Wohin der Rappe wohl geht? Vielleicht möchte er ein bisschen im Wasser planschen. Das könnte er nämlich. Denn Jörg und Mandy Rhode aus Kottmar in der Oberlausitz haben direkt an ihrem Wohnhaus nicht nur ein Paradies für sich geschaffen, sondern auch für ihre zwei Pferde und Muli Romerito.
Zu diesem Paradies gehört ein kleiner Teich, der von den Pferden gerne genutzt wird. Der Weg dahin ist abwechslungsreich – selbst Treppen laufen die Pferde auf ihrem Paddocktrail hinunter. Und das Paar hat vom Haus – oder lässig vom neu erbauten Schwimmteich aus – ihre drei Wallache stets im Blick. Was kann es Schöneres geben? 2007 zogen Mandy und Jörg Rhode ins Eigenheim ein, die Pferde folgten zehn Jahre später. Über den Stallbau berichtet Pferdehalter Jörg in seinem Blog "Sonneberg-Pferde” mit Fotos und Bauanleitungen. Er konzipierte und verwirklichte viele Projekte selbst, etwa eine zeitgesteuerte Futterraufe.
Sein Blog über den Stallbau inspiriert Offenstall-Fans
Woher der Tüftler das alles kann? Jörg Rhode hat eine Firma für Maschinenbau. Mit Pferden hatte er nichts am Hut, bis er den eigenen Stall konzipierte. Neue Projekte hat er seither ständig: Der Offenstall wächst laufend. Seine Blog-Beiträge inspirieren zahlreiche Offenstall-Liebhaber; einige kommen sogar vorbei. "Wir haben immer wieder Besuch von Leuten, die sich Tipps holen", erzählt der 47-Jährige. Jörg Rhode gibt sein Wissen gerne weiter: Schließlich reiste er anfangs auch in viele Ställe, um sich Know-how anzueignen.
Im Stallgebäude mit den dunklen Dachziegeln befinden sich Wohn- und Schlafbereich für die Pferde, Heulager und Sattelkammer. Der Bau besticht auf einer Seite mit Fachwerk, hohen Decken und traditionellen Rundbögen, die typisch für die Region sind. Früher waren in Fabriken und Ställen Stahlsprossenfenster eingebaut– auch dieser Industrie-Stil ist aufgegriffen. "Baukosten und Nutzungsdauer stehen aber in keinem guten Verhältnis: Meist ist der Stall leer! Aber so war es ja auch gedacht", erzählt der Hobby-Stallbauer.
Die Vierbeiner sind im Offenstall fleißig unterwegs. Sie leben auf einer Fläche, die etwa der Größe von drei Reitplätzen entspricht. "Das ist gar nicht so viel, aber die Pferde haben jede Menge Bewegungsanreize.” Ein 200 Meter langer Rundweg führt um abwechslungsreiches Gelände mit Roundpen, Reitplatz, einem kleinen Waldstück und Wälzplätzen.
Der überdachte Misthaufen stinkt den Nachbarn nicht
Auf unserer Stallrunde machen wir eine Pause auf der Terrasse des Wohnhauses – mit Blick auf die Pferde. Ein Traum! Mandy Rhode serviert dort erfrischendes Wasser mit Minze: "Die Kräuter kommen aus dem eigenen Garten." Seit zwei Jahren baut die gelernte Krankenschwester Tomaten, Gurken, Paprika und Kräuter in Beeten und im Gewächshaus an. Das Gartenkonzept fruchtet gleich doppelt: im Genuss von Bio-Gemüse und einem minimal gehaltenen Misthaufen. "Kompostierte Pferdeäpfel sind der beste Dünger, alles wächst super", sagt die Hobby-Gärtnerin.
Apropos Misthaufen – der könnte ja potenziell den Nachbarn stinken. Tut er aber nicht. Wie kommt’s? Auf dem Mist landen nur die Pferdeäpfel. Den Boden hat Jörg Rhode schräg angelegt, so kann die Flüssigkeit ablaufen. Die entsteht aber kaum, denn dank der Überdachung regnet es nicht auf die Pferdeäpfel. Für die Optik verschwindet der Mist hinter Holzwänden. "Der Mist liegt vorne auf dem Hof, weil es logistisch praktischer ist", erzählt Jörg Rhode. Seit es den Garten gibt und er mit dem Pferdemist die eigene Heuwiese düngt, fährt er den Mist aber nur noch alle zwei Monate weg. Ein Aufwand, der sich in Grenzen hält.
Die tägliche Stallarbeit ist in 15 Minuten erledigt
Apropos Aufwand: Wie viel Zeit investieren die Pferdehalter in die Stallarbeit? "Mandy äppelt täglich ab. Das dauert ungefähr 15 bis 20 Minuten. Ich fahre ein bis zwei Mal in der Woche neues Heu in die Raufe, der Aufwand liegt bei 20 Minuten pro Woche”, zählt Rhode auf.
Pferdehaltung effizient zu gestalten – das ist sein großes Anliegen und hat den Stallkonstrukteur von Beginn an angespornt. Er kam überhaupt nur zum Pferd, weil seine Frau vor vielen Jahren zur Kur verreiste und er "für mehrere Wochen Stallknecht spielen musste”. Der Tüftler war genervt von den Abläufen im Pensionsstall: Die Pferde standen lange. Die Reiter schleppten Wasser über weite Strecken. Das muss doch besser gehen, war Jörg Rhode überzeugt.
Die Idee, Pferde in Eigenregie zu halten, reifte erst mit einem speziellen Pferd. Das Paar hatte sich im Internet in einen Spanier aus der Tierrettung verliebt. Gitano sollte zum Schlachter. Sie zahlten 1 000 Euro an, ohne den Schimmel je gesehen zu haben. "Das war blauäugig und eigentlich macht man das nicht, aber so war es eben”, meint Jörg Rhode. Der Wallach hatte Angst vor Menschen, ließ sich nicht führen und fror immer wieder reglos ein. "Es war klar, dass ich eine ruhige Umgebung fürs Training mit ihm brauchte”, erzählt Mandy Rhode. Der eigene Stall erwies sich für das traumatisierte Pferd als Seelenbalsam. Nach und nach baute Gitano Vertrauen auf. Heute ist der Schimmel freundlich und dem Menschen zugewandt. Und: Der Wallach schläft endlich im Liegen. Das war lange Zeit anders.
Die Video-Überwachung im Stall offenbarte, dass Gitano im Stehen vom Tief- in den REM-Schlaf (Traumschlaf) fiel und umkippte. Legte er sich doch einmal kurz zum Schlafen hin, sprang er nach wenigen Sekunden wieder auf. "Aber eines Tages guckte er sich die Baumaschinen an, deren Geräusche zum Alltag gehörten, legte sich hin – und seither schläft er ruhig”, erzählt Jörg Rhode.
Ein besonderer Moment für die Pferdehalter: Es war der Beweis, dass sich das Pferd sicher fühlte bei ihnen am Haus. Zum Wohlbefinden trägt auch die stabile Herde bei. In der Wallach-WG wohnen neben Gitano noch der Rappe Furia und Muli Romerito, der ebenfalls aus dem Tierschutz kommt.
Mandy Rhodes erstes Pferd Cliff ist mittlerweile gestorben: "Aber er blühte trotz Krankheiten im Offenstall nochmal richtig auf.” Ihr Mann konzipierte sogar einen Automaten, der fünf Mal am Tag Pellets einweichte. Eine große Erleichterung! Jörg Rhode wollte den Automaten in Serie bauen, damit mehr Pferde davon profitieren. Aber die Herstellungskosten wären einfach viel zu hoch, meint er.
Lohnt sich trotz hoher Kosten: Böden befestigen
Gab es denn auch Herausforderungen beim Offenstall-Projekt? "Mit der Erlaubnis von den Behörden lief alles glatt”, erzählt Jörg Rhode. Das Ehepaar hatte Glück, ihr gesamtes Grundstück in Hanglage wurde als Baugebiet ausgeschrieben. Somit hatten sie freie Bahn. Wie viel Geld im Offenstall steckt, können sie nicht mehr auflisten. "Den Boden auf dem abschüssigen Sumpfgebiet zu befestigen, erwies sich allerdings als knifflig. Und hat auch das meiste Geld verschlungen”, resümiert der Pferdehalter.
Der Aufbau der mindestens drei Meter breiten Wege im Trail ist aufwändig: Unter den Kunststoffgittern liegen ein Mineralgemisch und Straßenbau-Vlies, darüber abwechselnd als Tretschicht Sand, Kies und Schotter. Doch die hohen Investitionen zahlen sich aus: Pfützen gibt es selten, der Boden ist ganzjährig rutschfest. Jörg Rhode läuft im Stall konsequent barfuß. Eine natürliche Fußmassage, auch für die Pferde. "Die müssen nur selten zur Hufbearbeitung. Sie schmirgeln sich die Hufe wie von der Natur vorgesehen ab.”
Auf dem abschüssigen Gelände legte der Tüftler auch Treppenstufen an. "Das fördert die Koordination der Pferde und macht fit”, ist er überzeugt. Als Ausgleich für die Steinwege pflanzte das Paar hundert Obstbäume und Sträucher. Außerdem legte es Blühstreifen für Insekten an, die für Pferde unzugänglich sind. "Und der Teich ist Lebensraum für seltene Arten. Sogar Bergmolche haben sich angesiedelt”, erzählt Jörg Rhode.
Die Badestelle für die Pferde entstand an einem Platz, an dem ohnehin Grundwasser aus dem Boden kam. Der Teich füllt sich selbst auf. Der Untergrund ist mit Gittern befestigt und mit Steinen aufgefüllt. Die befürchtete Mückenplage blieb aus: Mit dem Stallbau siedelten sich Schwalben an, die die Insekten fangen. Und den Molchen schmecken die Mückenlarven.
Der Badeteich für Pferde begeistert viele Leser des Blogs. Eine Dame schrieb, dass sie ihrem wenig begeisterten Mann auch den Bau eines Teichs für ihre Pferde vorschlagen möchte. Darauf Jörg Rhode: "Du kannst ihn mit folgender Floskel beruhigen: Danach bauen wir nix mehr! Das klappt bei mir schon viele Jahre. Ich falle immer wieder darauf herein.”