Fließende Übergänge reiten

Übergänge richtig reiten - Die besten Tipps
Fließende Übergänge reiten

Veröffentlicht am 09.07.2025
Eine junge Frau beim Training auf Kandare mit ihrem Schimmel
Foto: master1305/ gettyimages

Saubere Übergänge sind das A und O der Reiterei

Kaum hat man eine halbe Runde im Galopp gedreht, ist er schon wieder überfällig: der Übergang in den Schritt oder Trab. "Reitet viele Übergänge", mahnen die meisten Reitlehrer, und trotzdem sieht man viele Pferde Runde um Runde in der Halle traben und galoppieren. Dabei weiß jeder, wie wichtig fließende Übergänge beim Reiten sind: Korrekt geritten, fördern sie Losgelassenheit, Durchlässigkeit, Balance und sorgen dafür, dass die Hinterhand im Moment des Übergangs Last aufnimmt. Sie machen das Pferd aufmerksam und verlangen eine gute Abstimmung von Hand, Schenkel und Gewicht.

"Pferde sind von Natur aus vorhandlastig gebaut. Deswegen ist es ein Ziel der Pferdeausbildung, ihre Körperbalance durch Übergänge zu schulen", sagt Dressurausbilderin Corinna Lehmann aus Langenberg in Nordrhein-Westfalen. "Durch Übergänge gewinnt das Pferd mit Last auf dem Hinterbein mehr Schulterfreiheit, einen lockeren Rücken und lässt den Hals ganz zwanglos fallen." Wechselst du beim Reiten häufig die Gangart, werden ständig andere Muskeln beansprucht, die das Pferd locker machen. "Reitest du dagegen ständig im Einheitstempo, werden die Muskeln einheitlich beansprucht und lassen das Pferd ermüden", erklärt Corinna Lehmann.

Ausnahme: Wann sollten Übergänge nicht geritten werden?

Allerdings gibt es zwei Aspekte, die gegen das Reiten von häufigen Übergängen sprechen. Sie sind tabu, wenn 1. der Reiter dazu noch nicht in der Lage und 2. das Pferd noch nicht soweit ist. "Pferde, die keine drei Runden am Stück losgelassen im Takt gehen können, dürfen nicht mit ständigen Übergängen überladen werden", warnt Corinna Lehmann. Das ist besonders wichtig für junge Pferde, die sich erst einmal taktrein und in gleichmäßigem Tempo in einer Gangart bewegen lernen müssen.

Werden Übergänge nicht korrekt geritten, ist es wie bei allen anderen Lektionen auch: Sie schaden mehr als dass sie nutzen. Deshalb taugen sie auch, um eine korrekte Ausbildung zu überprüfen. "Übergänge sind die Momente der Wahrheit", sagt Dressurausbilder Michael Putz aus dem bayrischen Erlangen. "Ich staune immer wieder, dass selbst M- und S-erfahrene Reiter damit Schwierigkeiten haben. Schon das erste Antraben aus dem Schritt zeigt, ob das Pferd durchlässig und ohne einen gespannten Tritt antritt."

Eine junge Frau mit ihrem Schimmel im Galopp beim Dressur-Training auf dem Reitplatz
master1305/ gettyimages

Welche Arten von Übergängen kann man reiten?

  • Einfache Übergänge sind die in die nächst höhere oder niedrigere Gangart. Sie lösen das Pferd.
  • Halbe Übergänge sind Übergänge innerhalb der Gangart, etwa vom Arbeits- zum Mitteltrab, auch Tempiwechsel genannt.
  • Schwere Übergänge sind z.B. Schritt-Galopp und Trab-Halten. Sie verlangen erste Versammlung.

Qualität der gerittenen Übergänge: "Fließend" ist das Schlüsselwort

Elke Trümner, Pferdewirtschaftsmeisterin und XENOPHON-Trainerin aus Waltenheim/Elsass sagt: "Die Qualität der Ausbildung zeigt sich nicht in der spektakulären Bewegung eines starken Trabs. Die wahre Rittigkeit zeigt sich durch das Einleiten der Trabverstärkung und dem Zurücknehmen." Auch bei diesen Tempiwechseln spricht man von Übergängen.

Pferde mit ungünstigem Exterieur tun sich schwer bei Übergängen. "Ein tief angesetzter Hals oder eine steile Hinterhand können ein Nachteil sein", erklärt Annette Stevenson, Dressurausbilderin aus dem badischen Oberderdingen. "Pferde die eine Bergabtendenz haben, werden gerne in der Schulter schwer, kommen auf die Vorhand und auf die Hand", ergänzt Dressurausbilderin Britta Rasche aus Meerbusch/Nordrhein- Westfalen.

Pferden, die bergauf gebaut sind, fallen Übergänge dagegen leichter, weil sie von Natur aus mit einer besseren Balance gesegnet sind. Übergänge gibt es von jeder in jede denkbare Gangart, innerhalb jeder Gangart und zwischen allen Lektionen. Sie sind korrekt, wenn sie von "hinten nach vorne geritten" werden.

Das heißt: Es ist immer die Hinterhand, die den Übergang einleitet und steuert. Das Bild in den Reithallen ist ein anderes: Viele Pferde fallen beim Übergang auf die Vorhand, verlieren die Balance und Anlehnung, verkrampfen den Rücken und schubsen den Reiter aus dem Sattel.

Wie reitet man fließende Übergänge?

Diese Fehler sieht man oft schon bei den so genannten "einfachen Übergängen". So bezeichnet man Wechsel in die nächst höhere oder nächst niedrige Gangart. In den Richtlinien für Reiten und Fahren heißt es in Band eins: "Durch Reiten von Übergängen werden die Hinterbeine durch die treibende Einwirkung des Reiters aktiviert und der Rücken zum Schwingen gebracht."

Fließende Übergänge vom Trab zum Galopp sollten dabei laut Richtlinien besonders oft geritten werden. Elke Trümner erklärt, warum: "Richtig gerittene Übergänge zwischen Trab und Galopp lösen den Pferderücken, weil sich im Galopp beide Stränge des Rückenmuskels nahezu gleichzeitig dehnen und wieder zusammenziehen, im Trab dagegen wechselseitig."

Reitest du viele Übergänge zwischen Trab und Galopp, wird der Pferderücken weich wie Knetmasse. Bietet das Pferd dabei von sich aus gleich den schweren Übergang zum Schritt an, sollte es laut Corinna Lehmann nicht bestraft werden. "Wenn es von der Situation her passt, lobe ich das Pferd, übe dann aber an den geplanten Übergängen weiter." Einfache Übergänge wie Schritt-Halten, Schritt-Trab und Trab-Galopp werden bereits in Dressurprüfungen der Klasse E und A gefordert.

Halbe Übergänge machen dynamisch

Als halbe Übergänge oder Übergänge innerhalb der Gangart bezeichnet man Tempiwechsel. Die kannst du ansatzweise schon von jungen Pferden verlangen, indem du in jeder Gangart einige Tritte zulegst und zurücknimmst, ohne dass der Takt dabei verloren geht.

"Junge Pferde werden dadurch richtig dynamisch", findet Annette Stevenson. Bei fortgeschrittenen Pferden lassen sich halbe Übergänge innerhalb einer Gangart bis zu drei Tempi (z.B. versammelter Trab, Mitteltrab, starker Trab) ausbauen. "Hier zeigt sich dann, ob das Pferd gerade gerichtet ist", sagt Annette Stevenson. Wird es beim Zurücknehmen schief und weicht aus, hat es noch Defizite." Das starke Tempo ist besonders schwierig, weil es nicht einfach "schneller" heißt. "Es kann erst erreicht werden, wenn das Pferd die Hinterbeine beugt. Bei der Rückführung sollte unbedingt von Anfang an verhindert werden, dass mit zu viel Hand pariert wird."

Wie gelingt der Übergang zum Halten?

Wenn Schüler das erste Mal frei reiten, üben sie das Halten aus dem Schritt. "Für Anfänger ist es psychologisch wichtig, das Pferd anhalten zu können. Sie haben dann das Gefühl, Kontrolle zu haben." Bei Fortgeschrittenen verlangt Britta Rasche in der ersten Schrittphase Übergänge zum Halten. "Dadurch wird das Pferd veranlasst, nachgiebig im Genick zu werden. Es kann so auf anspruchsvollere Übergänge vorbereitet werden." Eine weitere Übung setzt Corinna Lehmann zum Muskellockern ein "Ich lasse in kurzen Phasen vom Schritt in einen untertourigen Trab wechseln. Dabei fordere ich kein aktives Hinterbein; die Lektion soll nur den Körper lösen.

Eine Frau mit ihrem Schimmel beim Dressur-Training auf dem Sandplatz
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Pferd beim Übergang nicht ausbremsen

Gerade der Übergang in die niedrigere Gangart bereitet vielen Reitern Schwierigkeiten, weil sie instinktiv am Zügel ziehen, weil sie bremsen wollen. Dieses Hindernis lässt sich durch ein paar psychologische Kniffe umgehen. Ausbilder Michael Putz spricht nicht gerne vom "Durchparieren". Er benutzt lieber die Anweisung "bereite den Übergang vor". Dadurch denkst du nicht mehr an aufhören und langsamer werden, sondern an die neue Gangart, die beginnen soll.

"Vor dem Übergang musst du kurz Spannung aufbauen, damit du während des Übergangs zum Nachgeben kommst", erklärt Michael Putz. "Leite die neue Gangart am Sitz ein", lautet der Tipp für das Reiten fließender Übergänge von Elke Trümner. Dann macht dein Becken automatisch die richtige Bewegung, die für die gewollte Gangart typisch ist. "Pferde, die sich gerne beim Übergang vom Trab zum Schritt herausheben, kannst du im Schenkelweichen durchparieren. Dabei hast du das Pferd besser am Sitz", sagt Annette Stevenson. Können Pferde schon Schulterherein im Trab, können solche Pferde auch im Schulterherein durchpariert werden.

"Dann muss wenigstens ein Hinterbein im Moment des Übergangs untertreten", erklärt Stevenson. Elke Potucek-Puscha pariert Pferde, die sich gerne herausheben, nach einer Volte durch. "Dann habe ich mein Pferd besser am äußeren Zügel, als auf der Geraden", erklärt sie. "Die innere Hand muss dann im richtigen Moment nachgeben. Den richtigen Moment zu finden ist allerdings knifflig, denn gibt man zu früh oder zu spät nach hebt sich das Pferd erst Recht raus, weil die Verbindung weg ist." Deswegen lautet ihr Tipp: "Einfach nur den Druck vom Zügel nehmen. Dann kann das innere Hinterbein durchkommen."

Obwohl viele Reiter wissen, wie nützlich Übergänge beim Reiten sind, drücken sie sich vor ihnen, weil sie ihnen nicht gelingen. Diese Erfahrung macht Britta Rasche vor allem bei Freizeitreitern. "Reiter, die sich Prüfungen und Turnieren stellen, müssen sich auch mit unangenehmen Lektionen auseinandersetzen." Wenn man sich keiner Prüfung stellt, kann man unangenehmen Dingen gut aus dem Weg gehen. Darum findet Rasche es wichtig, unter Anleitung zu reiten: Der Reiter muss nachdenken, Fehler korrigieren und planvoll reiten. "Es ist für Reiter sehr schwierig, mit genauem Konzept zu reiten, denn sie haben oft viele Ziele auf einmal: Das Pferd soll was Bestimmtes lernen, Fehler sollen wegtrainiert werden, die Stunde sollte abwechslungsreich sein und dann auch noch Spaß machen", fasst Corinna Lehmann zusammen. Da lässt man gerne Dinge weg, die nicht so gut klappen. Das ist ähnlich wie bei Bahnfiguren. "Ohne Anleitung reiten viele nur Zirkel und Ganze Bahn", sagt Annette Stevenson. "Wer aber mit Anspruch reiten möchte, braucht Selbstdisziplin. Mache dir vor deiner Trainingseinheit einen Plan und lege fest, worauf du deine Schwerpunkte legen möchtest." Denn spätestens nach der zehnten Runde in der gleichen Gangart langweilt sich auch das Pferd. Baue also fließende Übergänge immer wieder in deine Trainingseinheiten ein und spiele mit unterschiedlichen Gangart- und Tempiwechseln.

Eine junge Frau lobt ihren Schimmel und streichelt ihm am Hals
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Fließende Übergänge reiten bei Gangpferden

Grundsätzlich haben Übergänge bei Gangpferden den gleichen Stellenwert wie bei klassisch ausgebildeten Pferden. Aber Gangpferde haben andere Schwierigkeiten und brauchen länger, um saubere Übergänge zu beherrschen. Abhängig von der genetischen Gangverteilung fällt es manchen von ihnen schwer, die Gangarten zu trennen.

Warmblüter können aus dem Schritt entweder antraben oder angaloppieren. Vier- und Fünfgänger haben zusätzlich die Möglichkeit, Gangarten fließend zu verschieben: Auf der Weide kann man beispielsweise Wechsel zwischen Pass, Passtölt und Tölt und vom Tölt über den Trabtölt zum Trab beobachten. Der Übergang vom Galopp zum Tölt ist anspruchsvoll, weil Gangpferde dabei gerne eine Galopprolle in den Tölt einbauen, das heißt, dass sie mit einem Vorder- oder Hinterbein weiter ausgreifen als mit dem anderen.

Die Übergänge zwischen Galopp und Trab, die bei den Dreigängern gerne zum Lockern geritten werden, fallen Gangpferden besonders schwer: Erzeugt der Reiter beim Durchparieren zuviel Spannung, kann das Pferd in den Tölt statt den in den verlangten Trab wechseln. Gerne werden Tempiwechsel innerhalb des Tölts gefordert. Bei Pferden, die beim Tölten zu lateralen Verschiebungen (Pass) neigen, helfen Übergänge im Schulterherein zwischen Schritt-Tölt-Schritt. Pferde, die eher Trabtendenzen im Tölt haben (diagonale Verschiebungen), kann man zum Beispiel durch die versammelnde Wirkung von Tölt-Halt-Tölt Übergängen zum vermehrten Setzen und damit zum klaren Viertakt anleiten.