Reitkissen für Pferde im Test
Belastungsprobe für Reitkissen

Der CAVALLO-Test wirft ein neues Licht auf Reitpads: Sie können den Sitz verkorksen und drücken zum Teil massiv am Pferderücken. Welche Modelle taugen was? Hier sind die Ergebnisse.

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Foto: Lisa Rädlein

Wer ohne Sattel reiten, aber den Pferderücken schonen will, greift zu Bareback-Pads: Sie sollen den Druck dämpfen, das Gewicht gleichmäßiger verteilen und den Reitersitz verbessern. Doch nicht alle Pads erfüllen diese Ansprüche, manche bewirken sogar das Gegenteil.

Fünf verschiedene Modelle haben wir zur Belastungsprobe geschickt: das Barebackpad "Air Mesh" von Loesdau, das Lammfellpad "Macon" von Freedom Riding Articles, den Filzsattel "Klassik", das Reitpad "Spezial" der Seilerei Brockkamp und das Barebackpad von Parelli. Zwei Testreiterinnen beurteilten das Sitzgefühl. Dazu kamen handfeste Daten: Eine Messmatte erfasste, wie sich der Druck auf dem Pferderücken verteilte und wie die Pads den Sitz der Reiterinnen veränderten.

Unsere Highlights

So testet CAVALLO

Die Experten: Die Diplom-Ingenieure David Albrecht und Cetin Ekin vom "Team Satteltester" haben ein Mess-System zur Anpassung von Sätteln und Sattelalternativen entwickelt. Sie arbeiten mit Sattlern, Tierärzten und Kliniken zusammen (www.team-satteltester.com).

Die Messtechnik: Unter die Pads wird eine Messmatte gelegt. Diese enthält 256 druckempfindliche Sensoren. Die integrierte Elektronik erfasst die Druckwerte und übermittelt sie über Funk an den Computer. Hier wird das Druckbild farbig dargestellt: Weiß heißt kein Druck, Blau wenig Druck und Rot viel Druck. Die Druckbilder finden Sie in der Bildergalerie am Schluss des Artikels.

Die Testerinnen: Claudia Miller ist Tierärztin und Horsemanship-Trainerin und reitet oft ohne Sattel. Michaela Günther ist Trainerin C Basissport und reitet Dressur und Springen.

Der Testablauf: Beide Testerinnen ritten auf Reitponystute "Kiss" mit jedem Pad in Schritt, Trab und Galopp Zirkel auf beiden Händen und gerade Strecken im Schritt. Zudem ritten sie zum Vergleich im Schritt ohne Pad direkt auf der Messmatte.

CAV Reitkissen Reitpads 2
Lisa Rädlein
Reitkissen Reitpads Test

Bareback-Pad "Air Mesh" von Loesdau

CAV Reitkissen Reitpads 3
FazitDie hohe Druckbelastung der Wirbelsäule ist problematisch. Ungeübteren Reitern bietet das Pad nur wenig Halt.
  • Atmungsaktives Air-Mesh-Material
  • nylonverstärkter Gurt
  • rund 140 Euro

Sitzgefühl: Die Oberfläche des Pads hat Steppnähte, ist sonst aber sehr glatt. Die Sitzfläche fühlte sich beim Reiten dadurch etwas rutschig an. Beide Testerinnen fanden ihre gewohnte Sitzposition jedoch schnell wieder, da sie in diese "zurückrutschten". Die Reiterinnen hatten das Gefühl, nah am Pferd zu sitzen, da das Pad wenig gepolstert ist. Dadurch saßen sie aber auch weniger weich.

Passform und Gurt: Die Polsterung des Pads ist weniger fest und eher dünn, wodurch das Pad nicht ganz so stabil wirkte wie die übrigen Reitkissen im Test. Es passte sich dem Pferderücken an und lag flach auf. Dadurch bot es kaum Widerrist und Wirbelsäulenfreiheit (B). Das Pad wird mit einem zugehörigen Gurt befestigt, der mit einem Nylonpolster unterlegt ist.

Druckverteilung: Im Bereich der Wirbelsäule wurde großflächiger und teilweise sehr starker Druck gemessen. Der Druck, der auf die Wirbelsäule kam, war bei diesem Pad im Vergleich zu den anderen Modellen am größten. Das Reitergewicht verteilte sich weniger gleichmäßig auf Oberschenkel und Po, sondern lastete vor allem unter dem Gesäß. Die Belastung durch die Schenkel war außerdem teilweise ungleich verteilt. Bei einer Testreiterin unterschied sich der Schwerpunkt nicht vom Reiten ohne Pad. Bei der anderen Reiterin verlagerte er sich mit diesem Test-Modell stark nach hinten; der Sitz verschlechterte sich also.

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Lammfellpad „Macon“ Marke: Freedom Riding Articles (F.R.A.)

CAV Reitkissen Reitpads 4
FazitBei der Druckverteilung schneidet das Lammfellpad am zweitbesten ab, da es die Wirbelsäule vergleichsweise gut entlastet. Es bietet tollen Sitzkomfort und und ein sicheres Gefühl für den Reiter.
  • Ober- und Unterseite aus Merino-Schaffell
  • Futter aus 3Mesh (Abstandsgewirk)
  • rund 350 Euro

Sitzgefühl: Sehr angenehmes Sitzgefühl und sehr guter Halt durch die Felloberfläche und den ausgeformten hinteren Teil, der an einen Sattelkranz erinnert (A). Auch die Beine lagen mit diesem Pad stabil. Das Pad fühlte sich weich und bequem an. Das Lammfell wärmte: Bei Hitze könnte man darauf schwitzen. Trotz der Polsterung fühlten sich die Testerinnen nah am Pferd.

Passform und Gurt: Das Pad saß gut auf dem Pferderücken. Im Bereich des angedeuteten Hinterzwiesels stand es ohne Reiter etwas ab. Das Pad ist am Widerrist ausgekammert und ließ diesen frei. Das Pad hat zwei Gurtstrupfen zur Befestigung, ein Sattelgurt wird nicht mitgeliefert.

Druckverteilung: Das Pad verteilte den Druck verhältnismäßig großflächig. Die Werte variierten je nach Reitersitz: Eine Reiterin saß sehr aufrecht, was den hinteren Bereich des Pads deutlich entlastete. Bei der anderen Reiterin kam hier etwas mehr Druck auf die Wirbelsäule. Die Druckmessung zeigte zudem: Reiter, die auch ohne Pad guten Kontakt mit den Oberschenkeln haben, verteilten auch mit diesem Reitkissen das Gewicht gleichmäßig auf Schenkel und Gesäß. Konnten Reiter den Kontakt mit den Oberschenkeln ohne Unterlage weniger konstant halten, gelang ihnen das auch mit diesem Pad weniger gut. Der Schwerpunkt lag bei einer Testreiterin ähnlich wie beim Reiten ohne Bareback-Pad, bei der anderen Testerin war er deutlich nach vorne verlagert. Das könnte eine höhere Belastung der Vorhand zur Folge haben.

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Filzsattel „Klassik“ von Filzsattel

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  • Ober- und Unterseite aus Filz, Schaumstofffüllung
  • Gurtstrupfen aus Biothane
  • rund 300 Euro

Sitzgefühl: Auf diesem Pad saßen die Testerinnen weiter vom Pferd entfernt und hatten teils das Gefühl, über dem Pferd zu "thronen". Das Pad ist gut gepolstert und bot ein sicheres, stabiles Sitzgefühl. Das Material ist rutschfest, eine Testerin empfand es jedoch als etwas kratzig. Je nach Gurtlänge und Lage des Reiterbeins drückten die Gurtstrupfen am Bein (A).

Passform und Gurt: Das Pad saß stabil auf dem Pferderücken. Für Wirbelsäulenfreiheit soll die Polsterung auf beiden Seiten der Wirbelsäule sorgen. Der Widerrist lag durch die dachförmige Wölbung des Pads frei (B). Der Gurt aus Filz (kostet extra,, ca. 50 Euro) kann je nach Anatomie des Pferds mit der Wölbung nach vorne oder nach hinten gegurtet werden.

Druckverteilung: Bei beiden Testerinnen lag der Schwerpunkt an der gleichen Stelle wie beim Reiten auf dem blanken Pferderücken. Dies deutet darauf hin, dass das Pad den Reitersitz wenig beeinflusst (C). Die Wirbelsäule des Pferds war sehr deutlich entlastet. Vor allem im Galopp blieb sie aber nicht völlig frei von Druck. Das Reitergewicht verteilte sich gut und lastete nicht nur unter dem Gesäß. Die Oberschenkel zeichneten sich bei beiden Reiterinnen symmetrisch auf dem Druckbild ab. Das deutet darauf hin, dass die Reiterinnen ausbalanciert auf dem Pad saßen.

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Bareback-Pad von Parelli

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FazitDieses Bareback-Pad belastete die Wirbelsäule am zweitstärksten im Test. Die wenig ausgeprägte, flache Form des Pads scheint den korrekten Reitersitz weniger gut zu unterstützen.
  • Unterseite aus Medizinalfilz, Oberseite aus Leder
  • mit Westerngurtung
  • rund 330 Euro

Sitzgefühl: Das Pad fühlte sich je nach individuellem Empfinden relativ hart und wenig gepolstert an oder aber bequem. Die Reiterinnen saßen sehr nah am Pferd, die Sitzposition war gefühlt etwas nach hinten verschoben. Das Material ist rutschfest und fühlte sich angenehm an.

Passform und Gurt: Das Pad ist nicht anatomisch geformt und hat am Widerrist keine Wölbung. Dadurch liegt es an dieser Stelle relativ eng an und bietet keine Widerrist- und vermutlich auch keine Wirbelsäulenfreiheit (A). Das Pad wird mit einer Westerngurtung befestigt (B). Die Lederbänder werden um die Öse am Gurt gewickelt und festgezogen. Das erfordert für Englisch-Reiter etwas Übung. Der benötigte Westernsattelgurt wird nicht mitgeliefert.

Druckverteilung: Das Sitzgefühl der Reiterinnen spiegelte sich im Druckbild wider: Der Schwerpunkt war stark nach hinten verlagert. Die Druckbelastung der Wirbelsäule im hinteren Bereich war deutlich ausgeprägt und an einzelnen Punkten sehr stark. Bei beiden Reiterinnen war der rechte Oberschenkel schlechter auf dem Druckbild zu erkennen. Das deutet darauf hin, dass die Reiterinnen schief saßen. Insgesamt war die Last unsymmetrisch verteilt und das Druckbild uneinheitlich.

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Reitpad "Spezial" von Seilerei Brockkamp

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FazitDas Pad vermittelt ein sehr angenehmes Reitgefühl, unterstützt aber nicht unbedingt den korrekten Sitz.
  • Oberseite aus Wildleder, Unterseite aus Neopren
  • am Unterschenkel gepolsterter Gurt
  • rund 200 Euro

Sitzgefühl: Die Reiterinnen fühlten sich nah am Pferd, aber trotzdem gut gepolstert. Der vordere und hintere Bereich des Pads ist etwas dicker unterlegt, wodurch die Testerinnen guten Halt hatten und stabil auf dem Pad saßen (A). Das Wildleder ist rutschfest.

Passform und Gurt: Das Pad verrutschte nicht und saß gut. Durch die Wölbung vorne bot es Widerristfreiheit (B), schien aber auf der Wirbelsäule aufzuliegen. Der zugehörige Gurt ist unter den Strupfen zusätzlich gepolstert.

Druckverteilung: Der Schwerpunkt war bei beiden Reiterinnen nach hinten verschoben, dadurch verstärkte sich im hinteren Bereich der Druck auf die Wirbelsäule. Grund könnte sein, dass die Reiterinnen auf diesem Pad zu weit hinten saßen oder einen Rundrücken machten. Dadurch verteilte sich das Gewicht weniger auf die Oberschenkel und lastete stärker auf der Wirbelsäule des Pferds.

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Worauf muss man beim Kauf eines Bareback-Pads achten?

Als Knackpunkt bei Bareback-Pads erwies sich die Wirbelsäule: Liegt das Pad flach auf dem Pferderücken, entsteht häufig zu viel Druck. "Drückt das Reitergewicht auf die Wirbelsäule oder den langen Rückenmuskel, machen Pferde sich oft fest im Rücken", betont David Albrecht, Mess-Experte vom "Team Satteltester". Damit ein Reitkissen die Wirbelsäule entlastet, muss es einem Sattel ähneln. Denn je besser die Wirbelsäulenfreiheit, desto weniger Druck kommt aufs Rückgrat.

Wie sich der Druck verteilt, hängt auch vom Sitz des Reiters ab. Sitzt er ausbalanciert, verteilt sich das Reitergewicht gleichmäßig auf Gesäß und Oberschenkel. Die Beine geben Stabilität, ohne zu klemmen. Einige Pads verschlechtern allerdings den Sitz – im Vergleich zum Reiten auf dem blanken Pferderücken: Sie setzen den Reiter schief oder zu weit nach hinten. Pads mit sattelähnlichen Formen unterstützen den korrekten Sitz besser. Ist die Oberfläche etwas griffig und nicht zu glatt, ist das Sitzgefühl angenehmer und weniger rutschig.

Wofür braucht man ein Bareback-Pad?

Bareback-Pads sollen beim Reiten ohne Sattel den Pferdrücken schonen und dem Reiter etwas mehr Halt bieten als auf dem blanken Pferderücken. Netter Nebeneffekt: Die Hose bleibt sauber und haarfrei. Nicht alle Bareback-Pads entlasten den Pferderücken aber tatsächlich, wie unser Test zeigte. Am besten dafür geeignet sind Modelle, die eine gute Wirbelsäulenfreiheit aufweisen. Sie können gegenüber dem Reiten ohne Barebackpad die Wirbelsäule tatsächlich entasten. Diese sattelähnlichen Modelle unterstützen auch einen korrekten Sitz – ebenfalls sehr wichtig für den Pferderücken.

Welche Arten von Bareback-Pads gibt es?

Bareback-Pads gibt es aus unterschiedlichen Materialien wie Leder, Wildleder, Filz oder Polyester-Gewebe. Auch in der Polsterung unterscheiden sich Bareback-Pads: Manche Modelle sind links und rechts der Wirbelsäule stärker gepolstert und haben einen Wirbelkanal, der die Wirbelsäule entlastet – fast wie ein Sattel. Andere Pads haben lediglich eine nach oben geschnittene Form, die dem Widerrist Platz bietet. Ganz flach geschnittene Pads ohne Widerristfreiheit können drücken.

Eignen sich Bareback-Pads für alle Pferde?

Im Prinzip kann jedes Pferd mit einem Bareback-Pad geritten werden. Bei Pferden mit Rückenproblemen, Pferden mit einem ausgeprägten Widerrist und/oder einer nicht ideal bemuskelten Sattellage ist jedoch Vorsicht geboten. Schwierige Rücken sind mit einem gut sitzenden Sattel besser beraten. Generell empfiehlt unser Experte David Albrecht: "Da gegenüber einem gut passenden Sattel leichter Fehlbelastungen entstehen, sollten Bareback-Pads nur ab und zu genutzt werden."

Wie teuer ist ein Bareback-Pad?

Die Pads in unserem Test kosteten zwischen ca. 150 und 300 Euro. Je aufwändiger ein Bareback-Pad gearbeitet ist, umso teurer ist es. Die Investition lohnt sich jedoch, wie unser Test zeigte.

Gibt es Bareback-Pads mit Steigbügeln?

Ja, manche Bareback-Pads haben Steigbügel oder können mit diesen nachgerüstet werden, etwas das fellsattelähnliche Pad "Macon" aus unserem Test. Da durch die Steigbügelaufhängung jedoch punktuell hoher Druck auf dem Pferderücken entstehen kann, sollten Bareback-Pads ohne Bügel genutzt werden.

Die aktuelle Ausgabe
6 / 20253

Erscheinungsdatum 17.05.2023