Pferde zum Niedrigpreis kaufen - Risiko oder Chance?
Pferde kaufen: Worauf achten bei Schnäppchen

Wenn Sie ein Pferd kaufen wollen, sind niedrige Preise unter 2500 Euro eine echte Versuchung - und ein Risiko. Ob ein günstiges Pferd ein guter Kauf ist oder böse Macken hat, zeigen unsere Profi-Tipps.

CAV Pferd Pferdekopf Brauner
Foto: Rädlein

Wer ein Pferd kaufen will, muss tief in die Tasche greifen. Kein Wunder, dass besonders preisgünstige Offerten eine echte Versuchung darstellen. Wer weiß, vielleicht hat der Verkäufer schlicht keine Ahnung, welche Perle er da weggeben will? Aber Vorsicht: Außergewöhnlich niedrige Preise haben auch im Pferdehandel immer einen Grund. Der muss nicht unbedingt gegen den Kauf des sprechen - aber Sie sollten genau abwägen, ob Sie mit eventuellen Macken des Pferdes klar kommen oder nicht. Die folgenden Tipps helfen Ihnen dabei.

Unsere Highlights

Der Info-Check: Ist der Verkäufer des Pferdes ehrlich?
Je weniger Auskunft der Verkäufer über das Können des Pferds gibt, desto eher können Sie mit einer bösen Überraschung rechnen. Ausbilderin Sabine Ellinger weiß, warum wenig nicht immer mehr ist. Die Gefahr besteht besonders, wenn Sie ein rohes Pferd kaufen möchten, das angeblich noch nichts kennt und deshalb günstig sein soll.

Dann schnappt häufig eine miese Falle zu: Daheim nämlich entpuppen sich einige dieser Pferde als sehr wohl schon anlongiert oder angeritten. Das merken Sie, wenn das Tier zum Beispiel panische Angst vor der ihm eigentlich unbekannten Ausrüstung wie Longe, Peitsche oder Sattel zeigt. Dann könnte es zu Beginn seiner Ausbildung misshandelt worden sein.

Ein solches Problempferd anzureiten, ist schwer und in Extremfällen unmöglich - auch für Profis. Ein Verkäufer, der solche Macken verschleiert, geht bei der Behauptung „roh“ davon aus, dass ein Käufer ein rohes Pferd vor Ort nicht testen und so die schon vorhandenen Probleme nicht sofort erkennen kann. Tipp: Junge Pferde kaufen Sie am besten beim Züchter, weil dieser den Werdegang des Tiers am besten kennt.

Wenn Ihnen der Züchter ebenfalls spanisch vorkommt und/oder Ihnen der Verkaufsgrund nicht plausibel erscheint, können Sie sich bei anderen nach dem Verkäufer erkundigen. Oder ihn selbst getrost nach seinen Qualifikationen fragen. Eine gute Anlaufstelle sind auch die Zuchtverbände. Sie kennen ihre Pappenheimer in der Regel ganz genau.

Der Druck-Check: Lässt Ihnen der Verkäufer Zeit?

Seriöse Verkäufer setzen Kunden nie unter Druck. Auch wenn andere Interessenten da sind, sollte man Ihnen Bedenkzeit geben und nicht drängen, das Pferd schnell zu kaufen. Pferdewirtin Susanne Kohne rät, auch bei Billig-Pferden eine Nacht zu schlafen, bevor Sie das Pferd kaufen: "Stutzig sollten Sie werden, wenn der Verkäufer versucht, Druck zu machen. Etwa nach dem Motto: „Gleich kommt noch ein Interessent. Wenn der zuschlägt, dann ist das Schnäppchen weg!“ Selbst wenn dem tatsächlich so ist, sollten sie eine Nacht drüber zu schlafen. Ein glaubwürdiger Verkäufer, der ein gesundes Pferd - egal wie günstig - vermittelt, wird Sie niemals bei der Entscheidung bedrängen. Er sollte ja auch Interesse an seinem Ruf und einem guten neuen Platz fürs Pferd haben."

Der Pflege-Check: In welchem Zustand ist das Pferd, das Sie kaufen wollen?

Auch günstige Pferde sollen gepflegt sein. Stumpfes Fell, verschmierte Schweife oder hauchdünne Eisen sind Warnsignale. Pferdefachtierarzt Dr. Stephen Eversfield sagt, welche gesundheitlichen Warnzeichen Sie beachten sollten, bevor Sie ein Pferd kaufen:

  • Das Pferd sollte ein glattes, glänzendes Fell haben - auch Winterfell kann gesund aussehen.
  • Die Rippen sollten nicht herausstechen, die Hufe gepflegt sein.
  • Papierdünne Hufeisen sind ein Zeichen, dass der Termin beim Hufschmied schon lange überfällig ist.
  • Der Schweif und die Hinterbeine dürfen nicht kotverschmiert sein.
  • Achten Sie auch auf die Atmung: Setzt das Pferd beim Atmen die Bauchmuskulatur sichtbar ein (Dampfrinne unterm Rippenbogen), hat es ein Lungenproblem.

Der Probezeit-Check: Nehmen Sie sich Zeit

Bietet der Verkäufer ein vierwöchiges Rückgaberecht fürs Schnäppchen an, können Sie sich darauf einlassen. Rechtsanwältin Dagmar von Stralendorff-Grüttemeier hält eine Probezeit für eine gute Sache: "Manche Verkäufer bieten ihren Kunden an, das Pferd vier oder sechs Wochen lang unverbindlich zu testen. Bei Nichtgefallen können sie das Pferd wieder zurückgeben. Ich schätze diese Probezeit, da der Käufer sich ein besseres Bild von dem Tier machen kann."

In einem schriftlichen Kaufvertrag sollte aber geregelt sein, dass der Vertrag erst mit Bestehen der Probezeit wirksam wird. Geben Sie keine mündlichen Zusagen, dass Ihnen die Probezeit ausreicht, um Fehler zu erkennen.

Der Emotions-Check: Gefühle kosten Geld

Kaufen Sie bewusst ein verdorbenes oder krankes Pferd, müssen Sie mit teurem Lehrgeld rechnen. Die Ausbilderin und Pferdezüchterin Annette Stevenson kennt unangenehme Folgekosten bei Mitleidskäufen: "Jeder neigt dazu, bei Schnäppchen zuzuschlagen. Erst recht, wenn man sich verliebt. So geschah es mir mit einer hübschen Tigerschecken-Stute. Sie war mangelernährt und hatte zu steile Hufe - ein deutliches Zeichen, dass sie ihre Beine fehlbelastete. Zum Kaufpreis kamen seitdem Unsummen für Tierarzt und Hufschmied dazu. Ich wusste, worauf ich mich einlasse. Ein Laie weiß jedoch selten, was auf ihn zu kommt, wenn er ein krankes Pferd kauft. Geben Sie lieber mehr Geld für ein gesundes Pferd aus."

Der Pass-Check: Auch Pferde brauchen Papiere

In Deutschland muss auch ein Schnäppchen-Pferd Papiere besitzen. Sonst stimmt was nicht. Pferde kaufen ohne Equidenpass - davon rät Stallmanagerin Susanne Kohne dringend ab: "Kein Pferd ohne Pass! Er ist in der EU Pflicht, enthält den Abstammungsnachweis (sofern vorhanden), Grafiken zum Eintragen der Abzeichen, eine Dokumentationsmöglichkeit über alle Impfungen/Medikationen und enthält einen Vermerk, ob das Pferd zur Schlachtung bestimmt ist oder nicht. Bei Turnierpferden dient der Pass auch als Eigentumsurkunde. Lassen Sie sich nicht mit der klassischen Ausrede vertrösten, dass der Ausweis am Verkaufstag zufällig verschwunden ist und nachgereicht wird. Pferde, die nach dem 1. Juli 2009 registriert wurden, müssen zudem gechippt sein.

Der medizinische Check: So läuft eine korrekte Ankaufsuntersuchung beim Pferde-Kauf

Verzichten Sie nie auf eine medizinische Untersuchung, bevor Sie das Pferd kaufen. Ein krankes günstiges Pferd kommt Sie manchmal teurer zu stehen als ein gesundes teures. Seriöse Verkäufer legen selbst Wert auf das Gutachten des Tierarzts. Pferdefachtierarzt Dr. Stephen Eversfield warnt vorm Sparen am Pferde-TÜV: "Seit der Reform des Kaufrechts erfolgt diese Untersuchung vor allem im Interesse des Verkäufers, um die Qualität seiner Ware zu sichern. Deshalb sollten Sie sich auch nicht allein die Kosten aufladen lassen. Denn für die Untersuchung nebst Röntgen fallen schnell 600 bis 800 Euro an. Allerdings muss jedem klar sein: „Die AKU ist nur eine Momentaufnahme. Eine Garantie für lebenslange Gesundheit gibt es nicht“, sagt Tierarzt Dr. Enno Allmers. Wie eine gute Kaufuntersuchung abläuft, zeigt der Experte in unserer Fotostrecke.

Liegt ein tierärztliches Gutachten über den Gesundheitszustand des Tiers schon vor, das der Verkäufer in Auftrag gab, sollte dies nicht älter als 14 Tage sein. Röntgenbilder sollten kein höheres Alter als vier bis sechs Wochen haben. Ich empfehle die Standard-Kaufuntersuchung mit zwölf Bildern, wie sie der Röntgenleitfaden der Bundestierärztekammer vorsieht."

Achten Sie darauf, dass der untersuchende Tierarzt sich mit Pferden auskennt. Fragen Sie im Zweifel Ihren Haustierarzt, welchen Kollegen vor Ort er empfiehlt. Oder wenden Sie sich an die Landestierärztekammern, die Listen mit Fachtierärzten führen.

Worauf der Tierarzt achtet, erklärt unsere Fotostrecke.

Der Rechte-Check: Ihr Rechte als Käufer

Beim Kauf eines billigen Pferds haben Sie die gleichen Rechte wie beim Kauf eines teuren. Pferderechtsexpertin Dagmar von Stralendorff-Grüttemeier beschreibt den Verbraucherschutz: "Der Verkäufer haftet für Mängel des Tiers. Dies sind nicht nur Krankheiten, sondern alle Abweichungen von der vereinbarten oder gewöhnlichen Beschaffenheit des Pferds, also auch Interieur- oder Ausbildungsmängel. Wenn ein Händler ein Pferd an privat verkauft, und es stellt sich binnen sechs Monaten nach Übergabe heraus, dass das Pferd krank ist, wird vermutet, dass es schon beim Kauf nicht fit war. Das gilt unabhängig vom Preis."

Der Preis-Leistungs-Check: Wann ist auch Schnäppchen zu billig?

Ihn müssen auch günstige Pferde bestehen. Bei unbegründeten Niedrigpreisen ist oft was faul. Dressurausbilderin Sabine Ellinger rät dazu, Tiefstpreise genauer unter die Lupe zu nehmen: "Wird ein Pferd auffallend günstig verkauft, hat das selten einen positiven Hintergrund. Achten Sie auf das Preis-Leistungsverhältnis. Zu billig ist ein Pferd beispielsweise in der Regel, wenn es unter den Aufzuchtkosten weggeht oder anderweitig aus dem Rahmen fällt - etwa, wenn Ihnen ein fertiges L-Dressurpferd mit guter Abstammung zum Preis eines uneingerittenen Vierjährigen angedreht wird. Mit solchen Pferden stimmt dann was nicht."

Der Charakter-Check: Vorsicht bei schwer erziehbaren Pferden

Lässt sich das Pferd überall anfassen, leicht satteln und trensen? Sachverständiger Dietbert Arnold warnt vor dem Kauf schwieriger Pferde, die oft billig sind. "Dreht das Pferd dem Käufer beim Betreten der Box den Hintern zu und lässt sich nicht halftern, ist das kein gutes Zeichen."

Meist kommen daraufhin Sprüche vom Verkäufer wie: „Mit etwas Übung kriegen Sie das schon hin.“ Setzen Sie die rosa Brille ab: Vor allem bei älteren Tieren wird sich das Verhalten kaum ändern. Auch wenn das Pferd beim Satteln beißt und beim Trensen mit dem Kopf schlägt, sollten Sie auf den Kauf lieber verzichten.

Billige Pferde kaufen: Diese CAVALLO-Experten wissen Rat

Susanne Kohne

CAV Susanne Kohne
privat

Die Pferdewirtin und Physiotherapeutin für Pferde ist Stallmanagerin bei der Springreiterin Luciana Diniz (Brasilien).

Kontakt:
Susanne Kohne
Ueffelnerstraße 139
49594 Alfhausen/Niedersachsen

Tel.: 05464 - 96 78 99
Mobil: 0173 - 88 468 99
E-Mail: services4horses@hotmail.com

Sabine Ellinger

CAV Sabine Ellinger Dressur Reiten Pferd
Rädlein

Sabine Ellinger ist Dressurausbilderin aus dem schwäbischen Murrhardt, wo sie ein -Rehazentrum für Pferde aufbaut. Sie hat ein Händchen für Problempferde.

Kontakt:
Sabine Ellinger
Käsbach 35
71540 Murrhardt
Tel.: 07192 - 20830

E-Mail: webmaster@dressur-design.de
www.dressur-design.de

Annette Stevenson

CAV Annette Stevenson
privat

Annette Stevenson ist Dressurausbilderin bis zur Hohen Schule. Sie leitet gemeinsam mit ihrem Mann Ian die Reitacademie Stevenson in Oberderdingen.

Kontakt:
Annette Stevenson
Hintere Gasse 20
75038 Oberderdingen

E-Mail: ian.stevenson@t-online.de
Tel: 0171-5853570

www.reitacademie-stevenson.de
www.reitacademie.homepage24.de

Dietbert Arnold

CAV Dietbert Arnold Pferdesachverständiger
privat

Dietbert Arnold ist Sachverständiger für Pferdezucht und -haltung. Der Bremer Buchautor bildet seit 30 Jahren Pferdewirte aus.

Kontakt:
Dietbert Arnold
Adresse Lerchenstrasse 82
28755 Bremen

Tel.: 0421 - 65 59 80
Mobil: 0171 - 64 00 359
E-Mail: dietbert.arnold@hippologe.de

Dr. Stephen Eversfield

CAV  Dr. Stephen Eversfield
privat

Dr. Stephen Eversfield ist Fachtierarzt für Pferde und leitet die Tierklinik Wiesbaden. Ein Schwerpunkt seiner Arbeit ist die Sportpferdemedizin. Privat züchtet er Vollblüter. Er kennt die Schwachstellen preiswerter Pferde, die zum Kauf angeboten werden.

Kontakt:
Tierklinik in Wiesbaden
Schreberweg 19
65191 Wiesbaden
Tel: 0611 - 502 013
Fax: 0611 - 501 646

E-Mail:
stephen.eversfield@freenet.de

Dagmar von Stralendorff-Grüttemeier

CAV Dagmar von Stralendorff-Grüttemeier
privat

Dagmar von Stralendorff-Grüttemeier ist Rechtsanwältin und -Expertin für Pferderecht. Sie hat eine Kanzlei in Berg am Starnberger See und weiß, worauf es juristisch ankommt, wenn Sie günstige Pferde kaufen möchten.

Kontakt:
Dagmar v. Stralendorff-Grüttemeier
Rechtsanwältin
Winkler Str. 22e
14193 Berlin
Tel. 030 - 8200 7566

sowie folgende Adresse:

Ratsgasse 8
82335 Berg am Starnberger See
Tel. 08151 - 972347
E-Mail: RA@stralo.de
www.stralo.de

Mehr Infos rund um den Pferdekauf:

Pferdekaufvertrag - Privatpersonen - Kostenloser Download
0,19 MByte
Pferdekaufvertrag - Unternehmer - Kostenloser Download
0,19 MByte
Die aktuelle Ausgabe
4 / 2023

Erscheinungsdatum 15.03.2023

Abo ab 42,99 €