Alte Pferde als Beisteller abzugeben, kann riskant sein

Das Elend der Beisteller
Was als unreitbar abgegeben Pferden drohen kann

Zuletzt aktualisiert am 27.09.2023
Älteres Pferd im Porträt
Foto: Rädlein

Vermeintlicher Tierschutz hat mitunter ein ziemlich dreckiges Gesicht – und das zeigt sich auf vielfältige Weise. Etwa beim Versprechen, alten oder unreitbaren Pferden ein schönes Leben als Beisteller zu bieten. Oft ist so ein Leben reichlich kurz. Wie das von Wallach Celi, der sich wegen ataktischer Anfälle auf einem Hof in Kärnten/Österreich erholen sollte, dann wenig später angeblich an einer Kolik starb. Dr. Jutta Wagner von der Tierschutz-Ombudsstelle in Klagenfurt mutmaßte damals jedoch: Celi landete vermutlich ebenso wie weitere verschwundene Pferde beim Schlachter und wurde zu Hundefutter verarbeitet; Eintrag im Pferdepass als Nicht-Schlachtpferd hin oder her. Was mindestens ebenso skandalös ist: "Das Verfahren wurde wegen eines Formfehlers eingestellt", ärgert sich Dr. Jutta Wagner.

Leichtes Spiel bei Leichtgläubigen Reitern

Sie ärgert sich aber mindestens genauso über leichtgläubige Pferdebesitzer, die ihre Vierbeiner aus den Händen geben. "Ein altes oder krankes Pferd täglich zu versorgen, das kostet Geld, das weiß jeder von uns. Warum sollte jemand ein fremdes, unreitbares Pferd einfach aus Mitleid übernehmen?", fragt sie. Suche man für ein alleinstehendes Pferd ein Beistellpferd, sind die meisten Menschen nicht bereit, sich an den entstehenden Haltungskosten zu beteiligen. Sie ist davon überzeugt: Völlige Sicherheit, dass es dem eigenen Pferd gut geht, habe man nur, wenn man es selbst besitzt. "Man muss immer mit Gaunern rechnen." Die verkaufen unter falschen Versprechungen ergaunerte Pferde weiter, direkt oder über Händler.

Den Pferden drohen Verkaufsodysseen

Solche Fälle häuften sich 2017 in der Region Gifhorn in Niedersachsen, wie die NDR-Sendung "Panorama 3" berichtete. Ein Mann, der sich später als Pferdehändler herausstellte, habe mehrere Tiere gekauft; sie sollten angeblich Beisteller fürs Pferd seiner Tochter werden. De facto wurden sie wohl teils als Reitpferde weiterverkauft, trotz Unreitbarkeit und Vorerkrankungen. Wie Wallach Ares: Seine Besitzerin gibt ihn als Beisteller an den getarnten Händler ab, über eine Zwischenhändlerin landet er Monate später bei einer Reiterin. Die gibt ihn wegen seiner Huferkrankung wieder an die Zwischenhändlerin zurück, danach wird Ares erneut verkauft; diese letzte Besitzerin findet schließlich über Facebook die erste, die Ares zurückkauft. Zwei Jahre Verkaufsodyssee liegen da hinter dem Wallach.

Anwälte raten, Eigentümer des Pferds zu bleiben

Eine Odyssee, die Reiter ihren Tieren ersparen könnten – wenn sie ihre Tiere nur mit schriftlichen Schutzverträgen abgeben. Pferderechtsanwälte raten, Eigentümer zu bleiben und bei Zuwiderhandlungen Vertragsstrafen anzukündigen. Ein neuer Eigentümer könnte sonst mit dem Pferd tun, was ihm beliebt. Ebenfalls möglich ist eine Dauer-Leihgabe. Beide Varianten können mit einem Besuchsrecht und einer Kündigungsfrist vereinbart werden. Wichtig ist, dass Verträge möglichst umfassend und genau formuliert sind. Nur so haben sie bei einer eventuellen gerichtlichen Auseinandersetzung Bestand. Tipp: Holen Sie Rat bei einem Anwalt ein.

Der wahre Gesundheitszustand wird verschleiert

Betrügern, die den Tierschutz schamlos ausnutzen, können Reiter nicht nur aufsitzen, wenn sie ihre Pferde aus der Hand geben – sondern auch, wenn sie welche kaufen, um die Tiere beispielsweise vor der Schlachtung zu retten. Immer wieder kam es hier zu Fällen, bei denen der wahre Gesundheitszustand des Pferds verschleiert wurde. Die Käufer bekommen ein todkrankes Pferd, wie im Fall von Wallach Pilgrim. Der müsse "nur mal zum Hufschmied", hieß es vom Verkäufer. Tatsächlich stand bei Pilgrim, der akute Hufrehe hatte, das Hufbein kurz vorm Durchbruch. Er musste nur Tage nach dem Kauf von seiner neuen Besitzerin eingeschläfert werden.

Wenn Verkäufer auf die Mitleids-Masche setzen

Solche Fälle lassen sich ganz einfach vermeiden: niemals ein Tier blind oder ohne Ankaufsuntersuchung kaufen. Wer das tut, muss damit rechnen, dass seine Gutgläubigkeit ausgenutzt wird. Oder sein Mitleid: Der NDR berichtete über den Fall einer mittlerweile nicht mehr aktiven Facebook-Gruppe, bei der Pferde angeboten wurden. Mit dem Druckmittel: Jetzt kaufen, oder sie sind in drei Tagen tot. Und gutherzige Käufer kauften etliche Tiere. Der Verkäufer: Ein Schlachter, der dem NDR gegenüber angab, "zum Wohle der Tiere gehandelt zu haben", weil sie ja sonst getötet worden wären. Wobei er laut NDR-Recherche etliche Pferde, obwohl angedroht, gar nicht hätte schlachten dürfen: Sie waren im Equidenpass als Nicht-Schlachtpferde eingetragen. Eine Mitleidsmasche, mit der sich mutmaßlich mehrere zehntausend Euro verdienen ließen.