Versicherungen schützen Pferdehalter
Das Pferd büxt aus und zertrampelt ein Feld. Oder das Pferd hat eine Kolik und muss operiert werden. Das wird teuer! Für solche Fälle gibt es Versicherungen für Pferdehalter, die hohe Kosten abfedern sollen. Aber wie sieht es eigentlich in der Praxis aus: Innerhalb welcher Frist muss ich Schäden der Versicherung melden? An wen wende ich mich im Schadensfall? Was muss ich alles dokumentieren? Und welche Versicherung brauchen Pferdehalter wirklich? Dazu informiert Versicherungsmakler Dennis Keller. Er ist auf Tierversicherungen spezialisiert und bekannt als "Vierpfotenmakler”. Er hat am liebsten Kunden, die in Stallklamotten an der Supermarktkasse stehen – sprich Pferdehalter, Reitschulen und Pensionsställe. Er weiß, worauf es bei Versicherungen für Reiter ankommt, kennt zahlreiche Praxis-Beispiele und hat Tipps für guten Versicherungsschutz parat.
Wem Sie einen Schaden melden müssen und wann
Die Pferdehaftpflichtversicherung ist das A und O. Verursachen Pferde Unfälle und Schäden, müssen die Besitzer dafür aufkommen. Das steht im Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 833). Diese Pflicht, den verursachten Schaden zu begleichen, kann in den finanziellen Ruin führen. Daher ist eine Tierhalter-Haftpflichtversicherung dringend anzuraten – aber nicht verpflichtend. Die Versicherung kommt für Personen- , Sach- und Vermögensschäden auf. Hat das Pferd etwa beim Ausritt gescheut und jemanden verletzt, ist das ein Fall für die Tierhalter-Haftpflicht. Diese sollte auch Flurschäden absichern. Denn es passiert häufig, dass Pferde ausbrechen, ein Feld zertrampeln und der Landwirt Schadensersatz für den Ernteausfall fordert. Übrigens: Es ist bei der Haftpflicht unwesentlich, ob Sie als Pferdehalter eine Schuld trifft – oder nicht. Die Schadensansprüche landen bei Ihnen. "Wichtig ist in jedem Fall, dass Sie den Schaden so gering wie möglich halten. Sofern Sie Einfluss darauf haben", sagt Versicherungs-Profi Dennis Keller. Ein Beispiel: Das Pferd hat die Tränke zerstört und Wasser läuft. Dann gilt es, so schnell wie möglich das Wasser abzudrehen und einen größeren Wasserschaden zu vermeiden.
Innerhalb welcher Frist muss ich einen Schaden melden?
Jetzt ist es also passiert, und nun? Einen Haftpflichtschaden sollten Sie unverzüglich melden – am besten innerhalb einer Woche. So steht es meistens auch in den Versicherungsbedingungen. "Ein genauer Richtwert zur Frist ist aber nicht festgelegt, und es gibt immer auch Ausnahmen", weiß Dennis Keller. Die Meldefrist läuft übrigens ab dem Zeitpunkt, zu dem Sie Kenntnis von dem Schaden erlangt haben. Ist das Pferd ausgebrochen und hat ein Feld zertrampelt, der Halter erfährt aber erst ein paar Tage später vom Stallbesitzer davon – dann beginnt die Frist zu diesem Zeitpunkt. Wichtig ist in jedem Fall, dass versicherte Reiter nicht vorsätzlich die Schadensmeldung verzögern.
Was passiert, wenn ich einen Schaden verspätet melde?
Die Versicherung kann in dem Fall die Auszahlung verweigern – oder kürzen. Aber, sagt Profi Keller: "Die Kürzung darf nur in dem Maß erfolgen, in dem sich die Verspätung negativ auf die Kosten auswirkt. Das muss erstmal bewiesen sein." Und die Zahlung ganz ablehnen? Das geht nur, wenn belegbar ist, dass der Versicherungsnehmer vorsätzlich die Schadensmeldung unterlassen hat – und bei Betrugsabsicht. Das heißt: Melden Sie einen Schaden besser spät als gar nicht.
Muss ich eine Behandlung oder Operation meines Pferds vorab beim Träger meiner OP-Versicherung anmelden?
Nein, das ist nicht notwendig. Egal, ob es ein Notfall ist oder ein geplanter medizinischer Eingriff: Der Tierarzt operiert das Pferd, und der Tierhalter reicht dann im Nachgang bei der Versicherung die Rechnung ein. Die Meldung sollte zeitnah nach Erhalt der Rechnung erfolgen. Manche Tierkliniken rechnen auch direkt mit der Versicherung ab; so hat der Tierhalter kaum Aufwand. "Ich persönlich würde mir die Rechnung trotzdem immer selbst schicken lassen. So habe ich die Kosten im Blick und kann diese kontrollieren”, sagt Dennis Keller. Wer schon vor einer Operation bei der Versicherung anfragt, ob diese die Kosten übernimmt, bekommt oft nur vage Aussagen. Warum? "Das liegt daran, dass eine Operation im Akutfall anders laufen kann als gedacht. Daher kann die Versicherung dem Pferdehalter keine Garantie geben”, meint der Makler. Für die Kostenübernahme ist entscheidend, was im medizinischen Bericht nach der Behandlung steht. Ein Beispiel: Beim Pferd ist eine Zahn-OP geplant, weil der Zahn entzündet ist. Das ist in den Leistungen der Versicherung enthalten. Beim Eingriff kann sich aber herausstellen, dass eine Zahnanomalie von Geburt an bestand und diese für die Entzündung verantwortlich ist. Angeborene und genetische Fehlentwicklungen sind nicht versichert. Die Folge: Die Versicherung übernimmt die Kosten in dem Fall nicht. So ein Risiko bleibt – und lässt sich über ein Telefonat mit der Versicherung im Vorfeld nicht ausschließen.
Tipps zur Dokumentation: Damit die Versicherung im Schadensfall zahlt
Im Schadensfall fragt die Versicherung genau, was passiert ist und prüft, ob sie für den Fall aufkommen muss. Der Pferdehalter ist als Versicherter in der Beweispflicht. Erklären Sie den Schadensfall so, dass ihn eine unbeteiligte Person versteht. Die Versicherung muss den Fall nachvollziehen können. "Bleiben Sie dabei neutral und ohne Emotionen. Auch, wenn Sie sich über eine beteiligte Person ärgern: Vermeiden Sie Beschimpfungen”, rät Dennis Keller. Für die Versicherung zählt der Sachverhalt. Dokumentieren Sie den Fall möglichst genau: Machen Sie Fotos vom Schaden. Listen Sie alle Schäden auf – bei Einbrüchen etwa auch die der fehlenden Gegenstände. Wenn es Zeugen gibt, lassen Sie sich den Kontakt geben. "Es ist auch hilfreich, sich direkt eine Gedanken-Memo aufs Smartphone zu sprechen, solange die Eindrücke noch frisch sind”, weiß der Makler. Beantworten Sie Fragen der Versicherung wahrheitsgemäß und vollständig. Suchen Sie die Kaufbelege für Gegenstände auf der Schadensliste heraus. Tipp: Fotografieren Sie wichtige Belege oder scannen diese ein. Speichern Sie die digitalen Nachweise in einem Online-Ordner. Auf eine Cloud können Sie von überall aus zugreifen und Belege abrufen – selbst im Urlaub.
Was wichtig ist, wenn Sie selbst geschädigt wurden
Wenn ich nach einem Unfall nicht mehr entscheiden kann, können das dann einfach Angehörige oder Ehepartner übernehmen?
Die Vorsorgevollmacht ist keine Versicherung – aber ein wichtiger Schutzschirm für Sie im Notfall. Treffen Sie also rechtzeitig Vorkehrungen für den Fall, dass Sie durch einen Unfall oder eine Krankheit wichtige Dinge des Alltags nicht mehr selbst erledigen können. Die Vorsorgevollmacht regelt etwa ihre medizinische Versorgung und die Vermögenssorge. Zu letzterer gehören Geldgeschäfte, aber auch Verträge mit Versicherungen. Damit erteilen Sie einer bevollmächtigten Person Ihres Vertrauens weitreichende Befugnisse. Ansonsten kann es sein, dass fremde Menschen für Sie Entscheidungen treffen. Liegen Sie selbst nach einem Sturz vom Pferd beispielsweise im Koma, kann die bevollmächtigte Person auch den Versicherungsvertreter kontaktieren und Schadensansprüche in Ihrem Namen geltend machen. "Dann kommen Verwandte, legen ihren Berechtigungsschein vor und ich kann bei der Versicherung alles in die Wege leiten – das ist eine große Erleichterung”, erzählt der Makler. Auch Eheleute sollten sich übrigens um eine Vorsorgevollmacht kümmern. Denn der Trauschein ist kein Freifahrtschein, um automatisch Entscheidungen für den anderen treffen zu dürfen. Informationen und Vordrucke finden Sie etwa im Internet bei der Verbraucherzentrale und der Bundeszentrale der Justiz.
Was ist, wenn ich mich wegen eines Schadensfalls nicht um mein Pferd kümmern kann?
Egal, wie schlecht es uns als Pferdehalter geht: Wir schleppen uns noch zum Tier. Das muss schließlich versorgt werden. Wenn das aber immer schwieriger wird, bereitet das jede Menge Sorgen. So ging es einem Kunden von Dennis Keller. Der Mann hatte einen Unfall, an dem eine andere Person schuld war, und erhielt von der Versicherung des Schädigers Schmerzensgeld. Was dem Pferdehalter aber viel mehr Sorge bereitete als seine Schmerzen: Er hielt seine Pferde in Eigenregie und schaffte es nicht, sich um die Tiere zu kümmern. Das hatte er aber keinem gegenüber erwähnt. Dennis Keller wusste als Profi, dass es hier Möglichkeiten gibt: Er fragte den Pferdebesitzer, ob es einen Pensionsstall in der Nähe gebe – und ob dieser Stall kurzfristig Plätze für seine Pferde frei habe. Das war der Fall. Also zogen die Pferde des Mannes in den Pensionsstall; zumindest für die Zeit, in der er sich nicht selbst kümmern konnte. Die Kosten für die zeitweise Unterbringung der Pferde reichte er bei der Versicherung seines Schädigers ein – die diese auch übernahm. Ohne einen Experten für Pferdeversicherungen wäre er auf die Idee nicht gekommen.
In welchen Fällen sich zusätzliche Versicherungen lohnen
Wie sind Schäden von Fremdreitern und Reitbeteiligungen abgesichert?
Gast- oder Fremdreiter reiten das Pferd gelegentlich und unentgeltlich. Reitbeteiligungen kümmern sich regelmäßig ums Pferd, etwa gegen Kosten oder Mithilfe. Die Pferdehalter-Haftpflicht übernimmt im Regelfall Schäden, die das Pferd unter Obhut anderer Personen anrichtet. Aber: Wenn Sie wollen, dass auch Schäden an Ihrer Reitbeteiligung selbst abgesichert sind (etwa wenn diese vom Pferd fällt und als Folge des Sturzes zeitweise nicht arbeiten kann, also womöglich Lohnausfälle hat), muss das in der Police korrekt aufgeführt sein. "Im Kleingedruckten lauern Fallstricke, die Laien nicht erkennen”, weiß Dennis Keller. Das Paradoxe: Die Versicherungen definieren eine Reitbeteiligung als mitversicherte Person, die Ansprüche der Versicherten untereinander sind aber grundsätzlich ausgeschlossen. Das bedeutet: Gerade weil die Reitbeteiligung mitversichert ist, begleicht die Versicherung nicht deren Schadensansprüche. Lassen Sie sich unbedingt von einem Versicherungs-Profi für Pferdehalter beraten.
Zahlt meine Versicherung, wenn mein Pferd einen geliehenen Anhänger demoliert?
Doof gelaufen, wenn man sich bei der Stallfreundin einen Anhänger ausleiht – und das Pferd den zerlegt. Dafür kommen viele Haftpflichtversicherungen nicht auf, weil Schäden an geliehenen oder gemieteten Sachen nicht eingeschlossen sind. Wollen Sie das Risiko absichern, brauchen Sie Zusatzbausteine in der Versicherung.

Pferdetransporte bergen Gefahren. Das Tier kann etwa den Anhänger demolieren und sich verletzen.
Sie besitzen eine Transportversicherung fürs Pferd? Die versichert das Leben des Pferds während des Transports – nicht den Anhänger. Gleiches gilt für eine Lebensversicherung. "Überlegen Sie, was Sie wirklich absichern wollen und welche Versicherung dafür nötig ist”, rät Dennis Keller. Wenn das Pferd sich verletzt, sichern OP- und Krankenversicherungen Behandlungskosten ab – auch während eines Transportes.
Brauche ich separaten Rechtsschutz fürs Pferd?
Gerichts- und Anwaltskosten deckt die Rechtsschutzversicherung. Darin sind auch Streitigkeiten rund ums Pferd integriert. Trotzdem gibt es Anbieter für zusätzlichen Rechtsschutz für Pferdehalter. "Das ist Abzocke. Kunden zahlen Geld für eine Versicherung, die so gut wie nie leisten muss”, meint Dennis Keller. Pferdehalter-Rechtsschutz können Sie sich getrost sparen.
Welche Versicherungen wirklich wichtig sind für Pferdehalter
• Tierhalterhaftpflicht-Versicherung: Schützt den Tierhalter vor den in der Police vereinbarten Personen-, Sach- und Vermögensschäden, die das Tier verursacht.
• Berufsunfähigkeits-Versicherung: Deckt den Verlust der Arbeitskraft aufgrund von Unfall oder Krankheit ab und ist wichtig für alle Menschen, die von ihrem Einkommen leben. "Wenn kein Einkommen da ist, kann ich auch mein Pferd nicht finanzieren. Daher finde ich sie unverzichtbar", sagt Versicherungs-Profi Dennis Keller.
• Berufs- oder Betriebshaftpflicht: Wer am und mit dem Pferd arbeitet, sollte sich absichern– etwa gegen Fütterungsfehler oder falsch bearbeitete Hufe. Je nach Beruf gibt es unterschiedliche Versicherungen.

Wer beruflich mit Pferden arbeitet, braucht gesonderten Versicherungsschutz.
Optionale Versicherungen für Reiter
• Unfallversicherung: Kommt für Kosten nach einem Unfall auf, der dauerhaft die Gesundheit schädigt. Deckt auch Sportunfälle und Reitunfälle ab.
• Rechtsschutz-Versicherung: Sichert die Kosten eines Rechtsstreits ab – auch, wenn es ums Pferd geht.
• Pferde-OP-Versicherung: Deckt Kosten für Operationen, Klinikaufenthalte und teils auch Nachsorge ab.
• Einbruch und Diebstahl und damit den Verlust von teurem Equipment können Sie gesondert absichern.
Der Experte

Dennis Keller ist Versicherungsmakler in Haiger/Hessen. Er bietet Versicherungen für Pferd, Hund und Katze an, hat eine eigene Pferdehalter-Haftpflicht-Versicherung entwickelt und berät Reiter, Stallbesitzer und Reitlehrer. Außerdem bloggt er zum Thema Versicherungsschutz. vierpfotenmakler.de