Zecken sind anhänglich: Bis zu zwei Wochen können sie an ihrem Wirt, egal ob Mensch oder Tier, hängen, um Blut zu saugen. Dabei legen die kleinen fiesen Parasiten, die zur Gruppe der Milben gehören, schon mal um das 200-fache ihres eigentlichen Gewichtes zu.
Ist eine Zecke erstmal mit Blut vollgesogen und satt, fällt sie einfach ab und braucht bis auf weiteres keine Nahrung mehr. Drei bis fünf Jahre können Zecken ohne Blutmahlzeit in der Natur überleben, in Laborversuchen sollen es sogar zehn Jahre gewesen sein.
Über 50 verschiedene Krankheitserreger
Es gehört zu den weit verbreiteten Irrtümern, dass sich Zecken von Bäumen auf ihre Opfer fallen lassen. Vielmehr lauern sie auf Gräsern und Büschen, in einer Höhe bis zu 1,50 Meter. Im Vorbeigehen streifen Zwei- oder Vierbeiner den Parasit ab, der sich dann eine möglichst dünnhäutige, gut durchblutete Stelle zum Zustechen sucht.
"Menschen können sich – ebenso wie Hunde, Pferde und viele weitere Tiere – durch Zeckenstiche Infektionen zuziehen", erklärt Prof. Dr. med. Tomas Jelinek. Er ist Medizinischer Direktor des Berliner Centrums für Reise- und Tropenmedizin (BCRT) sowie Wissenschaftlicher Leiter des Centrums für Reisemedizin in Düsseldorf (CRM). Als Zeckenexperte arbeitet er zudem mit dem Pharma-Konzern Pfizer zusammen.

"Zecken können mit ihrem Stich über 50 verschiedene Krankheitserreger übertragen", so Jelinek. "In unseren Breitengeraden übertragen sie vor allem das FSME-Virus, also die Frühsommer-Meningoenzephalitis, und Borreliose-Bakterien. Beide Erreger sind für Menschen besonders gefährlich!"
Stechen Zecken zu, ist also rasches Handeln angesagt. "Während Borreliose-Bakterien, die sich im Darm einer infektiösen Zecke befinden, erst nach zwölf bis 24 Stunden übertragen werden", erklärt Jelinek, "beginnt die Übertragung von FSME-Viren direkt nach dem Stich, da sich das Virus in den Speicheldrüsen der Zecke befindet."
Borreliose, eine bakterielle Infektion, lässt sich im Frühstadium noch gut mit Antibiotika behandeln – bei FSME gibt es hingegen keine Behandlungsoption. Hier greift für den Menschen lediglich ein Impfschutz, der verhindert, dass Hirnhaut und zentrales Nervensystem angegriffen werden.
Für Pferde und Hunde gibt es keine FSME-Prophylaxe, gegen Borreliose allerdings schon. Doch ist das überhaupt nötig? Der Bedarf scheint überschaubar – so überschaubar, dass der Pharmakonzern Boehringer Ingelheim sein Borreliose-Präparat Equilyme vor ein paar Wochen vom Markt nahm. Auf CAVALLO-Anfrage gab eine Firmensprecherin "interne Gründe" an.
"Um Pferde jedoch weiterhin vor einer Infektion mit drei verschiedenen Borrelienstämmen schützen zu können, besteht laut StIKo Vet (Ständige Impfkommission Veterinärmedizin; Anm. der Redaktion) auch die grundsätzliche Möglichkeit einer Umwidmung von Impfstoffen für andere Tierarten", heißt es aus Ingelheim. Und: "Unser Hundeimpfstoff Merilym3 ist derzeit der einzige trivalente Borreliose-Impfstoff auf dem deutschen Markt und enthält die gleichen Borrelienstämme wie Equilyme."
Pferde scheinen wenig empfindlich zu sein
In der Tat scheinen im Praxisalltag von Pferde-Veterinären Zeckenstiche kaum eine Rolle zu spielen. "Die werden wahrscheinlich oft nicht bemerkt oder die Leute ziehen sie selbst raus", vermutet etwa Sigrun Klose, 38, von der Tierklinik Lüsche in Bakum/Niedersachsen, die auch einige Jahre in Oberbayern gearbeitet hat. Dr. Thomas Heinz, 59, aus Sauerlach im Süden von München, winkt ebenfalls ab: "Ist zu vernachlässigen."
Das Problem: Borreliose beim Pferd bleibt oft ohne Symptome – oder die Symptome werden nicht entsprechend gedeutet. "Sie wird häufig von Heilpraktikern und auch einigen Tierärzten als Ursache für unklare Lahmheiten genannt. Das ist aber wissenschaftlich nicht erwiesen", erklärt Tierärztin Klose.
FSME-Erkrankungen bei Pferden sind sehr selten; der erste Fall wurde erst 1981 in der Schweiz beschrieben (Waldvogel et. al.): Das Pferd hatte schwere neurologische Ausfälle mit Bewegungs- und Koordinationsstörungen. Krämpfe, Lähmungen, Zittern, Zähneknirschen sind weitere mögliche Symptome.
Zeckenexperte Dr. Tomas Jelinek vermutet, dass Pferde unempfindlicher als Menschen gegen Infektionen durch Zeckenstiche sind, weil sich ihr Immunsystem häufiger mit den Erregern auseinandersetzen muss.
Auf Alkohol, Öl oder Klebstoff verzichten!
Wichtig: Zecken sollte man behutsam zu Leibe rücken, also nicht ruckartig entfernen, sondern vorsichtig rausziehen. Auf Alkohol, Öl oder Klebstoff unbedingt verzichten! Denn in ihrem Erstickungskampf würde die Zecke erbrechen: Die Krankheitserreger gelangen so noch schneller ins Blut.
Zecken auch nicht quetschen! So könnten Körperflüssigkeiten freigesetzt und Krankheitserreger in den menschlichen Organismus gelangen – etwa durch eine kleine Wunde.
Sechs Hilfsmittel zum Entfernen, von der Kombi-Zeckenzange bis zum Stick, hat CAVALLO bei Pferden und Hunden in der Praxis getestet.





Übrigens: Für Tier und Mensch kann dieselbe Zeckenzange genutzt werden. Wichtig ist nur, diese nach Gebrauch mit Desinfektionsspray oder hochprozentigem Alkohol zu reinigen.
Nachgefragt: "FSME ist mit Medikamenten nicht heilbar!"
Prof. Dr. med. Tomas Jelinek, 54, ist u. a. Medizinischer Direktor des Berliner Centrum für Reise- und Tropenmedizin (BCRT) und berät den Konzern Pfizer.
CAVALLO: Herr Dr. Jelinek, was macht eine gute Zeckenzange aus?
Tomas Jelinek: Eine gute Zeckenzange besteht aus Edelstahl, rostet nicht und kann einfach gesäubert werden. Wichtig ist: Die Zecke möglichst hautnah greifen und langsam, kontrolliert entfernen. Die Zecke möglichst nicht drehen, denn dabei können Teile des Stechapparats abreißen und in der Wunde verbleiben. Das ist unangenehm und kann zu Entzündungen führen.
Kann ich mich beim Entfernen von Zecken infizieren?
Nein, ohne Zeckenstich nicht. Es sei denn, ich zerquetsche die Zecke und es gerät Köperflüssigkeit in eine Wunde: Denn wird eine Zecke ausgequetscht, während sie noch am Körper hängt, kann ihr Darminhalt in den Wirt, etwa Mensch oder Pferd, gelangen. Reiner Hautkontakt mit den Körperflüssigkeiten der Zecke beim Ziehen ist bei unverletzter Haut jedoch unproblematisch. Hat die Zecke zugestochen, ist es aber wichtig, sie schnell zu entfernen. Denn je länger der Saugvorgang anhält, desto wahrscheinlicher ist die Übertragung von Krankheitserregern und desto mehr Erreger können übertragen werden.
Sind Menschen bei Zeckenstichen empfindlicher als Hunde und Pferde?
Das FSME-Virus und Borreliose-Bakterien sind für Menschen sehr gefährlich. Borreliose kann im Frühstadium noch gut mit Antibiotika behandelt werden. FSME ist mit Medikamenten nicht heilbar, allerdings kann man sich durch Impfen schützen. Hunde reagieren mitunter empfindlicher als Pferde: Sie infizieren sich nicht ganz so oft, erkranken aber häufiger nach Zeckenstichen.