Pferdehaufen auf Straße: Muss dieser Dreck weg?

Rossbollensammler
Dieser Dreck muss weg

Zuletzt aktualisiert am 28.05.2024
Ein Pferdehaufen auf der Straße
Foto: madsci/ GettyImages

Pferdehaufen kann man zählen

Meine Kinder zählen: "Eins, zwei, drei...” Der Kleine steigt bei 23 aus, der Große zählt voller Begeisterung bis 86 weiter. Was er zählt? Haufen von Pferdeäpfeln. Teilweise auch nur das, was von ihnen noch übrigblieb.

Wir sind wandern. In einem kleinen Waldstück im schwäbischen Remstal. Die kurze Strecke von gerade einmal zwei bis drei Kilometern mögen wohl auch Reiter, wie unschwer an den Hinterlassenschaften zu erkennen ist. Als Reiterin stört mich ein einzelner Haufen Pferdeäpfel nicht. In der Frequenz fühlten wir uns allerdings trotz des positiven mathematischen Effekts, als würden wir auf purem Mist wandern.

Wo muss der Mist weg?

Wie ist das? Dürfen Pferdeäpfel auf Waldwegen liegenbleiben? Ja, dürfen sie. Weg müssen sie nur, sobald die Pferdebollen auf öffentlichen Straßen liegen. Damit sie den Verkehr nicht gefährden. Schön ist solch eine Mistspur im Wald trotzdem nicht. Absteigen und kurz den Pferdehaufen zur Seite schieben, sollte selbstverständlich sein. Denn auch, wenn es in diesem Fall keine gesetzliche Regel gibt: In Wald und Flur gilt das Prinzip der gegenseitigen Rücksichtnahme. Die Entschuldigung "Ist ja nur verdautes Heu” kann hier nicht die Rechtfertigung sein, um andere Waldgenießer auf Ausscheidungen laufen zu lassen.

Wer abseits des Waldes bei seinem Ausritt zum Beispiel durch Ortschaften reiten muss oder über Feldwege, braucht allerdings irgendeine Möglichkeit, die Hinterlassenschaften seines Pferd wieder einzusammeln. Den doch eher unhandlichen Bollensammler samt Rechen auf dem Pferd mitzunehmen, ist keine Option.

Mist macht erfinderisch

Angelika Fricke aus Ölbronn-Dürrn in Baden-Württemberg hat deshalb den "Pferdeäpfel-Frei” entwickelt. Ihre Lösung ist eine praktikable Kombination aus einer leichten Schaufel aus bruchfestem Kunststoff mit einer schmutzabweisenden, wasserdichten Hülle, in die man die dreckige Schaufel nach Benutzung steckt. Mit einem Karabiner klipst man die Schaufel dann einfach an den Sattel. Die Pferdeäpfel kommen in eine nassfeste, sehr robuste Tüte aus Kraftpapier und diese in einen Baumwollbeutel mit Karabiner. Auf diese Weise findet alles seinen Weg wieder zurück in den Stall.

CAVALLO Bollensammler
Hersteller

So sind Reiter unterwegs

Die Idee mit Schaufel und Tüte nutzen auch einige unsere Facebook-User, wie eine Umfrage ergab. Sie transportieren den verpackten Zankapfel dann entweder in einem handlichen Rucksack oder in Vorderpacktaschen wieder Richtung Stall oder kippen den Inhalt im Wald abseits der Wege aus. Auch eine gute Idee: Manche schwingen sich im Anschluss an den Ritt aufs Fahrrad und radeln bewaffnet mit Kehrblech und einem Eimer zum Umhängen oder Mini-Mistboy Richtung Pferdeäpfel. Das ist kein Problem, denn auch wenn im Gesetzestext von "unverzüglich” die Rede ist: Der Reiter hat Zeit, in den Stall zurückzukehren und zum Beispiel Eimer und Schaufel zu holen. Denn im juristischen Kontext bedeutet unverzüglich, dass es ohne schuldhaftes Zögern zu geschehen hat.

"Richtig”, bestätigt auch Isabelle Kübler, Pressesprecherin des Landratsamts Rems-Murr-Kreis aus Waiblingen, Baden-Württemberg. "Unverzüglich ist ein unbestimmter Rechtsbegriff und nach Auslegen des Einzelfalles bedeutet dies in der Praxis, sobald es die Situation ermöglicht.”

Ortrun Voß, unter anderem Rechtsanwältin für Verkehrsrecht und Pferderecht aus Essen, NRW, wird in dem Fall ein wenig genauer: "Wer noch zwei Stunden mit dem Pferd unterwegs ist, sollte die Pferdeäpfel nicht so lange liegenlassen.” Letztlich sei es aber Auslegungssache. "Schwierig wird es erst, wenn sich jemand ärgert oder verletzt”, so Ortrun Voß.

Spezialfall Feldweg

Damit die Pferdeäpfel schneller von der Straße kommen, sind manche Reiter im Anschluss auch mit dem Auto unterwegs. Einfach eine Kunststoffwanne, Schaufel und Besen in den Kofferraum und der Mist landet schnell dort, wo er hingehört: auf dem Misthaufen. Aber ist es erlaubt, mit dem Auto auf dem Feldweg zu fahren? "Ob ein Feldweg öffentlich ist oder privat, erkennt man kaum”, sagt Ortrun Voß. Tipp: Sobald ein Verkehrszeichen an der Straße steht, ist es ein öffentlicher Feldweg, den Reiter befahren können und auf dem die Rossbollen auch nicht liegenbleiben dürfen. "Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, dass der Eigentümer eines privaten Feldwegs etwas dagegen hat, wenn Reiter die Hinterlassenschaften ihres Pferds wegräumen. Man kann sich ja auch mit dem Bauern absprechen.” Denn auf privaten Straßen greift die StVO nicht. Aber befahren werden dürfen private Feldwege nicht.

Darf der Mist ins Grüne?

Manch ein Reiter freut sich jetzt vielleicht, dass sich das Hinterteil seines Pferds während des Äppelns noch in Richtung Grün- oder Randstreifen bugsieren lässt und er so den Haufen nicht beseitigen muss. "Laut Rechtsprechung gilt die Beseitigung von Pferdeäpfeln nicht nur für Fahrbahnen, sondern auch für Gehwege und sonstige Verkehrsflächen”, erläutert Isabelle Kübler. "Unter dem Begriff Straßen sind damit alle dem Verkehr dienenden Flächen gemeint. Die Verpflichtung aus § 32 gilt sowohl für Verkehrsteilnehmer, aber eben auch für Nichtverkehrsteilnehmer.” Was alles zu einer Straße gehört, regelt Paragraf 2 der StVO. Darin ist von Dämmen, Gräben, Böschungen sowie Trenn- und Sicherheitsstreifen die Rede.

Wer also denkt, er ist mit dem Pferdehaufen im Grünen oder an der Seite aus dem Schneider, irrt sich. Oder? "Die Pferdeäpfel dürfen den Verkehr nicht behindern”, sagt Ortrun Voß. Zum Verkehr gehören aber nicht nur Autos, sondern auch Fußgänger und Radfahrer. "Auch die dürfen durch Pferdeäpfel nicht behindert werden”, so die Rechtsanwältin. "Gerade bei Radfahrern sehe ich eine ungleich größere Gefahr, durch einen Haufen Pferdeäpfel zu stürzen und sich zu verletzen.” Dient der Grünstreifen daher dem Begehen oder Befahren, müssen die Rossbollen auch hier entfernt werden.

Ortrun Voß ist als Reiterin und Fahrerin selbst viel mit Pferden unterwegs: "Ich sage immer: Runter von dem, was offensichtlich genutzt wird. Auch, wenn es ein eingetretener Fußweg ist.” In einem abschüssigen Graben dagegen werden die Pferdeäpfel kaum jemanden behindern.

Droht eigentlich ein Bußgeld, wenn man die Pferdeäpfel nicht entfernt? "Ja. Es ist aber Ermessenssache der Ordnungsämter, die Höhe festzulegen”, erklärt Ortrun Voß. "Meist sind es zehn Euro. Häuft sich das Problem, darf das Ordnungsamt das Bußgeld hochsetzen.” Was da bei unserem Ausflug im Wald wohl zusammengekommen wäre?

Rechtliche Grundlage

Der Paragraf 32 der Straßenverkehrsordnung (StVO) gibt Folgendes vor: Pferdeäpfel auf öffentlichen Straßen müssen entfernt werden. Zu finden in der StVO unter dem Stichwort "Verkehrshindernisse”. Der erste Abschnitt lautet: Es ist verboten, die Straße zu beschmutzen oder zu benetzen oder Gegenstände auf Straßen zu bringen oder dort liegen zu lassen, wenn dadurch der Verkehr gefährdet oder erschwert werden kann. Wer für solche verkehrswidrigen Zustände verantwortlich ist, hat diese unverzüglich zu beseitigen und diese bis dahin ausreichend kenntlich zu machen. Verkehrshindernisse sind, wenn nötig (§ 17 Absatz 1), mit eigener Lichtquelle zu beleuchten oder durch andere zugelassene lichttechnische Einrichtungen kenntlich zu machen.

Natürlich muss keiner ein Fähnchen in den Pferdehaufen stecken oder eine Warnlampe anbringen. Und auch nicht in der Sekunde, nachdem der letzte Pferdeapfel auf den Boden gefallen ist, aus dem Sattel springen und den Haufen entfernen. Aber unverzüglich bedeutet in dem Fall schon, dass bei nächster Gelegenheit die Hinterlassenschaften eingesammelt werden müssen.