tierarzt gemeinsam, ob das Pferd startfähig bleibt. Die FEI betont, die neue Struktur solle "mehr Einheitlichkeit und Nachvollziehbarkeit" schaffen. Verwarnungen würden dokumentiert, veröffentlicht und an die nationalen Verbände weitergeleitet. Bestehende Bestimmungen zu Abuse of Horse und automatischen Disqualifikationen bei übermäßigem Sporen-Einsatz bleiben unverändert.
FN äußert sich kritisch
Die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) kritisiert die Entscheidung scharf. FN-Präsident Martin Richenhagen warnt vor einem gefährlichen Signal an Reiterinnen, Reiter und Öffentlichkeit:
"Blut hat im Pferdesport nichts zu suchen. Auch wenn die Zahl der Fälle gering ist, steht das Thema sinnbildlich für unseren Umgang mit dem Pferd." Er fordert klare Grenzen statt Ermessensspielräume: "Wir brauchen in dieser Frage keine Grauzonen. Jede sichtbare Verletzung ist ein Signal, das wir ernst nehmen müssen – und kein Anlass, die Messlatte niedriger zu legen. Wenn wir anfangen, Blut zu relativieren, verlieren wir die Achtung vor dem Lebewesen Pferd und das Vertrauen der Gesellschaft." Richenhagen betonte, die FN werde das Thema weiter kritisch begleiten.
Kommentar von Linda Krüger, Chefredakteurin CAVALLO:
Kein Blut am Pferd! Nicht im Training und schon gar nicht im Wettkampf! So einfach ist das. Oder so sollte es sein. Jede Reiterin und jeder Reiter, der sich seiner Verantwortung fürs Pferd bewusst ist, steigt ab, wenn das Tier verletzt ist. Ob sich das Pferd "nur" auf die Lippe gebissen oder sich angeschlagen hat an den Gliedmaßen. Und erst recht, wenn es an den Flanken verletzt ist, was schon per se für zu groben Sporeneinsatz spricht. "Fit to compete" als Kriterium für die weitere Turnierteilnahme ist de facto ein Freifahrtschein, das Blut abzuwischen und so zu tun, als ob nichts wäre. Also rein in den Parcours.
Dass die Mehrheit bei der FEI-Generalversammlung dem Vorschlag der Internationalen Reiterlichen Vereinigung gefolgt ist, ist ein vernichtender Rückschlag für den Pferdesport insgesamt und das Wohl jedes einzelnen Pferds. Und zeigt, dass die "Horse Welfare"-Politik der FEI und aller nationalen Mitgliedsverbände, die die Null-Toleranz-Regel gekippt haben, nicht mehr als ein Lippenbekenntnis ist. Noch deutlicher kann man seine Glaubwürdigkeit nicht verlieren. Reiterinnen und Reiter, die unter FEI-Regie starten, müssen sich dessen bewusst sein. Ich frage mich: Wer wird freiwillig auf einen Start verzichten, wenn sein Pferd blutet?





