Der Fall: Pinto-Wallach Mister Little T Joker war in einem Pferdepensionsbetrieb in Iserlohn untergestellt. Der Stallbetreiber versorgte den Wallach und andere Einstellerpferde mit Heu und selbstproduzierter Silage. Dann erkrankte der Schecke, ebenso wie zwölf weitere Pferde: Sie waren apathisch, litten unter Schluckbeschwerden. Bei Mister Little T Joker diagnostizierte der Tierarzt eine Botulinvergiftung, die mehrere Wochen in einer Klinik behandelt werden musste. Kosten: 15 700 Euro.
Verunreinigte Silage als Auslöser
Alle erkrankten Pferde waren mit der selbsthergestellten Silage gefüttert worden. Eine Untersuchung ergab, dass diese mit Botulintoxin verunreinigt war. Die Besitzer von Mister Little T Joker verklagten den Stallbetreiber daraufhin auf Schadensersatz für die Tierarztkosten. Das Landgericht Hagen gab der Forderung (8 O 166/11) statt. Im Urteil hieß es, dass die toxische Silage Ursache für die Botulismuserkrankung des Pferdes gewesen sei. Die Silage enthielt teilweise Tierkadaver. Diese tragen zur Entwicklung von Botulismus-Bakterien bei, die wiederum das Botulintoxin bilden.
Landwirt haftet als Hersteller
Die Haftung begründet sich auf dem Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG). Dieses sieht in §1 vor, dass Hersteller für Fehler ihres Produkts haften. Wörtlich heißt es: "Wird durch den Fehler eines Produkts jemand getötet, sein Körper oder seine Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Hersteller des Produkts verpflichtet, dem Geschädigten den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen." Hersteller ist, wer ein "Endprodukt, einen Grundstoff oder ein Teilprodukt hergestellt hat" (§4 Abs. 1 ProdHaftG). Laut Gericht ist der Pensionsbetreiber als Hersteller zu betrachten, da er mit der Ernte des Grases einen Grundstoff produzierte und mit der Verarbeitung zur Silage ein Endprodukt erzeugte. Bei Produktfehlern sieht das Produkthaftungsgesetz eine verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung vor. Die verunreinigte Silage stellte laut Landgericht einen solchen Fehler dar.
So entschied das Oberlandesgericht
Der Landwirt legte gegen das Urteil beim Oberlandesgericht Hamm Berufung ein. Nach Überprüfung bestätigte der 21. Zivilsenat das Urteil der Vorinstanz (21 U 14/16). Auch das Oberlandesgericht sah die Haftungsverpflichtung durch das Produkthaftungsgesetz gegeben. Es ergänzte, dass "die Gefahr einer Kontamination von Silage, die zur Entstehung von Botulintoxin führt, zum maßgeblichen Zeitraum allgemein bekannt war und auch dem Beklagten nach seinem eigenen Vortrag bewusst". Der Pensionsbetreiber nahm seine Berufung nach dem Beschluss des Oberlandesgerichts zurück.
Die Konsequenzen
Die verschuldensunabhängige Produkthaftung betrifft auch Pensionsstallbetreiber, die Futter selbst herstellen. Macht dieses Pferde krank, müssen sie für Schäden haften. Um sich vor Produktmängeln zu schützen, können Landwirte ihre Ernte bei Landwirtschaftlichen Untersuchungs- und Forschungsanstalten (LUFA) prüfen lassen. Unser Experte empfiehlt zudem, sich für Haftungsfälle ausreichend zu versichern.
Der Experte: Andreas Ackenheil ist spezialisiert auf Tier- und Pferderecht. Seine Kanzlei ist bundesweit tätig.
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