Seltene Tiere auf Hof Rocholl
Unsere kleine Arche

Auf dem Hof Rocholl leben seltene Tiere und eine Ponydame, die zu einer Rasse gehört, die eigentlich schon ausgestorben ist.

Unsere kleine Arche Hof Rocholl
Foto: Sandra Reitenbach

Dina ist unkompliziert, tiefenentspannt und liebt Kinder. Die besten Eigenschaften für eine junge Erzieherin! Vor ein paar Wochen ist Dina ins Bergische Land bei Köln gezogen, um ihren neuen Job anzutreten. Auf dem Hof Rocholl in Solingen, einem Bio-Bauernhöfchen inmitten grüner Obstbaumwiesen, beginnt nun ihre Ausbildung.

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Hof Rocholl
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Der Hof Rocholl ist ein ganz besonderer Ort. Hier leben fast nur Tiere seltener Rassen, die auf der Roten Liste stehen, zum Beispiel die Rauhwolligen Pommerschen Landschafe oder die Rotbunten Husumer Schweine. Jedes Tier hat seine Aufgabe – genau wie Dina. Und Dina passt wunderbar dazu, denn sie ist eine Arenberg-Nordkirchener-Ponystute!

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Sandra Reitenbach
Idyllisch: der Bio-Hof Rocholl im Bergischen Land.

Die weitgehend unbekannten Ponys stellten wir in CAVALLO 12/2020 vor. Die Rasse wird nicht mehr offiziell geführt und gilt somit bereits als ausgestorben. Doch: Es gibt noch einige Deutsche Reitponys, die recht hohe Anteile von Arenberg-Nordkirchenern im Blut haben. Mit diesen soll eine neue Zucht aufgebaut, die Rasse wieder zum Leben erweckt werden. Die hübsche Dina vereint alle Vorteile der Arenberg-Nordkirchener, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Westfalen in freier Wildbahn gezüchtet wurden: robust, elegant, gutmütig und rittig. Schon damals war die Rasse als perfektes Kinderpony bekannt.

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Nora und Teo kuscheln mit Dina, einer Arenberg-Nordkirchener-Stute.

Kinder spielen auf dem Hof Rocholl eine große Rolle. Sie sind täglich auf dem Gehöft von Kathy Rocholl, um das Landleben zu genießen und bei den Tieren zu sein. Die Ponys sind das Herzstück des Hofs: Durch den Umgang mit ihnen lernen die Kinder Verantwortung zu übernehmen, Rücksicht zu nehmen und bekommen mehr Selbstvertrauen. Kathy Rocholl hat sich mit ihrem kleinen Bauernhof einen Traum erfüllt – den sie mit ihrem Mann glücklicherweise teilt: ganz natürlich und bodenständig leben, mit viel gemeinsamer Zeit für die Familie.

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Die gemolkenen Ziegen dürfen raus! Teo macht den Ziegenpeter.

Der kleine Teo möchte mal Pferdeflüsterer werden

Ein Stück von ihrem Glück gibt sie liebend gerne ab: Kinder erfahren, wie Obst und Gemüse geerntet werden, woher die Eier kommen, und was Tiere brauchen, um sich wohlzufühlen. Meistens bleiben die Kleinen einen ganzen Nachmittag oder machen beim Ferienprogramm mit. Denn es sei ein Unterschied, sagt Kathy Rocholl, ob die Kinder nur für eine Stunde oder deutlich länger da sind. "Die Kinder haben Zeit, hier anzukommen und tauchen viel tiefer ins Geschehen ein, als wenn sie nach einer Stunde wieder abgeholt werden", findet sie. Für die Eltern sei es anfangs oft ungewohnt, die Kinder für längere Zeit abzugeben, "aber sie merken schnell, wie toll es ist, selbst mal eine Auszeit zu haben und danach ein glückliches und ausgepowertes Kind in die Arme zu schließen."

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Kathy Rocholl kontrolliert, ob alles sitzt.

Das pädagogische Bauernhof-Konzept ist in der Region ziemlich einzigartig. Kerstin Bosbach, selbst Reiterin ohne eigenes Pferd und Mutter einer pferdebegeisterten Tochter, fährt deshalb gerne eine halbe Stunde zum Hof Rocholl. "Es gibt im näheren Umkreis kein Angebot für Kinder mit Pferden, wo mir die Haltung und der Umgang mit den Tieren gefällt", meint sie. Ihre siebenjährige Tochter Nora kommt in erster Linie wegen der Ponys.

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Nike und Teo holen die anderthalbjährige Dülmener Stute Gretel von der Weide. Sie soll lernen, beim Putzen ruhig zu stehen.

Mit den anderen Kindern darf sie die Tiere selbstständig, aber unter Aufsicht von der Weide oder aus dem Offenstall holen, putzen, beschmusen oder durch den von Kathy Rocholl entworfenen, ziemlich kreativen Trail-Parcours führen oder reiten. Noras Highlight bei 35 Grad Sommerhitze: der Regenvorhang, für den Kathy einen Schlauch durchlöchert und an einem mobilen Tor befestigt hat.

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Den Spaß-Parcours auf dem Reitplatz hat Kathy selbst gebaut.

Die Rocholl-Pferde machen alles mit Engelsgeduld mit. Nur die achtjährige Dina und die erst anderthalbjährige Dülmener Stute Gretel sind noch zu unerfahren und werden erst langsam mit ihrem Kinderpony-Job vertraut gemacht. Beim Putzen stehen jedoch beide schon wie fast eine Eins, selbst wenn der kleine Teo, Sohn der Familie und – selbstredend – angehender Pferdeflüsterer, eine Leiter holt, um den Pferden gewissenhaft auch das letzte Stäubchen aus dem Fell zu wischen.

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privat
Teo, Sohn des Hauses und – selbstredend – angehender Pferdeflüsterer, gönnt sich ein Päuschen.

Der jungen Gretel fehlt allerdings noch ein wenig Geduld. "Nicht gleich wegspringen, wenn sie sich bewegt!", ermahnt Kathy ihren Sohn, "sonst macht sie das demnächst erst recht". Teo hat wohl einen kleinen Moment nicht aufgepasst: "Das weiß ich doch!", entgegnet er seiner Mutter, und ärgert sich vermutlich selbst am meisten über seinen kleinen Patzer.

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Da möchte man sich dazulegen: Ein Rotbuntes Husumer Schwein räkelt sich im Stroh. Draußen ist es heute zu heiß.

Neben der Arenberg-Nordkirchener-Stute und der Dülmener Stute sowie den Rotbunten Husumer Schweinen, den Thüringer Wald Ziegen,

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Auch die Thüringer Wald Ziegen, die im Stall aufs Melken warten, stehen auf der Roten Liste.

den Rauhwolligen Pommerschen Landschafen

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Auf dem Hof leben seltene Nutztierrassen. Hier ein neugieriges Rauhwolliges Pommersches Landschaf.

und den Deutschen Sperbern (das sind die Hühner) leben hier Shettys und Tinker. Dass die letzten beiden Rassen nicht so ganz ins Konzept passen, ist Kathy Rocholl bewusst. Deshalb ist ihr Plan: Die Shettys dürfen für die ganz kleinen Kinder bleiben; die Größeren sollen irgendwann mal auf Arenberg-Nordkirchener Ponys reiten. "Für alle Pferde, die ich bislang verkauft habe, konnte ich einen tollen Platz finden", sagt sie, "nur mein Birk muss bei mir bleiben". Denn der ältere Mix-Wallach sei schon lange bei ihr und "wie ein Autist". Er würde von niemandem etwas wissen wollen, außer sie sei dabei, um ihm zu signalisieren, dass es okay ist.

Die Zukunft der Ponyschule ist Dina: Sie soll nächstes Jahr von einem Reitpony-Hengst gedeckt werden, der fast 50 Prozent des wertvollen Arenberg-Nordkirchener Bluts in sich trägt.

Bald wird der Hof offiziell als "Archehof" anerkannt

Ein paar Wochen bevor Dina kam, überlegte Kathy Rocholl noch, welche bedrohte Ponyrasse sich für ihren Betrieb eignen würde. Da auf dem Hof bereits seltene Nutztierrassen leben, bestand bereits Kontakt zur Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen e.V. (GEH). Dort wusste man Bescheid über Kathys Pläne. Als Katrin Dorkewitz von der Geschäftsstelle des Vereins erfuhr, dass Dina verkauft werden sollte, weil sie wegen eines Sehnenschadens als Turnierpony nicht mehr einsetzbar sein würde, rief sie Kathy an: "Wir haben eine tolle Stute für dich!" Das Arenberg-Nordkirchener Pony kannte Kathy Rocholl bislang nur aus dem CAVALLO-Artikel – doch sie entschied schnell, dass sie mit Dina ihr Ponyzucht-Projekt starten möchte.

Die GEH-Auszeichnung "Archehof" wird der Hof Rocholl wahrscheinlich Ende des Jahres bekommen. Die Voraussetzungen hat Kathy Rocholl schon erfüllt: Zwei Rassen aus unterschiedlichen Größenkategorien sind im Herdbuch eingetragen, eine Art lebt in Hobbyhaltung bei ihr. Nun wartet sie noch auf die Bestätigung des Schafzuchtverbands. Finanziell bringt die Archehof-Plakette leider wenig; die Fördermittel sind gering. Jährliche Prämien gibt es nur dafür, dass der Hof ein Biobetrieb ist. Kathy Rocholl verdient ein wenig mit dem Verkauf einzelner Tiere und dem, was die Tiere liefern: Milch, Wolle, Fleisch und Eier. Der Hauptverdienst sind die Kinderreitstunden und Ferienfreizeiten der gelernten Hippopädagogin.

"Wir brauchen nicht viel", sagt Kathy, für die das Hofleben zählt. Schon als Kind ließ sie sich von ihrer Oma für den Karneval ein Bäuerinnen-Kostüm nähen – während sich die anderen Mädels als Prinzessin, Fee oder Indianerin verkleideten. Auch Kathys Mann hatte sich mit 16 Jahren schon einen eigenen Trecker gekauft und damit auf den Nachbarhöfen geholfen, wollte aber nie eine "Pferdetussi". Es kam anders. Und als sich vor acht Jahren die Gelegenheit zum Pachten des Hofs ergab und Kathy zeitgleich schwanger wurde, war klar: Der Kfz-Mechaniker nahm Elternzeit und sie arbeitete als Hippopädagogin mit den Kindern. Seither treckert und werkelt Sven fröhlich auf dem eigenen Hof herum.

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Die Familie Rocholl: Papa Sven mit Sohn Tom und Mama Kathy mit Teo.

So hat sich Kathy Rocholl ihr Leben vorgestellt: Mit ihrem Mann und ihren Kindern Tom und Teo den ganzen Tag zusammen zu sein. "Das ist mein größter Luxus." Das Landleben auf dem Hof Rocholl ist so schön, dass sogar die Gastmädels manchmal lieber bei der Apfelernte helfen, statt auf den Ponys zu reiten. Dina, die vierbeinige Zukunft, hat es gut getroffen!

Kontakt

Auf dem Hof Rocholl in Solingen bei Köln können Kinder spielen, basteln, ernten, die Tiere versorgen und vieles mehr. Das Angebot reicht vom Ponykurs übers Wettmelken bis zur Ferienfreizeit. Infos unter: www.hof-rocholl.de

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6 / 20253

Erscheinungsdatum 17.05.2023