Stephanie Sauler: Sehr gut – es gibt inzwischen sogar Eltern, die gezielt nur nach Hobbyhorsing für ihr Kind suchen. Die Leute fahren zum Teil 30, 40 Kilometer für das Ferienprogramm, das wir mit den Steckenpferden tageweise anbieten.
Ich würde sagen, zwei Drittel der Hobbyhorsing-Kinder haben auch Interesse an echten Pferden und mehr als die Hälfte reitet auch. Da ist das Hobbyhorsing entweder der Einstieg ins Reiten, oder die Kinder machen beides parallel. Manche kommen wöchentlich zu mir in die Reitstunde und haben auch ein Hobbyhorse, andere sind erst mal im Hobbyhorsing-Ferienprogramm dabei und nehmen später auch Reitstunden.

Auf jeden Fall ist das Hobbyhorsing sehr von Vorteil für Reiteinsteiger. Zum Beispiel lernen die Kinder schon alle Hufschlagfiguren kennen. Machen sie damit erst in der Reitstunde Bekanntschaft, müssen sie auf sich, auf das Pferd und auf die neuen Figuren achten – kennen sie sie bereits vom Hobbyhorsing, können sie sich beim Reiten besser auf das Wesentliche konzentrieren. Da kommt es viel seltener vor, dass sich Kinder nicht gut im Raum orientieren oder sich einen Zirkel nicht vorstellen können. Wir arbeiten im Reitunterricht nach dem Hippolini-Konzept, das einen kindgerechten Einstieg bietet. Dabei bekommen die Kinder erst relativ spät die Zügel in die Hand, um die Pferde zu schonen. Beim Hobbyhorsing können sie schon früh die richtige Zügelhaltung lernen. Und sie sind dabei in Bewegung und müssen darauf achten, dass die Hand ruhig bleibt. Das ist eine tolle Vorbereitung fürs Reiten.
Hobbyhorsing kann eine große Bereicherung für die Kinder sein. Heutzutage sitzen sie so viel vor Handy, Computer und Fernseher – beim Hobbyhorsing sind sie draußen, bewegen sich, haben soziale Kontakte, entwickeln Fantasie und beim Basteln auch Fingerfertigkeit. Das sind alles Dinge, die meiner Ansicht nach mit den modernen Medien mehr und mehr verloren gehen. Umso schöner finde ich, wenn ich hier in der Nachbarschaft Mädels sehe, die mit ihren Hobbyhorses Ausritte an den See unternehmen. Bei unseren Programmen gestalten wir außerdem alles so, dass das Selbstbewusstsein und das Miteinander der Kinder gestärkt wird. Beim Abschlussturnier bekommt zum Beispiel jedes Kind eine Schleife für seine jeweilige besondere Stärke verliehen. Auch aus dem Spielen selbst nehmen die Kinder viel mit. Manche trauen sich etwa, vor der Klasse etwas vorzutragen oder laut zu sprechen, seit sie Reitlehrer gespielt haben und man sie hinten in der Halle noch hören sollte. Und die Kinder geben sich auch Tipps von einem Hobbyhorser zum anderen. Das ist etwas ganz Wertvolles.

Beim Hobbyhorsing machen die Kinder das mit Fantasie wett. Ich muss immer wieder schmunzeln, wenn ich aus dem Ferienprogramm komme, weil die Kinder so viele Ideen reinbringen. Es kann zum Beispiel sein, dass wir eine Dressuraufgabe reiten – und plötzlich geht ein Steckenpferd durch und bockt wie wild. "Ich habe sie jetzt einfach nicht mehr unter Kontrolle gehabt", sagt das Kind dann. Ein anderes Steckenpferd hat vielleicht Angst vorm Wassergraben. Die Kinder werden sehr kreativ, wenn man ihnen ihren Freiraum lässt.
Kontakt: Stephanie Sauler, Saulers Reitstall: www.saulers-reitstall.de
Hauptseite der Deutschen Hobby Horsing Community: www.hobby-horsing-germany.de
Was ist Hobbyhorsing?
Beim Hobbyhorsing wird auf Steckenpferden in unterschiedlichen Disziplinen wie Dressur, Stilspringen, Zeitspringen, Mächtigkeitsspringen, Mounted Games, Galopprennen, Quadrille, Kür, Pas de deux, Ausritt, Cross Country, Eventing, Military geritten. Wer hat’s erfunden? Die Finnen! Hier hat sich Hobby Horsing zu einem populären Sport entwickelt; nicht zuletzt dank des berührenden Dokumentarfilms "Hobbyhorse Revolution" aus dem Jahr 2017 über Teenager, die dank ihrer Steckenpferde Krisen überwinden, Talente entdecken und Gemeinschaft erleben (Regie: Selma Vilhunen).
Die finnischen Hobby Horse-Meisterschaften in Seinäjoki fanden 2023 bereits zum zehnten Mal statt! Die Meisterschaft ist das größte Hobby Horse-Event der Welt: