Freistellung von Hausberger an der Hofreitschule
Das Echo auf den Personal-Eklat

Nach der Dienstfreistellung von Oberbereiter Hausberger sind Experten besorgt. Welche Folgen des Konflikts sie sehen und was der Hofreitschule mit Andreas Hausberger verloren ginge.

Die Spanische Hofreitschule in der Hofburg am Michaelerplatz in Wien, Österreich bei Nacht.
Foto: Michael Utech / GettyImages

Nach dem Personal-Eklat an der Spanischen Hofreitschule kommunizierten zunächst weder die Hofreitschule selbst noch der vom Dienst freigestellte Oberbereiter Andreas Hausberger Gründe. Nun ist bekannt, dass Hausberger einen kritischen Brief an den Geschäftsführer verfasste, in dem er die gesunkene Qualität sowie die Überforderung der Hengste kritisierte. Er forderte einen Systemwechsel oder aber den Rücktritt Hudlers. Hausberger wurde freigestellt und mit einem Betretungsverbot belegt, sein Profil löschte die Hofreitschule von ihrer Homepage. Richard Hinrichs, Leiter des Instituts für Klassische Reiterei Hannover und bekannter Ausbilder, sagte am Tag nach Bekanntwerden der Freistellung: "Es könnte sein, dass die Suspendierung auf verletzenden Äußerungen beruht, dass sich sowohl der geschäftsführende Leiter der Schule als auch der Oberbereiter verletzt gefühlt haben." Er hofft, dass der Konflikt noch zu lösen ist: "Ich wünsche mir, dass Hausberger und Dr. Hudler, diese beiden erwachsenen Männer, ihre Positionen sachlich klären können, so dass trotz Verletzungen auf beiden Seiten eine Zusammenarbeit wieder möglich wird", so Hinrichs.

Unsere Highlights

Trennung von Hausberger bedeutete weiteren Verlust von altem Wissen

Würden sich die Wege von Hausberger und der Spanischen dauerhaft trennen, bedeute dies einen Verlust an reiterlichem und historischem Wissen. "Andreas Hausberger ist ein besonderes Aushängeschild für die Schule. Ich hoffe, dass ihr seine reiterlichen Fähigkeiten erhalten bleiben. Er ist auch in der Lage, nach außen die kulturellen Bezüge der Reitschule darzustellen, kaum ein anderer in der Schule hat dieses geschichtliche Verständnis und bringt es so in der Öffentlichkeit zur Geltung wie er", sagt Hinrichs. Ähnlich sieht das Josef Offenmüller, ehemaliger Sprecher des "Freundeskreis der Klassischen Wiener Reitkunst". "Als die Oberbereiter Wolfgang Eder, Klaus Krzisch und Johann Riegler der Schule verloren gingen, bedeutete das einen großen Verlust für die Erhaltung der alten klassischen Reitkunst, wie sie auch im Hofreitschulgesetz eigentlich verankert ist und sie waren diesbezüglich wirkliche Stützen. Bei Andreas Hausberger sehe ich den Verlust nicht ganz so schmerzlich wie bei ihnen, dennoch gehört auch er zu denen, die noch sehr viel Wissen haben." Auch Alfons Dietz, der selbst an der Spanischen Hofreitschule lernte und tätig war, sieht den Eklat mit Sorge und fürchtet einen Verlust von altem Wissen. Arthur Kottas-Heldenberg, ehemaliger Oberbereiter der Spanischen Hofreitschule, unterrichtete Andreas Hausberger dort. Er sagt: "Andreas war für mich ein hervorragender Trainer und Reiter."

Personalstrukturen könnten Konfliktpotential geliefert haben

Hausberger war einer von drei Oberbereitern. Diese Personalstruktur an der Hofreitschule könnte Konfliktpotential geliefert haben: "Die Hofreitschule muss Organisationsstrukturen schaffen, bei denen klar ist, wer wo das Sagen hat. Es braucht auf jeden Fall wieder einen Leiter der Reitbahn. Zuletzt leiteten drei Oberbereiter diese gemeinsam. Das führt dazu, dass es keinen wirklichen Leiter gibt, der Konflikte befrieden kann", kritisiert Richard Hinrichs. Auch Alfons Dietz weist darauf hin, dass die Hofreitschule keinen ersten Oberbereiter mehr ernannt hatte. "Schon früher gab es zwar ein Trio von Oberbereitern. Einer davon war jedoch als erster Oberbereiter Chef der Reitbahn", so Dietz. Auch Arthur Kottas-Heldenberg würde sich das jetzt wieder wünschen. Um den Amtsantritt des neuen Geschäftsführers Dr. Hudler sei er mit diesem im Gespräch gewesen und habe vorgeschlagen, Hausberger zum Ersten Oberbereiter zu machen. "Dann kam der Brief und die Freistellung", sagt er. Er sei darüber sehr traurig, denn Hausberger sei eine Stütze der Hofreitschule gewesen. Die Pflege der klassischen Reitkunst sei wichtig. "Wenn junge Reiter das machen sollen, ist das für mich ganz ganz schwer", so Kottas-Heldenberg.


Petition fordert Stopp der Zerstörung des Weltkulturerbes

Alfons Dietz geht mit seinen Forderungen noch weiter: Er hat eine Petition unter der Überschrift "Stopp der Zerstörung des Weltkulturerbes Spanische Hofreitschule" gestartet. Darin schreibt er: "Wenn wir nicht sofort handeln ist dieses Kulturgut unwiederbringlich verloren." Dietz stellt in der Petition drei Forderungen auf: Die Leitung der Spanischen Hofreitschule soll in die Hände eines "Fachmannes/Frau mit tiefer Verwurzelung in der klassischen Reitkunst" gelegt werden, sie soll vom Ressort der Landwirtschaft zum Kulturressort wechseln (die Spanische Hofreitschule ist dem Landwirtschaftsministerium zugeordnet) und altes Wissen soll durch Reaktivierung von Oberbereitern in Ruhe wieder integriert werden. Dietz schreibt: "Seit nunmehr 15 Jahren fällt die Qualität der Reitkunst in der Spanischen Hofreitschule ins Bodenlose. Lasst uns dieses einmalige Kultur- und UNESCO Weltkulturerbe erhalten. Es ist die letzte Möglichkeit, den Auftrag der Spanischen Hofreitschule – Erhaltung und Förderung der klassischen Reitkunst – zu retten."

Ausstrahlung auf die gegenwärtige Reiterei wird schwieriger

Die Spanische Hofreitschule soll diese klassische Reitkunst erhalten – und dabei auch nach außen strahlen: "Gemäß ihrer Direktive soll die Spanische Hofreitschule Ausstrahlung auf die gegenwärtige Reiterei haben", erklärt Richard Hinrichs. "Hausberger ist in dieser Hinsicht besonders wirksam. Unter den ersten zehn Reitern auf den Weltranglisten in der Dressur sind vier Schüler von ihm, zwei bei den Senioren, zwei bei den Reitern unter 25 Jahren. Damit trägt er in besonderem Maße dazu bei, dass die Spanische Hofreitschule die Reiterei der Gegenwart prägt. Ginge Hausberger der Hofreitschule verloren, wäre das aus meiner Sicht ein sehr schmerzlicher Verlust."

Josef Offenmüller sieht den Erhalt der Reitkunst durch die Hofreitschule schon heute nicht mehr gegeben: "Ich sehe die Hofreitschule mittlerweile eben eher als touristisches Ensemble. Der Anspruch, dass die Spanische Hofreitschule die alte Reitkultur wieder erlangen kann, ist für mich Geschichte. Aus meiner Sicht ist es sowohl fachlich als auch finanziell nicht mehr möglich, die Schule dorthin zurückzuführen."

Richard Hinrichs will in Bezug auf den aktuellen Konflikt die Hoffnung noch nicht aufgeben: "Manchmal gibt es im allerletzten Moment Selbstheilungskräfte. Ich hoffe, dass die gegenseitigen Verletzungen nicht so stark sind, dass man nicht wieder auf eine sachliche Ebene kommen kann." Arthur Kottas-Heldenbergs Einschätzung: "Das ist wie bei einer Ehe, wenn sich zwei Leute auseinandergelebt haben, kann man nie nur einem die Schuld geben." Eine Versöhnung sei aber schwierig, "wenn einmal so viel Scherben daliegen". Letztlich könnten nur Hausberger und Hudler selbst sich zur Chance auf Aussöhnung äußern. Gelänge diese, wäre das im Sinne der Schule, findet Kottas-Heldenberg. "Es geht nicht um Einzelpersonen, sondern um die Spanische Hofreitschule".

Die aktuelle Ausgabe
6 / 20253

Erscheinungsdatum 17.05.2023