Babette Teschen: Tatsächlich sehe ich leider sehr vieles, was ich schlimm finde. Nach der Sendung lag ich aber die ganze Nacht wach. Was mich so getriggert hat war, dass Martin Rütter (Gründer der Firma Mina TV, die die Pferdeprofis produziert und Hundetrainer mit eigener Sendung, Anm. d. Redaktion) bei Hunden so ganz anders spricht als bei Pferden. Ich schätze sein Engagement für den Tierschutz sehr. Hundetrainer Cesar Millan, der unter anderem mit Leinenrucken arbeitet, prangert er an und nennt die Techniken tierschutzrelevant, was ich sehr gut finde. Wie kann er dann gleichzeitig in seinem Podcast die Pferdeprofis bewerben und bejubeln, wenn dort Techniken gezeigt werden, die denen von Cesar Milan sehr gleichkommen? Warum dieser Unterschied zwischen den Spezies? Ich dachte mir, auf diesen blinden Fleck von ihm – und blinde Flecken haben wir alle – muss man doch mal hinweisen.
Nein, gar keine. Die angekündigte Diskussionsrunde finde ich aber grundsätzlich eine gute Idee. Dass sie nur auf Youtube ausgestrahlt werden soll, wird dem Thema aber finde ich nicht gerecht. Und die Frage, ob wir reiten und Pferde halten dürfen ist wichtig, aber darum geht es im Moment nicht. Es geht um die Sendung. Meiner Meinung nach hätte man sie absetzen oder übergangsweise alte Folgen wiederholen sollen, statt die Staffel einfach weiterlaufen zu lassen. Das hätte ich von Herrn Rütter, der sich bei Hunden so für den Tierschutz stark macht, auch erwartet.
Ja, definitiv. Es geht um Quote, um Spektakuläres, darum, wie man Probleme zack, zack in den Griff bekommt. Das funktioniert zwar, aber nicht im Sinne des Pferds. Dazu bräuchte es Ursachenforschung und einen kleinschrittigen Trainingsplan. Widersetzlichkeit ist für mich ein Ausdruck der Not des Pferds, und wenn man nur Symptome kaschiert, macht man es mundtot. In dieser Hinsicht finde ich die Sprache des Kommentators in der Sendung problematisch. Wenn ein Pferd mit panischer Angst als "zickige Stute" bezeichnet wird oder "die Fronten geklärt" werden müssen, frage ich mich, über was für ein Wesen wir da sprechen. Pferde sind doch fühlende Wesen. Diese Sprache vermittelt überhaupt keinen pferdefreundlichen Ansatz.
Mein Problem ist, dass alle drei Trainer mit Dominanz und nach dem Prinzip der negativen Verstärkung arbeiten. Ansätze wie das Join Up, Flooding oder das Aussacken sind für mich nicht frei von Druck und sollten dann auch nicht so bezeichnet werden. Sie haben das Potential, dem Pferd Angst zu machen und das Pferd zu bedrohen. Flooding ist der Begriff für Reizüberflutung, also das Pferd mit so vielen Reizen zu konfrontieren, dass es damit überfordert ist. Hinter ,Aussacken' verbirgt, ist eine Ausbildungsmethode, bei der das Pferd an einen stabilen Pfosten gebunden wird und solange mit angstauslösenden Gegenständen abgeklatscht wird, bis das Pferd resigniert und das, was der Mensch macht, stillstehend erträgt. Heute gibt es auch ,sanftes' Aussacken, aber das, was ich in der Folge drei gesehen habe, empfand ich nicht als pferdefreundlich. Und ein unausbalanciertes Pferd auf einem engen Kreis an der Longe im Galopp zu arbeiten, entspricht nicht dem, was ich in meinen Longenkursen vermittle. Das ist für das Pferd körperlich und psychisch sehr belastend.
Ich fände es toll, wenn unterschiedliche Wege aufgezeigt würden, zum Beispiel auch mindestens ein Trainer dabei wäre, der mit positiver Verstärkung arbeitet – und nicht drei Leute nach dem gleichen Prinzip vorgehen. Aber es muss auch nicht jeder Clickern und Leckerlis geben. Es geht darum, das Pferd zu sehen, auf seine Mimik und Stresssignale zu achten. Ich wünsche mir Pferde, die im Laufe einer Trainingseinheit fröhlicher in ihrem Ausdruck werden. Ich könnte mir in der Sendung gute Horsemanship-Experten wie Jenny Wild und Peer Claßen, Gesundheitsexpertinnen wie Karin Kattwinkel oder Verhaltensexpertinnen wie Marlitt Wendt und Dr. Vivian Gabor vorstellen. Das würde ich gerne sehen.
Weitere Gedanken von Babette Teschen zum Thema Gewalt gegen Pferde und Trainingsmethoden sind auf ihrer Homepage zu finden.