Ein riesiges Stadion auf dem CHIO-Gelände in der Aachener Soers, begeisterte Zuschauer, eine spektakuläre Show und eine spannende Trainer-Challenge: Seit 2017 zieht das Mustang Makeover Pferdefreunde in seinen Bann.
"Das Mustang Makeover ist aus der Liebe zu den Mustangs und den Pferden entstanden. Wir möchten Dir zeigen, wie die Mustangs in Amerika leben, welche Schwierigkeiten es dort gibt und vor allem was wir dafür tun können", beschreiben die beiden Initiatoren, Michael und Silke Strussione aus dem hessischen Taunusstein, das Event auf der Homepage; wobei der Pro-Pferd-Charakter stets im Mittelpunkt steht.
Doch genau dazu gibt es jetzt auch kritische Stimmen, denen CAVALLO in Gesprächen mit Trainern und Veranstaltern nachging.
Mustang erzielt Höchstpreis bei der Auktion
Wer der Faszination Mustang beim Makeover erliegt, kann bei der anschließenden Auktion seinen Traum verwirklichen und ein Pferd ersteigern. Im vergangenen Jahr wurde Iwest Coco als einer der bislang teuersten Mustangs weltweit zum Preis von 28 000 Euro versteigert. Die Event-Mustangs sind vorher zwischen 120 und 140 Tagen in den Händen von Trainern aus ganz Europa, darunter auch immer wieder CAVALLO-Experten.
Eine Chance, die allerdings nur wenige Mustangs bekommen. Derzeit leben in den USA mehr als 46 000 Mustangs in sogenannten Holding Facilities. Das sind Auffangstationen, in denen die Tiere versorgt werden, sich ansonsten aber selbst überlassen sind und kaum Kontakt zu Menschen haben. Das Problem: Es gibt zu viele Mustangs und zu wenig Land, auf dem sie frei leben können.
Die Idee von Michael und Silke Strussione: In Zusammenarbeit mit der US-Behörde Bureau of Land Management (BLM) und der Mustang Heritage Foundation einen Markt für die Mustangs in Deutschland und Europa zu etablieren und die Pferde in ein neues Zuhause zu vermitteln.
Neben dem Event vermitteln Strussiones auch Mustangs über die American Mustang Germany (AMG). Die AMG sei ebenso wie die Aktivitäten für die IG Mustang e.V. eine ehrenamtliche private Initiative. Man arbeite mit erfahrenen Mustang-Trainern und Organisationen in den USA zusammen, die die Pferde in den USA zähmen und trainieren.
Vermarktet werden Makeover und AMG von der ms marketing Consult GmbH, Geschäftsführer ist Michael Strussione. Insgesamt konnten bisher laut Makeover-Webseite 74 Mustangs über das Event und 140 Mustangs ehrenamtlich vermittelt werden.
"Hier wird bewusst mit Emotionen gespielt"
So lautet die Kritik von Stunttrainerin Hero Merkel am Makeover. Sie hat 2020 mit dem Mustang Aguero am Event teilgenommen und war Viertplatzierte. "Auf der Webseite wirbt man für die Aktion, Pferde zu retten. Beim Verkauf der Mustangs darf allerdings nichts Negatives gesagt werden, um den Preis hochzuhalten. Das ist meiner Ansicht nach nicht in Ordnung. Es wird nicht danach geschaut, dass die Pferde ein gutes Zuhause bekommen."

Trainer seien beim Training verletzt worden, so Merkel, aber es müsse alles super klingen. Bei der Auktion bekäme jeder Interessent eine Bieternummer, obwohl nicht jedes Pferd in unerfahrene Hände gehöre.
Kritik, die auf Seiten von Silke und Michael Strussione auf Unverständnis stößt. Unfälle beim Training würden nicht verschwiegen, da seien schließlich auch Profis nicht vor gefeit. Es gebe kaum eine Kampagne oder ein Event, und das gelte auch für ehrenamtlich vermittelte Tiere, bei dem mehr Transparenz herrsche.
"Die Mustangs, die für das Event ausgewählt werden, haben kein Aggressionspotential", so Silke Strussione im CAVALLO-Gespräch. Solche Pferde könne man nicht in die Auktion geben. "Wenn es Unfälle während des Trainings gibt, dann weil sich Trainer teilweise überschätzen und das Pferd nicht richtig lesen."
In wessen Hände ein Mustang kommt, darauf haben die Veranstalter nur bedingt Einfluss. 2017 habe es einen Fall gegeben, so Silke Strussione im Interview, bei dem ein Auktionspferd nach der Auktion über den Trainer an einen neuen Käufer vermittelt wurde, da sich der Käufer mit dem Kauf und der weiteren Ausbildung überschätzt habe. "Bislang haben alle Mustangs ein tolles Zuhause gefunden", sagt Silke Strussione.
"Wir raten potenziellen Käufern bereits im Vorfeld, Kontakt mit den Trainern aufzunehmen, damit sie den Mustang bereits im Vorfeld kennenlernen und alle ihre Fragen stellen können. So gewährleisten wir, dass der richtige Besitzer zum richtigen Mustang findet. Wir haben bislang nur positive Feedbacks."

Dass nicht alles so glatt läuft, hat allerdings Parelli-Trainer Ralf Heil erlebt. Er hat zwei Mal als Trainer am Event teilgenommen. "Im Prinzip ist es eine gute Idee. Aber ich habe selbst gesehen, dass es Unfälle gegeben hat, auch weil Pferde an viel zu unerfahrene Käufer verkauft wurden."
"Junge Trainer und Helfer sind überfordert"
Der Stress während des Events könne ehrenamtliche und unerfahrene Helfer schon mal an ihre Grenzen bringen, meint Ralf Heil. Auch Trainer mit weniger Erfahrung hätten zum Teil Probleme mit der ungewohnten Atmosphäre in der großen Show-Arena.
"Nicht alles, was beim Training zuhause geklappt hat, funktioniert auch unter diesen Bedingungen. Da wird dann auch schon mal mit zu viel Druck gearbeitet, damit sich zum Beispiel ein Pferd hinlegt." Sein Eindruck: Einige der teilnehmenden Trainer hätten aus Horsemanship-Sicht nichts auf der Veranstaltung verloren.
Weitere Knackpunkt, so berichteten uns Trainer: der gesundheitliche Zustand der Mustangs. Neben den Folgen des langen Flugs hätten einige Tiere während der Zeit in Freiheit Verletzungen erlitten, die ohne umfassende tierärztliche Begutachtung nicht erkannt werden könnten.
Eine tierärztliche Untersuchung, vergleichbar mit einer Ankaufsuntersuchung hierzulande, gibt es für die wilden Event-Mustangs vor dem Import nicht. Die Tiere würden auf Bewegungs- und Verhaltensauffälligkeiten sowie genetische und Infektionskrankheiten untersucht, so Michael Strussione. Vor der Versteigerung beim Event hat jeder Kaufinteressent allerdings die Möglichkeit, eine Ankaufsuntersuchung in Auftrag zu geben.
Jeder Trainer wisse, dass diese Pferde in der Wildbahn aufgewachsen seien. Dass sie die ein oder andere Macke mitbrächten, sei kein Geheimnis. Mit den Trainern werde auch zu ihrer eigenen Sicherheit ein Übergabeprotokoll verfasst. Darüberhinaus seien sie verpflichtet, auf jegliche Probleme hinzuweisen, die während des Trainings auftreten.
"Es darf nichts kritisches über das Pferd gesagt werden"
Dass solche Hinweise nicht erwünscht seien, diese Erfahrung hat indes Yvonne Gutsche gemacht. "Es darf nichts Kritisches über das Pferd gesagt werden oder etwas, womit der Trainer Mühe hat." Sie hatte 2017 mit Mustangstute Rose am Makeover teilgenommen und diese später gekauft.

"Rose hatte mehrfach Allergieschübe. Vermutlich befürchtete man, es könne heißen, die Mustangs kämen nicht mit den Fliegen und dem Klima bei uns zurecht. Für mich ist eine gründliche tierärztliche Untersuchung jedoch unerlässlich, bevor man mit den Tieren arbeitet."
Diskussionen um den Einsatz von Sporen
"Das Makeover 2020 war meiner Einschätzung nach keine Pro-Pferd-Veranstaltung", sagt Hero Merkel. "Uns wurde gesagt, dass wir die Pferde besser behandeln müssten als klassische Reiter, aber selbst laut FN-Richtlinien sollten Remonten nicht mit Sporen geritten werden." Es werfe Fragen auf, wenn ein Reiter gebeten werde, Sporen auszuziehen, während die Amtstierärzte da gewesen seien.
Er sei darum gebeten worden, bestätigte Horsemanship-Trainer Thomas Günther; dem sei er nachgekommen, auch um Diskussionen zu vermeiden. Von einer angeblichen Verwarnung sei ihm nichts bekannt und er habe beim Finale auch wieder welche getragen.
Den anwesenden Tierärzten sei der Einsatz von Sporen während der Veranstaltung nicht aufgefallen, auch sei dies nicht explizit verboten gewesen, so ein Sprecher der Städteregion Aachen auf Anfrage.
Mustangs als lebende Ware?
Prof. Robert Pütz von der Goethe-Universität Frankfurt a.M. hat sich zum Thema "Tiere als lebende Waren" mit dem Makeover beschäftigt. Es sei Kennzeichen unserer globalisierten Gesellschaft, dass Pferden aus der ganzen Welt lange Transportwege zugemutet würden, um sie dahin zu bringen, wo es einen Markt gebe.
Beispiel: 2019 wurden knapp 400 Quarter Horses nach Deutschland importiert. Das Besondere beim Makeover sei aber, einen Markt für diese Pferde zu etablieren. "Das kann Widerspruch hervorrufen."
Kommentar
Dass bei einer Großveranstaltung mit Pferden nicht immer alles glatt läuft, braucht man niemandem zu sagen, der mit Pferden zu tun hat. Kritische Trainerstimmen zeigen indes, dass manches offenbar nicht so transparent ist und positiv verläuft, wie es von Veranstalterseite heißt. Beim Makeover werden emotionale Begehrlichkeiten geweckt, anders ist es kaum zu erklären, dass letztes Jahr ein Mustang für 28 000 Euro versteigert wurde. Der Markt in Deutschland für Pferde aus aller Welt ist offenbar besondes lukrativ. Die professionelle Vermarktung beim Makeover ist eng verzahnt mit ehrenamtlicher und privater Vermittlung. Da müssen Fragen erlaubt sein.

Ute Stabingies, CAVALLO-Redakteurin
Wirbel um Mustangstute "Sage"
"Sage" wurde privat von Silke Strussione verkauft. Im Kaufvertrag wurde festgehalten, dass die Stute in den USA beim Angaloppieren öfters gebuckelt habe und auch zwei Mal beim Verkäufer. Laut einem Tierarzt habe Sage keine Lahmheit gezeigt. Nach einem Reitunfall, bei dem die Stute offenbar auch weiterbuckelte, nachdem die Besitzerin runtergefallen war, brachte diese das Pferd zu Trainer Luuk Teunissen.
Eine Tierärztin stellte hier bei einer ersten Untersuchung Hinweise auf Ataxie fest, die reiterliche Nutzung sei fraglich. "Während Sage bei mir war, hatte ich den Eindruck, dass es körperliche Probleme gab. Die Stute hat kürzer getreten und war steif im Schritt. Auch dass sie nach dem Abwurf weiterbuckelte, wirft Fragen auf", so Teunissen, der am Mustang Makeover nicht mehr teilnehmen möchte.
Die Käuferin gab Sage inzwischen an Silke Strussione zurück, bekam den Kaufpreis erstattet. "Uns ist es wichtig, dass es Sage gut geht. Diagnostisch wurde eine nicht entdeckte Blockade im Genick festgestellt, die erfolgreich behoben werden konnte." Keine der ins Feld geführten Diagnosen habe sich als begründet herausgestellt.