„Die Pferdeprofis“ in der Diskussion
Was steckt hinter Trainings-Abbruch bei Kenzie Dysli?

Die Besitzerin von Stute Garbosa brach das Training bei "Pferdeprofi" Kenzie Dysli ab. Unter anderem seien gesundheitliche Einschränkungen der Stute nicht beachtet worden. Was die Besitzerin der Trainerin vorwirft – und was Kenzie Dysli im CAVALLO-Interview dazu sagt.

Kenzie Dysli reitet mit Halsring
Foto: Nicole Schick
In diesem Artikel:
  • Pferdebesitzerin fühlte sich nach der Teilnahme hilflos
  • Stute Garbosa hatte gesundheitliche Einschränkungen
  • Pferdebesitzerin fühlte sich als Anfängerin dargestellt
  • Besitzerin brach das Training nach zwei Monaten ab
  • "Positives Ende entpricht nicht der Wahrheit"
  • Kenzie Dysli im Interview zum Fall Garbosa:

Kathrin Wichert war mit ihrer Stute Garbosa bei Staffel elf von "Die Pferdeprofis" dabei. Ausgestrahlt wurde der Fall in Folge fünf. Zwei Monate war die Stute bei Kenzie Dysli auf der Bonda Ranch, dann brach Wichert das Training ab. Ihr Fazit: "Meine Erfahrungen bei den Pferdeprofis waren durchaus negativ, ich würde es nicht weiterempfehlen."

Pferdebesitzerin fühlte sich nach der Teilnahme hilflos

Wichert, die sich mit ihrer Erfahrung an CAVALLO wandte, fühlte sich im Nachhinein hilflos. Ihr sei im Umgang mit der Stute nicht weitergeholfen worden. Ihr Problem mit Garbosa: Nach einer Verletzungspause war die Stute kaum zu händeln. Wegen eines Sehnenschadens hinten links war die Stute im Sommer 2021 in der Pferdeklinik. Betroffen war die tiefe Beugesehne in Kombination mit dem Fesselträger, außerdem war die Fesselbeugesehnenscheide entzündet. Die damals fünfjährige Stute musste mehrere Monate Boxenruhe wahren, berichtet Wichert – in Kombination mit langsam gesteigerter kontrollierter Bewegung im Schritt auf hartem Boden.

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Als dann das Aufbautraining etwa auf großen Linien im Trab starten durfte, stellte Garbosa ihre Besitzerin vor Probleme: Ohne Vorwarnung gab es explosionsartige Ausbrüche, die Stute stieg, irgendwann drehte sie dem Menschen auch blitzartig die Hinterhand zu und trat gezielt. "Wann eine Explosion kam, war unberechenbar und nicht vorher absehbar", so Wichert. Antrainieren war so nicht möglich.

Stute Garbosa hatte gesundheitliche Einschränkungen

Wenige Wochen bevor die Zusage von "Die Pferdeprofis" kam, durfte Garbosa mit dem Okay der Tierärztin in den Offenstall umziehen – trotz Restrisiko für die Sehne bei freier Bewegung in der Gruppe wollte Kathrin Wichert ihrer Stute endlich mehr Lebensqualität ermöglichen und hoffte auch auf ein ausgeglicheneres Pferd. Tatsächlich besserte sich Garbosas Verhalten. Den Platz bei den "Pferdeprofis" nahm Wichert dennoch an. Auf dem Weg zur Bonda Ranch machte sie Zwischenstopp bei der Tierklinik, um die Stute vor Trainingsbeginn durchchecken zu lassen. Die Verletzung hinten links hatte sich gut entwickelt, doch die Stute ging plötzlich vorne nicht klar. Röntgenaufnahmen zeigten eine Hufknorpelverknöcherung auf beiden Seiten. Ein Training bei den Pferdeprofis sei trotzdem drin, wenn langsam aufgebaut werde, so die Tierärztin laut Wichert. Im Klinikbericht steht: "Enge Wendungen, Seitengänge und tiefer Boden sind zu meiden". Wichert habe bei VOX nachgefragt, ob die Stute trotz Einschränkungen teilnehmen könne. Ihr sei versichert worden, dass dies kein Problem sei und das Training dementsprechend angepasst werde.

Doch die Empfehlungen der Klinik seien nicht berücksichtigt worden, obwohl Kenzie Dysli sich den Klinikbericht abfotografiert habe und sie der Trainerin alle Röntgenbilder per Whats App geschickt habe, so Wichert. In der Pferdeprofis-Sendung ist Kenzie Dysli bei der freien Arbeit im Roundpen mit der Stute zu sehen – laut Sprecher hatte sie die Stute zu diesem Zeitpunkt seit ein paar Tagen im Training. Die Trainerin fragt immer wieder Handwechsel ab, indem sie ihr mit der Longierpeitsche den Weg abschneidet. "Das durfte Garbosa eigentlich nicht machen", so Wichert.

Pferdebesitzerin fühlte sich als Anfängerin dargestellt

Was Wichert außerdem störte: In der Sendung von VOX sei sie selbst als Anfängerin dargestellt worden, die mit dem Pferd deshalb nicht klarkomme. Pferdeerfahrung habe sie dabei durchaus: Ihren mittlerweile 31-jährigen Rentner-Wallach habe sie seit 24 Jahren und selbst ohne Probleme weiter ausgebildet. Garbosa sei ein echter Härtefall gewesen: "Zwei Reitlehrer hatten sich schon daran versucht und eine Horsemanshiptrainerin", so die Besitzerin. "Wir hatten zum Schluss alle Angst."

In der Sendung sei beispielsweise eine Situation gezeigt worden, in der Wichert Sorge hatte, ihre Stute wieder vom Hof in die Box zu bringen. "Für alle, die die Rahmenbedingungen und die ganze Vorgeschichte nicht kennen, mag dies wirklich als Unfähigkeit meinerseits angesehen werden. Doch meine Sorge hatte ihren Grund. Die Stallgasse ist sehr eng, Garbosa ist zuvor auch in der Enge unberechenbar explodiert, was gefährlich war", erklärt Wichert. Die Stute habe sie in solchen Situationen bereits an der Wand oder am Boxeneingang eingequetscht. "War die Stute schon auf dem Hof aufgeregt, so wie am Drehtag, war die Wahrscheinlichkeit, dass eine Explosion in der Enge kommt, sehr hoch und eigentlich ziemlich sicher zu erwarten. In der Sendung wird nur dargestellt, dass ich mit dem Pferd nicht mehr in die Box gehen möchte. Alle Rahmenbedingungen und Gründe werden nicht erwähnt", so Wichert.

Besitzerin brach das Training nach zwei Monaten ab

Während ihre Stute auf der Bonda Ranch im Training war, fühlte sich Kathrin Wichert nicht ausreichend informiert. "Ich habe Kenzie hinterhertelefoniert, ihr Whats-App-Nachrichten geschrieben und manchmal Tage oder Wochen keine Antwort bekommen." Nach eineinhalb Monaten habe die Trainerin ihr vor Ort auf der Bonda Ranch gesagt, Garbosa sei unberechenbar und habe ein Trauma. "Aber genau deswegen war sie ja dort", sagt Wichert. Kenzie Dysli habe ihr erklärt, dass sie nicht sagen könne, wann oder ob das Trauma zu bewältigen sei. "Ich könne mit ihr maximal Bodenarbeit machen und sie würden versuchen, die Stute für mich am Boden so sicher wie möglich zu machen".

Reiten sei für sie selbst erstmal kein Thema gewesen, ihr sei es darum gegangen, dass die Stute am Boden händelbar wird, so Wichert. Dennoch habe Kenzie Dysli Garbosa für sie überraschend auch geritten – und sei dabei mit der Stute gestürzt. Außerdem habe das Pferd sich beim Anbinden am Halfter aufgehangen. Dysli habe ihr schließlich am Telefon vorgeschlagen, die Stute in der Reithalle von oben mit einem von der Decke kommenden Seil anzubinden. "In dem Moment war ich so geschockt, dass es mir die Sprache verschlagen hat. Das war der Punkt, nach allem Vorangegangenen, an dem es mir gereicht hat, ich habe das Training abgebrochen", berichtet Wichert.

"Positives Ende entpricht nicht der Wahrheit"

Die Produktionsfirma Mina TV habe sie danach zu einem Abschlussdreh gedrängt, so dass Garbosa nach dem Trainingsabbruch noch zwei Wochen auf der Bonda Ranch blieb. "Beim Dreh stellten sie die Fragen immer wieder neu und baten mich, meine Antworten anders zu formulieren bzw. das Positive zu erwähnen", so Wichert. "Das positive Ende in der Sendung entspricht nicht der Wahrheit!" Das Fazit des Sprechers: "Kathrin kann stolz auf sich sein. Sie hat trotz ihrer Angst einen Schritt in die richtige Richtung gemacht." Und: "Aus Garbosa ist eine motivierte und händelbare Stute geworden. Kathrin muss jetzt nur dranbleiben."

Tatsächlich wollte Kathrin Wichert nicht nach Dyslis Ansatz weitermachen. "Ich habe zum Beispiel gesagt, dass ich ihr keinen Kappzaum auf die Nase machen werde." Dyslis Methode sei für viele Pferde sicherlich richtig, doch ihr wurde sie übergestülpt, sagt Wichert. Probleme, wie mit dem Mähnenspray, seien nach dem Training wesentlich schlimmer gewesen, die Stute sei zu Hause in den ersten zwei Wochen nach dem Aufenthalt auf der Bonda Ranch vor dem Halfter weggelaufen. Inzwischen hat sie für sich die richtige Trainerin gefunden, so Kathrin Wichert. "Wir machen Freiarbeit, freies Longieren, Garbosa folgt mir frei. Wir sind auf dem richtigen Weg."

Kenzie Dysli im Interview zum Fall Garbosa:

CAVALLO: Welche Infos hattest Du zum Gesundheitszustand von Garbosa? Wie durfte die Stute laut Tierarzt gearbeitet werden und wie wurde das im Training berücksichtigt? Die Besitzerin sagte, sie durfte in den ersten Wochen keine engen Wendungen und Zirkel gehen.

Garbosa war in einer Klinik durchgecheckt und geröntgt worden, um Schmerzen als Ursache für ihr Verhalten ausschließen zu können. Da Schmerzen sehr oft die Ursache für "Problemverhalten" bei Pferden sind, ist es mir sehr wichtig, Schmerzen vor dem Training auszuschließen und gesundheitliche Baustellen natürlich immer zu berücksichtigen! In Garbosas Fall war es aufgrund einer Verknöcherung in den Hufen und einer noch nicht ganz ausgeheilten Verletzung an der Sehne wichtig, sie lange im Schritt möglichst viel geradeaus aufzuwärmen und auch das Training im Trab zu Beginn mit max. 20 Minuten eher kurz zu halten. Durch die große Halle auf der Bonda Ranch (80 Meter) hatten wir hier aber tolle Voraussetzungen, um vor allem beim Führtraining, das in Garbosas Fall sehr wichtig war, viel auf geraden Linien zu arbeiten. Der Fokus lag zu Beginn ja vor allem auf dem Handling im Alltag, daher haben wir sehr viel auch auf den Wegen von der Box zur Halle, am Putzplatz oder in ihrem Offenstall geübt.

Wie lief die Kommunikation mit der Besitzerin während des Trainingsaufenthalts ab? Welche Informationen und Updates bekam sie von Dir?

Die BesitzerInnen meiner Trainingspferde bekommen immer wieder Updates in Form von Videos, Sprachnachrichten oder Texten via WhatsApp. Allerdings nicht wöchentlich – das würde den Rahmen sprengen. Pferdetraining in kleinen Schritten braucht ja vor allem eines: viel Zeit. Und deshalb auch viel Geduld auf Seiten der BesitzerInnen. Viel Vertrauen bei allen Beteiligten gehört ebenfalls dazu – wir wollen ja alle nur das Beste für unsere Pferde. Bei wichtigen Trainingsentscheidungen telefonieren wir deshalb grundsätzlich, um Ideen und Möglichkeiten im weiteren Training im Detail zu besprechen.

Was war über die Unterbringung von Garbosa vereinbart und wie war die Stute bei Dir untergebracht? In der Box oder im Offenstall?

Da Arthrosepferde von möglichst viel Bewegung profitieren, haben wir für sie innerhalb eines Offenstalls eine große Panelbox gebaut, in der Garbosa nur nachts stand. Tagsüber durfte sie sich im Wechsel mit den anderen Trainingspferden frei im großzügigen Offenstall auf der Bonda Ranch bewegen. Das war in Absprache mit der Besitzerin auch für Garbosas Sehne die beste Variante. Es war uns wichtig, dass sie sich so lange wie möglich frei bewegen kann. Ohne Herde fehlen allerdings leider oft entsprechende Bewegungsanreize (wie z.B. in einem Paddocktrail). Da das Risiko einer Vergesellschaftung für wenige Wochen aber zu groß ist, war das der bestmögliche Kompromiss mit einer entsprechenden Empfehlung für Garbosas Zukunft.

Wie war der gesundheitliche Zustand der Stute nach Trainingsende bei Dir?

Da Arthrose und knöcherne Veränderungen ja leider bestehen bleiben, brauchte Garbosa auch am Ende ihrer Trainingszeit die Möglichkeit sich lange im Schritt aufzuwärmen und möglichst viel geradeaus zu gehen. Es hat sich in den acht Wochen nichts an ihrem Gesundheitszustand verändert, abgesehen von der weiterhin zufriedenstellenden Heilung der Sehne.

Welches grundlegende Vorgehen hast Du mit der Stute gewählt? Gab es Trainingserfolge?

Garbosa kam als sehr spezielles Pferd zu mir ins Training, das weder sicher geführt noch wirklich geputzt, angebunden oder gar geritten werden konnte. Ihre wunderschöne Mähne neu einzuflechten hat manchmal drei Tage (und Anläufe) gebraucht. Sie hatte es geschafft ihre Besitzerin mit ihrem Verhalten so zu beeindrucken, dass sie immer wieder zurück zur Herde gebracht wurde – für Garbosa jedes Mal ein Erfolgserlebnis. Mit der Zeit hatte die Stute so regelrechte "Strategien" entwickelt, um sich dem Menschen durch Kraft, steigen, treten etc. zu entziehen. Da Kathrin die Stute ungesehen gekauft hatte, weiß man leider auch nicht, was der Stute in Spanien widerfahren ist und ob sie im Vorfeld überhaupt positive Erfahrungen mit dem Menschen sammeln konnte. Geritten wurde sie dort ja tatsächlich. Das Ziel meines Trainings war es deshalb vor allem, die Stute sicher im Umgang zu machen und ihr neues Vertrauen in den Menschen und sein Verhalten zu schenken. Garbosa bekam von mir wie die meisten meiner Trainingspferde also zuallererst einen sicheren Rahmen am Boden durch Führtraining. Durch viel Ruhe und Konsequenz hat sie gelernt sich nicht mehr loszureißen, den individuellen Raum des Menschen besser zu respektieren – genauso wie ich ihren Raum respektiert habe und durch gutes Timing und viele kleine Schritte z.B. das Mähne einsprühen, einflechten usw. neu aufbauen konnte. Es gibt dazu nämlich nicht nur für das Pferd einige "Spielregeln" zu beachten – auch der Mensch muss in Garbosas Fall sehr achtsam mit ihr umgehen und auf ihre Signale hören lernen. So haben wir es beispielsweise auch geschafft, dass der Hufschmied ihre Hufe nach viel zu langer Zeit endlich wieder in Form bringen konnte. Sie hat außerdem gelernt auf Zug am Seil nachzugeben. Das ist für Pferde grundsätzlich nicht selbstverständlich, denn instinktiv reagieren alle Pferde bei "Druck" erst einmal mit Gegendruck. Im Umgang ist es also essentiell, schon jungen Pferden beizubringen, stattdessen nachzudenken und nachzugeben – sonst kann man sie niemals gefahrlos anbinden. Trainingserfolge gab es also einige! Ich konnte Garbosa sogar zum Ende unserer Trainingszeit im Schritt und Trab reiten. Durch den Abbruch des Trainings konnten wir allerdings keine ausreichende Routine gewinnen, um auch Kathrin gefahrlos in den Sattel steigen zu lassen. Vor allem die BesitzerInnen müssen nämlich oft erst komplett neu lernen, mit ihrem Pferd umzugehen und haben es nach der gemeinsamen problematischen Vergangenheit oft noch schwerer, das Vertrauen ihres Pferds zurückzugewinnen als jemand völlig fremdes. Unsicherheiten, Erinnerungen und gemeinsame negative Erlebnisse haben ja generell einen großen Einfluss auf unsere Ausstrahlung und unseren Umgang mit dem Pferd. Bei Garbosa spielen außerdem diverse Traumata eine große Rolle, die immer wieder recht plötzlich an die Oberfläche kommen. Um diese tiefsitzenden Ängste aufzulösen und weiter Ursachenforschung zu betreiben hätten wir noch deutlich mehr Zeit gebraucht. Ganz egal wie groß die Erfolge nach acht Wochen im Pferdetraining sind – langfristig können nach so kurzer Zeit die Probleme noch nicht komplett behoben sein, die über Jahre und hundertfache Wiederholungen (und "Erfolge" mit gefährlichem Verhalten) entstanden sind.

Was sind aus Deiner Sicht die Gründe für den Trainingsabbruch durch die Besitzerin?

Vor allem wenn "das Kind schon in den Brunnen gefallen ist" läuft das Training von solchen Pferden nie völlig stressfrei ab. Sie müssen physisch und psychisch ihre Komfortzone und das gewohnte Terrain verlassen, um sich überhaupt wieder auf den Menschen einzulassen und sicher im Umgang zu werden. Veränderungen verursachen dabei immer auch ein gewisses Maß an Angst – aus evolutionsbiologischer Sicht ja total sinnvoll! Schließlich hat man mit seinem Verhalten im gewohnten Umfeld bisher überlebt. Und für ein Fluchttier ist das noch wichtiger als für uns Menschen – wir kennen das ja sicher auch von uns selbst. Angst vor Veränderung ist also etwas sehr natürliches und instinktives, das sich nicht abstellen lässt. Und mit dem Stress, den diese Veränderungen im Training zwangsweise verursacht, können viele BesitzerInnen nur schwer umgehen. Schließlich lieben wir alle unsere Tiere und wollen nur das Beste für sie – und das ist je nach Schwere des Traumas und dem Ausmass des gefährlichen Verhaltens ab und an alles andere als leicht mit anzusehen. Es gibt einen Punkt, an dem es an der Zeit ist, nach viel Vorbereitung um das Problem herum, dem Problem direkt ins Auge zu sehen.

Die Stute soll im Training unter dem Sattel gestürzt sein und sich im Halfter beim Anbinden aufgehängt haben – wie kam es dazu?

Ja, die Stute ist unter dem Sattel beim Steigen mit mir gestürzt – und ich bin mir leider sicher, dass das nicht zum ersten Mal passiert ist, sondern auch in Spanien schon Thema war. Nachdem im Umgang das Endziel, dass Garbosa geführt werden konnte, nur noch etwas mehr Zeit und Routine gebraucht hätte, wollte ich Kathrin ihren Herzenswunsch erfüllen und auch das Reiten ins Training mit aufnehmen. Aus Spanien gab es ja mehrere Videos auf denen Garbosa problemlos geritten wird. Im Training hat sich dann gezeigt, dass Garbosa nach einer Weile regelrecht "dicht" macht und im Stand eingefriert. Ich habe in diesen Situationen natürlich erst herausfinden müssen, was ihr hilft diese Blockaden zu überwinden. Auf ein sanftes vorwärts treiben hat sie dabei mit Steigen reagiert und ist umgefallen. Mit der Zeit konnte ich ihr über diese Blockaden aber gut hinweg helfen, indem ich sie mit Hilfe eines Zügels in eine Biegung geholt habe. In der Biegung entspannt sich der Pferdekörper und dadurch auch ihre Psyche, wodurch ich ihr immer besser über diese "Flashbacks" hinweg helfen konnte. Auch eine zweite Person am Boden konnte Garbosa immer wieder mehr Sicherheit geben. Am Anbinder aufgehängt hat sie sich nicht. Ich habe mit ihr das Anbinden am Putzplatz geübt, nachdem ich ihr in der Bodenarbeit das Prinzip des Nachgebens erklärt hatte. Sie war dabei rechts und links angebunden und hat versucht in einer Kapriole nach vorne weg zu springen. Ein Panikhaken öffnete sich dabei, doch ich konnte sie sofort zurück an ihren Platz stellen und die Übung nach ein paar Minuten ruhig Stehen erfolgreich beenden.

Laut Besitzerin hast Du vorgeschlagen, die Stute in der Halle von der Decke aus anzubinden – für Sie ein Grund für den Abbruch des Trainings. Was wolltest Du damit erreichen und wie sollte das umgesetzt werden?

Garbosa hatte wie gesagt immer wieder plötzliche Blockaden oder Flashbacks am Boden und unter dem Sattel, für die wir trotz vieler verschiedener Übungen keine echten Auslöser festmachen konnten. Sie stand sich dabei regelrecht selbst im Weg und in einem zweistündigen Telefonat versuchte ich mit Kathrin eine Möglichkeit zu finden, dass Garbosa es schafft die Kontrolle abzugeben, ohne sich selbst oder Menschen in ihrer unmittelbaren Umgebung zu verletzen. Der Hallenboden ist sehr tief und weich, wodurch in diesem Rahmen jegliches Risiko minimiert ist und das Pferd die Möglichkeit hat, sich trotzdem noch etwas zu bewegen. Ziel war es zu sehen, wie Garbosa angebunden reagiert, wenn nicht unmittelbar neben ihr ein Mensch steht oder eine Wand ist gegen die sie treten kann oder von der sie eingeengt wird. Je nach ihrem Verhalten hätte uns das Aufschluss darüber gegeben, ob ihr Problem in diesen Momenten immer noch der Druck des Halfters bzw. Stricks ist, eher die Enge der Stallgasse oder die unmittelbare Beteiligung von Menschen. Dann hätten wir uns weitere Trainingsschritte und -möglichkeiten überlegen und entsprechend weiter an der Aufarbeitung der Traumata arbeiten können.

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Erscheinungsdatum 17.05.2023