Freizeitreiter-Vereinigung VFD wird 50 Jahre alt
Eine Lobby für Freizeitreiter

50 Jahre ist es nun her, das Ursula Bruns mit ihren Mitstreiterinnen und Mitstreitern die Vereinigung der Freizeitreiter in Deutschland gründete. Was die Vereinigung seither für Freizeitreiter erreicht hat und welche Herausforderungen in Zukunft warten, haben wir VFD-Präsidentin Bianka Gehlert im Interview gefragt.

Reitergruppe der VFD
Foto: Janine Boca

Ihr 50-jähriges Jubiläum feiert die VFD ab Mittwoch, den 26. Juli bis Sonntag, den 30. Juli 2023 auf dem Weilborner Hof in 65620 Waldbrunn (Westerwald). Zur Jubiläums-Feier der VFD

Für das Jubiläumsjahr hat die VFD eine neue Charta aufgesetzt, die auf WeAct unterzeichnet werden kann.

VFD-Präsidentin Bianka Gehlert im Interview

Bianka Gehlert ist 1. Vorsitzende des Bundespräsidiums der VFD.

Porträtfoto von Bianka Gehlert
Gehlert
Unsere Highlights
CAVALLO: 50 Jahre lang gibt es die VFD – was haben Sie in dieser Zeit für die Freizeitreiter erreicht?

Bianka Gehlert: Einer der größten Meilensteine war gleichzeitig der Beweggrund, die Vereinigung zu schaffen: 1973 drohte ein deutschlandweites Reitverbot im Wald. Das wurde dank des Einsatzes der VFD nicht realisiert. In einigen Bundesländern wie Rheinland-Pfalz, dem Saarland oder auch Nordrhein-Westfalen wurde dies weitestgehend umgesetzt. Allerdings können die Bundesländer eigene Regeln festlegen, und so setzen wir uns noch heute für das freie Betretungsrecht ein, das in einigen Ländern wie dem Schleswig-Holstein oder stark beschränkt ist. In der Natur reiten, fahren und säumen zu dürfen steht immer noch ganz oben auf unserer Agenda – natürlich immer mit dem nötigen Wissen und auf verantwortliche Art und Weise.

Wie wichtig ist den Reitern heute noch das Reiten in der Natur? Sehen Sie Trends?

Das Wanderreiten ist nach Corona gerade so in Mode wie lange nicht mehr. Und auch das Säumen mit Equiden, für das wir zum Beispiel Basistrainings anbieten, ist hipp. Natürlich ist das eher ein kleiner Teil unserer Zielgruppe, aber der macht das sehr gerne. Das Unterwegssein mit dem Pferd in der Natur ist generell stark im Aufwind, auch bei jungen Leuten. Die haben beispielsweise ein großes Interesse an unseren Motivationsmarathons, die es seit drei Jahren gibt. Dabei zeichnen die Teilnehmenden ihre absolvierten Kilometer auf und tauschen sich über die sozialen Medien aus. Entstanden ist das während der Corona-Zeit, und ist geblieben. Es geht dabei um den Spaß am Unterwegssein, jeder Kilometer zählt.

Wie ist die VFD organisiert und was ist der Schwerpunkt ihrer Arbeit?

Wir sind ein anerkannter Lobbyverband. Unsere Arbeit im Präsidium besteht aus der politischen Arbeit mit unterschiedlichen Verbänden auch in Berlin. Die Landesverbände kümmern sich um die politische Arbeit auf Landesebene und bieten beispielsweise unsere jährlichen Wanderreiterlager an. Dann gibt es noch die regionalen Verbände, die bei Stammtischen wichtige Themen besprechen, aber auch Rallys, gemeinsame Ausflüge und Grillabende organisieren.

Wie hat sich die Pferdeszene seit der Gründung vor 50 Jahren verändert?

Unsere Gründerin Ursula Bruns war in vielen Dingen eine Vorreiterin. Vieles, was die VFD damals propagiert hat, ist heute selbstverständlich geworden. Offenstall- oder ganzjährige Weidehaltung waren vor 50 Jahren noch überhaupt nicht üblich. Heute sind wir schon beim Trend zu Paddock-Trails angekommen. Das ist eine tolle Entwicklung. Man muss sich vorstellen: Früher waren in den Ställen wirklich noch "Herren-Reiter" unterwegs, alles kam aus der Kriegs- und der bäuerlichen Reiterei. Dass man zu Freizeitzwecken mit dem Pferd im Gelände unterwegs ist, dass auch Erwachsene Pony- und Robustpferderassen reiten können, war etwas Neues. Daraus ist dann auch die viel stärker partnerschaftliche Beziehung zum Pferd entstanden.

Die Frage nach der gesellschaftlichen Akzeptanz des Reitens ist heute allgegenwärtig. Sehen Sie sich auch als Freizeitreiter-Vereinigung davon betroffen?

Ich denke, das Wohl des Pferds muss in allen Bereichen im Fokus stehen. Natürlich gibt es im Turniersport Tendenzen, die wir sehr kritisch sehen – doch wenn darauf geachtet wird, dass es dem Pferd gut geht, hat auch dieser seine Berechtigung. Das gilt für jede Sparte der Reiterei: Auch beim Wanderreiten dürfen wir das Pferd nicht mit zu viel Gewicht belasten, müssen Reiter und Gepäck verhältnismäßig sein. Wir wollen unsere Pferde auch weiterhin für den Natursport nutzen und sehen da auch gesellschaftliches Potential. Deswegen ist es uns auch sehr wichtig, Kindern und Jugendlichen den Zugang zum Pferd zu ermöglichen, etwa über unsere VFD-Kids-Betriebe.

Klimakrise, Umweltschutz – wie positioniert sich die VFD bei diesen Themen in Zukunft?

Gerade gab es einen Podcast der Sportschau, der Pferde tendenziell als ökologischen Wahnsinn einstufte. Wir sehen dagegen großes ökologisches Potential, wenn die Pferdehaltung naturnah ist. Unsere Mitglieder sind dem Umwelt- und Naturschutz verpflichtet. Viele halten ihre Pferde in Eigenregie. Pferdehaltung kann so auch für artenreiches Grünland sorgen und Flächen von intensiver Landwirtschaft freihalten. Die Öko-Leistung dieser Flächen darf nicht außer Acht gelassen werden, denn Dauergrünland speichert deutlich mehr CO2 als Ackerland. Ich bin überzeugt, dass wir als Natursportler und Tierhalter unseren Beitrag leisten können, was Herausforderungen der Zukunft angeht.

Stafettenreiterin der VFD blickt mit ihrem Pferd in die Landschaft
Anja Scheick
Die aktuelle Ausgabe
10 / 2023

Erscheinungsdatum 13.09.2023