Sturz von Tim Honold bei Hamburger Derby
Verantwortliche müssen klar pro Pferd entscheiden

Wird PETA aktiv, reagieren viele Reiter erstmal allergisch. Doch der jüngste Fall um Tim Honolds Sturz mit Jack Daniels beim Hamburger Derby zeigt: Interne Kontrollmechanismen müssen besser funktionieren, Reiter, Trainer und Richter müssen im Zweifel klar pro Pferd entscheiden. Wenn sich da nichts tut, wird PETA etwas tun – zu Recht! Ein Kommentar.

Pferd am Wall
Foto: Symbolfoto Nadine Rupp / GettyImages

Viel zu schnell, viel zu wenig Tempokontrolle – Kommentator Carsten Sostmeier fasste es während des Ritts von Tim Honold mit Wallach Jack Daniels bei der zweiten Qualifikation des Hamburger Derbys so zusammen: "Das ist einfach zu dolle – einfach zu dolle. Schade, dass ich mich da wiederhole, oder wiederholen muss." Kurz darauf galoppiert der Wallach beinahe ungebremst in den Abgrund hinter dem berüchtigten Derby-Wall. Es war ein Unfall mit Ansagen – neben Sostmeier müssten dies auch die Richter gesehen haben. 16 Strafpunkte hatte das Paar zuvor bereits gesammelt. Die Abwürfe zeigten deutlich: Hier stimmt das Zusammenspiel zwischen Reiter und Pferd nicht.

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Richter sind die letzte Kontrollinstanz

Wer ein solches Paar den Wall anreiten lässt, spielt auf Risiko: Vielleicht schaffen sie es ja irgendwie. Dabei muss es im Sport heißen: Im Zweifel für das Pferd – und auch den Reiter. Der trägt natürlich in an erster Stelle Verantwortung für sein Pferd, muss fühlen, dass die Sicherheit fehlt – und abbrechen. Tut er das nicht, sind die Richter gefragt: Sie sind die letzte Kontrollinstanz, wenn alle Stricke reißen, wenn weder Reiter, Trainer noch Pferdebesitzer das Können richtig eingeschätzt haben. Doch es ertönte keine Klingel – nun kündigte PETA an, Strafanzeige gegen Honold zu erstatten.

Ein Mentalitätswechsel ist nötig

Ein Mentalitätswechsel hin zu mehr Vorsicht zugunsten der Pferde ist dringend notwendig. Wer den laut Veranstalter EN GARDE Marketing GmbH schwierigsten Parcours der Welt reitet, hat das Leben des Pferds in der Hand. Stürze und unschöne Szenen am Wall kommen regelmäßig vor – auch Falk Römmers Pferd Ice Man stürzte etwa kurz zuvor, PETA will auch gegen ihn Anzeige erstatten. Solche Hindernisse in der Sportberichterstattung anerkennend "berüchtigt" zu nennen, ist nicht mehr zeitgemäß und zeigt, dass eine Entschärfung notwendig ist. Und gerade ob des halsbrecherischen Aufbaus: Die Entscheidung, ein Tier vor diese Herausforderung zu stellen, darf man sich nicht leicht machen – und sie darf auch nicht zu leicht gemacht werden. Veranstalter und die Reitsportverbände FEI und FN sind in der Pflicht, die Teilnahmebedingungen für solche außergewöhnlich schweren Prüfungen zu überdenken sowie Richtern, die mutig abklingeln, den Rücken zu stärken. Verbände, Trainer, Richter, Reiter: Es braucht mehr als doppelten Boden, das Netz muss halten, sonst springen die Pferde buchstäblich ins Leere. Wenn sich nichts tut, tut PETA etwas – zu Recht!

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10 / 2023

Erscheinungsdatum 13.09.2023